Rede von
Vera
Wollenberger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir sind der Meinung: Naturschutzgebiete und ökologisch wertvolle Flächen, die unter Schutz gestellt werden sollen, dürfen nicht verkauft werden, wenn sie sich glücklicherweise schon im Gemeineigentum befinden.
Die Verordnung über den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Flächen, die im vorliegenden Antrag angesprochen ist, schließt in § 1 Naturschutzflächen von der Privatisierung aus. Leider ist daran noch eine Bedingung geknüpft: Die Naturschutzgebiete werden nur dann vom Verkauf ausgenommen, wenn die land- und forstwirtschaftliche Nutzung gänzlich ausgeschlossen wird.
Diese Formulierung in der Flächenerwerbsverordnung ist sehr schlecht gewählt; denn sie orientiert sich nicht am Text des bestehenden Bundesnaturschutzgesetzes. Dadurch wird die Praxis sehr kompliziert. Es muß nämlich nun jede einzelne Schutzgebietsverordnung für jedes Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet, jeden Nationalpark oder jedes Biosphärenreservat daraufhin geprüft werden, ob darin für das ganze Gebiet oder auch nur einen Teil davon tatsächlich ein Totalschutz festgelegt worden ist, der jegliche Nutzung verbietet.
Das ist ein enorm aufwendiges Unterfangen. Die für die Privatisierungsverfahren zuständige Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH kann deshalb auch bis heute keine Angaben darüber machen, welche Flächen auf Grund dieser Bestimmungen nicht verkauft werden dürfen und wie groß der Anteil dieser Flächen an den 0,8 Millionen Hektar Wald ist, die von der BWG privatisiert werden sollen.
Hier haben wir wieder einmal ein Beispiel dafür, wie der Gesetzgeber durch seine Formulierungen den Vollzug von Bestimmungen äußerst schwierig gestaltet. Es wäre unserer Meinung nach wesentlich sinnvoller, die Flächenerwerbsverordnung bezüglich dieses Punktes an den Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes auszurichten. Dieses teilt die Naturschutzflächen in Kategorien ein, und an diesen Kategorien hätte man sich orientieren sollen. Das heißt konkret, in der Flächenerwerbsverordnung müßte stehen, daß alle Naturschutzgebiete nach § 13 Bundesnaturschutzgesetz nicht privatisiert werden dürfen.
Auch die Nationalparke, die nach geltenden Bestimmungen wie Naturschutzgebiete geschützt werden sollen, sollten nicht veräußert werden. Naturschutzgebiete und Nationalparke sind unsere strengsten Schutzkategorien. Es ist für eine sinnvolle Naturschutzplanung auf jeden Fall notwendig, daß diese Flächen in staatlicher Hand bleiben und nicht privatisiert werden.
Wenn sich die zu schützenden Gebiete bereits in Gemeineigentum befinden, ist es unsinnig, diese zu verkaufen; denn dann müssen für Auflagen, die den Düngereinsatz und den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln beschränken, umfangreiche Ausgleichszahlungen geleistet werden. Ich frage Sie, meine lieben Kolleginnen und Kollegen - die Finanzmittel in den öffentlichen Kassen sind bekanntlich auf allen Ebenen knapp -: Woher wollen die Bundesregierung und die Regierungskoalition die Mittel für Ausgleichszahlungen nach einer Privatisierung zukünftig nehmen? Davon habe ich noch nichts gehört.
Wir sollten uns davor hüten, uns zu weiteren, langfristigen Zahlungen für Auflagen über Düngung und Pestizideinsatz in wichtigen Naturschutz- oder Trinkwasserschutzgebieten zu verpflichten. Das ist am einfachsten, wenn die Flächen in Gemeinbesitz bleiben.
Vielen Dank.