Ich erteile dem Abgeordneten Freiherr von Hammerstein das Wort.
Von verschiedenen Seiten bestehen die unterschiedlichsten Erwartungen, in welcher Form und mit welchen Zielen Einfluß auf die weitere Entwicklung zu nehmen ist. Einigkeit dürfte weitgehend darin bestehen, daß es mit einem schlichten Sich-Zurückziehen des Staates aus diesem Wirtschaftssektor nicht getan ist. Angesichts der sehr vielen Aufgaben stellt sich die Frage nach der künftigen Regulierungsbehörde. Ich meine, bevor wir uns auf die Anzahl der dort zu beschäftigenden Kräfte verständigen, sollten wir uns über die Sachaufgaben klar werden, die in dieser Regulierungsbehörde zu lösen sein werden.
Die Regierungskoalition hat nie Zweifel daran gelassen, daß sie eine Regulierung der Märkte in den Sektoren Post und Telekommunikation für notwendig hält. Im derzeitigen Ministerium sind Fachleute beschäftigt, die für die unterschiedlichen Detailaufgaben der künftigen Regulierungsbehörde die notwendigen Fähigkeiten und Vorkenntnisse mitbringen. Wir sind gut beraten, wenn wir uns die Kompetenz dieser Leute, die bereits vorhanden ist, zunutze machen. Das Ministerium muß arbeitsfähig bleiben, so lange zumindest, bis alle Verordnungen und Gesetze ordnungsgemäß verabschiedet sind.
Ich weiß, daß der Minister mit seinen Fachleuten und auch eine Reihe von Bundestagsabgeordneten einige Länder besuchten, die schon seit längerem eine Regulierungsbehörde haben. Es ist gut so, daß man diese Länder besucht, um Erfahrungen zu sammeln und um zu sehen, wie dort, wo Post und Telekom schon lange privatisiert sind, diese vom jeweiligen Land reguliert werden. Dabei haben wir immer wieder festgestellt, daß die Regulierungsbehörden in diesen Ländern auch internationale Aufgaben und Kontakte wahrzunehmen haben. So ist zum Beispiel in den USA, wo es mehrere konkurrierende Institute dieser Art gibt, die Federal Communications Commission mit einem internationalen Büro zu einer eigenen Abteilung herangewachsen. In diesen Büros in der ganzen Welt wird internationale Politik gemacht. Deshalb sollte auch bei der deutschen Regulierungsbehörde eine größere Gruppierung mit diesen Aufgaben betraut werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, daß wir in diesem Wirtschaftssektor nicht nur auf Grund technischer Entwicklungen ständig
Neuland betreten. Auch das, was sich an ökonomischen und ordnungspolitischen Fragen um die Privatisierung und Liberalisierung bei Post und Telekommunikation rankt, ist jedenfalls von der Größenordnung her in Deutschland bisher beispiellos. Unter diesen Umständen kann ich nur davor warnen, die vielfältigen Aspekte. unter denen Regulierungsaufgaben wahrzunehmen sein werden, in zu viele, voneinander unabhängige Zuständigkeiten zu zersplittern.
Auch andere Dienstleistungszweige werden bei uns nicht einfach sich selbst überlassen. Ich nenne hier als Beispiele das Kreditwesen, den Gesundheitssektor oder auch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen. In diesen Fällen steht die Notwendigkeit von Regulierungsmaßnahmen außerhalb jeder Diskussion. Im Bereich von Post und Telekommunikation ist die Mißbrauchsaufsicht eine wichtige Stoßrichtung regulierender Vorgaben und Nachsteuerung. Auch langfristig werden der Anspruch von Marktteilnehmern und die Zusammenschaltungen zu sichern sein. Deswegen ist es sehr wichtig, daß wir diese Regulierungsbehörde bekommen, wenn am 31. Dezember 1997 die Tore des Postministeriums geschlossen werden.
Ich halte es auch ordnungspolitisch für wichtig, daß diese Behörde in Zukunft dem Wirtschaftsministerium angegliedert wird. All diese Aufgaben werden heute noch im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation wahrgenommen. Um ein praktisches Beispiel dafür zu nennen: Die Verlegung von Kabeln für Telekommunikationszwecke war bislang nur mit den Belangen der für die öffentlichen Verkehrswege zuständigen Behörden und der Versorgungsunternehmen in den Bereichen Energie und Wasser abzustimmen. Künftig sind auch Fälle denkbar, in denen sich verschiedene deutsche und auch internationale Telekommunikationsunternehmen nebeneinander „eingraben" wollen. Da wird es viel Abstimmungsbedarf geben, und wo kein Kabel verlegt wird, wird es zu einer verstärkten Nachfrage nach Frequenzen kommen. Auch hier kann kein ungeregelter Zustand hingenommen werden. Denn Frequenzen sind kein nachwachsender Rohstoff.
Trotz aller unterschiedlichen Zielrichtungen der aufgezeichneten Einzelaufgaben stehen diese in einem über Jahrzehnte gewachsenen inneren Zusammenhang. Es wäre deshalb ratsam, das Potential an Wissen, an Problembewußtsein für die Schwierigkeiten der Postreform, das sich bei den Beschäftigten im Bundesministerium für Post und Telekommunikation angesammelt hat, zusammenzuhalten. Auch wenn weiterhin Einigkeit besteht, daß der größte Teil dieser Tätigkeit künftig nicht mehr mit der Organisationsform eines Ministeriums ausgeübt werden muß, so kann das keineswegs heißen, daß diese Aufgaben jetzt einfach entfallen können.
Nun muß der Blick darauf gerichtet werden, daß die dort Beschäftigten ihre Sachaufgaben effektiv wahrnehmen können. Auf lange Sicht wäre es fatal, wenn dort eine Abwanderungsbewegung qualifizierter Kräfte einsetzte. Diese Gefahr beschwört derje-
Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein
nige herauf, der das jetzige Ministerium und die künftige Regulierungsbehörde kleinreden will.
Wie lange wir eine Regulierungsbehörde in der derzeit geplanten Gestalt benötigen, sollten wir zukünftigen Erkenntnissen überlassen. Selbst Skeptiker gestehen zu, daß man sie auf absehbare Zeit braucht. Darum lassen Sie uns jetzt politisch so handeln, wie es aus heutiger Sicht richtig und notwendig ist. Wir sollten nicht meinen, schon heute entscheiden zu müssen, was für die nächste Generation in dieser Frage gut ist. Diese Frage sollte dann beantwortet werden, wenn stabile Erfahrungen mit der neuen Welt der liberalisierten Post- und Telekommunikationsmärkte vorliegen.
Investitionen und Arbeitsplätze sind dringend erforderlich. Die SPD im Bundesrat lehnt zur Zeit das meiste ab. Daß kein Land in Europa auf SPD-Kurs liegt, hat wichtige Gründe. Die SPD übersieht, daß nur dann der stetige Export von Arbeitsplätzen aufgehalten und der Trend umgekehrt werden kann, wenn sich Investitionen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze wieder lohnen.
Zu ungünstig schneidet Deutschland einstweilen beim internationalen Vergleich der Steuer- und Soziallasten, der Arbeitskosten und auch der Lohnstückkosten ab, als daß es sich lohnte, Arbeitsplätze für die Masse der Arbeitslosen mit geringer und mittlerer Qualifikation zu schaffen. Nur wenn die Steuerlasten für Investoren, nur wenn die weltweit höchsten Lohnzusatzkosten gesenkt werden, wird sich der negative Trend aufhalten lassen.
Wichtig sind bei den Investitionen bei zwei so wichtigen Bereichen wie Post und Telekom, daß wir in Zukunft auch die Unterstützung der SPD bekommen. Deswegen wunderten mich die Ausführungen von Herrn Bury zum Teil.
Wissen Sie, Herr Bury, hier Sozialisierung anzusprechen ist, glaube ich, fehl am Platze; denn es entstehen mit der Bank zusammen drei große, private Konzerne, die in Zukunft enorme Aufgaben haben werden.
Lassen Sie mich noch zu einzelnen Zahlen und Aufgaben in Einzelplan 13 kommen. Im Entwurf des Einzelplans 13 sind unter anderem auch die Aufgaben und Ausgaben des Bundesamtes für Zulassung in der Telekommunikation dargestellt. Dieses Amt hat in den vergangenen Jahren nicht voll kostendekkend gearbeitet. Es wäre wahrscheinlich auch bei einer Fortführung als eigenständiger Behörde nicht in der Lage, kostendeckend zu arbeiten. Außerdem unterliegen Aufgabenstruktur und -umfang einem ordnungspolitischen Wandel. Deshalb wurde das Bundesamt für Zulassung in der Telekommunikation zum 1. September 1996 an das Bundesamt für Post und Telekommunikation angegliedert. Die Eingliederung findet volles Verständnis bei den Berichterstattern des Einzelplans 13.
Diese Maßnahme ist auch in den Bericht des BMF zur Verringerung und Straffung von Bundesbehörden aufgenommen worden. Hierdurch entsteht nach der bisherigen Planung ein Personalminderbedarf von 33 Personen. 15 Personalposten sind inzwischen frei. Die restlichen werden mit kw-Vermerken ausgebracht. Die Zusammenlegung bringt Einsparungen von 2,9 Millionen DM.
Lassen Sie mich noch etwas zum Wissenschaftlichen Institut für Kommunikationsdienste sagen, einem Institut, das zur Zeit immerhin mit 1,9 Millionen DM unterstützt wird. Aus meiner Sicht ist es das Institut in der Welt mit dem höchsten Wissensstand auf dem Gebiet der Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens. Wir haben kein vergleichbares Institut. Es ist auch im Ausland anerkannt und erhält zur Zeit sogar von der Europäischen Kommission Aufträge. Wir wissen, daß wir es zum 31. Dezember 1997 schließen müssen. Es ist dann nur noch eine Projektförderung für einzelne Forschungsvorhaben möglich, die dann im Haushaltsplan 1998 zu veranschlagen wären.
Die Gesamteinnahmen liegen in diesem Haushalt dreimal so hoch wie die Gesamtausgaben in diesem Haushalt. Wir rechnen wieder mit einer Dividende von 800 Millionen DM. Auf Grund der schwierigen Haushaltslage werden die Ausgaben im Ministerium erneut um zirka 1,8 Prozent herabgesetzt. Das sind seit 1993 36 Prozent weniger.
Die Deutsche Telekom, die Deutsche Post und auch die Deutsche Postbank haben im Wirtschaftsjahr 1995 ausgesprochen erfolgreich gewirtschaftet. Die Deutsche Post AG konnte 1995 in ihrem ersten Jahr als Aktiengesellschaft den Umsatz steigern und gleichzeitig ihr Geschäftsergebnis deutlich verbessern. In Anbetracht des schwierigen konjunkturellen Umfeldes ist das Ergebnis als ein hervorragender Erfolg zu bewerten. Ich wünsche mir, daß es dem Vorstand und allen Mitarbeitern gelingt, die Strukturbrüche im Markt zu bewältigen und bis Ende der 90er Jahre die Börsenreife zu schaffen.
Entscheidend für mich ist allerdings auch, daß man sich in Kürze, Herr Minister, auf einen Kooperationsvertrag zwischen Postbank und Deutscher Post AG einigt. Für beide Häuser ist dieser Vertrag sehr wichtig. Ich hoffe, daß es dem Minister und den Verantwortlichen gelingt, zügig, noch in diesem Jahr, den Vertrag abzuschließen.
Auch die Entscheidung, die Deutsche Post AG ab 1998 zum Einzelhändler zu machen, halte ich für richtig. Die seit April laufenden Tests mit fünf Postläden in Berlin, Rostock und Cottbus sind bei den Kunden sehr gut angekommen. Deshalb wird die Post in Zukunft ähnliche Läden in vielen anderen Städten eröffnen. Die Umfrage zeigt, daß 75 Prozent der Kunden in den Testläden die Verbindung von Post und Lebensmitteln als gelungene Idee bezeichnen.
Gute Noten gibt es laut EMNID auch für die mittlerweile rund 3 200 Postagenturen, mit denen die Post mehr und mehr unrentable Filialen auf dem Land und in Vorstädten ersetzt. Während die Post in
Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein
ihren neuen Testfilialen selbst zum Händler wird, bietet sie über Agenturen ein Grundangebot an Postdienstleistungen, z. B. in Schreibwarenläden, Tankstellen oder auch Verwaltungen, an.
Ich erinnere mich noch an die vielen bitterbösen Briefe aus meinem Wahlkreis, in denen man sich beklagte, daß die Postämter in den Dörfern geschlossen wurden.
- Nein. - Inzwischen bewerten die gleichen Briefschreiber das neue Konzept der Agenturen sehr positiv. Die Betroffenen meinen sogar, die Postagentur verbessere die Lebensqualität der Bürger und die Chancen der beteiligten Händler. Es gehört immer wieder Mut dazu, Entscheidungen, die man intern getroffen hat, anschließend wirklich durchzusetzen.
Einer der bedeutendsten wirtschaftlichen und politischen Schritte - darauf ist auch der Minister schon eingegangen - nach dem Krieg wird der Börsengang der Deutschen Telekom. Es wird die größte Aktieneinführung in Europa sein. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, daß bei der Einführung am 18. November die Aktie nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt gut plaziert wird. Dabei kann man das gute Gefühl haben, daß alle Vorbereitungen hervorragend getroffen worden sind.
Ich wünsche mir jedenfalls, daß bis zum 31. Dezember 1997, wenn das Postministerium aufgelöst wird, alle privaten Initiativen, die von den drei Gesellschaften angefaßt worden sind, positiv verlaufen. Ich hoffe auch, daß es dem Minister gelingt, bis zum 31. Dezember 1997 alle Dinge zum Positiven entschieden zu haben.
Herzlichen Dank.