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    Plenarprotokoll 13/120 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 120. Sitzung Bonn, Dienstag, den 10. September 1996 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Hansjürgen Doss 10701 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Haushaltsgesetz 1997) (Drucksache 13/5201) 10701 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1996 bis 2000 10701 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 10701 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 10711 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 10719 C Hans-Peter Repnik CDU/CSU 10720 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10725 B Dr. Wolfgang Weng (Gerungen) F.D.P. . 10729 A Dr. Barbara Höll PDS 10735 B Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 10737 B Detlev von Larcher SPD 10741 C Dankward Buwitt CDU/CSU 10744 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 10746 B Wilfried Seibel CDU/CSU 10747 B Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 10748 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 10751 C Arnulf Kriedner CDU/CSU 10753 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . 10753 D, 10766 D Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10755 B Birgit Homburger F.D.P. 10756 C Eva Bulling-Schröter PDS 10758 B Eckart Kuhlwein SPD 10759 A Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 10761 B Horst Kubatschka SPD 10763 B Hans Georg Wagner SPD 10763 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU 10766 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10767 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10769 B Matthias Wissmann CDU/CSU 10770 A, 10776 A Horst Friedrich F.D.P. 10771 B Dr. Winfried Wolf PDS 10772 D Elke Ferner SPD 10773 D Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 10776 D Achim Großmann SPD 10779 C Gert Willner CDU/CSU 10781 C Norbert Formanski SPD 10782 C Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10784 C Jürgen Koppelin F.D.P 10786 B Otto Reschke SPD 10787 D Klaus-Jürgen Warnick PDS 10788 C Dieter Maaß (Herne) SPD 10789 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 10790 D Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 10791 C Hans Martin Bury SPD 10793 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 10795 A Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10797 B Dr. Max Stadler F.D.P. 10798 C Gerhard Jüttemann PDS 10800 A Eike Hovermann SPD 10801 A Nächste Sitzung 10803 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10805* 120. Sitzung Bonn, Dienstag, den 10. September 1996 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 10. 9. 96 Augustin, Anneliese CDU/CSU 10. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 10. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 10. 9. 96 * Berninger, Matthias BÜNDNIS 10. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Borchert, Jochen CDU/CSU 10. 9. 96 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 10. 9. 96 Herta Duve, Freimut SPD 10. 9. 96 Gansel, Norbert SPD 10. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 10. 9. 96 Dr. Glotz, Peter SPD 10. 9. 96 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Kanther, Manfred CDU/CSU 10. 9. 96 Kurzhals, Christine SPD 10. 9. 96 Dr. Lucyga, Christine SPD 10. 9. 96 * Matschie, Christoph SPD 10. 9. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 10. 9. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 10. 9. 96 Hermann Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 10. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Verheugen, Günter SPD 10. 9. 96 Voigt (Frankfurt), SPD 10. 9. 96 Karsten D. Wallow, Hans SPD 10. 9. 96 Dr. Zöpel, Christoph SPD 10. 9. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Angela Merkel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Rahmenbedingungen für die Politik insgesamt und so auch für die Umweltpolitik haben sich in den letzten Jahren entscheidend geändert. Die Globalisierung der Märkte und auch der schärfer werdende Wettbewerb stellen uns vor besondere Aufgaben. Wir müssen uns die Frage stellen: Was bedeutet dies auch für die Umweltpolitik?

    Bundesministerin Dr. Angela Merkel
    Erstens ist Deutschland auf Grund seiner wirtschaftlichen und technologischen Möglichkeiten durch eine besondere Verantwortung für die weltweite nachhaltige Entwicklung gekennzeichnet.
    Zweitens wendet sich das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung nicht nur an den Staat, sondern es wendet sich genauso an die nichtstaatlichen Akteure in den jeweiligen Verantwortungsbereichen. Es ist ein Leitbild, das Herausforderungen für alle gesellschaftlichen Gruppen mit sich bringt. Gerade in diesem Bereich müssen die Verantwortlichkeiten in den nächsten Jahren sehr viel deutlicher erkennbar werden.
    Drittens. Umweltpolitik muß auch den enger werdenden Verteilungsspielraum beachten. Nach einer Phase scheinbar unbegrenzter Ressourcen können wir heute nicht die Augen davor verschließen, daß unter Berücksichtigung anderer politischer und gesellschaftlicher Bereiche Prioritäten und Ziele genauer definiert werden müssen, als dies bislang geschehen ist.

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Das Leitbild der Nachhaltigkeit hat neben einer ökologischen Komponente genauso eine soziale und ökonomische Komponente. Ich glaube, wir tun deshalb gut daran, den Ordnungsrahmen der ökologischen und sozialen Marktwirtschaft als Motor für eine zukunftsfähige Entwicklung in unserem Lande zu nutzen und schrittweise besser auszufüllen.
    Eine neue Studie von verschiedenen Wirtschaftsinstituten kommt zu dem Ergebnis, daß 1994 in Deutschland rund 956 000 Beschäftigte für den und in dem Bereich des Umweltschutzes tätig waren. Dies sind immerhin 2,7 Prozent aller Erwerbstätigen. Das entspricht in etwa der Beschäftigtenzahl im Straßenfahrzeugbau.
    Die Studie weist sehr konkret nach, daß 35 000 neue Arbeitsplätze zwischen 1990 und 1994 im Umweltschutz entstanden sind. Das heißt, Umweltschutz schafft und sichert auch zukunftsfähige Arbeitsplätze,
    Nun ist der Weltmarkt für Umwelttechnologien längst von führenden Industriestaaten als ein Wachstumsmarkt erkannt worden. Amerikanische Berechnungen sagen, es gebe hier eine Wachstumsrate von jährlich rund 7,5 Prozent. Das japanische MITI rechnet bis zum Jahre 2010 sogar mit 8 Prozent.
    Ich muß sagen: Die Chancen für den Umweltschutz werden von deutschen Unternehmen noch nicht immer ausreichend erkannt. Unser Welthandelsanteil ist leider auf den zweiten Platz zurückgefallen. Allerdings sind wir als Bundesrepublik Deutschland mit 18,4 Prozent am Weltmarkt immer noch recht gut hinter den USA mit Umweltschutzgütern beteiligt.
    Genau aus diesem Grunde haben wir im vergangenen Jahr das sogenannte ITUT, das Internationale Transferzentrum für Umwelttechnik, gegründet, um gerade mittelständischen Unternehmen Hilfen bei der Erkundung und Eroberung dieser Märkte zu geben. Die Gründung des ITUT ist ein beispielhaftes Unterfangen, weil hier Mittel sowohl aus der deutschen Bundesstiftung Umwelt, aus dem Bundesumweltministerium als auch aus dem Wirtschaftsministerium gemeinsam eingesetzt werden, um dem Begriff der Nachhaltigkeit ein Stück weiter entgegenzukommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, wir befinden uns jetzt in der Halbzeit dieser Legislaturperiode. Ich glaube, wir können sagen, daß eine ganze Reihe von Aufgaben ein gutes Stück weiter gediehen ist. Wir haben die Novelle zum Bundesnaturschutzgesetz als einen wichtigen Baustein unserer Konzeption zum Schutz der biologischen Vielfalt vor kurzem im Kabinett behandelt. Das Plenum wird darüber bald debattieren können. Ich glaube, mit diesem Gesetzentwurf ist es uns gelungen, einen wesentlichen Schritt bei der Sicherung der biologischen Vielfalt und vor allem bei der Schaffung eines modernen Verständnisses des Naturschutzes vorwärtszukommen. Dieses moderne Naturschutzverständnis sagt uns heute, daß es nicht nur darum geht, einzelne bestimmte Arten von Tieren und Pflanzen zu schützen, sondern auch darum, die vernetzten Lebensräume in der Bundesrepublik Deutschland wie auch auf internationalem Gebiet zu erhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist für die Akzeptanz des Naturschutzes von außerordentlicher Bedeutung, daß wir vernünftige Kompromisse finden und für die, die die Natur nutzen und Flächen im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft bearbeiten - betroffen sind immerhin 80 Prozent unserer Landesfläche -, einen Naturschutz schaffen, der nicht gegen sie geht. Das heißt natürlich nicht, daß es ohne Streit abgeht.
    Deshalb glaube ich, daß die im Bundesnaturschutzgesetz vorgeschlagene Regelung, eine Ausgleichszahlung dann vorzusehen, wenn Land- und Forstwirte über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hinaus Auflagen im Sinne des Naturschutzes erhalten, für die Akzeptanz des Naturschutzes in Zukunft von außerordentlicher Bedeutung sein wird. Ansonsten erleben wir einen Rückschlag im Bereich des Naturschutzes.
    Wir werden uns als Bund - das wird auch in den Haushaltsberatungen und aus dem Bundeshaushalt schon jetzt deutlich - im Bereich der Naturschutzgroßprojekte weiter engagieren. Hier wird der Bund - genau dies und nur dies ist seine Aufgabe - seiner Verantwortung gerecht, wenn es um die gesamtstaatlich repräsentativen Schutzgebiete geht. Wir werden hier mit 40 Millionen DM trotz insgesamt sinkender Ausgabenspielräume einen sehr wesentlichen Schwerpunkt setzen, Wenn man sich vor Ort die verschiedenen Naturschutzgroßprojekte anschaut, so sieht man auch, wie es gelingt, die unterschiedlichen Nutzer- und Schutzinteressen zusammenzubringen. Hier gibt es gute und weniger gute Beispiele. Ich denke, gerade an diesen Beispielen

    Bundesministerin Dr. Angela Merkel
    können wir lernen, wie man Naturschutz mit den Interessen der Nutzer vernünftig verbinden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Das ist eine gute Sache!)

    Wir werden in Kürze im Kabinett das Bodenschutzgesetz, ein ebenso wichtiges Vorhaben, beraten; denn eine internationale Konferenz, die ISCO-Konferenz, hat in den vergangenen Wochen gezeigt, daß der Schutz des Bodens international gesehen noch weit dem Schutz der Luft und des Wassers hinterherhinkt. Die Regenerierbarkeit der Ressource Boden ist in vielen Fällen sehr viel schwieriger als die von Luft und Wasser. Deshalb besteht hier dringender Handlungsbedarf.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Ich sage deutlich: Wenn die Bundesrepublik Deutschland ein Bodenschutzgesetz hat, dann ist sie international führend. Dies ist mitnichten der Standard - nicht einmal in anderen europäischen Ländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Stammhaushalt des Bundesumweltministeriums, also der Haushalt ohne den refinanzierten Endlagerbereich, beträgt 1997 746,2 Millionen DM. Das ist eine gewisse Absenkung. Aber angesichts der Gesamtlage des Haushalts sind dies Mittel, die sinnvoll für den Umweltschutz eingesetzt werden können. Ich betone, daß die Umweltschutzausgaben des Bundes insgesamt weit höher sind. Der Bundeshaushalt weist für 1997 Umweltschutzausgaben in Höhe von mehr als 9,5 Milliarden DM aus. Dies reicht von der Grundlagenforschung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien bis hin zur Sanierung des Altlastenbereichs der Wismut AG und des Braunkohlebergbaus.
    Was die Braunkohlesanierung anbelangt, handelt es sich hier um das größte zusammenhängende Umweltprojekt, das wir in Deutschland haben. Es ist außerordentlich wichtig, daß wir diese Arbeiten kontinuierlich fortsetzen, auch über die Jahrtausendwende hinweg. Wer sich einmal vor Ort umschaut und erkennt, was hier schon erreicht wurde, der muß sagen: Hier handelt es sich um ein beispielhaftes Projekt. Gerade im Hinblick auf die Expo 2000 werden wir dies international vorzeigen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Der Bund vergibt darüber hinaus in erheblichem Umfang zinsgünstige Umweltschutzkredite, die im Bundeshaushalt naturgemäß nicht erfaßt sind, die man aber keineswegs weglassen kann. Allein die Umweltschutzkredite aus dem ERP-Sondervermögen betragen 1997 rund 2,9 Milliarden DM. Auch die Banken des Bundes, die Deutsche Ausgleichsbank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau, vergeben Umweltschutzkredite; sie werden sich 1997 auf rund 12 Milliarden DM belaufen. Gerade diese Mittel werden schwerpunktmäßig in den neuen Bundesländern eingesetzt, was der Angleichung der Lebensverhältnisse natürlich erheblich zugute kommt.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Jetzt loben Sie noch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt!)

    Last not least möchte ich - richtig, Herr Abgeordneter - die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hier loben.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Was hat denn Herr Weng damit zu tun?)

    - Herr Weng ist ein interessierter Abgeordneter, der sich mit den Belangen der Umwelt befaßt, wie ich das von jedem Abgeordneten erwarte. Schade, daß Sie nicht die Rede darauf gebracht haben. Dieses Zwischenrufs hätte es nicht bedurft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Gut gekontert!)

    Diese Bundesstiftung ist in der Tat lobenswert, denn sie hat in diesem Sommer ihr fünfjähriges Bestehen unter dem Motto „Unternehmer für die Umwelt - Innovative Umwelttechnik aus dem Mittelstand" gefeiert. Seit der Errichtung der Stiftung im Jahre 1990 stehen Jahr für Jahr 140 Millionen DM als zusätzliche Fördermittel für den Umweltschutz bereit. Davon sind seit 1990 62 Prozent in die neuen Bundesländer geflossen. Aber ich möchte betonen: Gerade was technische Innovationen anbelangt, ist die Deutsche Bundesstiftung Umwelt heute ein ganz unverzichtbares Instrument der Förderung von Umweltschutzinvestitionen geworden.
    Staatlicher Umweltschutz ist nur eine Sache. Der staatliche Umweltschutz setzt die Rahmenbedingungen für das Handeln von Unternehmen und privaten Haushalten. Aber es hat sich immer wieder auch gezeigt, daß es vor allen Dingen auf das Handeln der Unternehmen ankommt. Ebenso hat sich gezeigt, daß staatliche Auflagen in einer Vielzahl von Fällen zu spürbaren Kostenentlastungen im Bereich der Wirtschaft geführt haben. Ich habe neulich etwas scherzhaft gesagt: Hierfür kommen keine Dankesschreiben bei mir an. Aber bei näherer Nachfrage zeigt es sich in vielen Fällen, daß sowohl die Luftreinhaltepolitik als auch die Gewässerpolitik in den Unternehmen eine ganz neue Form des kreativen Nachdenkens mit sich gebracht haben.

    (Beifall des Abg. Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/CSU])

    Beispielhaft hierfür wird das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sein, das am 7. Oktober in Kraft tritt. Ich bin sehr froh, daß es uns am 15. August gelungen ist, das untergesetzliche Regelwerk zeitgerecht fertigzustellen, so daß in der Wirtschaft Sicherheit hinsichtlich dessen, was auf sie zukommt, besteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Ebenso werden wir die Verpackungsordnung novellieren und Regelungen im Bereich der Altautos und des Elektronikschrotts in Kürze fertig haben, so daß dann auch die Produktverantwortung, die als

    Bundesministerin Dr. Angela Merkel
    wesentliches Element in dem Kreislaufwirtschaftsgesetz verankert ist, in den bestimmten Produktbereichen zum Tragen kommt.
    Internationale Umweltpolitik ist von herausragender Bedeutung. Die Bundesregierung hat mit anspruchsvollen Zielsetzungen gerade auch die internationalen Verhandlungen immer wieder vorangebracht. Wir werden im Jahre 1997 eine entscheidende Konferenz im Bereich des Klimaschutzes haben: die 3. Vertragsstaatenkonferenz in Japan, in Kyoto, wo ein zusätzliches Protokoll für die Zeit nach 2000 und die internationalen Verpflichtungen verabschiedet werden.
    Ich rufe uns alle auf - national natürlich -, alle Anstrengungen umzusetzen und auch zu erweitern, die notwendig sind, damit wir unser Ziel erreichen werden. Ich füge gleich vorsorglich hinzu: Die 25 Prozent CO2-Reduktion bis zum Jahre 2005, gemessen am Niveau von 1990 - man muß das immer ganz genau sagen -, sind weiterhin das Ziel der Bundesregierung. Pessimismus wird uns hier überhaupt nicht voranhelfen. Es geht darum, Szenarien für die Umsetzung zu erarbeiten. Wir werden im Mai nächsten Jahres einen Bericht der interministeriellen Arbeitsgruppe der Bundesregierung vorlegen und dann die weiteren Schritte besprechen.
    Meine Damen und Herren, wir haben wesentliche Ergebnisse im Zusammenhang mit dem Umweltauditgesetz erzielt. Lassen Sie mich dieses als letzten Punkt einer Umweltschutzpolitik erwähnen, die nicht nur auf staatliches Handeln aus ist, sondern die vor allen Dingen auch an das Engagement und die Kreativität der Unternehmer appelliert. Wir haben eine Verordnung in Vorbereitung, die auch im Dienstleistungsbereich dieses Umweltaudit einführen will, und eine Tagung mit den Finanzdienstleistungsunternehmen im Sommer dieses Jahres hat mich durchaus ermutigt, in dieser Richtung weiterzuarbeiten.
    Ich habe Ihnen an verschiedenen Beispielen zu zeigen versucht - was natürlich nicht umfassend sein kann -, daß der Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung nicht nur eine Aufgabe der Umweltpolitik ist; ich denke aber, daß die Umweltpolitik der Motor dieser Entwicklung sein muß und daß dieser Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung inzwischen weit über den staatlichen Handlungsrahmen hinausgeht. Die Aufgabe von uns Politikern ist aus meiner Sicht vor allen Dingen, sämtliche gesellschaftlichen Kräfte, Unternehmen, Verbände, aber auch Privathaushalte, zu motivieren, diesen Weg gemeinsam mit uns zu gehen, allerdings gesteuert, begleitet und vor allen Dingen auch vorangetrieben durch staatliches Handeln. Dafür bietet dieser Bundeshaushalt eine gute Voraussetzung.
    Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Vom letzten Satz sind Sie selber nicht überzeugt!)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt hat das Wort der Kollege Michael Müller.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Halbzeit der 13. Legislaturperiode müssen wir leider feststellen: Die Umweltpolitik ist von Stagnation und Rückschritt gekennzeichnet. Dies werfen wir nicht alleine der Umweltministerin vor - ihr werfen wir vor allem vor, daß sie Durchsetzungsschwäche hat, was auch das kommende Kreislaufbürokratiegesetz nicht ändert -, sondern dies ist die geistige Haltung der Bundesregierung insgesamt und großer Teile der Wirtschaft. Das ist die eigentliche Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD)

    Das Parlament hat Anfang der 90er Jahre eine große Chance für die Umweltpolitik in Deutschland eröffnet, nämlich mit den Arbeiten der EnqueteKommission. Die Enquete-Kommission „Schutz der Erdatmosphäre" hatte über alle Fraktionen hinweg der Bundesregierung Vorgaben gemacht und das Zeichen gesetzt, daß sie für die große Gemeinschaftsanstrengung bereit waren, Umweltschutz in der Bundesrepublik zu einem zentralen Ziel aller Politikbereiche zu machen und ehrgeizige Ziele durchzusetzen.
    Wir stellen fest, diese große Chance ist verspielt worden. Sie haben sie nicht genutzt. Im Gegenteil, die Umweltpolitik steht heute in Bonn auf dem Nebengleis. Wenn Sie beispielsweise das 25-ProzentZiel ansprechen, dann müssen Sie ehrlicherweise sagen: Seit 1990 sind die CO2-Emissionen in den alten Bundesländern gestiegen, und seit 1994 steigen sie leider auch wieder in den neuen Bundesländern. Sie werden das Klimaschutzziel verfehlen, weil Sie sich aus der Politik zurückgezogen haben. Sie sind nicht bereit, dafür Verantwortung zu tragen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Aus meiner Sicht liegt der entscheidende Punkt darin, daß unter den veränderten wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Bedingungen Sie die Umweltpolitik als Belastung, aber nicht als Chance ansehen. Sie sehen nicht in der Ökologisierung von Produktion und Konsum eine Chance, unser Land zu modernisieren, also Fortschritt zu wagen, was wir dringend notwendig haben.
    Dabei ist die Umweltpolitik die Chance auf ein besseres Morgen; denn sie verbindet zwei zentrale Elemente miteinander, die unser Volk braucht, nämlich einerseits die Hoffnung auf Fortschritt und andererseits den Willen zur Gerechtigkeit. Beides ist in der Umweltpolitik verbunden.

    (Beifall bei der SPD)

    Deshalb ist es kein Wunder, daß in einer Zeit, wo soziale Gerechtigkeit keine Rolle mehr spielt, auch die Umweltpolitik keine Rolle mehr spielt. Dies sind leider zwei Seiten einer Medaille.
    Wir wissen: Jede Zeit hat ihre spezifischen Probleme. Wir stehen heute vor allem vor den Problemen der Globalisierung von Unternehmen und wirtschafts-
    politischen Strategien, vor wachsender Ungleichheit, vor ökologischen Grenzen des Wachstums und vor der Aushebelung des Nationalstaates. Das heißt,

    Michael Müller (Düsseldorf)

    unsere Zeit ist davon gekennzeichnet, daß wir eine Politik finden müssen, diese Probleme zu bündeln und in einer gemeinsamen Strategie zu lösen. Tatsächlich müssen wir in der Bundesrepublik feststellen: Die großen Zukunftsherausforderungen werden gegeneinander ausgespielt, und damit wird keine gelöst. Wir spielen die Massenarbeitslosigkeit gegen die Umweltkrise und den Sozialstaat gegen die Wachstumsschwäche aus. Alles zusammen führt dazu, daß kein Problem gelöst wird, sondern sie alle mittelfristig verschlechtert bzw. nicht mehr lösbar werden.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Wir dürfen nicht vergessen: Die Stabilität der Demokratie in den letzten Jahrzehnten war die Stabilität eines gesellschaftlichen Vertrages auf der Basis des Sozialstaats. In der Gesellschaft gab es den Interessenausgleich zwischen unterschiedlichen Positionen, der damit Fortschritt und Gerechtigkeit ermöglicht hat. Was heute stattfindet, ist ein platter Ökonomismus, der auf die Probleme von morgen die Antworten der 20er Jahre gibt. Das ist ein Rückfall in eine liberalistische, nur noch kurzsichtige ökonomische Interessenpolitik, die nicht in der Lage ist, das durchzusetzen, was Wohlstand des Volkes ist.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Der eigentliche Punkt, der heute deutlich wird, ist, daß Sie nicht mehr das Ganze sehen, das, was gesellschaftlichen Fortschritt ausmacht. Sie geben sich vielmehr der unsozialen Hoffnung hin, daß sich die Vertretung einzelner starker Interessen letztlich positiv auf alles auswirkt. Das ist eine Illusion, und daran werden Sie scheitern. Leider wird dies erhebliche Folgen und Probleme für unser Land hinterlassen.
    Wir stellen fest: Wir haben erstens eine wirtschaftliche Entwicklung, die nicht mehr - wie in der Nachkriegszeit - den Wirkungszusammenhang zwischen Sozialstaat, Beschäftigung und wirtschaftlichem Erfolg ermöglicht.
    Wir haben zweitens eine Massenarbeitslosigkeit, bei der vieles dafür spricht, daß sie sich in Zukunft weiter verschärfen wird. Ich weise nur darauf hin, daß Beschäftigungseffekte heute erst bei einem Wachstum von rund 2 Prozent ausgelöst werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht möglich, daß Sie mit Ihrem Verzicht auf Politik das Problem der Arbeitslosigkeit lösen. Das Gegenteil wird der Fall sein.
    Wir haben drittens eine Zerstörung des Sozialstaates durch die reduzierten Ausgaben im sozialen und ökologischen Bereich zu verzeichnen.
    Viertens wachsen insgesamt ökologische Probleme, die in den letzten Jahren in Teilbereichen entschärft werden konnten, die aber globaler geworden sind.
    Meine Damen und Herren, diese vier Probleme müssen als Einheit gesehen werden. Wir, die SPD, sagen deshalb: Wir wollen eine ökologische Steuerreform.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Sie ist ein Ansatz, nicht nur Einzelprobleme zu lösen, sondern Zusammenhänge zu erfassen. Das ist das eigentliche Ziel.
    Die ökologische Steuerreform, die durch das Betondenken der Regierungsfraktionen verhindert wird, ist die Chance für die Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Chance wird heute leichtfertig verspielt. Gleichzeitig wird denen, die sie wollen, vorgeworfen, sie seien diejenigen, die die Zukunft dieses Landes blockieren.
    Was Sie machen, ist nichts anderes als die Indienstnahme der Politik für kurzsichtige Interessen der Wirtschaft. Sie machen keine Politik mehr, die eine neue solidarische Gemeinschaftsanstrengung für ein Bündnis von Sozialem, Arbeit und Umwelt ermöglichen kann und damit den inneren Frieden in diesem Lande sichert. Das ist der Hauptvorwurf an Sie.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Frau Ministerin, wir hören es sehr gerne, wenn Sie von Nachhaltigkeit reden. Trotzdem kann ich es langsam nicht mehr hören, weil es so folgenlos bleibt. Was hat der Bundeskanzler beispielsweise in Rio versprochen? Was hat er in Berlin auf der Klimakonferenz versprochen? Und was ist aus diesen großen Ankündigungen geworden?

    (Zuruf von der SPD: Nichts!)

    Nur noch der Hinweis: Die Wirtschaft wird es richten. Das ist der Rückzug aus der Politik. Dies ist nichts anderes als der Rückzug aus der Verantwortung von denjenigen, die dafür gewählt worden sind, Probleme zu lösen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wir sind nicht dafür gewählt worden, die Probleme auf andere zu verlagern. Wir müssen sie angehen mit Kreativität und Phantasie; wir müssen all unsere Möglichkeiten nutzen, sie wenigstens schrittweise einer Lösung nahezubringen.
    Das ist der eigentliche Grund, warum heute so viele Menschen von der Politik enttäuscht sind. Sie sind nicht wegen einzelner Entscheidungen enttäuscht, sondern weil sie erkennen, daß die Richtung der Politik nicht mehr stimmt.
    Niemand streitet ab, daß Politik heute schwierig ist. Jeder sieht es aber, wenn Politik nicht mehr ernsthaft betrieben wird. Das ist das, was heute stattfindet: der Verlust an Ernsthaftigkeit.
    Meine Damen und Herren, wir wollen die ökologische Steuerreform. Sie steht beispielhaft für die Wende in der Wirtschaftspolitik und eröffnet Chancen. Ich will nur zwei Beispiele nennen: Die Unter-

    Michael Müller (Düsseldorf)

    Buchung von Kienbaum an Hand 40 ausgewählter Industriebetriebe in den alten Bundesländern kommt zu dem Ergebnis, daß allein eine intelligentere Nutzung von Reststoffen und Energie dazu führen würde, daß sich der betriebliche Spielraum für Investitionen und Beschäftigung um bis zu 15 Prozent erhöhen würde.
    Wir wissen auch, daß die volkswirtschaftlichen Energiekosten, die sich heute auf etwa 300 Milliarden DM belaufen, durch eine intelligentere Nutzung von Energie um etwa 80 bis 90 Milliarden DM verringert werden könnten - mit erheblichen Beschäftigungseffekten, die über alles das hinausgehen, was heute in der Diskussion ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Konzepte sind vorhanden. Was fehlt, ist der politische Mut, sie anzugehen.
    Deshalb zitiere ich am Ende meines Beitrags frei nach Bert Brecht den Satz von den Menschen, die auf den Ästen saßen und sie absägten und die sich gleichzeitig die Erfahrung zuriefen, wie man noch besser sägen könnte. - Das ist die Situation, in die Ihre Politik unsere Gesellschaft bringt.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)