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    Plenarprotokoll 13/108 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 108. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Mai 1996 Inhalt: Begrüßung des polnischen Außenministers Darusz Rosati 9590 B Tagesordnungspunkt 11: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Strukturreform in der gesetzlichen Krankenversicherung (Drucksache 13/ 3608) 9541 A Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesundheitsstrukturgesetzes (Drucksachen 13/3607, 13/4691) 9541 B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Abgeordneten Monika Knoche, Marina Steindor, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Umbau und Weiterentwicklung der Gesundheitsstruktur (Drucksachen 13/3612, 13/ 4691) 9541 B c) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Mehrkostenregelung Amalgam) (Drucksachen 13/ 3695, 13/4692) 9541 B d) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung 199/ (Krankenhaus-Neuordnungsgesetz 1997) (Drucksachen 13/3062, 13/ 3939, 13/4693) 9541 D e) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Arzneimittelfestbeträge) (Drucksachen 13/3217, 13/4407) 9541 D f) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlashing der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Drucksache 13/4615) 9542A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 16: Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika Knoche, Marina Steindor, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das solidarische Gesundheitswesen für die Zukunft sichern (Drucksache 13/4675) 9542 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU 9542B Klaus Kirschner SPD . . 9544B, 9556A, 9571 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9544C, 9556B Rudolf Dreßler SPD 9547 B Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9551 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 9553 B Dr. Wolfgang Wodarg SPD 9555 D Dr. Ruth Fuchs PDS 9558 D, 9580 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 9560 B Petra Bläss PDS 9565 A Klaus Kirschner SPD 9565 C Editha Limbach CDU/CSU 9568 A Wolfgang Zöller CDU/CSU 6569 B Ulf Fink CDU/CSU 9570A Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9572C Regina Schmidt-Zadel SPD 9575A Eva-Maria Kors CDU/CSU 9576 C Gudrun Schaich-Walch SPD 9578D Petra Ernstberger SPD 9581 A Tagesordnungspunkt 12: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (Drucksache 13/4587) 9583 C b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur grundlegenden Korrektur des RentenÜberleitungsgesetzes (Drucksachen 13/216, 13/4009, 13/4022) 9583 C Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Rudolf Dreßler, Wolfgang Thierse, Ottmar Schreiner, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Korrektur des Renten-Überleitungsgesetzes (Drucksache 13/1542, 13/4009, 13/4022) 9583 D c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung - zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Novellierung des Renten-Überleitungsgesetzes - zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rentenkürzungen in den neuen Bundesländern (Drucksachen 13/20, 13/286, 13/4009) 9584 A d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung - zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Fischer (Berlin) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sozial verträgliche Abschmelzung der Auffüllbeträge und Rentenzuschläge in Ostdeutschland - zu dem Antrag der Gruppe der PDS: Aussetzen des Abschmelzens der Auffüllbeträge nach dem Rentenüberleitungsgesetz (Drucksachen 13/3141, 13/3043, 13/3960) . . . . 9584 A Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA 9584 B Ulrike Mascher SPD 9585 A Wolfgang Engelmann CDU/CSU . . . 9586 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 9587 D Uwe Lühr F.D.P 9588 C Petra Bläss PDS 9589 A Tagesordnungspunkt 13: Große Anfragen der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Dr. Angelika Köster-Loßack und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Politik der Bundesregierung und entwicklungspolitische Ansätze zum Schutz der tropischen Wälder unter besonderer Berücksichtigung Brasiliens Teil I und Teil II (Drucksachen 13/1637, 13/1638, 13/ 3338) 9591 A Dr. Angelika Köster-Loßack BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 9591 B Klaus-Jürgen Hedrich, Parl. Staatssekretär BMZ 9593 B Dr. Mathias Schubert SPD 9594 A Roland Kohn F.D.P. 9595 D Eva-Maria Bulling-Schröter PDS . . . 9596 D Dr. Christian Ruck CDU/CSU 9597 B Nächste Sitzung 9599 C Berichtigung 9599 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 9601* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 9601* C 108. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Mai 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 107. Sitzung. Seite 9464 B, 4. Zeile von unten: Statt „überhaupt" ist „dagegen" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 24. 5. 96 Beer, Angelika BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 24. 5. 96 * Dr. Däubler-Gmelin, SPD 24. 5. 96 Herta Erler, Gernot SPD 24. 5. 96 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 24. 5. 96 * Göllner, Uwe SPD 24. 5. 96 Gysi, Andrea PDS 24. 5. 96 Hempelmann, Rolf SPD 24. 5. 96 Dr. Höll, Barbara PDS 24. 5. 96 Horn, Erwin SPD 24. 5. 96 Köhne, Rolf PDS 24. 5. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 24. 5. 96 Kolbow, Walter SPD 24. 5. 96 Kunick, Konrad SPD 24. 5. 96 Michels, Meinolf CDU/CSU 24. 5. 96 Mosdorf, Siegmar SPD 24. 5. 96 Petzold, Ulrich CDU/CSU 24. 5. 96 Poß, Joachim SPD 24. 5. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 24. 5. 96 Hermann Reschke, Otto SPD 24. 5. 96 Dr. Rexrodt, Günter F.D.P. 24. 5. 96 Rübenkönig, Gerhard SPD 24. 5. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Schönberger, Ursula BÜNDNIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Steenblock, Rainder BÜNDIS 24. 5. 96 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 24. 5. 96 Thieser, Dietmar SPD 24. 5. 96 Vosen, Josef SPD 24. 5. 96 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 24. 5. 96 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 24. 5. 96 Margareta 90/DIE GRÜNEN * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Finanzausschuß Drucksache 13/4137 Nr. 2.56 Drucksache 13/4137 Nr. 2.60 Drucksache 13/4137 Nr. 2.66 Drucksache 13/4137 Nr. 2.80 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/4137 Nr. 1.1 Drucksache 13/4137 Nr. 2.2 Drucksache 13/4137 Nr. 2.3 Drucksache 13/4137 Nr. 2.4 Drucksache 13/4137 Nr. 2.5 Drucksache 13/4137 Nr. 2.6 Drucksache 13/4137 Nr. 2.7 Drucksache 13/4137 Nr. 2.19 Drucksache 13/4137 Nr. 2.20 Drucksache 13/4137 Nr. 2.30 Drucksache 13/4137 Nr. 2.45 Drucksache 13/4137 Nr. 2.51 Drucksache 13/4137 Nr. 2.73 Drucksache 13/4137 Nr. 2.76 Drucksache 13/4137 Nr. 2.77 Drucksache 13/4137 Nr. 2.78 Drucksache 13/4137 Nr. 2.79 Drucksache 13/4137 Nr. 2.81 Drucksache 13/4137 Nr. 2.82 Drucksache 13/4137 Nr. 2.83 Drucksache 13/4137 Nr. 2.84 Drucksache 13/4137 Nr. 2.88 Drucksache 13/4466 Nr. 2.24 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.18 Drucksache 13/4137 Nr. 2.27 Drucksache 13/4137 Nr. 2.40 Drucksache 13/4137 Nr. 2.54 Drucksache 13/4137 Nr. 2.70 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/3668 Nr. 2.7 Drucksache 13/3668 Nr. 2.22 Drucksache 13/4137 Nr. 2.58 Drucksache 13/4137 Nr. 2.89 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/4514 Nr. 2.18 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/4137 Nr. 2.48 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/4514 Nr. 2.37 Berichtigung: Im Anhang zum Stenographischen Protokoll der 84. Sitzung des Deutschen Bundestages zu EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament ist unter dem Titel Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Drucksachennummer 13/7804 durch 12/7804 zu ersetzen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ruth Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit den heute zur Debatte stehenden Vorlagen geht es um die gesetzlichen Grundlagen der sogenannten dritten Reformstufe, welche Regierung und Koalition dem Gesundheitswesen verordnen wollen. Während alle einschlägigen Bemühungen bis zum Gesundheits-Reformgesetz von 1988 fast nur Kostendämpfungsmaßnahmen waren, deren Wirkung ohnehin stets nach kurzer Zeit verpuffte, gab es mit dem Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 bekanntlich erste Ansätze zu echten Strukturveränderungen.
    Das heute vorliegende Ergebnis ist jedoch niederschmetternd. Die EBM-Reform ist ein Scherbenhaufen. Eine Stärkung der hausärztlichen Tätigkeit hat nicht stattgefunden. Der Anteil spezialärztlicher Leistungen ist gegenwärtig höher denn je. Zu einer stärkeren Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung ist es nicht gekommen.
    Auch die Veränderungen in der Krankenhausfinanzierung haben nicht zu den gewollten Ergebnissen geführt. Für das laufende Jahr wurde den Krankenhäusern dafür nun eine Art von Budgetierung aufgedrückt, die an Härte und Undifferenziertheit bisher ihresgleichen sucht.

    Dr. Ruth Fuchs
    Vielleicht erklären sich all diese Mißerfolge auch daraus, daß die Regierung zwischenzeitlich alle Hände voll damit zu tun hatte, sich im Zuge eines regelrechten Rollback weniger um die Verwirklichung der gesetzlichen Aufträge zu kümmern, sondern mehr darum, schon einmal erreichte Fortschritte möglichst wieder zunichte zu machen. Jedenfalls war sie sehr erfolgreich dabei, die Positivliste, die Pflegepersonalregelung bzw. die Festbetragsregelung für Medikamente zu kippen, auszusetzen oder aber wenigstens in ihrer Substanz zu unterhöhlen.

    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Aber nur für patentgeschützte!)

    Es gibt also fast nichts, woran in einem positiven Sinne angeknüpft werden könnte.
    Unter diesen Umständen in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, als handele es sich hier um so etwas wie die Fortsetzung einer kontinuierlichen Reform in verschiedenen Stufen, von denen zwei bereits bewältigt seien, gehört wohl eher in das schillernde Reich der Gaukelei.
    Die wesentliche Veränderung, die neben den Budgetierungen wirklich stattgefunden hat, ist die vom Risikostrukturausgleich begleitete Organisationsreform der Krankenkassen und die damit verbundene Vorbereitung der Wahlfreiheit der Versicherten. Aber ausgerechnet dieser Schritt in eine richtige Richtung soll nun gründlich mißbraucht und zum Ausgangspunkt einer neuen Ära im Gesundheitswesen werden - der Ara der direkten und offenen Konkurrenz der einzelnen Kassen um Mitglieder.
    „Wettbewerb der Krankenkassen" und „Vorfahrt für die Selbstverwaltung" sollen die neuen Wundermittel sein, mit denen die Gebrechen des Gesundheitswesens endlich kuriert und die Beitragssätze in der Krankenversicherung stabilisiert werden können.
    Natürlich sind stabile Beitragssätze ein wichtiges und notwendiges Ziel. Erreichbar dürfte es allerdings nur sein, wenn es in ein umfassendes Konzept für eine echte Strukturreform des Gesundheitswesens und für weitere Schritte zu einer dauerhaften Konsolidierung der finanziellen Grundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung eingebettet ist.
    Die Hauptursachen der Finanzierungsprobleme im Gesundheitswesen liegen aber bekanntlich nicht primär in einer vermeintlichen Kostenexplosion, sondern zunächst einmal vor allem in den relativ zurückbleibenden Einnahmen in Folge sinkender Lohnquote und zunehmender Massenarbeitslosigkeit. Hinzu kommen dann noch die bekannten, politisch beschlossenen Verschiebebahnhöfe innerhalb der Sozialversicherung.
    Unter diesen Bedingungen hat die Erhöhung der Beitragssätze stets nur bewirken können, daß der Anteil der Ausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung am Bruttoinlandsprodukt in etwa gleichgeblieben ist. Wenn wir ein auch in Zukunft leistungsfähiges Gesundheitswesen und Beitragssatzstabilität haben wollen, verlangt das vor allem eine sozialstaatlich orientierte Verbesserung seiner Einnahmensituation.
    Solange diese Tatsache von der Regierung völlig ignoriert wird, besteht wenig Hoffnung auf eine dauerhafte Lösung, zumal die Aufwendungen für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung auch künftig weiter wachsen werden.
    Im Gegensatz dazu geht es auch mit den vorliegenden Gesetzesvorhaben letztlich wieder nur einseitig um eine Umverteilung der Kosten zu Lasten der Versicherten.
    Allerdings hat die Regierung aus der Geschichte ihres bisherigen Scheiterns auch gelernt. In Zukunft möchte sie, nachdem sie mit dem Beitragsentlastungsgesetz den sozialen Kahlschlag noch einmal gründlich selbst betreibt, möglichst nicht mehr in eigener Verantwortung budgetieren, Leistungen ausgrenzen oder Zuzahlungen erhöhen und auch nicht mehr für die Korrektur der strukturellen Fehler im Gesundheitswesen zuständig sein.
    Da Beitragssatzerhöhungen künftig erheblich erschwert werden sollen, die Selbstverwaltungen aber auch dann nicht das Instrumentarium haben werden, um aus eigener Kraft wesentliche Rationalisierungsreserven zu erschließen, wird den Kassen nur ein Weg offenbleiben: weitere finanzielle Belastungen der Versicherten. Exakt dafür soll ihnen ein beachtliches Repertoire an Möglichkeiten neu zur Verfügung gestellt werden: Zusatzleistungen, die allein von den Versicherten zu finanzieren sind; Zuzahlungserhöhungen in eigener Entscheidung; Selbstbehalte im Rahmen von Kostenerstattungen; Beitragsrückgewähr und anderes mehr. Daß dies im einzelnen Maßnahmen sind, die die Versicherten, gemessen an ihren eigenen gesundheitlichen Interessen, falsch stimulieren und zugleich die Solidarität im ganzen beschädigen, sei hier nur erwähnt.
    Im Klartext heißt das: In Zukunft sollen es die Selbstverwaltungen sein, die die Kürzungen bei Versicherten und Leistungserbringern auszuführen haben und anschließend natürlich als Überbringer der schlechten Nachricht dastehen müssen. Das bedeutet nichts anderes, als daß sich die Regierung endgültig aus ihrer Verantwortung für die Steuerung und Regulierung des Gesundheitswesens verabschieden will - dies ausgerechnet in einer Zeit, in der die Mittel knapper werden, in der die Sozialversicherungssysteme zunehmend unter Druck geraten und in der die Aufrechterhaltung der sozialen Funktionen des Gesundheitswesens mehr denn je sozialstaatliches Handeln erfordert.
    Was die Selbstverwaltungen betrifft, so ist zu sagen, daß die potentielle Rolle, die sie im Gesundheitswesen spielen könnten, kaum zu überschätzen ist. Ihre Stärkung und innere Reform könnte sehr wohl zu sachgerechteren Entscheidungsfindungen, zu mehr Bürgernähe und Demokratie beitragen. Voraussetzung aber sollte sein, daß sie sich nicht nur wie bisher als einseitig interessengeleitete Institutions- bzw. Standesvertretungen verstehen, sondern den in ihnen versammelten Sachverstand in die Gestaltung eines Gesundheitswesens einbringen, das in erster

    Dr. Ruth Fuchs
    Linie am Wohl der Patienten und an den Gesundheitsinteressen der Bevölkerung orientiert ist.

    (Beifall bei der PDS)

    Um es deutlich zu sagen: Hinter dieser Reform mit ihren scheinbar so griffigen Leitformeln verbirgt sich der bisher gefährlichste Angriff auf den gegenwärtig noch wirksamen sozialen Standard in der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung, auf das Solidarprinzip und auf die sozialstaatliche Verantwortung für ein sozial gerechtes und leistungsfähiges Gesundheitswesen.

    (Beifall bei der PDS)

    Alle neokonservativen und neoliberalen Vorstellungen über die künftige gesellschaftliche Entwicklung werden in geradezu klassischer Form auf das Gesundheitswesen übertragen. Das Gesetz führt zur Deregulierung, zur Privatisierung von elementaren Lebensrisiken und zur Entsolidarisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Wird dieses Reformvorhaben Realität, dann ist der soziale Grundkonsens auf dem Gebiet des Gesundheitswesens aufgekündigt. Auch für diesen Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit beginnt dann definitiv der Weg in eine andere Republik.
    Unseren Vorstellungen von einer sozial gerechten und qualitativ hochstehenden Medizin, auf die jeder Mensch nach seinem Bedarf und nicht nach seiner Zahlungsfähigkeit Anspruch hat, entspricht dies nicht. Deshalb lehnen wir die vorliegenden Gesetze, mit denen die sogenannte dritte Stufe der Gesundheitsreform verwirklicht werden soll, entschieden ab.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat jetzt der Bundesminister für Gesundheit, Horst Seehofer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Horst Seehofer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand wird bestreiten können, daß wir in Deutschland die elementaren Lebensrisiken wie Arbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Krankheit, Berufsunfall, Pflegebedürftigkeit und Alterssicherung so umfassend und auf so hohem Niveau absichern, wie dies in keinem anderen Land auf dieser Erde der Fall ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Absicht unserer Reformen ist es, das Niveau dieser umfassenden sozialen Absicherung der elementaren Lebensrisiken auch in Zukunft aufrechtzuerhalten.
    Meine Damen und Herren, wenn wir über Zukunftssicherung diskutieren, dürfen wir dies nicht immer auf die Bewahrung der Schöpfung reduzieren. Für die heutige junge und mittlere Generation ist genauso wichtig, daß wir die ökonomischen und sozialen Grundlagen in unserer Gesellschaft so gestalten, daß sie darauf vertrauen können, daß die Lebensrisiken auch in Zukunft auf hohem Niveau abgesichert sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Genauso unbestritten ist, daß eine Ursache für Arbeitslosigkeit die hohe Abgabenlast in der Bundesrepublik Deutschland ist.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Hohe Abgaben bedingen Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit bedingt höhere Sozialausgaben, und höhere Sozialausgaben bedingen wiederum höhere Sozialabgaben. Diesen Teufelskreis müssen wir durch Reformieren durchbrechen. Wir durchbrechen ihn nur, wenn wir zu Veränderungen bereit sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Frau Knoche, es ist nicht so, daß wir gewissermaßen verschiedene Dämpfungselemente aneinanderreihen und daß die Addition von verschiedenen Sparbemühungen eine Reform sei. Nein, meine Damen und Herren, wir lassen uns bei unseren Reformen von den Grundlagen der christlichen Soziallehre leiten,

    (Beifall bei der CDU/CSU Lachen und Widerspruch bei der SPD)

    nämlich solidarisch die Lebensrisiken abzusichern, die der einzelne oder seine Familie nicht tragen kann, auf der anderen Seite aber Eigenverantwortung verstärkt dort einzufordern, wo sie dem einzelnen zumutbar ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Solidarität und Eigenverantwortung sind ein Geschwisterpaar.

    (Zuruf von der F.D.P.: Sehr richtig!)

    Solidarität auf hohem Niveau ist auf Dauer für die Menschen, die sie brauchen, nur möglich, wenn man von den Leistungsstärkeren in unserer Gesellschaft mehr Eigenverantwortung einfordert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Monika Knoche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sage ich doch! Lachen bei der PDS)

    Meine Damen und Herren von der PDS, da Sie gelacht haben, möchte ich Ihnen sagen: Sie haben mit Ihrer Mutterpartei ein einzigartiges - und gescheitertes - Experiment in der ehemaligen DDR durchgeführt,

    (Zuruf von der F.D.P.: Sehr wahr!)

    nämlich eine wohlfahrtsstaatliche Rundum-Absicherung mit dem Ergebnis, daß am Ende alle Menschen gleich arm waren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Solidarität und Eigenverantwortung leiten uns auch in der Krankenversicherung. Es muß auch in der Zukunft so sein, daß eine Bypass-Operation, eine Nierentransplantation, eine Nierendialyse, eine aufwendige medizinische Diagnostik oder Therapie gemeinschaftlich getragen wird; denn sonst werden diese medizinischen Leistungen zum Privileg für die

    Bundesminister Horst Seehofer
    Menschen, die sich das privat leisten können, und das wollen wir nicht. Aber das ist nur möglich, wenn wir den Menschen sagen, daß in dem einen oder anderen Bereich im Gegensatz zur Vergangenheit mehr Eigenverantwortung und Eigenbeteiligung realisiert werden müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Jetzt nenne ich Ihnen einige ganz konkrete Beispiele dieses Gesetzes.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die zahnlose Generation wird sich auf Seehofer berufen!)

    Der Kollege Dreßler hat die Selbstbeteiligung bei Medikamenten kritisiert. Wir wollen die Selbstbeteiligung ab dem nächsten Jahr um eine 1 DM erhöhen. Herr Kollege Dreßler, Sie haben gesagt, dies sei zutiefst unsozial.

    (Rudolf Dreßler [SPD]: Sehr wahr!)

    Jetzt will ich Ihnen einmal folgendes sagen: 1993 wurde die Selbstbeteiligung umgestellt; Grundlage war nicht mehr der Arzneimittelpreis, sondern Grundlage wurde die Packungsgröße. Durch diese Umstellung sind die Patienten in der Bundesrepublik Deutschland, gerade die chronisch Kranken, in einem Umfang wie nie zuvor, nämlich mit zusätzlich 800 Millionen DM belastet worden.
    Das Wichtige dabei ist: Die Forderung für diese Umstellung kam von der SPD und wurde auf Wunsch der SPD realisiert.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genauso ist es!)

    Deshalb haben Sie kein Recht, jetzt die von uns vorgesehene Erhöhung der Selbstbeteiligung, die sehr bescheiden ausfällt, zu kritisieren. Ich möchte den Menschen einmal sagen: Eine 1 DM mehr Selbstbeteiligung bei einem Arzneimittel ist Voraussetzung dafür, daß wir die Medikamentenversorgung in Deutschland auf hohem Niveau für jedermann und „jedefrau" aufrechterhalten können, und zwar ohne Ansehen des Einkommens, des Standes oder der Herkunft.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir nehmen Rücksicht auf jene Menschen, die von ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit her nicht in der Lage sind, die Selbstbeteiligung zu leisten, oder die wegen einer chronischen Erkrankung permanent auf Medikamente angewiesen sind. Es ist weitgehend unbekannt, daß 13 Millionen Kinder in Deutschland von jeder Selbstbeteiligung befreit sind und daß 8 Millionen Erwachsene auf Grund ihres geringen Einkommens ebenfalls von jeder Selbstbeteiligung befreit sind. Das heißt, gut 20 Millionen Menschen in Deutschland sind von der geltenden und künftigen Selbstbeteiligung befreit, weil wir auf die Einkommensverhältnisse und die Belastbarkeit der einzelnen Familien Rücksicht nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Jene Menschen, die über den Einkommensgrenzen liegen - sie sind übrigens beachtlich hoch und
    liegen bei Verheirateten über 2 000 DM; das ist für Rentner sehr wichtig -, werden mit nicht mehr als 2 Prozent bei allen Selbstbeteiligungen - vom Medikament bis hin zu den Fahrtkosten, die anfallen, um medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen - belastet.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Sehr vernünftig!)

    Ich kann also nicht erkennen, wo hier ein sozialer Kahlschlag stattfindet.
    Künftig fallen die Zuschüsse in Höhe von 20 DM zum Brillengestell weg, die von den Krankenkassen im Regelfall alle drei, vier Jahre gezahlt wurden. Wenn es in dieser ökonomisch schwierigen Situation nicht mehr möglich ist, einen Zuschuß von 20 DM, alle drei Jahre gewährt, wegfallen zu lassen, dann sind wir Deutschen nicht in der Lage, unsere Zukunft zu sichern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Zum schmucken Thema Kuren: Die Kurausgaben in der Bundesrepublik Deutschland sind seit 1992 um 50 Prozent gestiegen, obwohl die stationären Kuren durch die Gesundheitsreform budgetiert waren. Die Ausgaben für Kuren hätten nur so stark steigen dürfen wie die Löhne in der Bundesrepublik Deutschland. Tatsache ist: Sie sind um 50 Prozent gestiegen. Niemand wird mir erzählen können, daß dies medizinisch indiziert ist.

    (Klaus Kirschner [SPD]: Das sagt doch auch niemand!)

    Es ist viel zur Verbesserung des Wohlbefindens, als Urlaubsersatz und ähnliches finanziert worden.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Ich kenne Menschen, die alle drei, vier Jahre eine Kur machen. Ich kenne andere, die noch nie in ihrem Leben eine Kur gemacht haben. Ich gönne jedem Menschen eine Kur, meinetwegen auch alle drei Jahre. Aber es ist kein Sozialraub, wenn wir für diese Erholungskuren die Selbstbeteiligung erhöhen und pro Kurwoche die Anrechnung von zwei Tagen Erholungsurlaub fordern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Da in Deutschland nur noch pauschaliert und nicht mehr differenziert informiert wird, sage ich hier noch einmal, daß wir von dieser Erhöhung der Selbstbeteiligung bei Kuren alle Mütterkuren und alle Anschlußheilbehandlungen, die zur Rehabilitation nach einem Krankenhausaufenthalt notwendig sind, ausnehmen. Auch das ist eine soziale Dimension. Wir gehen also nicht nach der Rasenmähermethode vor.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Seehofer, der Bäderkönig!)

    50 Prozent mehr Ausgaben für Kuren in den letzten drei Jahren! Wenn die Signale stimmen, die ich für das erste Quartal 1996 bekommen habe, dann muß ich feststellen, daß sich diese Tendenz fortsetzt.

    Bundesminister Horst Seehofer
    Wie glücklich muß ein Land aus der Sicht der Kurorte sein,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Bayern ist glücklich dank Zwick!)

    wenn es angesichts von Massenarbeitslosigkeit keine anderen Probleme hat, als über die Höhe der Ausgaben für Kuren zu streiten!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Regina Schmidt-Zadel [SPD]: Bayern hat doch die meisten Kurorte!)

    Zum Zahnersatz: Meine Damen und Herren, es gibt bei Fachleuten der Zahnheilkunde nicht den geringsten Zweifel daran, daß in keinem Bereich des Gesundheitswesens dem Zusammenhang zwischen Prophylaxe und Vermeidung von Reparaturen durch Eigenverantwortung der Menschen so gut Rechnung getragen werden kann wie in der Zahnheilkunde.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die zahnlose Generation!)

    - Herr Fischer, ich habe Ihnen hier schon einmal gesagt: Der alte bayerische Grundsatz „Die lautesten Kühe geben die wenigste Milch" trifft auf Sie zu.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Deshalb schreien Sie auch den ganzen Morgen so! Herr Seehofer, selbst die lauteste Kuh ist besser als ein Ochse!)

    Meine Damen und Herren, wir haben seit 1989 im Gesundheitsstrukturgesetz die Prophylaxemaßnahmen massiv verstärkt und seit 1993 die Versiegelung der Backenzähne bei Kindern und Jugendlichen eingeführt. Die Zahngesundheit hat sich in Deutschland in den letzten zehn Jahren sehr positiv entwickelt, weil die Prophylaxe verstärkt wurde.

    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Nach dem Vorbild der Schweiz!)

    - Und zwar nach dem Vorbild der Schweiz; Herr Kollege Thomae, Sie haben völlig recht.
    Es muß doch möglich sein, umzusteuern und zu sagen: Wir verstärken die Prophylaxe. Wer sich regelmäßig dem Zahnarztbesuch unterzieht, ausreichende Mundhygiene und Prophylaxe betreibt, muß nach menschlichem Ermessen keinen Zahnersatz von der Krankenversicherung in Anspruch nehmen. Das ist der medizinische Ansatz unserer Umsteuerung, und den werden wir auch durchsetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Natürlich kann man einen 60- oder 70jährigen Menschen nicht mehr vor die Tatsache stellen, daß es morgen keinen Zahnersatz mehr für ihn geben wird.

    (Zuruf von der SPD: Der muß sein Gebiß vererben!)

    So wie wir Umweltbewußtsein und umweltgerechtes
    Verhalten bei Kindern und Jugendlichen anstreben,
    müssen wir damit beginnen, bei den Dingen, die der
    Mensch in der Medizin wie in keinem anderen Bereich beeinflussen kann, nicht nur ein anderes Gesundheitsbewußtsein, sondern auch ein anderes Gesundheitsverhalten zu schaffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)