Rede von
Anke
Fuchs
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Graf Lambsdorff, was ich mit den Einzelpunkten sagen wollte, war, daß eine häßliche Debatte um den Wirtschaftsstandort stattgefunden hat, die, wie die Wissenschaftler heute sagen, interessenorientiert geführt wurde,
die die Fakten nicht aufnahm und deswegen verhängnisvoll war. Deswegen sage ich in bezug auf die Vermögensteuer: Sie benutzen doch das Verfassungsgerichtsurteil, um die Vermögensteuer abzuschaffen, was aus dem Verfassungsgerichtsurteil in der Form nicht hervorgeht.
Stichwort Massenkaufkraft. Sie ist ja nicht nur von Löhnen und Gehältern abhängig. Wenn Sie davon absehen, die Kindergelderhöhung und die Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums zu verschieben, dann haben wir mehr Kaufkraft. Mit Ihren Plänen, die Sie heute vorgetragen haben, schädigen Sie die Massenkaufkraft.
- Herr Weng, die Erhöhung des Kindergeldes haben wir miteinander beschlossen, weil es verfassungsrechtlich geboten ist.
Deshalb können Sie hier nicht mit Argumenten der Haushaltskonsolidierung kommen, weil Ihr ganzes Paket ökonomisch unsinnig ist. Es entfaltet nicht die dynamischen Kräfte unserer Wirtschaft.
Graf Lambsdorff, wenn Sie meinen, ich hätte auf die Fragen von Herrn Geißler nicht angemessen geantwortet, so will ich am Schluß moderat noch mal sagen: Es geht für uns als Bundesrepublik Deutschland insbesondere darum, finde ich, zunächst einmal den Weg nach und mit Europa zu gestalten. Dafür müssen wir uns fit machen. Deswegen habe ich gesagt: Man muß die Hausaufgaben dafür hier machen.
Aber dann kommt doch die spannende Frage, Herr Geißler: Was für ein Europa wollen wir eigentlich? Wir haben um uns herum sozial verfaßte Staaten. Die werden nicht zulassen, daß auch dort mühsam erkämpfter Fortschritt einfach beiseite geschoben werden muß. Es wäre auch ökonomisch unsinnig.
Deswegen sind die Fragen Währungsunion, Sozial- und Steuerharmonisierung sowie wirtschaftspolitische Instrumentenharmonisierung - nicht auf Punkt und Komma - ein wichtiger Aspekt, den wir bei dieser Geschichte beachten müssen. Es macht aber keinen Sinn, wenn wir auf dem Weg nach Europa so tun, als ob wir mit dieser Kürzungspolitik, die die Grundlage unseres Systems kaputtmacht, fit wären für Europa.
Wenn der Bundeskanzler sagt, Beschäftigungspolitik finde nicht in Europa statt, sondern zu Hause, hier aber keine Beschäftigungspolitik macht, dann frage ich mich, was für ein Europa er eigentlich will. Ich möchte ein Europa der Menschen, der Bürger und nicht ein Europa, in dem Arbeitslosigkeit dominiert, weswegen wir gar keine Chance haben, uns weltweit sozial, ökologisch und wirtschaftlich zu engagieren.