Rede von
Dr.
Christa
Luft
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Danke schön, Frau Präsidentin. - Verehrter Kollege Krüger, wir beide kommen aus Mecklenburg-Vorpommern. Sie sind dort gewählt worden; ich bin dort geboren und aufgewachsen. Ich verfolge das, was dort vorgeht, nach wie vor mit allergrößter Aufmerksamkeit. Ich stimme Ihnen zu: Die Aufgabe muß darin bestehen, in der Wirtschaft möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen. Da sind wir uns völlig einig. Nur: Für die vielen Menschen, die in Mecklenburg-Vorpommern gegenwärtig ohne Arbeit sind oder gerade ihre Arbeit verlieren, ist das nicht mehr als ein Glaubensbekenntnis.
Ich hätte Sie gerne gefragt, was Sie den derzeit Arbeitslosen und denen, die um ihre Arbeit zittern, auf deren Frage antworten, wo sie auf dem ersten Arbeitsmarkt in den folgenden Monaten und Jahren in Mecklenburg-Vorpommern eine echte Chance sehen können. In welchem Bereich können Sie diesen Menschen eine Hoffnung machen, die mehr ist als ein Glaubensbekenntnis?
Ich nenne Ihnen folgende Fakten: Die Situation der Werften in Mecklenburg-Vorpommern ist nach dem Skandal beim Bremer Vulkan nicht stabil.
Das wissen Sie auch. Ein Arbeitsplatzabbau findet dort weiter statt.
Wenn die vierte Novelle des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes durchgeht, wie es die Koalition
Dr. Christa Luft
vorhat, dann gehen auch in der Landwirtschaft weitere Arbeitsplätze verloren. Mecklenburg-Vorpommern ist ein landwirtschaftlich geprägtes Gebiet. Sie wissen genau: Wenn es dort zu Vermögensauseinandersetzungen kommt, dann werden die Nachfolgeeinrichtungen der LPGs keine Kredite mehr bei den Banken bekommen, und dann sind sie in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit lahmgelegt.
Mecklenburg-Vorpommern hat versucht, sich im Kurwesen und im Tourismus eine neue Chance aufzubauen. Morgen steht zur Abstimmung, ob die Mittel für Rehabilitationsmaßnahmen gekürzt werden. Ich war kürzlich in Ribnitz-Damgarten, wo man im Kurwesen eine Perspektive sah. Dort werden die Projekte, Kurkliniken zu bauen und neue Möglichkeiten für Kurangebote zu schaffen, zurückgenommen, weil man sich sagt, nach einer solchen Mittelkürzung kommen weniger Menschen. Also zittern wieder Leute um ihren Arbeitsplatz.
Die Zahl der Insolvenzen steigt. Ich sage nur „ Spanplattenwerk " ; Sie wissen, was ich meine.
Die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern erledigen heute - ebenso wie Kommunen in anderen Bundesländern - Regelaufgaben auf ABM-Basis. Wenn diese AB-Maßnahmen gekürzt werden, wie Sie sagen, dann werden dort auch Regelaufgaben nicht mehr erledigt werden können. Das müssen wir uns in Erinnerung rufen.
Ich finde, das Ballen der Faust in der Tasche im Sommerloch ist das eine, aber zu seinem Wort zu stehen, wenn es darauf ankommt, ist das andere. Es ist doch keine Lösung, wenn Sie sagen, wir werden die Zahl der ABM-Stellen vielleicht beibehalten, aber wir werden die Vergütung kürzen. Ich frage Sie: Welche prekären Arbeitsverhältnisse wollen Sie denn noch schaffen? Wollen Sie Menschen mit 1 200 oder 1 300 DM brutto beschäftigen?