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ID1312209300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/122 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Bundeswirtschaftsministers Dr. Günter Rexrodt 10931 B Begrüßung des Präsidenten der Handwerkskammer Budapest und des stellvertretenden Fraktionsführers der sozialistischen Partei im ungarischen Parlament 11008 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10931 A b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10931 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 10931 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . . 10932 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . 10933 A Ernst Schwanhold SPD . . . . 10934B, 10958 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 10937 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10939 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 10942B, 109558 Rolf Kutzmutz PDS 10944 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . 10945D, 10949A, 10950B Eckart Kuhlwein SPD 10947 D Rolf Schwanitz SPD 10948 C Dr. Christa Luft PDS 10949D Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 10951A, 10956B Ulrich Petzold CDU/CSU 10953 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 10953D, 10954 B Friedhelm Ost CDU/CSU . . . 10956D, 10959A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 10959 D Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10960D, 10981A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10961C Ulrike Mascher SPD 10963 A Ottmar Schreiner SPD 10964 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10965 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 10967 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10970B Dr. Barbara Hendricks SPD . 10970D, 10983 B Dr. Barbara Höll PDS 10971 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10971 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10973C, 10976A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10975 D Petra Bläss PDS 10976 B Dr. Konstanze Wegner SPD 10978 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU 10979 D Ottmar Schreiner SPD . . . . 10980C, 10982 B Volker Kauder CDU/CSU 10982 B Leyla Onur SPD 10984 B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 10986A Edelgard Bulmahn SPD . . . 10987C, 11006C Edelgard Bulmahn SPD 10990 B Steffen Kampeter CDU/CSU 10993 D Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10996 B Franz Thönnes SPD 10996 D Simone Probst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10997 C Jürgen Koppelin F.D.P 10998 D Dr. Ludwig Elm PDS 11001A Günter Rixe SPD 11002 C Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 11003D, 11004A Werner Lensing CDU/CSU 11004 B Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 11006A Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11008 C Jörg Tauss SPD 11009D Jürgen Koppelin F.D.P 11010B Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 11011D Heidemarie Lüth PDS 11013A Christel Hanewinckel SPD 11014 D Johannes Singhammer CDU/CSU . 11015C Peter Jacoby CDU/CSU 11017A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11018C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 11020A, 11021C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11021B Rosel Neuhäuser PDS 11021 D Maria Eichhorn CDU/CSU 11022 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11023 C Siegrun Klemmer SPD 11024 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 11026C Klaus Kirschner SPD 11030 D Horst Seehofer CDU/CSU . . 11033A, 11033 C Hubert Hüppe CDU/CSU . . . 11036B, 11038D Waltraud Lehn SPD 11036 C Dr. Wolfgang Wodarg SPD 11037 A Editha Limbach CDU/CSU 11037 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11038B Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11039A Dr. Dieter Thomae F.D.P 11040C Klaus Kirschner SPD . . . . 11041D, 11044 D Dr. Ruth Fuchs PDS 11042 B Editha Limbach CDU/CSU 11043A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11043C Waltraud Lehn SPD 11045 B Wolfgang Gröbl, Parl. Staatssekretär BML 11046A Horst Sielaff SPD 11048 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 11050 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11051B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11053D Wolfgang Gröbl CDU/CSU 11054 D Ulrich Heinrich F D P. 11055 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . 11056B Dr. Günther Maleuda PDS 11056 D Ilse Janz SPD 11057 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11059B Nächste Sitzung 11059 D Berichtigung 11059 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11060 * A 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung 121. Sitzung, Seite 10886D, vorletzter Absatz, Zeile 9: Das Wort „nicht" ist durch das Wort „doch" zu ersetzen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 12. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 12. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Borchert, Jochen CDU/CSU 12. 9. 96 Graf von Einsiedel, PDS 12. 9. 96 Heinrich Glos, Michael CDU/CSU 12. 9. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 12. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 12. 9. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 12. 9. 96 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch (Rendsburg), BÜNDNIS 12. 9. 96 Egbert 90/DIE GRÜNEN Regenspurger, Otto CDU/CSU 12. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 12. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg), SPD 12. 9. 96 Dietmar Thieser, Dietmar SPD 12. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 12. 9. 96 Karsten D. Dr. Zöpel, Christoph SPD 12. 9. 96
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Jetzt verliere ich jede Zuversicht. Wenn selbst Frau Mascher für diesen Vorschlag Sympathie aufbringen kann - -

    (Ottmar Schreiner [SPD]: Sie weist doch nur darauf hin!)

    - Na gut, dann bin ich schon wieder beruhigt. - Beitragsfinanziert heißt in den Niederlanden: Für einen Sozialhilfeempfänger, der keinen Beitrag bezahlen kann, muß der Staat Beitrag zahlen. Nennen Sie mir einmal ein System, in dem jemand Beitrag zahlen kann, der kein Geld hat.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Das ist ja praktisch eine Steuer!)

    - Das ist eine Steuer. Sie heißt nur Beitrag. - Liebe Frau Mascher, bleiben Sie Ihren besten Prinzipien treu, gehen Sie nicht auf Schröders Linie. Das ist eine Schlangenlinie, um nicht etwas Schlimmeres zu sagen. Es ist eine Linie, die um alle Sachverhalte herumkurvt.

    (Zuruf von der SPD)

    - Ja, wir brauchen eine Weiterentwicklung. Wir müssen Antwort geben auf demographische Veränderungen. Die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt haben sich geändert. Viele fliehen aus der Solidarität in die Scheinselbständigkeit. 35 Prozent der Jüngeren suchen einen Zweitjob. Das ist ein bequemer Fluchtweg. Das kann die Solidarkasse nicht tragen: Die Guten ins Kröpfchen und die Schlechten ins Töpfchen - so geht das nicht.
    Ich stimme Ihnen zu, daß wir viel zu hohe Fremdleistungen haben, aber nicht ohne darauf hinzuweisen, daß der Bund der Rentenversicherung 80 Mil-harden DM gibt.
    Besteuerung der Rente wird gefordert.

    (Zuruf von der SPD: Aus Ihren Reihen!)

    - Ich möchte es doch nur klarstellen. - Besteuerung ginge doch nur, wenn die Beiträge steuerfrei wären. Zweimal besteuern geht doch nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. und der SPD)

    Da die Beiträge der Rentner aber nicht steuerfrei waren, geht das nicht.

    (Zuruf der Abg. Andrea Fischer [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    - Ich will das doch nur klarstellen, liebe Frau Fischer. Ich gebe mir jetzt Mühe, in das Chaos der Debatte - das ist nämlich ein Chaos - etwas Linie zu bringen.

    (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich gebe sogar zu, daß sich manche von uns daran beteiligt haben.
    Ich bemühe mich, Schneisen in diesen Urwald von Vorschlägen zu schlagen. Liebe Leute, seid mal vernünftig: Es muß nicht alle 24 Stunden ein neuer Vorschlag gemacht werden. Das muß wirklich nicht sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Diese Art von Kreativität hat nur eins zur Folge: große Rentenunsicherheit. Ich bin dafür verantwortlich

    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    - lassen Sie mich ausreden! -, daß die Rentner nicht von einer Chaosdiskussion in die Angst gestürzt werden. Dafür bin ich verantwortlich. Lachen Sie also nicht zu früh!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Deshalb bemühen wir uns, in den Regierungskommissionen und auch in den Fraktionen über die Weiterentwicklung des Systems zu sprechen. Ich lade alle ein - wir haben doch eine gute Tradition -: Laßt uns, wenn der Pulverdampf vorbei ist, versuchen, die Fäden wieder zusammenzubringen. Ich lade im Sinne der Vertrauensbildung ausdrücklich dazu ein. Wir streiten uns viel. Es ist auch gut, daß gestritten wird. Aber es lohnt jede Anstrengung, den Rentenkonsens nicht erlahmen zu lassen. Darum bitte ich Sie bei allem Streit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wenn wir das Rentenniveau jetzt bei einem Beitrag von 20 Prozent festschreiben würden, dann hätten wir im Jahre 2030 einen Mehrbedarf an Bundes-

    Bundesminister Dr. Norbert Blüm
    zuschuß von 350 Milliarden DM. Wenn wir den Beitrag festschreiben und den Bundeszuschuß einfrieren, hätten wir ein Rentenniveau von 45 Prozent. Würden wir den Bundeszuschuß und das Rentenniveau festschreiben, hätten wir einen Beitrag von 26 Prozent. - Sie sehen, die drei Varianten sind alle keine realistischen Varianten. Deshalb lade ich zu einer realistischen Weiterentwicklung unseres Systems ein.
    Ich glaube, daß die Demokratie auf Streit angelegt ist - das ist ja auch das Schöne an der Demokratie. Aber wir müssen uns nicht über alles streiten. Laßt uns über die Weiterentwicklung der Rente diskutieren, aber laßt uns versuchen, im Sinne der Vertrauensbildung den Konsens neu anzugehen. Denn die Rentenversicherung lebt von der Lebensplanung. Sie lebt nicht von der Hand in den Mund. Sie muß ja auch Regierungswechsel überleben, selbst wenn der nächste noch in weiter Ferne ist -

    (Widerspruch bei der SPD Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Blüm in Rente!)

    - oder wäre, um Frieden zu stiften.
    Ich will diese Stunde nutzen. Sparen ohne Einschränkungen geht nicht. Nennen Sie doch endlich einmal Ihre Sparvorschläge für das Sozialsystem. Ich muß kein Ökonom sein, es genügt mir der gesunde Menschenverstand, um festzustellen: Die Beiträge sind zu hoch. Wenn Sie beklagen, daß die Beiträge noch höher steigen, dann erwidere ich Ihnen: Je weniger wir sparen, um so höher steigen sie. Wenn Sie beispielsweise das Zustimmungsgesetz verhindern, in dem 1,4 Milliarden DM für die Rentenversicherung lockergemacht werden, dann steigt der Beitrag um mindestens einen Prozentpunkt. Wie hoch er letztlich wirklich steigt, das habe nicht ich in der Hand, sondern das hängt von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ab, und die Beiträge für das jeweils nächste Jahr setzen wir immer im Oktober fest.
    Also, es gibt für den Sozialstaat nichts Besseres als Arbeit. 100 000 Arbeitslose kosten den Sozialstaat 3 Milliarden DM an Arbeitslosengeld. 100 000 Beschäftigte verdienen 4,5 Milliarden DM und zahlen noch 2 Milliarden DM an Beitrag. Was ist also besser als Arbeit? Hier muß folglich eine Kostenentlastung greifen. Ich sage ja nicht, daß Kostenentlastung das einzige wäre. Sie ist ein wichtiger Faktor, aber nicht der einzige. Initiative, Innovation, Entbürokratisierung und vernünftige Lohnpolitik gehören dazu. Aber einen Teil haben auch wir Sozialpolitiker zu verantworten.

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das erklären Sie mal der F.D.P.!)

    Bevor ich anderen Vorwürfe mache, möchte ich gerne sagen können: Wir haben unsere Hausaufgaben erfüllt. Unsere Hausaufgabe im Hinblick auf diesen Haushalt - damit ist nicht alles erledigt - ist, einen Beitrag zur Entlastung der Beitragszahler und zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu leisten - um der Arbeitslosen willen. Darum geht es.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Ottmar Schreiner.

(Dr. Peter Struck [SPD]: Jetzt kommt endlich einmal die Wahrheit auf den Tisch!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ottmar Schreiner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Bundesarbeitsminister es nötig hat, solche Zerrbilder, Halbwahrheiten und Lügen über die SPD zu verbreiten, dann ist das ein deutliches Zeichen dafür, daß der Bundesarbeitsminister mit seiner Politik endgültig am Ende und gescheitert ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Sie sind politisch wirklich am Ende, Herr Blüm.
    Ich lege nun mein Manuskript zur Seite, das ich mir gestern und heute in Stichwörtern zusammengeschrieben habe, und will versuchen, auf Ihre Hinweise auf die Positionen der SPD einzugehen.
    Erster Punkt: Sie haben behauptet, die SPD sei auf Zahlen fixiert, wir würden ständig Zahlenschlachten führen und behaupten: Je mehr Ausgaben gemacht würden, um so besser sei es um den Sozialstaat bestellt. - Ich habe in den vergangenen Jahren fast keine Rede an diesem Podium gehalten, ohne immer wieder darauf hinzuweisen, daß die Höhe der Sozialleistungsquote, der Anteil der Sozialleistungen am Bruttoinlandsprodukt, überhaupt nichts über die soziale Qualität einer Gesellschaft aussagt,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    sondern nur eine Aussage über den Kostenanteil der Sozialleistungen am Bruttoinlandsprodukt zuläßt, weil von Ihnen immer wieder behauptet worden ist, die Sozialleistungen hätten uferlose Ausmaße erreicht. Die Sozialleistungsquote - das wissen Sie sehr wohl - ist in Westdeutschland von 1982 bis 1996 um mehrere Prozentpunkte zurückgeführt worden, obwohl die sozialen Probleme explosionsartig zugenommen haben. Zentrale Ursache sind der massenhafte Anstieg der Arbeitslosigkeit, der von Ihnen über viele Jahre hinweg so gut wie gar nicht zur Kenntnis genommen worden ist, und die damit verbundenen sozialen Folgeprobleme.
    Also von einer Fixierung der Sozialdemokratie auf Zahlen kann überhaupt keine Rede sein. Man könnte sogar sagen: Je geringer die Kosten für den Sozialstaat sind, um so besser ist es um einen demokratischen Sozialstaat bestellt, weil die sozialen Probleme vergleichsweise gering sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber heute haben wir die größten sozialen Probleme seit 1949.
    Zweiter Punkt: Sie haben soeben ausdrücklich mich in bezug auf die Anhebung der Altersgrenze bei der Lebensarbeitszeit angesprochen; das hätten die Sozialdemokraten mit beschlossen. - Das ist eine typische Halbwahrheit, und Halbwahrheiten können schlimmer als offene Lügen sein. Die Sozialdemokra-

    Ottmar Schreiner
    ten haben 1989 beim damaligen Rentenkonsens mit beschlossen, daß ab dem Jahr 2001 die Lebensarbeitszeit in sehr kleinen Schritten erhöht werden solle - aber unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß im Jahre 1997 die Arbeitsmarktlage geprüft werde -, daß aber, wenn eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit festgestellt werde, eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit auch im Jahre 2001 nicht in Frage kommen könne. Denn dies führt dazu, daß die Arbeitslosigkeit noch weiter steigt und für die jungen Generationen der Zugang in das Erwerbsleben endgültig verbaut wird.
    Diesen Hinweis auf die Prüfung des Arbeitsmarktes im Jahre 1997 haben Sie völlig unterschlagen. Sie verlängern die Lebensarbeitszeit unter eindeutigem Bruch der 1989 getroffenen Vereinbarungen. Damals, 1989, war die Arbeitslosigkeit weitaus geringer als heute, im Jahre 1996.

    (Beifall bei der SPD)

    Dritter Punkt: Sie fragen die SPD-Fraktion immer wieder in anklagender Weise: Wo sind denn Ihre Vorschläge zur finanziellen Entlastung der Rentenversicherung oder etwa der Bundesanstalt für Arbeit? - Seit Monaten liegt diesem Parlament ein umfänglicher Antrag der SPD-Bundestagsfraktion vor. Ich meine die ökologische Steuerreform. Wir sind auf einen der von Ihnen in den vergangenen Jahren - vällig ergebnislos - produzierten Vorschläge eingegangen und haben im Kern vorgesehen, daß die aktive Arbeitsmarktpolitik der Bundesanstalt für Arbeit nicht mehr - wie bisher - aus Beitragsleistungen finanziert werden soll, sondern aus steuerlichen Zahlungen. Also: Anhebung der Energiesteuer auf der einen Seite und auf der anderen Seite deutliche Entlastung der Beitragszahler zur Bundesanstalt für Arbeit bis hin zu drei Beitragspunkten.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie können hier also nicht so tun, als hätten wir keine Vorschläge gemacht. All diese Vorschläge, die auch in Teilen der Koalition Sympathie genießen, sind bislang von der Koalition gnadenlos abgelehnt worden.
    Vierter Punkt: Sie haben behauptet, die Sozialdemokratie neige - Sie haben zwei Denkschulen dargestellt - zu einer reinen Verteilungspolitik, während Sie, die Koalition, davon ausgingen, es sei genug Arbeit vorhanden, die aber nicht bezahlbar sei. - Diese Denkschulen-Theorie, die Sie hier verbreiten, führt wiederum völlig in die Irre.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn wir sind davon ausgegangen - und gehen nach wie vor davon aus -, daß beides notwendig ist: sowohl eine deutliche Reduktion der Überstunden als auch ein wesentlich effektiveres Angebot von Teilzeitarbeit, als dies bisher der Fall ist. Entsprechende Anträge liegen dem Deutschen Bundestag vor. Es ist geradezu widersinnig, daß wir bei einem dramatischen Höchststand der Arbeitslosigkeit ebenfalls einen gemessen an der Zeit seit 1949 - dramatischen Höchststand an Überstunden haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wir haben entsprechende Vorschläge gemacht, nämlich Teilzeitangebote effektiver zu gestalten, als das bisher der Fall ist. Dies alles ist von der Koalitionsmehrheit im Parlament bislang abgelehnt worden.