Rede von
Kurt J.
Rossmanith
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte der beiden letzten Tage und auch der Beitrag des Kollegen Schwanhold, den wir alle eben zur Kenntnis genommen haben, haben gezeigt, daß in der Wirtschafts-, Haushalts- und Finanzpolitik leider kein Konzept der Opposition vorliegt
und wahrscheinlich auch nicht erwartet werden kann.
Immerhin haben Sie, Herr Kollege Schwanhold, zugegeben, daß ein Konsolidierungskonzept notwendig wäre; nur, ich habe wirklich Vorschläge von Ihnen vermißt. Sie haben lediglich bekrittelt, daß wir das eine oder andere Programm etwas zurücknähmen.
Kurt J. Rossmanith
- Dann hätten Sie das in den vergangenen beiden Tagen vortragen müssen. Das ist doch das Entscheidende.
- Nur so ein Papier vorzulegen, das ist doch nichts, liebe Kollegin Fuchs.
Ich will der Ehrlichkeit halber sagen, daß Sie zugegeben haben, daß wir uns in einer schwierigen Situation befinden und daß die Konsolidierung schon wesentlich weiter fortgeschritten wäre, wenn Sie im Bundesrat nicht Ihre Obstruktionspolitik betrieben hätten. Das ist immerhin ein ehrlicher Beitrag.
Angesichts der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen unser Land steht, hätten wir uns alle auch von der Opposition eine konstruktivere Haltung gewünscht. Denn, wie Herr Bundesminister Rexrodt schon gesagt hat, es sind alle gefordert, und das besonders in Zeiten, in denen wieder Wirtschaftswachstum geschaffen werden muß und in denen die öffentlichen Haushalte konsolidiert werden müssen. Es sollte immer unser Bestreben sein, daß Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften an einem Tisch sitzen und gemeinsam die Verantwortung für dieses unser Land tragen.
Denn nur das ist die Grundlage für Wachstum und Beschäftigung.
Wir sind eine führende Wirtschaftsnation dieser Erde. Da kann man diskutieren, wie man will; wir lassen uns diesen Platz nicht kaputtreden. Aber wir müssen ganz massiv etwas tun, damit wir diese führende Wirtschaftsnation in Zukunft bleiben. Ein ganz wichtiger Meilenstein auf diesem Weg ist die weitere Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.
Hier hat der Wirtschaftsminister wirklich Verantwortung gezeigt, indem er nicht nur die Rahmenbedingungen schafft, sondern auch im Haushalt Zeichen setzt;
denn die Ausgaben in diesem Haushaltsentwurf, den wir jetzt noch in den Ausschüssen beraten müssen, weisen gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang um mehr als 8 Prozent auf. Das sind in konkreten Zahlen 1,6 Milliarden DM.
- Herr Scharping, Sie lachen. Es freut mich, daß Sie damit zustimmen. Offensichtlich erfreut es Sie, daß wir diese Kürzungen vornehmen mußten. Wir sind darüber nicht froh.
Aber es ist einfach der Zwang zur Konsolidierung, der uns dies notwendig erscheinen läßt.
Davon sind im Endeffekt alle Bereiche mit betroffen, von der Kohle über die Werften bis hin zur Regionalförderung und auch zum mittelständischen Bereich.
Es gibt zweifellos für alle Beteiligten schmerzhafte Einschnitte bei Fördermaßnahmen, die ihnen in den vergangenen Jahren lieb und dem Steuerzahler teuer geworden sind. Aber ich glaube, daß wir einfach den Mut und die Kraft haben müssen, Subventionen auf den Prüfstand zu stellen; denn das ehrgeizige Ziel der Haushaltskonsolidierung muß erreicht werden. Ich bin überzeugt, daß wir es auch erreichen werden.
Ich stimme mit Ihnen, Kollege Schwanhold, überein, was die Förderprogramme anbelangt. Aber hier ist nicht nur der Bund gefordert, sondern auch die Länder. Es ist sicher richtig, daß gerade ein mittelständischer Unternehmer, ein kleinerer Unternehmer, angesichts der Vielzahl der Förderprogramme heute überhaupt nicht mehr durchblickt, so daß er einen Berater benötigt. Ich wäre sehr dankbar, Herr Bundesminister Rexrodt, wenn Sie zusammen mit Ihren Länderkollegen diese Förderprogramme wirklich einmal alle auf den Prüfstand stellen und konzentrieren würden, damit auch der Handwerksmeister, der sich soeben selbständig gemacht hat, noch einigermaßen durchblickt und weiß, was für ihn in Frage kommt und was nicht.
Was die Subventionen anbelangt, stehe ich dazu, daß wir bei der Steinkohle weiter zurückfahren müssen. Herr Bundesminister Rexrodt hat dazu ausführliche Darlegungen gemacht. Ich hoffe, daß über eine Abschmelzung der Kohlebeihilfen bis zum Jahr 2005 auch mit den Revierländern Nordrhein-Westfalen und Saarland Gespräche geführt werden können
und daß wir hier rasch zu einem Ergebnis kommen werden. Dabei ist mir völlig klar, daß eine Umstrukturierung in diesen Regionen natürlich nicht von heute auf morgen möglich ist.
Aber Nordrhein-Westfalen und das Saarland möchte ich immer wieder auf ihre regionalpolitische Verantwortung hinweisen.
Die Prognosen hinsichtlich des Wachstums, lieber Kollege Schwanhold, sind, auch wenn Sie die OECD-Aussagen einbeziehen, für uns nicht allzu negativ.
Kurt J. Rossmanith
- Das empfinden Sie so. Dann haben Sie es nicht gelesen.
- Dann - das muß ich Ihnen ganz ehrlich sagen - haben Sie diesen Bericht schlicht und einfach nicht gelesen, oder Sie haben vielleicht nur das gelesen, was Ihnen gefällt oder was für Sie, für Ihre Art, Politik zu machen, etwas günstiger ist.
Mir ist aber genauso klar, daß das Wachstum, das hier prognostiziert wird, nicht ausreichen wird und daß wir angesichts von vier Millionen Arbeitslosen unsere wichtigste Aufgabe natürlich darin sehen müssen, neue, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Aber Arbeitsplätze werden nur dort geschaffen werden können, wo Investoren auch entsprechend günstige Rahmenbedingungen vorfinden.
Wer hier die Rahmenbedingungen verschlechtern will, so wie Sie es vorhaben, oder nicht begreift, daß eben auch Einsparmaßnahmen nötig sind, damit wir konkurrenzfähig bleiben, der wird dieses Ziel weit verfehlen.
Ich will der Opposition deutlich sagen, daß sich die Weltwirtschaft und die Investoren wenig darum scheren, was man in Magdeburg oder in Saarbrücken für sozial ausgewogen hält.
Eine verantwortungsvolle Sozialpolitik muß dafür sorgen, daß die Sozialausgaben nicht Beschäftigungschancen zunichte machen. Deshalb werden wir morgen mit der entsprechenden Mehrheit das Sparpaket endgültig verabschieden. Ich würde mich freuen, wenn auch Sie dem zustimmen könnten. Am Anfang dachte ich, Herr Schwanhold, Sie seien auf dem Wege dazu, denn der Beginn Ihrer Rede war ja durchaus in dieser Richtung zu sehen.
Auch die neuen Länder sind natürlich ein ganz wesentlicher Punkt. Trotz aller Konsolidierungsmaßnahmen müssen die Förderungen für die neuen Bundesländer weitergeführt werden. Aber auch hier bin ich der Meinung, daß eine gewisse Konzentration auf Schwerpunkte notwendig ist. Immerhin ist bei diesem Entwurf für das Jahr 1997 im Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums noch etwa ein Drittel aller Mittel allein für Förderprogramme für die neuen Bundesländer vorgesehen.
In diesem Zusammenhang lassen Sie mich auch einen Satz zum Streit zwischen der Europäischen Kommission und dem Freistaat Sachsen über Beihilfen für die Investitionen von Volkswagen sagen. Hierzu hat ja auch Bundesminister Rexrodt Ausführungen gemacht. Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Bundesminister, daß Sie sich hier massiv eingeschaltet haben, daß Sie das, wie ich meine, auf den richtigen Weg bringen.
Aber, eines will ich auch kritisch anmerken, nicht an Ihre Adresse, sondern an den Konzern. Sollte es stimmen, daß damit gedroht wurde, in der Tschechischen Republik zu investieren und nicht im Freistaat Sachsen, falls diese Beihilfen nicht so gewährt werden sollten, wie vorgesehen, dann ist das für mich ein eigenartiges Verständnis von Rechts- und Wirtschaftsordnung, insbesondere von seiten eines Konzerns, der den Namen Volkswagen trägt. Auch das will ich an dieser Stelle einmal sagen.
Ein weiterer Punkt, der die neuen Länder betrifft, ist die Wismut AG. Ich war vor vier Wochen wieder einmal vor Ort, bei den Mitarbeitern, bei den Arbeitern, die dort Hervorragendes leisten bei der Rekultivierung einer - man kann es wirklich so sagen - im Sozialismus miserabel behandelten Umwelt,
und bei den Menschen, die dort in dieser Region leben. Insgesamt haben wir hier 13 Milliarden DM vorgesehen. 4,6 Milliarden DM sind bisher dafür ausgegeben. Ich kann nur an die beiden Bundesländer, Thüringen und den Freistaat Sachsen, appellieren, alles dafür zu tun, daß auch die bergrechtlichen und umweltrechtlichen Genehmigungen erteilt werden. Ich weiß: Das ist sicherlich kein sehr einfaches Unterfangen. Aber daran darf es nicht scheitern. Der Bund stellt die Finanzmittel bereit. Die Finanzmittel können jedoch nicht abgerufen werden; die Arbeit kann nicht fortgesetzt werden, weil die eine oder andere Genehmigung fehlt. Ich möchte herzlich bitten, daß das in den beiden Bundesländern zur Chefsache gemacht wird.
Die Wirtschaftspolitik ist wichtig; auch die Konsolidierungspolitik ist wichtig. Wir können den Standort Deutschland nur dann weiterhin erfolgreich in die Zukunft führen, wenn wir beide offensiv gestalten. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Wege. Die Verläßlichkeit der Opposition, was Prognosen anlangt, ist ja in etwa so groß wie die des Wetterberichts für die übernächste Woche. Deshalb, lieber Herr Scharping, wird der Traum von einer rot-grünen Koalition für Sie sicherlich weiterhin ein Wunschtraum bleiben. Wir werden eine Wirtschafts-, eine Haushalts- und eine Sozialpolitik gestalten, die den Standort Bundesrepublik Deutschland im Weltmaßstab an führender Position erhält.
Ich danke Ihnen.