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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/122 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Bundeswirtschaftsministers Dr. Günter Rexrodt 10931 B Begrüßung des Präsidenten der Handwerkskammer Budapest und des stellvertretenden Fraktionsführers der sozialistischen Partei im ungarischen Parlament 11008 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10931 A b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10931 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 10931 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . . 10932 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . 10933 A Ernst Schwanhold SPD . . . . 10934B, 10958 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 10937 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10939 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 10942B, 109558 Rolf Kutzmutz PDS 10944 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . 10945D, 10949A, 10950B Eckart Kuhlwein SPD 10947 D Rolf Schwanitz SPD 10948 C Dr. Christa Luft PDS 10949D Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 10951A, 10956B Ulrich Petzold CDU/CSU 10953 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 10953D, 10954 B Friedhelm Ost CDU/CSU . . . 10956D, 10959A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 10959 D Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10960D, 10981A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10961C Ulrike Mascher SPD 10963 A Ottmar Schreiner SPD 10964 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10965 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 10967 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10970B Dr. Barbara Hendricks SPD . 10970D, 10983 B Dr. Barbara Höll PDS 10971 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10971 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10973C, 10976A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10975 D Petra Bläss PDS 10976 B Dr. Konstanze Wegner SPD 10978 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU 10979 D Ottmar Schreiner SPD . . . . 10980C, 10982 B Volker Kauder CDU/CSU 10982 B Leyla Onur SPD 10984 B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 10986A Edelgard Bulmahn SPD . . . 10987C, 11006C Edelgard Bulmahn SPD 10990 B Steffen Kampeter CDU/CSU 10993 D Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10996 B Franz Thönnes SPD 10996 D Simone Probst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10997 C Jürgen Koppelin F.D.P 10998 D Dr. Ludwig Elm PDS 11001A Günter Rixe SPD 11002 C Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 11003D, 11004A Werner Lensing CDU/CSU 11004 B Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 11006A Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11008 C Jörg Tauss SPD 11009D Jürgen Koppelin F.D.P 11010B Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 11011D Heidemarie Lüth PDS 11013A Christel Hanewinckel SPD 11014 D Johannes Singhammer CDU/CSU . 11015C Peter Jacoby CDU/CSU 11017A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11018C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 11020A, 11021C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11021B Rosel Neuhäuser PDS 11021 D Maria Eichhorn CDU/CSU 11022 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11023 C Siegrun Klemmer SPD 11024 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 11026C Klaus Kirschner SPD 11030 D Horst Seehofer CDU/CSU . . 11033A, 11033 C Hubert Hüppe CDU/CSU . . . 11036B, 11038D Waltraud Lehn SPD 11036 C Dr. Wolfgang Wodarg SPD 11037 A Editha Limbach CDU/CSU 11037 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11038B Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11039A Dr. Dieter Thomae F.D.P 11040C Klaus Kirschner SPD . . . . 11041D, 11044 D Dr. Ruth Fuchs PDS 11042 B Editha Limbach CDU/CSU 11043A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11043C Waltraud Lehn SPD 11045 B Wolfgang Gröbl, Parl. Staatssekretär BML 11046A Horst Sielaff SPD 11048 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 11050 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11051B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11053D Wolfgang Gröbl CDU/CSU 11054 D Ulrich Heinrich F D P. 11055 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . 11056B Dr. Günther Maleuda PDS 11056 D Ilse Janz SPD 11057 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11059B Nächste Sitzung 11059 D Berichtigung 11059 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11060 * A 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung 121. Sitzung, Seite 10886D, vorletzter Absatz, Zeile 9: Das Wort „nicht" ist durch das Wort „doch" zu ersetzen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 12. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 12. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Borchert, Jochen CDU/CSU 12. 9. 96 Graf von Einsiedel, PDS 12. 9. 96 Heinrich Glos, Michael CDU/CSU 12. 9. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 12. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 12. 9. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 12. 9. 96 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch (Rendsburg), BÜNDNIS 12. 9. 96 Egbert 90/DIE GRÜNEN Regenspurger, Otto CDU/CSU 12. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 12. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg), SPD 12. 9. 96 Dietmar Thieser, Dietmar SPD 12. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 12. 9. 96 Karsten D. Dr. Zöpel, Christoph SPD 12. 9. 96
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    Rede von Dr. Jürgen Rüttgers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Das ist weder selbstgerecht, noch habe ich hier irgend etwas zurückzunehmen, Frau Bulmahn. Ich habe mich schlichtweg gegen Vorwürfe verteidigt, die von Ihrer Seite in dieser Debatte erhoben worden sind, die Sie selber im Vorfeld geäußert haben. Ich weise nur darauf hin, daß man versuchen muß, Wort und Tat in Übereinstimmung zu bringen. Man darf nicht auf der einen Seite in Bonn etwas sagen und auf der anderen Seite zu Hause etwas anderes tun; man darf nicht das, was man in Bonn dem einen vorwirft, in bezug auf einen anderen als lichtvolle Tat hinstellen. Man muß darüber diskutieren, wie in Zeiten knapper Kassen eine richtige Bildungs- und Technologiepolitik aussehen kann. Das wollen wir ja auch jetzt gemeinsam tun. Nur, Sie haben einen Einstieg gewählt, der Sie unglaubwürdig macht. Diesen Spagat werden Sie nicht durchhalten.
    Ich glaube auch, daß Ihre Zahlen genau interpretiert werden müssen. Auf welche Weise Sie die zusammengerechnet haben, muß man bei Ihnen immer kontrollieren.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Also, wer immer falsche Zahlen hat, sind Sie!)

    - Entschuldigen Sie einmal; nein, nein, nein.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Der Waigel hat falsche Zahlen! Edelgard Bulmahn [SPD]: Das waren Strukturdaten Ihres Hauses!)

    - Sie haben jetzt nicht das Wort, Frau Bulmahn! Nicht wer schreit, hat recht.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
    Der entscheidende Punkt ist folgender - das ist klar -: Daß die Haushalte bei den Ländern nominal gestiegen sind, hat damit zu tun, daß darin die Personalkosten enthalten sind. Dort schlagen sich die Steigerungen bei den Personalkosten, die durch die Lohnsteigerungen hervorgerufen worden sind, nieder. Der Anstieg rührt jedenfalls nicht daher, daß mehr investiert worden wäre. Diese Mittel sind abgebaut worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben da - trotz knapper Kassen - versucht, das zu tun, was wir tun können; Stichwort HSP III. Das hat viel Kraft gekostet - gegen Ihren Widerstand. 3,6 Milliarden DM für die Hochschulen können sich aber sehen lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Leider verhält es sich nicht nur im Zusammenhang mit den Hochschulen so, sondern auch bei der Lehrstellenfrage, Herr Scharping.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Ich weiß nicht, ob Herr Scharping Oppositionsführer ist. Zumindest hat Herr Lafontaine daran gestern in der Formulierung einige Zweifel aufkommen lassen. Herr Scharping hat gerade angekündigt, die SPD werde zur Jahreswende - man höre und staune: zur Jahreswende - einen Gesetzentwurf zur Lehrlingsfrage einbringen. Mein Ziel ist, daß bis dahin jeder Lehrling eine Stelle angeboten bekommen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU Zuruf von der SPD: Aber nicht nur mit Appellen!)

    Natürlich soll dieser Gesetzentwurf die Ausbildungsplatzabgabe vorsehen. Auch da haben wir wieder totale Konfusion. Einigen Sie sich zuerst mal mit Herrn Schröder; der hat nämlich gerade bei dpa erklärt, daß er gegen eine Ausbildungsplatzabgabe ist. Wenn Sie das geklärt haben, können wir über die Frage weiter diskutieren.
    Man fragt sich: In welchem Zustand ist die SPD eigentlich? Man höre und staune: 1995 wurden im Saarland, dem Land des SPD-Vorsitzenden, in allen Landesministerien zusammen nur fünf Verwaltungslehrlinge eingestellt.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das ist ein Skandal! Unglaublich!)

    1996 gibt es nach den Auskünften des saarländischen Innenministeriums noch immer keine Zahlen, wie viele man jetzt einstellen wird. Alle Kommunen und Landkreise im Saarland werden 1996 nur 20 Lehrlinge einstellen. Ich sage: Pfui; wer sich so verhält, der hat das Recht verloren, sich zu Lehrlingsfragen zu äußern.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Das gleiche Chaos haben wir übrigens beim Meister-BAföG; wir haben es gegen den Widerstand der SPD-Länder durchgesetzt. Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich in der „Welt am Sonntag" plötzlich lesen mußte, daß Herr Lafontaine erklärt, das Meister-BAföG sei ein Erfolg der SPD.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Nun ja, wer es notwendig hat, schmückt sich mit fremden Federn.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Ich habe festgestellt, daß bei den Ländern inzwischen 30 000 Anträge vorliegen, bis Ende August aber nur 2 500 bewilligt wurden, und in Brandenburg noch nicht einmal das Ministerium festgelegt worden ist, das für Meister-BAföG zuständig sein wird.

    (Jörg Tauss [SPD]: Das ist doch Ihre Schuld!)

    Dazu kann ich nur sagen: Wer heute Lehrling ist, wer heute Geselle ist und sich auf die SPD verläßt, der ist verlassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der SPD)

    Dasselbe Chaos haben wir im Bereich der Technologiepolitik - nur Widersprüche. Gestern hat Herr Scharping gesagt, er habe Sorge, Deutschland werde zur technologischen Provinz verkommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Im Saarland)

    Herr Scharping war vor wenigen Tagen in der Provinz, nämlich im Emsland, und hat eine Fahrt mit dem Transrapid gemacht. Er war nach dieser Fahrt offensichtlich beeindruckt; denn er hat laut „FAZ" gesagt, er sei für den Transrapid. Er hat aber hinzugefügt, er sei gegen die Strecke. Da sage ich nur: Heilige Einfalt. Für den Transrapid, aber gegen die Strecke - das ist so ähnlich wie: für die Kartoffel, aber gegen das Kartoffelfeld.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der SPD)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Biotechnologie haben wir dieselbe Konfusion: SPD-regierte Länder nehmen am BioRegio-Wettbewerb teil; im Anschluß daran kämpft die SPD in Schleswig-Holstein gegen die Gentechnik.
    Das gibt zusammengefaßt folgendes Bild der SPD in der Bildungs- und Technologiepolitik: für die Hochschulen, aber gegen Stellen für Hochschullehrer; für Lehrlinge, aber keine Stellen im eigenen Land schaffen; für Meister-BAföG, aber gegen die Auszahlung der Mittel; für Transrapid, aber gegen die Strecke; für Gentechnik, aber gegen Freilandversuche; für mehr Geld, aber gegen konkrete Projekte - das verstehe, wer will.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, der Haushalt 1997 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie beträgt, wie jeder weiß, genau 15 Milliarden DM. Das sind 390 Millionen DM weniger als das verfügbare Soll des letzten Jahres. Das ist wahrlich kein Grund zum Jubeln, aber auch kein Grund zum Weinen; denn wer weniger Geld hat

    Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
    - das ist eine alte Lebenserfahrung -, der muß mehr aus seinem Geld machen.
    Deshalb ist es im Jahre 1997 mein wichtigstes Ziel, drei große Reformvorhaben mit Energie durchzuführen. Das erste ist die Reform der deutschen Hochschulen. Das zweite ist die grundlegende Neuorientierung der deutschen Forschungslandschaft. Das dritte ist die Fortentwicklung der Technologiepolitik zu einer modernen Innovationspolitik durch Leitprojekte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Heute ist sicherlich nicht die Zeit, zu all diesen großen zentralen Reformprojekten im einzelnen Stellung zu nehmen. Dennoch will ich einige wenige Bemerkungen machen.
    Wir werden den Herausforderungen für das nächste Jahrhundert nicht dadurch gerecht, daß wir die Anzahl der Technologieförderprojekte erhöhen. Wir werden ihnen nicht dadurch gerecht, daß wir nur Zuschüsse gewähren. Wir werden ihnen nicht dadurch gerecht, daß wir Themen, über die wir zum Teil seit 20 Jahren und länger diskutieren, wie etwa die mangelnde Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, weiterhin in unseren Reden vor uns hertragen und sie damit füllen.
    Wir werden ihnen nur gerecht, wenn wir die Kraft und den Mut haben, Strukturen zu verändern. Das ist bei der Hochschulreform nicht einfach. Da gibt es eine notwendige Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Da gibt es unterschiedlichste Vorstellungen. Was mich freut, ist, daß es inzwischen in allen Ländern eine Bereitschaft gibt, über diese Strukturen nachzudenken.
    Deshalb wird es ganz wichtig sein, daß nicht nur in jedem Land sehr unterschiedliche Vorstellungen entwickelt werden, sondern daß auch wir hier in Bonn intensiv über dieses Thema diskutieren.
    Wir werden die Frage beantworten müssen - das wird wahrscheinlich die Einstiegsfrage sein -, wie wir das, was wir alle erklären, und das, was wir alle wollen, nämlich mehr Wettbewerb im Hochschulsystem, gemeinsam erreichen können. Dann wird zwangsläufig als erste Frage auftauchen, ob es ein Wettbewerb der Hochschulen oder ein Wettbewerb der Länder sein soll. Diese zentrale Frage wird sich schon direkt zu Beginn stellen.
    Ich glaube, das ist eine der großen Herausforderungen; denn unsere Hochschulen sind in den vergangenen Jahren leider zu Regionalhochschulen geworden. Eine Konsequenz des ZVS-Systems ist, daß Studenten in der Regel der wohnortnahen Universität zugewiesen werden. Es nimmt den Wohnort als wichtigeres Kriterium als Neigung und Leistung.
    Es wird sich an dieser Stelle entscheiden, ob wir die Frage der Hochschulen nur aus Ländersicht, aus nationaler Sicht oder auch aus internationaler Sicht betrachten. Das Ziel muß sein, daß unsere Hochschulen international leistungsfähig werden; das sind sie zur Zeit nur noch eingeschränkt.
    Wenn das, was über Globalisierung und Wissensgesellschaft gesagt wurde, richtig ist, dann müssen wir den genannten Maßstab an unsere Hochschulen anlegen. Aus Zeitgründen kann ich nichts zu den einzelnen Schritten sagen. Ich bin aber ganz sicher, daß es eine Vielzahl von Ansatzpunkten gibt, bei denen Bund und Länder zu Ergebnissen kommen können.
    Das gleiche gilt für das Thema Forschungslandschaft. Die Bundesregierung hat zusammen mit dem Haushalt ein sehr ambitioniertes Reformpaket für die deutsche Forschungslandschaft vorgelegt, das viele alte Zöpfe abschneidet. Wir sind bereit, die gleiche Evaluation, die wir in den neuen Bundesländern angewandt haben - eines der Themen im Zusammenhang mit dem Hochschulsonderprogramm ist das Thema WIP, das eines der Ergebnisse der Evaluation ist -, jetzt in den alten Bundesländern anzuwenden.
    Die Forschungsinstitute in den alten Bundesländern müssen sich denselben Kriterien stellen wie die Institute in den neuen Bundesländern in den vergangenen fünf Jahren.

    (Beifall des Abg. Uwe Lühr [F.D.P.J)

    Das bedeutet, daß wir auch die Kraft finden müssen, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Institute, die nicht wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen, zu schließen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich erkläre für die Bundesregierung, daß wir die Finanzierung einstellen wollen, wenn der Wissenschaftsrat erklärt, daß die wissenschaftlichen Kriterien nicht gegeben sind. Das bedeutet weiterhin, daß wir auch die Kraft haben müssen, wissenschaftliche Institute zu privatisieren. Das hat es in Deutschland auch noch nicht gegeben. Wenn sich die Institute am Markt behaupten können, müssen wir sie wirklich privatisieren und dem Markt überlassen.
    Es ist schön zu wissen, daß es beispielsweise Fraunhofer-Institute gibt, die das nicht nur können, sondern das auch wollen. Dazu gehört auch, daß wir uns um den Nachwuchs in den Forschungszentren kümmern und Nachwuchsprogramme auflegen. Das reicht bis hin zu der wahrscheinlich schwierigsten Frage, ob es uns gelingen wird - das ist ein Punkt, bei dem ich noch ein Fragezeichen mache, weil ich weiß, daß es nicht eine Sisyphusarbeit, wie es gestern gesagt wurde, sondern eine Herkulesarbeit ist -, unsere Forschungszentren aus den Fesseln des öffentlichen Dienstrechts und der Kameralistik zu befreien.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der dritte Punkt umfaßt die Leitprojekte. Wir alle wissen - jeder von uns sagt es -, daß aus einer Vielzahl von Gründen die Forscher und die Wirtschaft Schwierigkeiten mit der Zusammenarbeit haben. Wir alle wissen, daß Innovation nur möglich ist, wenn vom ersten Tag an, von der Grundlagenforschung an, auch über das Produkt nachgedacht wird, das herauskommen soll. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, daß die Zusammenarbeit auch in den Förderprojekten institutionalisiert wird. Das wird im

    Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers
    Ergebnis zu einer völligen Veränderung auch der Technologieförderung führen. Der BioRegio-Wettbewerb, das Humangenom-Forschungsprogramm, das Mobilitätsforschungsprogramm sind drei erste Beispiele, die ich vorgelegt habe, bei denen wir versuchen, solche Kriterien zu entwickeln und mit Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam zu erarbeiten.
    Lassen Sie mich eine abschließende Bemerkung machen. Im Vorfeld ist natürlich auch über den Beschluß der Bundesregierung zum Einzelplan 30 diskutiert worden. Natürlich kann man, wenn Kürzungen vorgenommen werden - Kollege Kampeter wird dazu im einzelnen noch Stellung nehmen -, immer wieder diskutieren, ob die Kürzungen an der richtigen Stelle vorgenommen werden. Das wird eine Aufgabe auch der Debatte jetzt im Parlament sein. Aber eines wird man uns nicht vorwerfen können: daß wir mit dem Rasenmäher an diese Aufgabe herangegangen sind. Wir haben vielmehr die Kraft und den Mut gehabt, an bestimmten Stellen, wo wir es innovationspolitisch für notwendig empfunden haben, Geld dazuzulegen, bei der Max-Planck-Gesellschaft, bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, bei Fraunhofer-Instituten, bei der Biotechnologie, bei Multimedia und in einigen anderen Bereichen. Wir haben die Kraft gehabt, in anderen Bereichen dann auch zum Teil erhebliche Einschnitte vorzunehmen, etwa im Bereich des Denkmalschutzes, beim Kontinentalen Tiefbohrprogramm, beim Studentenwohnheimbau, beim Strato 2C, bei der Bahnforschung - inzwischen ist die Deutsche Bundesbahn ein Privatunternehmen und braucht nicht mehr eine begleitende staatliche Forschung. Das sind Punkte, über die man diskutieren kann.
    In Zeiten knapper Kassen finde ich wichtig: Wenn man von anderen Innovation, wenn man von anderen Mut verlangt, dann muß man auch selber Mut aufbringen. Ich glaube, wir haben dies mit dieser Vorlage bewiesen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Kollegin Edelgard Bulmahn, SPD.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Edelgard Bulmahn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer die Zukunftsfähigkeit der gesamten Gesellschaft sicherstellen will, muß verstärkt in Bildung und Forschung investieren. Angesichts der zunehmenden Globalisierung der Märkte und der sich verschärfenden Konkurrenzsituation werden neue Arbeitsplätze nur dann geschaffen und vorhandene nur dann gesichert werden können, wenn wir konsequent auf innovative Produkte und intelligente Dienstleistungen setzen. Die Qualität von Bildung, Ausbildung, Qualifikation und Wissenschaft wird somit zum entscheidenden Standortfaktor. Sie bestimmen im wachsenden Umfang über die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und die ökologische und soziale Erneuerung der Industriegesellschaft. Nur im Dreiklang von wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer
    Modernisierung wird sich die Zukunft unseres Landes sichern lassen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wir müssen deshalb, meine Herren und Damen, die Struktur der staatlichen Ausgaben ändern, weg von konsumtiven Ausgaben und Erhaltungssubventionen hin zu Zukunftsinvestitionen. Der Haushaltsentwurf 1997 und der Entwurf der mittelfristigen Finanzplanung lassen jedoch keinerlei positive Ansätze in diese Richtung erkennen. Der Entwurf des Bildungs- und Forschungsministers ist vielmehr eine Bankrotterklärung.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Herr Rüttgers, ich hätte Ihre Eingangsbemerkungen viel ernster genommen und für glaubwürdiger gehalten, wenn Sie am Schluß Ihres Beitrags gesagt hätten: Weil das so ist, habe ich mich beim Bundesfinanzminister und im Kabinett durchgesetzt und 1 Milliarde DM mehr für meinen Haushalt erhalten. - Da das aber nicht so ist, muß ich leider feststellen, Ihre Rede, Ihre Worte entsprechen nicht Ihren Taten.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Mit 15 Milliarden DM sollen im kommenden Jahr 700 Millionen DM oder 4,5 Prozent weniger für die Sicherung der Zukunft unseres Landes zur Verfügung stehen als im laufenden Haushaltsjahr. Das auch noch als die in der Koalition vereinbarte überproportionale Steigerung des Bildungs- und Forschungshaushalts zu verkaufen ist nicht nur unseriös, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist schon dreist.
    Mit dem Entwurf des Bildungs- und Forschungshaushaltes 1997 setzt die Bundesregierung ihren beispiellosen Kurs, den Bundeshaushalt auf Kosten von Bildung und Forschung und damit zu Lasten der nachwachsenden Generation zu sanieren, fort. Seit 1982 ist der Anteil dieses Einzelplans am Bundeshaushalt von 4,7 Prozent auf nunmehr 3,4 Prozent gesunken. Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, kann man nicht mit der allgemeinen Haushaltslage erklären.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Das ist ein Bedeutungsverlust dieses Politikfeldes, der auf Ihre Entscheidung zurückgeht und im krassen Widerspruch zu dem steht, was Sie ansonsten verbal immer erklären. Es kommt noch schlimmer. Im symbolträchtigen Jahr 2000 sollen es nur noch 2,3 Prozent sein. Selbst nominal erreichen die ProKopf-Ausgaben im kommenden Jahr nicht einmal mehr den Wert von 1982. In konstanten Preisen von 1991 gerechnet werden die Pro-Kopf-Ausgaben im kommenden Jahr mit 150 DM sogar um 35,6 Prozent unter dem Niveau von 1982 liegen.

    Edelgard Bulmahn
    Wer so handelt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der ruiniert den Standort Deutschland, der fördert ihn nicht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wer seit Jahren - wirklich seit Jahren - die Förderung von Bildung und Forschung zur Nebensache erklärt, der gefährdet die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und bereichert sich auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder.

    (Beifall des Abg. Horst Kubatschka [SPD])

    Aber statt am Kabinettstisch für die Belange von Bildung und Forschung zu streiten, profiliert sich Minister Rüttgers lieber als Laienspieler im Sommertheater. Was konnten wir nicht alles in den Zeitungen lesen? Da fordert der Minister die Verkürzung der Schulzeit, die Bezahlung der Professoren nach Leistung oder den Eingriff in ausgehandelte Tarifverträge.

    (Bundesminister Dr. Jürgen Rüttgers: Alles richtig!)

    Forderungen aufzustellen, die andere einlösen müssen, ist allerdings nicht die vorrangige Aufgabe eines Fachministers, Herr Rüttgers. Dem Bildungs- und Forschungsminister stünde es vielmehr gut an, endlich seinem Amt gerecht zu werden und sich auf die Probleme zu konzentrieren, für die er Verantwortung trägt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Aber klare Prioritäten zu setzen, Innovationen anzustoßen und Reformen voranzubringen ist eben nicht die Sache des Ministers. Da er kein Geld für Forschung und Bildung hat, redet er gern von Effizienz, Exzellenz, schlankeren Strukturen und Wettbewerb. Das ist an sich nichts Schlechtes.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist alles gut so!)

    Aber wenn man sich ansieht, wie das umgesetzt wird, wird eine erschreckende Hilflosigkeit und Konzeptionslosigkeit deutlich.

    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Reden Sie von der SPD?)

    Wenn nämlich alle Forschungseinrichtungen der sogenannten Blauen Liste oder alle Großforschungseinrichtungen in einen Topf geworfen werden, wie das in Rüttgers „Leitlinien zur strategischen Orientierung der deutschen Forschungslandschaft" vom Juli 1996 geschieht, dann kann ich nur sagen: Das macht keinen Sinn.
    Herr Lenzer, welchen Sinn sollte es denn machen, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron, DESY, in Hamburg 5 Prozent aus der Grundfinanzierung zu streichen und dann im Wettbewerb neu zu vergeben? Mit wem soll DESY in der Bundesrepublik denn in Wettbewerb treten? Die hier betriebene Elementarteilchenphysik steht im Wettbewerb mit Grenoble, mit Stanford oder mit Tokio. In Deutschland gibt es keine vergleichbare Forschungseinrichtung. Das gleiche trifft für einige Institute der Blauen Liste zu.
    Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns auch in einer angespannten Haushaltslage davor hüten, kurzsichtig zu sein und Schnellschüsse abzugeben.

    (Beifall bei der SPD)

    Grundlagenforschung hat als kulturelle Leistung immer auch einen Wert an sich, und sie ist oft, sehr oft, die Voraussetzung für eine erfolgreiche angewandte Forschung. Das darf nicht vergessen werden.
    Die Vielzahl der Einzelprojekte müsse gebündelt werden, hat Herr Rüttgers gesagt. Herr Rüttgers, ich frage Sie: Unter wessen Verantwortung hat sich die Projektanzahl seit 1982 mehr als verdoppelt? 1982 gab es in der Zuständigkeit des Forschungsministers rund 5 000 Fördervorhaben. Heute sind es je nach statistischer Zuordnung 12 000 bis 16 000 Forschungsprojekte.
    Es ist gut, wenn der Forschungsminister heute das als notwendig feststellt, was die SPD-Fraktion schon seit Jahren fordert, nämlich den Innovationsprozeß von der Forschung bis zum Marketing zu betrachten und die Bündelung der Förderung zu Leitprojekten vorzusehen, die visionäre Lösungen für zentrale wirtschaftliche, ökologische und soziale Probleme aufzeigen. Nur, ich frage mich: Wo sind diese Visionen? Wo sind die identifizierten Zukunftsthemen, die der Bundesminister angehen will?

    (Tilo Braune [SPD]: Fehlanzeige!)

    Ein Zukunftsminister muß den Mut haben, forschungspolitische Visionen zu formulieren, die sich an den zukünftigen Bedürfnissen der Gesellschaft und an den sich abzeichnenden Zukunftsmärkten orientieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Entscheidend dabei ist, daß Gesamtlösungen gesucht werden, nicht nur Beiträge zur Verbesserung einzelner Komponenten. Leitprojekte wären die mobile Gesellschaft, verknüpft mit der effizienten Gesellschaft, der zum Baden geeignete Fluß, die abfallfreie Fabrik und die energieeffiziente Siedlung. Es gibt vieles mehr. Aber weder auf diesen noch auf anderen Gebieten gibt es eine mobilisierende Kampagne, statt dessen viele leere Worte und bloßen Etikettenschwindel.
    „Der Bund will seine Förderung durch neue Schwerpunkte wirkungsvoller machen", so der Minister. Richtig! Aber ich stelle fest: Im Rahmen der IuK-Technologien, sagt der Minister, werde der neue Förderbereich Multimedia auf 130 Millionen DM hochgefahren. Sieht man jedoch genauer hin, kommt man - kunstvoll im Regierungsentwurf verschleiert - gerade einmal auf einen Ansatz von 97 Millionen DM. Jede Mark auch dieser Millionen ist aus lauf enden Programmen zusammengestückelt - einmal Deutsches Forschungsnetz, einmal Fachinformation, alles laufende Programme, deren Mittel für 1997 längst festgelegt sind.

    Edelgard Bulmahn
    Auch die 50 Millionen DM für die überfällige Maßnahme „Schulen ans Netz" lassen sich im Haushaltsentwurf nirgends finden. Die Vermutung liegt nahe, daß es sich um dieselben 52 Millionen DM aus dem Titelansatz Deutsches Forschungsnetz handelt, die auch schon für den Multimedia-Bereich herhalten mußten.
    Statt klarer Prioritätensetzung im Haushalt, die notwendig wäre, werden die Mittel für wichtige Technologiefelder zusammengestrichen: Informationstechnik minus 9 Prozent, Produktions- und Qualitätssicherung minus 11 Prozent, Lasertechnik minus 11 Prozent, neue Materialien minus 11 Prozent, Mikrosystemtechnik minus 15 Prozent, erneuerbare Energien minus 18 Prozent.

    (Zuruf von der SPD: Ein Minus-Minister!)

    Auch im Bereich der Vorsorge- und Umweltforschung sieht es nicht besser aus: Ökologie- und Klimaforschung minus 11 Prozent, Meeres- und Polarforschung minus 11 Prozent, Gesundheitsforschung minus 8 Prozent.

    (Zuruf von der SPD: Alte Kamellen einmal umgerührt; das ist dann die Zukunft!)

    Sind das eigentlich Bereiche, die für unsere Gesellschaft nicht wichtig sind?
    Während die Globalisierung der Märkte und der sich beschleunigende und intensivierende internationale Wettbewerb einen riesigen Bedarf an innovativen Lösungen schaffen, hat ausgerechnet die Technologie- und Innovationsförderung der Bundesregierung erheblich an Stellenwert eingebüßt.
    Aber nur mit neuen Produkten und mit Prozeßinnovationen kann der Wettbewerb auf Dauer gesichert werden. Das gilt auch für die Bundesrepublik. Für neue Arbeitsplätze brauchen wir neue HighTech-Produkte - Produkte, die auf den Gebieten der Verbundwerkstoffe, der umweltfreundlichen Materialien, der Photovoltaik, der Avionik, der Hochleistungskeramik, der Lasertechnologien, der Optoelektronik und der Mikrochirurgie entwickelt werden, um nur einiges zu nennen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut! Alles richtig! Wir brauchen neue Produkte der Biound Gentechnik für Enzyme und Medikamente oder für die Abwasseraufbereitung. Um dieses zu erreichen, brauchen wir die Spitzenforschung in der Wirtschaft, in den Hochschulen und in den staatlichen Forschungseinrichtungen und zwar jetzt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Wir brauchen dafür eine adäquate finanzielle Ausstattung.
    Es ist eine verhängnisvolle Fehleinschätzung der Bundesregierung, sich im Glauben, die Wirtschaft werde schon einspringen, aus der Forschungsförderung zurückzuziehen. Wo die staatlichen Gelder versiegen, zieht sich auch die Wirtschaft zurück.
    Ein Bericht des Weißen Hauses vom November 1995, der sich kritisch mit den rückläufigen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in den USA auseinandersetzt, findet in einer Analyse über die letzten 30 Jahre keinen einzigen Anhaltspunkt dafür, daß die Industrie mehr für Forschung und Entwicklung ausgibt, wenn der Staat sich zurückhält. Das Gegenteil ist der Fall: Ein Rückgang der öffentlichen Fördermittel geht regelmäßig mit einem Rückgang der privaten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen einher. Statt die Forschungsförderung abzuwürgen - wie das jetzt mit diesem Haushalt wieder einmal geschieht -, muß der Staat vielmehr antizyklisch investieren.
    Die Förderung von FuE in der gewerblichen Wirtschaft ist in den vergangenen Jahren nicht nur gesunken, sondern sie ist auch in eine instrumentelle Schieflage geraten, von der vor allem die kleinen und mittleren Betriebe betroffen sind. Gerade die kleinen und mittleren Betriebe sind aber für die Innovationsfähigkeit unserer Gesellschaft von entscheidender Bedeutung.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Simone Probst [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Sie erhalten nur noch 7,12 Prozent der Forschungs- und Entwicklungsausgaben des Bundes. Ich halte das für unakzeptabel.

    (Elisabeth Altmann [Pommelsbrunn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Skandal!)

    Der Bundesminister sagt zwar, der Finanzierungsprozeß von kleinen und mittleren Technologieunternehmen und deren Vorhaben funktioniere in Deutschland noch nicht in ausreichendem Maße, aber er ändert nichts. Die Analyse stimmt, Herr Rüttgers. Sie müssen aber gleichzeitig zugeben, daß diese richtige Analyse der Offenbarungseid einer verfehlten 14jährigen Innovationspolitik dieser Bundesregierung ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wir hatten im Jahre 1982 noch eine ganze Reihe von innovativen Rahmensetzungen. Heute ist die indirekte Forschungsförderung, die gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen sehr wichtig ist, fast vollständig abgebaut worden. In den alten Bundesländern wurde das FuE-Personalkostenzuschußprogramm eingestellt; die FuE-Personalzuwachsförderung wurde eingestellt; ganz ausgelaufen sind die FuE-Sonderabschreibung, die steuerliche Erfinderförderung und die FuE-Investitionszulage. Innovation findet aber in den Köpfen statt. Ich verstehe daher nicht, wie man solche Programme abschaffen kann.
    Deutschland ist mittlerweile das einzige G 7-Land ohne steuerliche FuE-Anreize.

    (Jörg Tauss [SPD]: Das ist die Wahrheit!)


    Edelgard Bulmahn
    Es ist fatal, wenn die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Beteiligung an Containerschiffen günstiger sind als für die Beteiligung an jungen Hochtechnologieunternehmen. Darum, Herr Rüttgers, sollten Sie sich kümmern.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Mit dieser Politik, meine Herren und Damen, ist kein Staat zu machen. Wir brauchen deshalb einen konsequenten Kurswechsel in der Bildungs- und Forschungspolitik, eine zielgerichtete und angemessen ausgestattete Innovations- und Qualifikationsoffensive. Eine Kürzung des Haushaltsansatzes für den Einzelplan 30, wie Sie sie jetzt vorsehen, kommt für die SPD-Bundestagsfraktion nicht in Frage.

    (Beifall bei der SPD)

    Vielmehr müssen die Forschungs- und Bildungsausgaben wieder deutlich angehoben werden. Wir müssen einerseits klare inhaltliche Schwerpunkte in den Bereichen Ausbildung, Qualifikation, Schlüsseltechnologien und Vorsorgeforschung setzen. Wir müssen aber andererseits auch die Effizienz unseres Bildungs- und Forschungssystems deutlich steigern.
    Um dies zu erreichen, müssen wir die Bildungs- und Forschungspolitik in ein umfassendes gesellschaftspolitisches Gesamtkonzept einbetten, das die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und die ökologische Erneuerung der Volkswirtschaft miteinander verbindet.
    Wir müssen den gesellschaftlichen Dialog zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über Zielsetzungen, inhaltliche Schwerpunkte und Strategien der Bildungs- und Forschungspolitik ausbauen und verstärken.
    Wir müssen in der Forschungs- und Technologiepolitik die Dominanz angebotsorientierter Steuerungsmechanismen, die wir noch immer haben - ich nenne zum Beispiel die institutionelle Förderung und die Projektförderung -, durch eine intelligente Mischung von angebots- und nachfrageorientierten Maßnahmen ergänzen; denn Innovationen - das ist klar - sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie eng an Nachfrage und Bedarf gekoppelt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir müssen die interdisziplinäre Zusammenarbeit in den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken und mehr Gewicht auf die Vernetzung von Grundlagenforschung und industrieller Anwendung sowie von Grundlagenforschung und Beiträgen zur Lösung gesellschaftlicher Bedarfe wie des Umweltschutzes legen.
    Wir müssen Anreize schaffen, um die Mobilität des Personals zwischen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen sowie zwischen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu stimulieren; denn Technologietransfer läuft auch und gerade über Köpfe. Er läuft über die handelnden Personen. Deshalb ist der Brain-drain, den wir zur Zeit in der Bundesrepublik haben, so katastrophal für unsere Zukunft.
    Wir müssen den indirekten Fördermaßnahmen zur Stärkung des FuE-Potentials der Wirtschaft mehr Gewicht geben. Dazu zählt insbesondere die Wiederherstellung der steuerlichen FuE-Förderung und der potentialorientierten Maßnahmen im KMU-Bereich. Wir müssen endlich die Bedingungen für Existenzgründer und den Zugang zu Risikokapital erleichtern, anstatt nur immer darüber zu reden.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Simone Probst [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Wir müssen ernsthaft über eine wirksame Kostenverteilung zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben reden; mein Kollege Günter Rixe wird darauf noch näher eingehen.
    Wir müssen die Hochschulreform und die Reform der Ausbildungsförderung voranbringen; da stimme ich Ihnen zu. Wir müssen aber auch das zur Kenntnis nehmen, was die Bundesländer in diesem Bereich bereits auf den Weg gebracht haben.
    Mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf ist all dies nicht zu machen. Er ist ein Abschied von der Zukunft. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir nicht mit.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)