Rede von
Klaus-Jürgen
Warnick
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe von allen hier zwar am wenigsten Redezeit, aber so viel Zeit muß sein, unserer Kollegin Eichstädt-Bohlig aus unserem Ausschuß zum heutigen Geburtstag zu gratulieren.
Nun zum Etat: Daß auch der Einzelplan des Bauministeriums für 1997 völlig unzureichend ist, haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon deutlich gemacht.
Kollege Großmann hat natürlich völlig recht, wenn er das Wohngelddebakel von Minister Töpfer aufs schärfste kritisiert. Aber ich muß Ihnen auch sagen: Wer mit dieser Seite des Hauses kungelt - wie es beim Mietenüberleitungsgesetz passiert ist -, in der utopischen Hoffnung, die Regierungskoalition würde sich wie ein Gentleman auch nur im geringsten an Absprachen halten, der darf sich über Wortbruch und Vertrauensbruch im nachhinein nicht beschweren.
Ich verstehe auch den Ärger der SPD, wenn die Bundesregierung heute hier so tut, als ob die Frage der Eigenheimzulage ihre Idee gewesen wäre, nachdem die SPD über zehn Jahre dafür gekämpft hat und sich in den letzten Jahren auch das Bündnis 90/ Die Grünen und die PDS dem angeschlossen haben.
- Wir sind schon sechs Jahre hier - wenn Sie das noch nicht bemerkt haben sollten. Wir werden auch noch länger hier sein - zu Ihrem Ärgernis.
Mit diesem Haushaltsplan und seinen Prioritätensetzungen zeigt die Bundesregierung, daß sie nicht gewillt ist, ernsthaft gegen den zunehmenden Mangel an bezahlbaren Wohnungen und gegen die wachsende Zahl der von Obdachlosigkeit bedrohten und betroffenen Menschen vorzugehen.
Im Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 heißt es - ich zitiere -:
Für den sozialen Wohnungsbau stellen Bund und Länder jährlich erhebliche Finanzmittel bereit, um das Wohnungsangebot im preisgünstigen Marktsegment für Haushalte im unteren bis mittleren Einkommensbereich zu erhöhen.
Zu schön, um wahr zu sein!
Klaus-Jürgen Warnick
Wie ist die Wirklichkeit? In den westlichen Bundesländern verlieren von 1993 bis zum Jahr 2000 mehr als ein Drittel der 2,7 Millionen Sozialwohnungen ihre Bindungen. Dieser Prozeß wird auch durch die wenigen neuen Sozialwohnungen nicht abgefangen. In den östlichen Bundesländern gibt es überhaupt keinen nennenswerten Sozialwohnungsbestand. Statt dessen bekommt die Mehrheit der ostdeutschen Mieterinnen und Mieter im Oktober die nächste Mieterhöhungserklärung ins Haus.
Einerseits sind nicht wohnungspolitische, sondern fiskalische Gesichtspunkte für diesen Haushaltsplan ausschlaggebend. Andererseits werden den Reichen in dieser Gesellschaft weiterhin großzügige Steuergeschenke für Kauf und Spekulation mit Immobilien zur Mehrung ihres Vermögens gewährt. Auch der Boom bei den Bausparkassen seit Verabschiedung des Eigenheimzulagengesetzes ist kein Grund, sich als Bau- und Wohnungsminister satt und zufrieden zurückzulehnen.
Herr Töpfer, ich fordere Sie auf, um eine spürbare Erhöhung der Mittel für die Schaffung und den Erhalt bezahlbarer Wohnungen sowie für Wohngeld, was den Namen auch wirklich verdient, zu kämpfen, statt weiterhin einer gescheiterten sozial und ökologisch verantwortungslosen Eigentumsideologie hinterherzulaufen. Statt mit weiteren Millionen die Zwangsprivatisierung von kommunalen genossenschaftlichen Wohnungen in Ostdeutschland voranzutreiben, sollten Sie dieses Geld für ein zusätzliches Programm zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit einsetzen. Die zur Zeit eingeplanten 10 Millionen DM sind wohl eher eine Schande. Sie reichen jedenfalls nicht aus, um wirkliche Fortschritte beim Abbau der vorhandenen Obdachlosigkeit zu erreichen.
Auch eine Reihe von Haushaltspositionen im Bereich der Baumaßnahmen, der Wohnungsfürsorge für Bundesbedienstete und der Umzugskosten BonnBerlin sind kritisch zu hinterfragen.
Aus der Sicht der Partei des Demokratischen Sozialismus sind folgende Dinge notwendig:
Erstens. Eine deutliche Anhebung und Verstetigung der Mittel für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus in Ost und West auf mindestens 5 Milliarden DM.
- Für das erste würde es reichen. - Notwendig ist die verstärkte Förderung des genossenschaftlichen sowie des dem Prinzip der Gemeinnützigkeit verpflichteten Wohnungsbaus und der Programme zur Leerstandsbeseitigung, zur Städtebauförderung, sowie zur Sanierung und Modernisierung des Wohnungsbestandes. Die erforderlichen Mittel können durch radikalen Abbau ungerechtfertigter Eigentumsförderung kompensiert werden.
Zweitens. Eine Korrektur des Altschuldenhilfegesetzes im Interesse der Mieter.
Drittens. Die Erhöhung des Wohngeldes in Ost und West zum 1. Januar 1997, vor allem für die Haushalte mit niedrigem Einkommen. Ein entsprechender
Vorschlag liegt Ihnen seit heute mit dem PDS-Entwurf für ein Wohngeldüberleitungsgesetz vor.
Viertens. Eine spürbare Reduzierung der Kosten für Gutachten, Wettbewerbe und Hochbaumaßnahmen in Berlin.
Überfällig ist auch, durch eine veränderte Aufgabenstellung die Mittel für den ehemaligen Palast der Republik in Berlin nicht für den Abriß, sondern für die Asbestsanierung mit dem Ziel der zügigen Inbetriebnahme als Kultur- und Bildungszentrum einzuplanen.
Auch dieser Einzelplan ist nicht alternativlos und unveränderbar. Den vorliegenden Vorschlägen der Koalition können und werden wir nicht zustimmen.