Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundesminister für Post und Telekommunikation befindet sich in einer eigentümlichen Situation. Jedesmal, wenn er eine wichtige Aufgabe aus seinem Geschäftsbereich erfolgreich bewältigt, trägt er selbst dazu bei, daß die Auflösung seines Ministeriums näher rückt.
Da gerade im ersten Halbjahr 1996 mit der Durchsetzung des Telekommunikationsgesetzes ein entscheidendes Reformvorhaben unter Dach und Fach gebracht worden ist, ist es logisch, daß wir heute letztmals in erster Lesung über den Etat des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation debattieren.
Ein vorläufiges Resümee am Beginn der letzten Etappe der traditionsreichen Geschichte Ihres Hauses, Herr Minister Bötsch, zeigt freilich: Viel ist in den letzten Jahren geleistet worden, aber einige ebenfalls nicht unwichtige Aufgaben harren noch ihrer Lösung. Ich möchte kurz auf fünf Punkte eingehen.
Erstens. Die Verabschiedung des TKG war ein Meilenstein nicht nur für die Postpolitik, sondern schlechthin für die Bestrebungen der Koalition, die Bedingungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und damit für Wachstum und Arbeitsplätze zu verbessern. Die mit diesem Gesetz eingeleitete Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes kommt zwar spät, aber hoffentlich gerade noch rechtzeitig, um Deutschland in einem maßgeblichen Wirtschaftssektor der Zukunft wettbewerbsfähig zu erhalten. Hervorzuheben ist im Rückblick vor allem noch einmal, daß es gemeinsam gelungen ist, Änderungswünsche des Bundesrates, die zu einer Verteuerung der Telekommunikationsleistungen geführt hätten,
Dr. Max Stadler
abzuwehren. Damit ist der Weg frei für massive Preissenkungen, die wir als sichere Folge des einsetzenden Wettbewerbs erwarten.
Zweitens. Die Beratungen des TKG waren gründlich und zeitaufwendig. Jede weitere Verzögerung hätte negative Folgen für den bevorstehenden Börsengang der Telekom AG gehabt, wäre aber auch für die Wettbewerber der Telekom nicht zumutbar gewesen. Dasselbe gilt nun aber auch für die Verordnungen, mit denen das TKG ausgefüllt werden muß. Die F.D.P.-Fraktion begrüßt, daß die Verordnungen über den Universaldienst, die Entgeltregulierung sowie den Netzzugang von der Bundesregierung bereits beschlossen worden sind.
Wir appellieren an den Bundesrat, insbesondere die Netzzugangsverordnung in der Sitzung am 27. September 1996 zu behandeln. Eine schnelle Entscheidung über diese wichtige Verordnung ist vor allem auch wegen der Planungssicherheit für die Wettbewerber der Telekom notwendig. Ebenso erwarten wir eine rasche Behandlung der Universaldienstverordnung im Bundestag, der dieser Verordnung noch zustimmen muß.
Drittens, Damit werden vorläufig die wesentlichen Aufgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers im Bereich der Telekommunikation erledigt sein. Nicht ohne Sorgen ist aber die weitere Entwicklung bei der Gelben Post zu betrachten. Zwar ist die Lösung, die hinsichtlich der Kapitalbeteiligung der Post AG an der Postbank gefunden worden ist, aus Sicht der F.D.P. richtig, jedoch muß nun dringend ein neuer Kooperationsvertrag zwischen diesen beiden Unternehmen abgeschlossen werden. Mir fehlt das Verständnis dafür, daß die bisherigen Verhandlungen über die Schaltervereinbarung gescheitert sind. Vor allem wird die Öffentlichkeit den Vorgang unter dem Blickwinkel bewerten, daß immerhin der Bund noch Eigentümer beider Unternehmen ist. Daher ist jetzt der Postminister gefordert, politische Führung zu zeigen.
Die F.D.P. hat seit jeher die Auffassung vertreten, daß weniger der Umfang der Kapitalbeteiligung als vielmehr die Neuauflage des Kooperationsvertrags von Post AG und Postbank die entscheidende Voraussetzung dafür ist, daß es auch künftig ein umfassendes Angebot an Postdienstleistungen in der Fläche geben wird.
Herr Kollege Bury, ich bevorzuge hier übrigens den Begriff Angebot und nicht Postversorgung, wie Sie ihn gebraucht haben. Das ist mehr als nur eine Frage der Terminologie.
Eine Einigung über die finanziellen Fragen und damit eine Einigung über die künftige Kooperation von Post AG und Postbank ist jedenfalls überfällig.
Viertens. Damit berühren wir den für die Tätigkeit der Post AG kritischen Bereich. Ohne Zweifel gibt es Friktionen zwischen der Orientierung dieses Unternehmens an betriebswirtschaftlichen Erfordernissen und der Erfüllung des Infrastrukturauftrags. Darüber werden wir im Rahmen der Debatte um das Postgesetz noch ausführlich reden.
Durch die Untersuchung des Bundeskartellamts - übrigens, Herr Kieper, vom 28. August 1996 - ist deutlich geworden, daß im Frachtbereich eine Kostenunterdeckung zu verzeichnen ist, die als Störung im Markt zum Nachteil der Wettbewerber angesehen wird.
Problematisch ist ferner, daß das ansonsten verbesserte Ergebnis der Post AG mit der politisch gewollten Erhaltung des defizitären Filialnetzes belastet wird. Daher wird nach meiner Meinung für die Zukunft die richtige Fragestellung nicht lauten, wie viele posteigene Filialen erhalten bleiben, sondern wie gut das postalische Angebot in Zukunft sein wird. Die bisherigen Versuche mit den Postagenturen haben doch bewiesen, daß für die Zufriedenheit der Kunden nicht entscheidend ist, ob am Ort eine posteigene Filiale besteht, sondern ob ein kundenorientiertes Angebot gegeben ist, wie es offenkundig mit den Postagenturen gefunden worden ist.
Das richtige Stichwort heißt somit für die Zukunft Umwandlung statt Schließung.
Herr Kollege Bury, Sie haben zu Recht erwähnt, daß vielerorts die Bürgerinnen und Bürger um ihre Postfilialen kämpfen. Nur, mich erinnert dieser Kampf, wenn man ganz ehrlich ist, an das Eintreten in früheren Jahren für den Erhalt von Nebenstrecken der Bundesbahn.
Gekämpft worden ist schon, aber benutzt worden sind die Einrichtungen nicht. Das ist das Entscheidende.
Meine Damen und Herren, Postpolitik ist Wirtschaftspolitik, Standortpolitik, Strukturpolitik. Postpolitik reicht aber auch in schwierige Fragen der Innenpolitik hinein. Die Privatisierung der früheren Bundespost hat neue Probleme im Bereich der Überwachung des Fernmeldeverkehrs aufgeworfen, so daß eine Novelle des G-10-Gesetzes ansteht. Ein so sensibler Bereich wie der Schutz des Fernmeldegeheimnisses bedarf aber nicht nur sorgfältiger gesetzlicher Regelungen, sondern auch einer ständigen Beobachtung der Praxis.
Hier ist dem Datenschutzbeauftragten des Bundes, Herrn Dr. Jacob, für seine Aufmerksamkeit besonders zu danken.
Er hat zu Recht auf datenschutzrechtliche Bedenken bei der Ausgestaltung der Werbung der Telekom für die Komfortauskunft hingewiesen - wie übrigens auch Kollege Bury - und in Zusammenarbeit mit der Telekom Verbesserungen eingeleitet. Vor allem aber hat der Datenschutzbeauftragte kürzlich die nicht
Dr. Max Stadler
akzeptable Praxis, bei R-Gesprächen mitzuhören, um die Länge der Gesprächsdauer zu kontrollieren,
aufgedeckt und zu Recht kritisiert.
Durch diesen Vorgang ist jedenfalls wieder einmal der enge Zusammenhang von Postpolitik und Datenschutz offenkundig geworden. Das ist das einzig Gute daran.
Meine Damen und Herren, insgesamt ist festzuhalten, daß die Koalition die Weichen für eine liberale, marktwirtschaftlich orientierte Telekommunikations- und Postpolitik richtig gestellt hat. Mit derselben Grundorientierung werden wir die restlichen Aufgaben im Postbereich erfolgreich lösen.
Vielen Dank.