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ID1312201000

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    Plenarprotokoll 13/122 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Bundeswirtschaftsministers Dr. Günter Rexrodt 10931 B Begrüßung des Präsidenten der Handwerkskammer Budapest und des stellvertretenden Fraktionsführers der sozialistischen Partei im ungarischen Parlament 11008 B Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5200) . . 10931 A b) Fortsetzung der Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 (Drucksache 13/5201) 10931 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 10931 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . . 10932 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . . 10933 A Ernst Schwanhold SPD . . . . 10934B, 10958 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 10937 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10939 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . 10942B, 109558 Rolf Kutzmutz PDS 10944 B Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU . 10945D, 10949A, 10950B Eckart Kuhlwein SPD 10947 D Rolf Schwanitz SPD 10948 C Dr. Christa Luft PDS 10949D Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 10951A, 10956B Ulrich Petzold CDU/CSU 10953 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 10953D, 10954 B Friedhelm Ost CDU/CSU . . . 10956D, 10959A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA . 10959 D Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10960D, 10981A Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10961C Ulrike Mascher SPD 10963 A Ottmar Schreiner SPD 10964 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10965 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 10967 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10970B Dr. Barbara Hendricks SPD . 10970D, 10983 B Dr. Barbara Höll PDS 10971 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10971 C Dr. Gisela Babel F.D.P 10973C, 10976A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10975 D Petra Bläss PDS 10976 B Dr. Konstanze Wegner SPD 10978 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU 10979 D Ottmar Schreiner SPD . . . . 10980C, 10982 B Volker Kauder CDU/CSU 10982 B Leyla Onur SPD 10984 B Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 10986A Edelgard Bulmahn SPD . . . 10987C, 11006C Edelgard Bulmahn SPD 10990 B Steffen Kampeter CDU/CSU 10993 D Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10996 B Franz Thönnes SPD 10996 D Simone Probst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10997 C Jürgen Koppelin F.D.P 10998 D Dr. Ludwig Elm PDS 11001A Günter Rixe SPD 11002 C Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU 11003D, 11004A Werner Lensing CDU/CSU 11004 B Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 11006A Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11008 C Jörg Tauss SPD 11009D Jürgen Koppelin F.D.P 11010B Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 11011D Heidemarie Lüth PDS 11013A Christel Hanewinckel SPD 11014 D Johannes Singhammer CDU/CSU . 11015C Peter Jacoby CDU/CSU 11017A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11018C Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P 11020A, 11021C Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11021B Rosel Neuhäuser PDS 11021 D Maria Eichhorn CDU/CSU 11022 D Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11023 C Siegrun Klemmer SPD 11024 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 11026C Klaus Kirschner SPD 11030 D Horst Seehofer CDU/CSU . . 11033A, 11033 C Hubert Hüppe CDU/CSU . . . 11036B, 11038D Waltraud Lehn SPD 11036 C Dr. Wolfgang Wodarg SPD 11037 A Editha Limbach CDU/CSU 11037 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11038B Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11039A Dr. Dieter Thomae F.D.P 11040C Klaus Kirschner SPD . . . . 11041D, 11044 D Dr. Ruth Fuchs PDS 11042 B Editha Limbach CDU/CSU 11043A Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11043C Waltraud Lehn SPD 11045 B Wolfgang Gröbl, Parl. Staatssekretär BML 11046A Horst Sielaff SPD 11048 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU 11050 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11051B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11053D Wolfgang Gröbl CDU/CSU 11054 D Ulrich Heinrich F D P. 11055 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . 11056B Dr. Günther Maleuda PDS 11056 D Ilse Janz SPD 11057 D Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 11059B Nächste Sitzung 11059 D Berichtigung 11059 Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 11060 * A 122. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. September 1996 Beginn: 9.02 Uhr
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    Berichtigung 121. Sitzung, Seite 10886D, vorletzter Absatz, Zeile 9: Das Wort „nicht" ist durch das Wort „doch" zu ersetzen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 12. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 12. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Borchert, Jochen CDU/CSU 12. 9. 96 Graf von Einsiedel, PDS 12. 9. 96 Heinrich Glos, Michael CDU/CSU 12. 9. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 12. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 12. 9. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 12. 9. 96 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Nitsch (Rendsburg), BÜNDNIS 12. 9. 96 Egbert 90/DIE GRÜNEN Regenspurger, Otto CDU/CSU 12. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 12. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schütz (Oldenburg), SPD 12. 9. 96 Dietmar Thieser, Dietmar SPD 12. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 12. 9. 96 Karsten D. Dr. Zöpel, Christoph SPD 12. 9. 96
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Günter Rexrodt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Also, Herr Kollege, soweit ich informiert bin, sind es 15 Prozent. Aber auch das sind sehr wenig. Das ist eben die eingefahrene Denkweise, die es nicht nur auf der einen Seite der Tariffront gibt, sondern auch auf der anderen Seite. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn der Wettbewerb durch diese 15 Prozent da ist, dann werden am Ende mehr als 15 Prozent offenhalten oder offenhalten müssen, weil der Wettbewerb diesen Druck erzeugt. Das war unser Ziel. Wir wollten ja nicht, daß jeder bis 20 Uhr offenhält, wenn er das nicht verantworten kann. Aber derjenige, der fleißig und engagiert ist und seine Arbeit besser organisieren kann und will, soll die Chance bekommen. Die haben wir jetzt geschaffen, und darüber sind wir froh.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich möchte im Anschluß an Ihre Frage noch ein Wort zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme sagen. In Teilen der SPD werden ja Vorstellungen vertreten, die sich von den unseren überhaupt nicht unterscheiden. Andere Teile der SPD haben aber eine Art Weltmodell, eine Art „Superbündnis" für Arbeit, im Kopf, im übrigen ein Wunschbild, das an den Realitäten der Menschen und der internationalen Staatengemeinschaft vorbeigeht.
    Kein Entwicklungsland und kein Schwellenland wird auf seine Kostenvorteile im globalen Wettbewerb verzichten, damit wir, die Industrieländer, ein hohes Beschäftigungsniveau halten können. Ich bin sehr für Abstimmungen und Absprachen auf internationaler Basis. In der Weise aber, wie sich das manche von Ihnen vorstellen - unter Einbindung der Zentralbanken, die in der Zinspolitik zu Wohlverhalten verpflichtet werden sollen -, ist dies eine weitere Utopie, die genausowenig aufgeht, wie andere Utopien aufgegangen sind.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Uns geht es - das ist der zweite wichtige Punkt - vor allem auch um Arbeitsplätze für die ostdeutsche Wirtschaft. Es geht dabei nicht darum, den Unternehmern ein Doping zu verpassen, sondern Aufbaunahrung, damit die Unternehmer dort Arbeitsplätze schaffen - in einer Wirtschaft, die vier Jahrzehnte unter der kommunistischen Planwirtschaft gelitten hat.
    Ich habe - das möchte ich hier in der knappen Zeit, die mir zur Verfügung steht, noch einmal sagen - diese besondere Situation der neuen Länder immer wieder auch in Brüssel in Erinnerung gebracht, zuletzt - noch vor dem Fall VW - in sehr deutlicher Weise bei Überreichung eines Memorandums über die Lage in den neuen Ländern.
    Wir haben diesen Fall VW jetzt soweit auf die Schiene gebracht, daß wir Zeit haben, sowohl über diesen Fall als auch über andere wichtige, anstehende große Fälle zur Förderung in den neuen Ländern zu sprechen.
    Wir haben vor allem Zeit gewonnen, um das prinzipielle Problem zu lösen, daß darin besteht, daß wir auf der einen Seite in Brüssel die Einsicht fördern müssen, daß die Situation der neuen Länder nicht mit der in irgendeiner Region in Europa vergleichbar ist.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) Das ist das eine.

    Das andere aber ist, daß ich nachvollziehen kann und auch ein gewisses Verständnis dafür habe, daß die Europäische Kommission nicht ganz unbeteiligt an Beihilfefällen sein kann, daß sie in geeigneter Weise mitwirken kann und muß, damit in Europa keine Subventions-, keine Beihilfenanarchie entsteht. Diese beiden Aspekte unter einen Hut zu bringen wird eine schwierige Aufgabe für die nächsten drei, vier Monate sein.
    Ich will noch ein Wort zu dem Bereich ABM in den neuen Ländern sagen. Wir werden das Thema ABM in Ostdeutschland konsequent angehen - auch mit Rückführungen -, so wie wir das angekündigt haben. Ich sage aber ausdrücklich: unter Würdigung der regionalen und lokalen Arbeitsmarktlage sowie einer stärkeren Differenzierung, als das heute der Fall ist.

    Bundesminister Dr. Günter Rexrodt
    Ich möchte abschließend sagen - ich habe nur eine sehr kurze Redezeit

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Dann sind die aber nicht freundlich zu Ihnen! Ernst Schwanhold [SPD]: Und das noch an Ihrem Geburtstag!)

    - das sind leider die Geschäftsführer -:

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Keine Kritik, Herr Minister! )

    Wirtschaftspolitik heißt vor allem, den richtigen Rahmen zu setzen. Ich habe das soeben schon angedeutet. Deshalb machen wir angebotsorientierte Politik - eine Politik, die darauf zielt, daß sich die Menschen selbständig machen und einen Anreiz darin finden, daß sie als Mittelständler existieren können, daß die Bedingungen für Investitionen verbessert werden. Dazu gehört unsere Deregulierungspolitik, der Umbau der Sozialsysteme, die Steuer- und die Förderpolitik, über die ich hier kurz gesprochen habe. Wir wollen den richtigen Rahmen setzen. Daß dies aber richtig ist, wird beispielsweise durch so renommierte Organisationen wie die OECD immer wieder unterstrichen.
    Aber nicht nur Organisationen oder Institute - darauf kommt es am Ende gar nicht an -, sondern die Menschen in Deutschland haben erfaßt, daß wir auf Grund der Globalisierung vor Problemen stehen, wie wir sie bisher nicht hatten. Die Menschen in Deutschland sind bereit, ein Opfer zu erbringen - ein Opfer, das natürlich auch mit Gerechtigkeitsaspekten verbunden wird.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Ich sage immer wieder: Gerechtigkeit wird dann am besten herbeigeführt werden können, wenn die Menschen, wenn die Leistungsträger die Freiheit haben, sich zu entfalten. Das bringt für alle am meisten, auch für die sozial Schwachen, die in unserer Politik nach wie vor die ihnen gebührende Berücksichtigung finden werden.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, es gibt ein „Fenster", auch auf Grund der öffentlichen Bewußtseinslage, die Probleme in Deutschland zu lösen. Wir werden die Chance nutzen, damit die Zukunft unseres Landes gesichert bleibt.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Kollege Ernst Schwanhold.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ernst Schwanhold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, zunächst einmal freue ich mich, Ihnen hier an dieser Stelle zum Geburtstag gratulieren zu können. Es ist schön, daß Sie wieder unter uns sind. - Das waren die Freundlichkeiten.

    (Beifall bei der SPD Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Dann können Sie ja aufhören!)

    Nun hat man die Frage zu stellen, ob Haushalt auch immer Programm sein muß für die wirtschaftspolitische Zukunftsgestaltung. Oder anders ausgedrückt: Wenn Haushalt Programm sein muß, dann müssen Haushaltsauseinandersetzungen auch Streit um die wichtigen Zukunftskonzepte sein.
    Da bleiben Fragen, die Sie, wie ich finde, allzu harmlos gestellt haben: Wie gelingt es, die Wirtschaft auf einen stärkeren Wachstumskurs zu bringen? Wie gelingt es, die Arbeitslosigkeit durch Wirtschaftswachstum zu bekämpfen? Wie schaffen wir Arbeitsplätze? Genau diese Fragen werden in Ihrem Haushaltsentwurf nicht beantwortet. Sie haben noch nicht einmal eine Vorstellung davon, wie man sie beantworten könnte.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn man Ihre Äußerungen auch von heute ernst nimmt, so bin ich gar nicht sicher, ob Sie diese Fragen überhaupt als solche erkannt haben.
    Es ist das Ergebnis Ihrer Politik - nicht nur Ihrer, aber auch Ihrer Politik -, daß wir vier Millionen registrierte Arbeitslose haben und daß 6 bis 7 Millionen Menschen einen Arbeitsplatz suchen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist das Ergebnis Ihrer Politik, daß wir in den EU-Ländern zu denen mit dem niedrigsten Wirtschaftswachstum gehören. Es ist das Ergebnis Ihrer Politik, daß wir in den vergangenen Jahren die von Ihnen zu Recht beklagten Hemmnisse haben.
    Das Wachstum von 0,75 Prozent, das Sie jetzt geschätzt haben, stützt sich ausschließlich auf Auslandsnachfrage. Sie wissen genau, daß wir in Europa Risiken haben, in Frankreich und in Italien. Binnennachfrage trägt noch nicht dazu bei. Es ist Ihnen nicht gelungen, die Bundesrepublik Deutschland in den europäischen Wachstumszug einzureihen.
    Es ist das Ergebnis Ihrer Politik, daß neue Technologien in der Bundesrepublik Deutschland keinen Platz finden, daß die letzten PhotovoltaikanlagenHersteller die Bundesrepublik Deutschland verlassen, weil Sie keine Markteinführungshilfen bereitgestellt haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist das Ergebnis Ihrer Politik, daß die Biotechnologie noch nicht zu uns zurückgefunden hat.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    14 Jahre hätten Sie Chancen gehabt, die Voraussetzungen in Forschung, Technologie und Ansiedlung zu schaffen. Aber nichts ist geschehen, nichts ist zurückgekommen.

    (Beifall bei der SPD)


    Ernst Schwanhold
    Es ist das Ergebnis Ihrer Politik, daß wir als Deutsche auf den schnell wachsenden Märkten viel zuwenig zu Hause sind und daß der Mittelstand keinen Weg findet in die schnell wachsenden Märkte in Mittelamerika, in Südamerika und in Fernost.
    Es ist das Ergebnis Ihrer Politik, daß die Unternehmen zu Recht die ausufernde Bürokratie beklagen.
    Es ist das Ergebnis Ihrer Politik, daß die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland trotz eines beispiellosen Kapitaltransfers noch immer nicht zu einem selbsttragenden Aufschwung gefunden hat und im Gegenteil in besonderem Maße in Ostdeutschland jetzt schon wieder aus öffentlichen Mitteln investiertes Kapital durch Insolvenzen vernichtet wird.
    Wann endlich nehmen Sie Ihre politische Verantwortung wahr und hören auf damit, die Opposition dafür zu beschimpfen, daß Sie eine so mangelhafte Bilanz vorzulegen haben?
    Nun sind Sie wahrlich nicht allein dafür verantwortlich. Im Kabinett insgesamt gibt es keine Sensibilität für diese Fragen. Anders ist es ja auch nicht zu erklären, daß das Wirtschaftsministerium zu einem Rumpfministerium geworden ist und daß in diesen Tagen zum zweitenmal in dieser kurzen Wahlperiode wieder Fragen um Ihre Person, aus Bayern auf geworfen, in der Öffentlichkeit gestellt werden. Das hat auch etwas damit zu tun, daß die Akzeptanz Ihrer Politik in diesem Kabinett verlorengegangen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie können sich nicht einmal der Angriffe des Herrn Protzner erwehren.
    Daraus resultiert, daß das Vertrauen in Ihre Politik und in die internationale Handlungsfähigkeit des Wirtschaftsministers verlorengegangen ist. Wie wollen Sie eigentlich international auftreten und Harmonisierung verlangen und Auswüchse, die uns schaden, bekämpfen, wenn das Signal intern ist: Dieser Minister ist im eigenen Land nicht einmal mehr im Kabinett unumstritten und wird dort nicht gestützt?
    Dieses schwächt Ihre Position. Es schwächt Ihre Position in internationalen Verhandlungen. Sie haben kein Konzept für die Zukunft und verspielen damit auch die Zukunft. Sie belügen sich mit Ihren flotten Sprüchen selbst, Herr Minister, und - was noch viel schlimmer ist - auch Ihre Zuhörer; zumindest versuchen Sie es.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wir haben Ihnen in den wirklich wichtigen Handlungsfeldern Konzepte und auch Instrumente angeboten und durch Anträge belegt, von denen Sie keinen einzigen mitgegangen sind. Wir haben Ihnen Anträge vorgelegt, gemeinsam über alle Fraktionsgrenzen hinweg die außenwirtschaftlichen Repräsentanzen zu stärken. Was ist das Ergebnis? Es gibt Kürzungen im Bereich der Außenwirtschaft, die insbesondere dem Mittelstand schaden. Es gibt Kürzungen in diesem Haushalt.
    Wir haben Ihnen als Opposition angeboten, sofort dazu beizutragen, die Lohnzusatzkosten zu senken, indem wir durch ökologische Steuern zwei Prozentpunkte reduzieren können. Sie haben dies nicht aufgegriffen und können das nicht durchsetzen.

    (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Immer neue Steuern!)

    Wir haben Ihnen angeboten, die Energieproblematik und damit die CO2-Bilanz zu verbessern, indem wir Mittel bereitstellen, um ökologische Produkte für regenerative Energien bereitzustellen. Sie sind diesen Weg nicht mitgegangen. Das wäre wahrlich eine Zukunftstechnologie, in die sich zu investieren lohnen würde.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Wir haben Ihnen im März 1995 den ersten Antrag zur Bereitstellung von Risikokapital vorgelegt und danach einen präzisierten, der privates Risikokapital anreizen soll. Er wird von Ihnen verschleppt. Er wird von den Koalitionsfraktionen im Wirtschaftsausschuß schleppend beraten, bzw. es wird insgesamt verhindert, daß er auf die Tagesordnung kommt. Dabei ziehen Sie und der Bundeskanzler durch das Land und sagen: Wir wollen Risikokapital. Woher wollen Sie es eigentlich bekommen, wenn nicht aus den privaten Vermögen? Dann müssen Sie Abschreibungsbedingungen anbieten, die dieses anreizen. Ich erkenne nichts, aber auch gar nichts in Ihrem Haushalt.

    (Beifall der Abg. Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] Zurufe von der CDU/CSU)

    - Nein, nein, ich habe das sehr wohl gelesen.
    Sie haben die Vorschläge für eine aktive Außenwirtschaftspolitik, insbesondere was den Markt für die ostdeutschen Unternehmen angeht, und die Orientierung auf die osteuropäischen Märkte ausgeschlagen. Nun suchen wir in Ihrem Haushalt und in Ihrem Einzelplan vergeblich nach Maßnahmen, die diese Zielsetzung - die Orientierung auf den neuen Märkten, neue Technologien, Stärkung des Mittelstandes - auch wirklich durchsetzen könnten. Sie haben keinen einzigen Antrag zur Mobilisierung von privatem Risikokapital vorgelegt - ich will dieses noch einmal ausdrücklich festhalten -, obwohl Sie seit Monaten nur auf diesem Thema herumreiten.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ihr Einzelplan wie auch andere Einzelpläne dieser Regierung sind zum Steinbruch für Kürzungen degradiert worden. Im Haushalt werden - das will ich nachgekartet noch zu Herrn Schäuble sagen - die Mittel für Existenzgründungen um 120 Millionen DM gekürzt, obwohl sie überzeichnet sind. Wie kann sich eigentlich Herr Schäuble hier herstellen und die Existenzgründungsinitiative loben, gleichzeitig aber werden Kürzungen im Haushalt vorgenommen?
    Daß es im vergangenen Jahr zu einer Aufstockung der Mittel im Eigenkapitalhilfeprogramm gekommen ist, haben Sie übrigens den Anträgen der sozial-

    Ernst Schwanhold
    demokratischen Partei zu verdanken, die Sie dann mit mehrjähriger Verzögerung übernommen haben.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Wir haben Ihnen sogar bei den Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr Ihre eigenen Anträge zum Eigenkapitalhilfeprogramm, die Sie am Morgen der Wirtschaftsausschußsitzung zurückgezogen haben, vorgehalten. Da haben Sie sich nicht einmal getraut, Ihren von Ihnen selbst verfaßten Anträgen zuzustimmen. Und dann stellt Herr Schäuble sich hierher und sagt, dies alles sei von Ihnen auf die Reise gebracht.
    Der Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums müßte eigentlich Vorbildcharakter haben. Von ihm müßten wirtschaftliche Perspektiven ausgehen, er müßte den volkswirtschaftlichen Realitäten gerecht werden, und er müßte die wirtschaftspolitische Linie der Regierung widerspiegeln.
    Realitätsbezug, Perspektive und Richtschnur für diese Politik - diese drei Anforderungen müßte der Haushalt des Wirtschaftsministers erfüllen. Alle drei Ziele werden verfehlt. Deutschland steckt in der schlimmsten Massenarbeitslosigkeit. Wir haben ein zu geringes Wachstum.
    Noch nie hatten wir im August eines Jahres eine Massenarbeitslosigkeit von über 10 Prozent. Ein Beschäftigungsaufschwung ist nicht absehbar.
    Unter allen Wirtschaftspolitikern, unter allen Volkswirten, unter allen Wirtschaftsforschungsinstituten und dem Sachverständigenrat besteht in einem Punkt Einigkeit: Aus der Massenarbeitslosigkeit führt nur ein Weg: Der Meilenstein heißt Investitionen. Investitionen aber benötigen Nachfrage. Sie steuern genau in die gegenteilige Richtung. Sie schwächen mit diesem Haushalt die Nachfrage und die Investitionstätigkeit.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Um dieses mit Zahlen zu belegen: Sie kürzen die Investitionsförderung um 10 Prozent; dort werden 350 Millionen DM fehlen. Sie kürzen die Mittelstandsförderung um 8 Prozent; dort werden 125 Millionen DM fehlen. Sie kürzen die Mittel für Forschung und Entwicklung um knapp 7 Prozent; dort werden 21 Millionen DM fehlen. Sie überlassen die Außenwirtschaftsförderung - ich habe eben schon darauf hingewiesen - doch lieber der Wirtschaft und den Landesbanken. Jedenfalls haben Sie es bei der kürzlichen Errichtung des deutschen Industrie- und Handelszentrums in Peking versäumt, für die deutsche Außenwirtschaft ein Signal zu setzen.
    Bei den wirtschaftlichen Prognosen der letzten Jahre haben Sie sich verschätzt. Das ist in Ordnung. Wir wissen, daß dieses Geschäft schwierig ist. Auch gehört immer ein Schuß Schönfärberei dazu. Bei Ihnen lagen die Schätzungen für das Jahr 1993 allerdings völlig daneben. Für 1995 haben Sie sich um 50 Prozent verschätzt. Zweimal haben Sie sich 1996 revidiert. Ich glaube, Sie nehmen einen zu großen
    Schluck aus der Pulle. Das ist es, was wir Ihnen vorwerfen: Sie wollen die Realitäten nicht wahrnehmen, Herr Minister.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ich habe Sie gefragt, wo die Richtschnur für die Politik, für die Wirtschaft und für die übrigen Akteure des wirtschaftlichen Handelns ist, wo sie aus Ihrem Haushalt erkennbar werden soll, wohin Sie mit der wirtschaftlichen Entwicklung wollen und wie der Strukturwandel zu lenken ist. Gesamtwirtschaftlich haben die Jahresprognosen des Jahreswirtschaftsberichts nämlich auch den Sinn, daß sie das angemessene Wirtschaftswachstum auf der Grundlage der realen Wirtschaftslage beschreiben sollen. Es sollen nämlich Projektionen im Sinne dessen sein, was man erreichen will. So steht es im Stabilitäts-
    und Wachstumsgesetz, das ich Ihnen, sehr verehrter Herr Minister, einmal zur Lektüre empfehlen würde. Wir sind noch zu keiner Zeit so weit von den Zielen des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes entfernt gewesen wie zur jetzigen Zeit. Das sollte Ihnen Richtschnur sein.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Mit Ihrem Aktionismus tragen Sie zur Verunsicherung bei. Sie haben zugelassen, daß die Kanzlergespräche für ein Beschäftigungsbündnis geplatzt sind. Sie haben ein für die Beschäftigung völlig kontraproduktives Aktionsprogramm vorgelegt, wie die Aktionsprogramme der Vergangenheit beweisen. Sie werden damit das Gegenteil von dem bewirken, was notwendig wäre, nämlich die Grundlagen für einen nachhaltigen Wachstumsprozeß und Beschäftigungsaufschwung zu legen; denn neben der Angebotsorientierung muß man wohl auch die Nachfrageseite im Auge behalten. Wo sind in Ihrem Haushalt eigentlich die Perspektiven dazu? Wo sind die Signale für den Standort Deutschland, für die Wirtschaft, für die jungen Menschen, für die, die Innovationen in diesem Land vorantreiben wollen, für die Abgänger von Fachhochschulen und von Universitäten? Sie verlassen doch nicht umsonst die Bundesrepublik Deutschland. Dieses hat auch etwas mit der Perspektivlosigkeit zu tun, die Sie ihnen als Politik bieten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Mehr Gestaltungswillen, insbesondere aber auch mehr Stetigkeit in der Politik wäre das Gebot der Stunde. Es wird in Zeiten geringen Wirtschaftswachstums nicht gelingen, einen Haushalt zu konsolidieren und gleichzeitig Wirtschaftswachstum zu initiieren. Sie müssen heute die Grundsteine dafür legen, indem Sie zunächst einmal Wachstum anreizen und dann konsolidieren. Wir brauchen Konsolidierungskonzepte; das ist klar.

    (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Legen Sie sie doch vor!)

    Aber wir brauchen auch Gestaltungskraft und nicht den Rasenmäher, der Reformen im Sinne von mehr Effizienz und Innovation verhindert, Das wären die Antworten, die den wirtschaftlichen Realitäten und

    Ernst Schwanhold
    den Erfordernissen entsprechen und zugleich den leeren Kassen Rechnung tragen würden.
    Zu den Standortrisiken in der Bundesrepublik Deutschland zählen natürlich die Wechselkursverzerrungen - kein Wort dazu -, groteske Differenzen zwischen Wechselkursen und realen Kaufkraftparitäten. Die Wirklichkeit ist von Währungskonkurrenz und von Lohn-, Sozial- und Umweltdumping geprägt. Wir können doch täglich von den Umweltforschern, auch in den asiatischen Wachstumsländern, lesen, welche Probleme dort entstehen. Deshalb ist eine internationale Harmonisierung notwendig. Ich fordere Sie nachdrücklich auf, die Konferenz in Singapur unter das Motto zu stellen, den ruinösen Umwelt- und Sozialwettbewerb im Welthandel zu mindern, und Spielregeln zu verabreden, ohne Protektionismus vorzunehmen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Es kann doch nicht sein, daß sich die Bundesrepublik Deutschland bei den Konferenzen der G 7 stets und ständig als Verhinderer von Spielregeln profilieren will. Wenn wir die Chancen der Globalisierung, des Welthandels und der Weltwirtschaft richtig verstehen wollen, müssen wir in unsere politischen Überlegungen auch diese Perspektive einbeziehen und versuchen, diese ohne Protektionismus umzusetzen.

    (Beifall bei der SPD)

    Unsere Konjunktur- und Arbeitsmarktprobleme lassen sich nur durch eine neue Kultur der Innovation und der Unternehmensgründungen überwinden. Wir müssen den Boden schaffen, damit die neuen Technologien, die in der Zukunft bei uns Arbeitsplätze bringen, hier Platz finden; wir müssen den Forschungsstandort Deutschland ausbauen und die Verzahnung zwischen privater Forschung sowie Universitäten und Fachhochschulen vornehmen.
    Chancen auf den Märkten und den Übergang zu nachhaltigem Wirtschaften schaffen wir nur dadurch, daß wir Umweltschutz in die Produkte hineinbringen und nicht End-of-pipe-Technologien fördern. Dieses schafft Arbeitsplätze.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Zukunft gewinnen wir dadurch, daß wir die positiven Seiten der Biotechnologie bei uns erkennen. Zukunft gewinnen wir dadurch, daß wir die Chancen der Informations- und Kommunikationstechnologien bei uns nutzen und die Risiken dabei nicht außer acht lassen.

    (Beifall bei der SPD)

    Zukunft gewinnen wir dadurch, daß wir Verkehrsinfrastrukturen schaffen und erhalten und daß wir eine Verzahnung der verschiedenen Verkehrsträger bei uns herbeiführen, die die ökologische Bewältigung von Personen- und Güterverkehrsströmen ermöglicht.
    Dies alles sind Bereiche, in denen Mittelständler wie Großindustrie Beschäftigungsfelder finden und in denen Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir, die
    Sozialdemokraten, werden dafür sorgen, daß dieser Rahmen geschaffen wird.
    Natürlich sind mittelständische Unternehmen innovativer und schneller in der Lage, wissenschaftliche Forschungsergebnisse umzusetzen. Warum eigentlich haben Sie es nicht geschafft, die 500 Förderprogramme wenigstens so zu straffen, daß auch ein Mittelständler ohne Förderungsberater, ohne Consulter in den Genuß dieser Fördertöpfe kommen kann?

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])

    Der unsägliche Spruch von der Wirtschaft, die in der Wirtschaft stattfindet, holt Sie jeden Tag wieder ein. Ihre ideologische Voreingenommenheit, daß die Arbeitslosen selbst an ihrem Schicksal schuld seien, daß die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf ihren gerechten Anteil am Erwirtschafteten verzichten sollten, und Ihre Zurückhaltung bei der Gestaltung der Zukunft, die sich darin ausdrückt, daß Sie sich nicht trauen, das Wort „Industriepolitik" in den Mund zu nehmen, zeigen Ihre Unfähigkeit, mit den Problemen fertigzuwerden.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Rexrodt, dieses ist die Realität in der Bundesrepublik Deutschland. Ich hätte mir gewünscht, Sie würden jungen Menschen Hoffnung geben, auch mit Impulsen, die aus diesem Haushalt kommen. Wir warten leider vergebens darauf. Wir werden Sie in den weiteren Haushaltsberatungen dazu zwingen, Farbe zu bekennen.

    (Beifall bei der SPD)