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    Plenarprotokoll 13/84 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 84. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 Inhalt: Eintritt des Abgeordneten Franz Romer in den Deutschen Bundestag 7377 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Aktuelle Lage der Rentenversicherung in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktion der SPD: Aktuelle Finanzlage der Rentenversicherung (Drucksache 13/3606) 7377 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7377 B, 7389 B, 7390 A Rudolf Dreßler SPD 7385 A, 7389 D Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 7390 A, 7396 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 7392 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 7393 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7394 B, 7397 B Dr. Gisela Babel F.D.P 7397 C Petra Bläss PDS 7400 A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 7401 D, 7404 C Dr. Christa Luft PDS 7403 C Rolf Schwanitz SPD 7405 A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 7405 B Heinz Schemken CDU/CSU 7407 A Rudolf Dreßler SPD 7407 C Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 7408 B Angelika Pfeiffer CDU/CSU 7409 A Ulrike Mascher SPD 7410 A Volker Kauder CDU/CSU 7412 A Ulrike Mascher SPD 7412 B Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (Drucksachen 13/3102, 13/3637) 7413 B Hartmut Koschyk CDU/CSU 7413 B Jochen Welt SPD 7415 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7416 D Dr. Max Stadler F D P. 7417 D Eva Bulling-Schröter PDS 7418 D Dr. Horst Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär 7419 B Günter Graf (Friesoythe) SPD 7420 C Nächste Sitzung 7421 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7423* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (Antrag: Ausweitung des Minenexportmoratoriums der Bundesrepublik Deutschland) Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU 7423* D Anlage 3 Amtliche Mitteilung 7425* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 7377 84. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt für Becker-Inglau, Ingrid SPD 2. 2. 96 Behrendt, Wolfgang SPD 2. 2. 96 * Belle, Meinrad CDU/CSU 2. 2. 96 Blank, Renate CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Böhme (Unna), Ulrich SPD 2. 2. 96 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Faße, Annette SPD 2. 2. 96 Fink, Ulf CDU/CSU 2. 2. 96 Formanski, Norbert SPD 2. 2. 96 Fuchs (Köln), Anke SPD 2. 2. 96 Großmann, Achim SPD 2. 2. 96 Dr. Gysi, Gregor PDS 2. 2. 96 Hauser (Rednitzhem- CDU/CSU 2. 2. 96 bach), Hansgeorg Höfken, Ulrike BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 2. 2. 96 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 2. 2. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 2. 2. 96 Leidinger, Robert SPD 2. 2. 96 Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Dr. Leonhard, Elke SPD 2. 2. 96 Lühr, Uwe F.D.P. 2. 2. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 2. 2. 96 Neumann (Berlin), Kurt SPD 2. 2. 96 Oesinghaus, Günter SPD 2. 2. 96 Poß, Joachim SPD 2. 2. 96 Rachel, Thomas CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 2. 2. 96 Hermann Reschke, Otto SPD 2. 2. 96 Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 2. 2. 96 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 2. 2. 96 Hans Peter Schönberger, Ursula BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Abgeordnete(r) entschuldigt für Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 2. 2. 96 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 2. 2. 96 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 2. 2. 96 Terborg, Margitta SPD 2. 2. 96 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 2. 2. 96 Vogt (Duren), Wolfgang CDU/CSU 2. 2. 96 Wallow, Hans SPD 2. 2. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 2.2.96 Heidemarie Wiefelspütz, Dieter SPD 2. 2. 96 Wohlleben, Verena SPD 2. 2. 96 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 2. 2. 96 Margareta 90/DIE GRÜNEN Wolf (München), Hanna SPD 2. 2. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (Antrag: Ausweitung des Minenexportmoratoriums der Bundesrepublik Deutschland)*) Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU): Im April 1996 findet eine entscheidende Konferenz zur Überprüfung des Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen statt. Die Bundesregierung hat mit ihrer Entscheidung vom 11. Januar, das Exportmoratorium für Antipersonenminen unbegrenzt zu verlängern, dafür ein wichtiges Signal gesetzt - das hoffentlich andere Staaten ermutigt, sich ebenso verantwortungsvoll zu verhalten und das Minenprotokoll der UNO zu verschärfen. CDU/CSU und F.D.P. hatten ein unbefristetes Exportmoratorium vorgeschlagen. Wir sind dem Außenminister Klaus Kinkel für seine entsprechende Initiative im Kabinett dankbar. Die Frage ist, ob der vorliegende Antrag der Grünen einen hilfreichen Beitrag zur bevorstehenden Minenkonferenz leistet. Um es vorwegzunehmen: Er tut es leider nicht. Würde die Bundesregierung dem Wunsch von Bündnis 90/Die Grünen folgen und sich *) Vergleiche 83. Sitzung, Seite 7362 A für ein „Verbot aller Landminen" einsetzen, so würde die Konferenz ohne jeden Zweifel scheitern. Die meisten Staaten lehnen eine Ächtung aller Minen kategorisch ab. Gerade kleine Staaten argumentieren, daß sie z. B. Panzerabwehrminen benötigen, um sich gegen übermächtige Aggressoren zu wehren. Es hat wenig mit Moral und viel mit Selbstgerechtigkeit zu tun, wenn für das reine Gewissen hehre Forderungen erhoben werden, die Frage ihrer Durchsetzbarkeit in der Wirklichkeit aber ausgeklammert wird. Bleiben wir wirklich unschuldig, wenn wir unsere Hände in Unschuld waschen, sich aber um uns herum die Dinge nicht ändern? Wir alle beklagen die Schrecken von mindestens 100 Millionen Landminen auf der Welt, empören uns über die unzähligen Opfer, über verstümmelte Kinder, über unsagbares Leid. Tun Sie von Bündnis 90/ Die Grünen aber nicht so, als seien nur Sie für diese Schrecken sensibel. Worüber wir streiten, das ist die Frage, wie man das durch Minen herbeigeführte Leiden am wirkungsvollsten einschränken kann. Mit Maximalforderungen, die niemand auf der Welt mitmacht, unserer Meinung nach nicht. Wir sind Verantwortungs-, nicht Gesinnungsethiker! Es ist doch wahrlich nicht die Bundesregierung, an der der erste Anlauf der Überprüfungskonferenz im Oktober vergangenen Jahres gescheitert ist! Im Gegenteil: Wir Deutschen nehmen eine weithin anerkannte Vorreiterrolle ein. Warum sagen Sie das nicht in dieser Debatte? Warum erwecken Sie vielmehr den Eindruck, als seien Regierung und CDU/CSU zumindest indirekt irgendwie für die Minenopfer auf der Welt mitverantwortlich? In Wahrheit sind es aber nicht wir in Deutschland, die an dem tausendfachen Leid die Schuld tragen, sondern diejenigen, die sich bis heute weigern, humanitäre Mindeststandards einzuhalten. Blicken wir auf die Überprüfungskonferenz von Oktober 1995. Weshalb gab es keine Ergebnisse? Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Geltung des Minenprotokolls in innerstaatlichen bewaffneten Konflikten. Die Wirklichkeit in Wien: Die Konferenz konnte sich zwar auf eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Minenprotokolls auch auf nicht internationale Konflikte einigen. Allerdings bestanden Mexiko, China, Pakistan und Indien auf salvatorischen Klauseln zur Souveränität, zur Nichteinmischung und zum Status von Aufständischen. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Schaffung eines wirksamen Überprüfungsmechanismus zur Abschreckung und Ahndung von Verstößen gegen das Minenprotokoll. Die Wirklichkeit: Mexiko, China, Indien und Pakistan lehnten ein Verifikationsregime strikt ab. Selbst ein vom Vorsitzenden der Konferenz, Botschafter Molander (Schweden), erarbeiteter Vorschlag für einen Konsultationsmechanismus fand keinen Konsens. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Verbot des Einsatzes aller Landminen, die nicht mit herkömmlichem Minensuchgerät aufzuspüren sind. Die Wirklichkeit: China und Indien konnten einer Detektierbarkeitsverpflichtung auf der Basis des von uns vorgeschlagenen Mindeststandards (elektromagnetisches Antwortsignal, das einem Metallobjekt von 8 Gramm Eisen entspricht) nur ohne Festlegung einer Frist zur Einhaltung der Verpflichtung zustimmen. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Besondere Einsatzbeschränkungen und -verbote für Landminen, die sich nach einer bestimmten Frist nicht selbst zerstören. Die Wirklichkeit: Rußland und China stellten durch Ablehnung strenger Standards für Selbstzerstörungsmechanismen (30 Tage maximale Wirkzeit, zusätzlicher Sicherungsmechanismus mit 120 Tagen maximaler Wirkzeit, Zuverlässigkeit beider Mechanismen zusammen mindestens 99,99 Prozent) die auf den vorbereitenden Genfer Expertengruppensitzungen erzielte Einigung zu Einsatzbeschränkungen für handverlegte Antipersonenminen und fernverlegte Minen wieder grundsätzlich in Frage. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Exportbeschränkungen und -verbote für Landminen. Die Wirklichkeit: Ein Verbot des Transfers solcher Minen, deren Einsatz verboten ist, wurde zwar von allen Vertragsstaaten akzeptiert. Da China und Indien jedoch ein Verbot des Einsatzes nicht detektierbarer Minen ablehnen, war dieser Konsens in der Substanz fast gegenstandslos. Er betraf ausschließlich fernverlegte Antipersonenminen ohne Selbstzerstörungs- oder Selbstneutralisierungsmechanismus, wobei die technischen Standards für diese Mechanismen weiterhin umstritten blieben. Also: Es sind doch nicht Kohl oder Kinkel, auch nicht CDU/CSU und F.D.P., die Sie an den Pranger stellen sollten, sondern Länder, die zum größten Teil die billigsten und brutalsten Minen herstellen, einsetzen und verkaufen! Und weiter: Warum wird von der Opposition - bei aller legitimen Kritik - nicht auch einmal betont, daß es auch ein Erfolg der deutschen Politik und Diplomatie war, daß in Wien ein Protokoll gegen den Einsatz und die Weitergabe von Laserwaffen beschlossen wurde, die darauf gerichtet sind, Erblindungen herbeizuführen? Warum wird nur verschämt - wenn überhaupt - hervorgehoben, daß die Mittel für Minenräumung 1996 von drei auf dreizehn Millionen DM angehoben wurden - übrigens ein Erfolg einer überparteilichen Zusammenarbeit von Koalition und SPD? Und schließlich wird nicht oder kaum erwähnt, daß Deutschland ständig dabei ist, seine Minenbestände durch Verschrottung zu reduzieren, bis Ende 1996 um 75 Prozent der früheren Bestände! Weit über eine Million Antipersonenminen sind vernichtet worden! Andere sollten das nachmachen! Es gilt, was der Bundestag am 29. Juni 1995 mit großer Mehrheit beschlossen hat: Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für ein weltweites Entwicklungs-, Produktions-, Export- und Einsatzverbot von Antipersonenminen und Sprengfallen einzusetzen. Außenminister Kinkel hat vor diesem Hintergrund die Vernichtung aller Antipersonenminen in Deutschland angeregt und die Staatengemeinschaft aufgefordert, „die Anschaffung von Antipersonen- minen einzustellen und die hierdurch freigesetzten Mittel für Minenräumungsarbeiten einzusetzen." Daß auch Antipersonenminen einen militärischen Nutzen haben, den zum Beispiel ein Land wie Finnland im Blick auf seine Grenze zu Rußland immer wieder herausstellt, ist unabweisbar. Mit Minengürteln kann man potentielle Gegner abschrecken und das eigene Gebiet gegen Angreifer verteidigen. Aber der militärische Nutzen solcher Minen muß gegen die humanitären Kosten abgewogen werden. Wir hoffen, daß auch andere Länder mit uns an dem Ziel arbeiten, Antipersonenminen vollständig zu ächten. In der Tat, daran muß man arbeiten, die Proklamation allein reicht nicht. Anlage 3 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Rechtsausschuß Drucksachen 12/7073, 13/725 Nr. 34 Drucksachen 12/7078, 13/725 Nr. 35 Drucksachen 12/7511, 13/725 Nr. 38 Finanzausschuß Drucksache 13/2674 Nr. 2.5 Drucksache 13/2674 Nr. 2.11 Drucksache 13/2674 Nr. 2.13 Drucksache 13/2988 Nr. 1.13 Drucksache 13/3117 Nr. 2.5 Drucksache 13/3117 Nr. 2.6 Drucksache 13/3117 Nr. 2.19 Drucksache 13/3117 Nr. 2.20 Drucksache 13/3117 Nr. 2.22 Drucksache 13/3182 Nr. 1.4 Haushaltsausschuß Drucksache 13/2306 Nr. 2.50 Drucksache 13/2674 Nr. 2.15 Drucksache 13/2988 Nr. 1.16 Drucksache 13/2988 Nr. 1.18 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2988 Nr. 1.17 Drucksache 13/2988 Nr. 1.23 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksachen 13/7804, 13/725 Nr. 143 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/725 Nr. 149 Drucksache 13/725 Nr. 154 Drucksache 13/2426 Nr. 1.3 Drucksache 13/2426 Nr. 1.5 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/2988 Nr. 1.19 Drucksache 13/2988 Nr. 1.20 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/1614 Nr. 1.2 Drucksache 13/2306 Nr. 1.5 Drucksache 13/2306 Nr. 1.8 Drucksache 13/2306 Nr. 1.14 Drucksache 13/2306 Nr. 1.15 Drucksache 13/2306 Nr. 2.91 Drucksache 13/2674 Nr. 1.3 Drucksache 13/2674 Nr. 1.4 Drucksache 13/2988 Nr. 1.1
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    Rede von Hartmut Koschyk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Aussiedlerpolitik der Bundesrepublik Deutschland ist auf einen Konsens aller hier im Deutschen Bundestag angewiesen, aber auch auf einen Konsens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und auch auf einen notwendigen gesellschaftlichen Konsens, was den weiteren Zugang von deutschen Aussiedlern nach Deutschland anbelangt.
    Wir haben dafür gemeinsam 1992 nach dem Asylkompromiß die Grundlage in dem Kriegsfolgenbereinigungsgesetz gelegt, nach dem jährlich ca. 220 000 Aussiedler nach Deutschland kommen können. Wir haben es gemeinsam in den letzten Jahren durch eine Politik geschafft, die für den Zugang nach Deutschland sagt, das Tor bleibt offen, die aber auf der anderen Seite in den Herkunftsgebieten neue Perspektiven für das Bleiben schafft, so daß sich der Zuzug nach Deutschland verstetigt hat und so daß bei denen, die noch in ihren Heimatgebieten leben, das Vertrauen bleibt, daß kein Grund zur Panik einer übereilten Entscheidung über Gehen oder Bleiben zustande kommt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das beweisen auch, meine Damen und Herren, die Zahlen. Über 100 000 Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion haben einen Ausnahmebescheid für die Bundesrepublik Deutschland in der Tasche. Sie machen aber keinen Gebrauch davon. Sie suchen nach Perspektiven in ihrer Heimat und vertrauen darauf, daß wir ihnen die Option des Gehens oder Bleibens offenhalten.

    (Vorsitz : Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

    Aber, meine Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, daß es an einigen Punkten der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Wochen und Monaten zu Problemen gekommen ist und das geregelte Aufnahmesystem zwischen Bund und Ländern Verzerrungen erfahren hat. Dies liegt daran, daß vor allem Aussiedler, die auf die neuen Bundesländern verteilt worden sind, aus den neuen Bundesländer in die alten Bundesländer abwandern. Dies führt dazu, daß Strukturen, die in den neuen Bundesländern mühsam aufgebaut worden sind, nicht ganz in Anspruch genommen werden, zum Beispiel Sprachkurse mangels Masse - wenn ich das einmal so sagen darf - nicht ausgefüllt sind, wir aber bei den Aufnahmekapazitäten in den alten Bundesländern wegen einiger Probleme der Bundesrepublik Deutschland Schwierigkeiten bekommen haben.
    Das hat dazu geführt, daß wir ein Instrumentarium, das vorliegt, nämlich das Wohnortzuweisungsgesetz für Aussiedler aus dem Jahre 1989, im letzten Jahr um fünf Jahre verlängert haben, daß wir bei diesem Gesetz aber auf Bitten der betroffenen Länder zusätzliche Instrumentarien einbauen sollen, um den Zuzug von Aussiedlern auf die Bundesrepublik, vor allem zwischen den alten und den neuen Bundesländern, besser zu verteilen.
    Ich will aber sehr deutlich sagen: Das Gesetz, daß wir heute beschließen, muß in einen gesamten Maßnahmenkatalog eingepaßt sein, und zu diesem Maßnahmenkatalog muß an erster Stelle gehören, daß

    Hartmut Koschyk
    wir die Information für Aussiedler in ihren Herkunftsgebieten dahin gehend verbessern, ihnen zu sagen: Überlegt euch bereits beim Stellen eures Antrages und bei Genehmigung eures Antrages, wohin ihr in der Bundesrepublik Deutschland geht!
    Dazu gehört auch, daß wir sie über die Chancen beraten, die in den neuen Ländern auf Grund teilweise besserer und noch nicht so überlasteter Strukturen der Aufnahme bestehen, daß wir sie darauf vorbereiten und ihnen vor allem eines sagen: Ihr habt jetzt einen längeren Zeitraum, um euch auf eure Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland vorzubereiten. Nutzt diese Zeit, um eure Sprachkenntnisse in den Herkunftsgebieten zu verbessern,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    denn Sprache ist der Schlüssel der Integration! Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es, daß die Bundesregierung die Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachvermittlung der Aussiedler in den Herkunftsgebieten verstärkt. Aber auch hier sage ich: - -

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Kriegen die jetzt die Reden des Bundeskanzlers auf Video?)

    - Das wäre gar nicht schlecht, Herr Fischer;

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was die Sprache betrifft?)

    die würden sie gut vorbereiten auf ihr Leben in der Bundesrepublik Deutschland.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das wird ein Deutsch! Oh je!)

    Aber ich sage sehr deutlich: Noch so viele Sprachfibeln, noch so viele Sprachkurse, noch so viele Wörterbücher in den Begegnungszentren für die Rußlanddeutschen helfen nichts, wenn nicht auch der eigene Antrieb hinzukommt, die Zeit bis zur Ausreise zur Verbesserung der Sprachkompetenz zu nutzen.
    Zu diesem Paket gehört auch, daß wir hier in der Bundesrepublik - und da gibt es ja neue Initiativen der Bundesregierung - in den Erstaufnahmeeinrichtungen die Aussiedler auch zum Ja zu den neuen Bundesländern beraten. Es ist richtig, wenn die Bundesregierung hier selbst Betroffene einsetzt; denn ich glaube schon, daß Rußlanddeutsche, die vor Jahren hierhergekommen sind und unsere Struktur kennen, die jetzt zu uns kommenden Landsleute am besten beraten können und sie auch überzeugen können, daß es nicht sinnvoll ist und der Eingliederung und neuen Chancen nicht dient, wenn man dorthin geht, wo schon viele sind, wo die Struktur nicht mehr in der Lage ist, weitere zu verkraften.
    Durch das heute vorgelegte Gesetz wollen wir den Ländern die Möglichkeit geben, daß sie Aussiedlern dann einen vorläufigen Wohnort auf zwei Jahre befristet zuweisen können, wenn diese über keinen Arbeitsplatz verfügen.
    Allein das Kriterium des Nachweises der Wohnung - das müssen wir hier ganz offen einräumen - hat nicht mehr gegriffen; denn wir haben in der Tat in einigen Regionen der alten Bundesländer auf einmal sehr viel Wohnraum durch Auflassung militärischer Liegenschaften, aber wir haben keine zur Verfügung stehende Arbeit, die vielleicht hier und da in den neuen Bundesländern besser gegeben ist, und wir haben auch nicht die Strukturen, daß zum Beispiel dann auch die Sozialhilfeträger zur unbegrenzten Hilfe in der Lage wären.
    Wenn ich zum Beispiel aus einem Kreis in Niedersachsen höre, daß ihm bei 5 000 Aussiedlern im Kreis insgesamt 256 weitere zugewiesen werden, dann halte ich das für Zahlen, die deutlich machen, daß wir hier eine bessere Verteilung ermöglichen müssen.
    Meine Damen und Herren, wir müssen uns natürlich der Diskussion stellen, wir schränkten die Freizügigkeit der Aussiedler zu stark ein. Das tun wir nicht, aber Freizügigkeit in Deutschland heißt nicht, daß ich überall in Deutschland die Leistungen bekommen kann, für die wir oftmals kommunale Strukturen brauchen. Wir können unsere Kommunen, die dann zum Beispiel Sozialhilfeträger sind, nicht überfordern, wenn wir in einem Teil Deutschlands zu wenige Aussiedler und in einem anderen Teil zu viele haben.
    Deshalb ist es sicher im Interesse einer guten Eingliederung der Aussiedler, auch im Interesse der Akzeptanz bei der einheimischen Bevölkerung, wenn wir sagen: In den ersten zwei Jahren muß es möglich sein, die Verteilung besser zu steuern, und wer sich nicht daran hält und an einen anderen Ort geht, der hat dann dort auch keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Arbeitsförderungsgesetz, der hat dann dort auch keinen Anspruch auf volle Sozialhilfe, sondern nur auf einen Notbedarf der Sozialhilfe. Wenn Aussiedler allerdings Arbeitsplatz, Wohnung, Ausbildungsplatz vorweisen können, sind sie von diesen Regelungen nicht betroffen.
    Das Ganze ist auf zwei Jahre befristet. Es liegt jetzt an den Ländern, das Instrumentarium, das ihnen der Bund gibt, zu nutzen. Wir bitten die Bundesregierung, daß sie uns immer wieder berichtet, wie dieses neue Instrumentarium angenommen wird.
    Ich appelliere allerdings auch an die Länder, jetzt solidarisch zu sein.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Denn es geht nicht, dem Bund laufend die Tür einzurennen und zu sagen: „Macht da was" und dann, wenn der Bund das, was die betroffenen Länder wollen, macht, in eine akademische Diskussion einzutreten, ob nicht die Freizügigkeit für Aussiedler zu sehr tangiert ist. Jetzt müssen die Länder untereinander solidarisch sein. Wir sind uns im Bundestag einig. Ich bedanke mich bei der SPD für die Zustimmung im Innenausschuß. Ich nehme an, Sie werden auch

    Hartmut Koschyk
    heute zustimmen. Jetzt müssen aber auch die Länder gemeinsam dieses Instrumentarium annehmen und nutzen.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Jochen Welt.

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    Rede von Jochen Welt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung betont bei allen möglichen Gelegenheiten, daß die Türen für die Spätaussiedler weit geöffnet bleiben. Wer das will, trägt auch die Verantwortung dafür, daß das Haus, in das die Spätaussiedler durch die weit geöffneten Türen hineinkommen, bewohnbar ist.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Dieser Verantwortung wird die Bundesregierung schon seit langer Zeit nicht mehr gerecht.
    Wir haben im Rahmen der Asylgespräche zwischen Koalition und SPD im Jahre 1992 Vereinbarungen zum Zuzug der Spätaussiedler getroffen. Wir haben schon damals deutlich gemacht, daß eine Quotierung bei der Zuwanderung von Spätaussiedlern vorhanden sein muß, um eine wirksame Integration überhaupt erst möglich zu machen. Die damals vereinbarte Zahl von rund 200 000 Spätaussiedlern je Jahr konnte eingehalten werden.
    Nicht erfüllt hat die Bundesregierung die Basis dieser vereinbarten Zahlen.

    (Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

    Es fehlt eine verläßliche und gleichbleibende Eingliederungshilfe. Hier ist seit Jahren systematisch gekürzt und gestrichen worden, ob bei der Sprachförderung, den Einrichtungshilfen oder den AFG-Mitteln.
    Wir haben 1992 mit Ihnen die Quote von 200 000 Aussiedlern auf der Basis der damaligen Eingliederungshilfe vereinbart. Sie, meine Damen und Herren von der Regierung und der Koalition, haben diese Vereinbarung gebrochen. Diese Koalition ist ein unzuverlässiger Vertragspartner.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Doch damit nicht genug: Seit drei Jahren kommen immer mehr Menschen nach Deutschland, die sehr geringe oder gar keine Deutschkenntnisse haben. Immer mehr Menschen kommen aus sogenannten binationalen Ehen. Immer mehr Jugendliche kommen nicht aus eigenem Antrieb, sondern unter dem Druck ihrer Eltern. In ihrem Gepäck haben sie Vorbehalte gegen das Leben hier. Die Hoffnung, die für viele der Antrieb zum Kommen war, ist schnell enttäuscht.
    Statt sich den größeren Problemen zu stellen, statt Hilfen auszubauen, wird bei den Eingliederungsleistungen gekürzt. Statt der Verantwortung zu entsprechen, überläßt man die Aussiedler ihrem Schicksal und den finanziell und sozial überlasteten Gemeinden.
    Diese Koalition ist nicht nur ein unzuverlässiger Vertragspartner, sie treibt auch ein gefährliches Spiel mit den Spätaussiedlern. Diese Regierung ist verantwortlich für die zunehmenden sozialen Spannungen im Umfeld der Aussiedlerunterkünfte.
    Es sind doch keine Hirngespinste, sondern Berichte aus unserer Republik, wenn sich der Kollege Günter Graf in einem Notbrief an die Regierung wendet und von den sozialen Spannungen im Zusammenhang mit der hohen Aussiedlerkonzentration in seinem Wahlkreis Cloppenburg/Vechta berichtet, von Spannungen, die den Tatbestand des Landfriedensbruchs erfüllen. „Vierzig junge Aussiedler stürmten das Lokal - Verletzte und Festnahmen", so berichtet die lokale Presse. Sie wissen doch, welche verheerenden Wirkungen solche Schlagzeilen in unseren Zeitungen für den inneren Frieden haben können.
    Zu einer solchen Spätaussiedlerpolitik haben wir 1992 nicht unsere Zustimmung gegeben. Wir wollen keinen neuen sozialen Sprengstoff. Wir wollen keine neuen sozialen Randgruppen. Wir wollen keine Bandenkriege zwischen deutschen und deutsch-russischen Jugendlichen. Wir wollen keine neue „Das Boot ist voll"-Diskussion. Wir wollen nicht, daß der Begriff „Aussiedler" zum Schimpfwort des Jahres 1996 wird.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Hinzu kommen seit einigen Jahren die besonderen Belastungen für einzelne Städte und Regionen in Deutschland, die von einem über die Zuweisung hinausgehenden Zuzug von Aussiedlern betroffen sind. Die Zuweisungsquotierung für die Länder und von dort auf die Gemeinden ist, denke ich, ein richtiger Ansatz. Doch stellen wir fest, daß es gerade in einigen Teilen von Niedersachsen, Baden-Württemberg und auch Rheinland-Pfalz Gemeinden gibt, die einen Spätaussiedleranteil von über 20 Prozent haben. Der Grund liegt auf der Hand: Viele gehen nicht in die ihnen zugewiesenen Orte, sondern fahren lieber dorthin, wo bereits Freunde und Bekannte wohnen, da sie dort eine persönliche Aufnahme haben.
    Die Folgen sind klar: Überlastung nicht nur im Bereich der Sozialhilfe in den bevorzugten Orten, Leerstände und nicht genutzte Maßnahmen und Einrichtungen in den abgelehnten Zuweisungsgebieten.
    Die Probleme sind nicht neu. Schon seit Jahren gibt es Hilferufe der betroffenen Gemeinden an die Regierungen. Sozialorganisationen, Kollegen aus den Landtagen und aus dem Bundestag machen auf die zunehmende Eskalation in den Ballungsgebieten aufmerksam.

    Jochen Welt
    Es darf dem Kollegen Waffenschmidt nicht nur in den Ohren klingeln, wenn der Caritas-Verband in seinem Wahlkreis sogar den Bundespräsidenten um Hilfe bittet.
    Allein der dramatische Anstieg der erwachsenen Aussiedler,
    so der Caritas-Verband für den Oberbergischen Kreis,
    die nach einem Alibideutschkurs von sechs Monaten wegen ihrer Sprachdefizite nicht einmal mehr in der Arbeitslosenstatistik auftreten, sondern in die Sozialhilfe abgleiten und kaum noch wieder herausfinden, spricht eine deutliche Sprache.
    Weiter heißt es in dem Brief an den Bundespräsidenten:
    Bitte setzen Sie sich für diese Menschen ein! Die Jugendlichen werden unsere Zukunft gestalten. Wenn ihnen jetzt nicht geholfen wird, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren, werden diese jungen Leute als Erwachsene die Gesellschaft zerstören. Bitte helfen Sie!
    Diese düsteren Prognosen gibt es seit mehr als einem Jahr. Wir haben im Innenausschuß immer wieder auf die Probleme aufmerksam gemacht.
    Die Lagebilder aus der Praxis hören sich anders an als die schönfärberischen Erklärungen des Innenministeriums. Dort heißt es zum Beispiel in einer Erklärung vom Kollegen Waffenschmidt:
    Das Aussiedleraufnahmegesetz und das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz haben sich inzwischen bewährt.
    Weiter heißt es:
    Die rund 200 000 Aussiedler, die wir jetzt jährlich in der Bundesrepublik aufnehmen, sind mit ihren großen Familien und zahlreichen Kindern ein Gewinn für unser Land.

    (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Sehr wahr! - Günter Graf [Friesoythe] [SPD]: Aber dann seid ihr dafür auch verantwortlich! Dann müßt ihr auch etwas dafür tun!)

    Meine Damen und Herren, die Spätaussiedler und die betroffenen Gemeinden brauchen keine ständigen Liebeserklärungen dieser Regierung, sondern sie brauchen endlich einmal eine praktische Hilfe. Nicht Worte, sondern Taten sind gefragt.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Die Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt haben Gesetzgebungsinitiativen ergriffen. Die Regierung kam erst im September auf den Plan. Sie legte einen Gesetzentwurf vor, der lediglich einen Ausgleich von Sozialhilfeleistungen zwischen den Sozialhilfeträgern mit einem mörderischen Verwaltungsaufwand zum Inhalt hatte. Als wenn es nur um das Geld ginge!
    Wir brauchen keine weiteren Arbeitsbeschaffungsprogramme für unsere Sozialverwaltungen. Die haben ohnehin genug zu tun. Wir brauchen Hilfen für die Aussiedlerballungsräume und eine wirksame Zuwanderungssteuerung.

    (Beifall des Abg. Günter Graf [Friesoythe] [SPD])

    Es mag ja Politiker geben, denen dies genügt. Ich aber denke, dies war nicht ausreichend.
    Dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf, der vor allem unter Druck der betroffenen Länder zustande kam, können wir zustimmen, auch wenn er noch nicht alle unsere Wünsche erfüllt.
    Ziel dieses Gesetzes ist es, daß nur für diejenigen eine Zuweisung wirksam wird, die ihre eigene Existenzsicherung nicht nachweisen können. Ziel ist es weiter, daß die Gewährung von AFG-Mitteln und der volle Sozialhilfeanspruch an den Zuweisungsort gebunden sind. Eine Existenzsicherung nach BSHG bleibt auf jeden Fall gewährleistet. Ausgleichsleistungen zwischen den Zuweisungsgemeinden und den Aufenthaltsgemeinden sollen die Ausnahme bleiben.
    Darüber hinaus muß aber jenseits dieses Gesetzes erreicht werden, daß den besonders gebeutelten Gemeinden für die Vergangenheit ein finanzieller Ausgleich in Aussicht gestellt wird. Diese Überlegung fehlt bislang ganz in den Diskussionen der Koalition. Die Gemeinden haben jetzt die Probleme der Aussiedlerkonzentration. Ihnen muß zumindest durch finanzielle Ausgleichsmaßnahmen geholfen werden.
    Hier ist es zwingend notwendig, im Gespräch zu bleiben und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Dies gilt insbesondere für das Mißverhältnis zwischen der Quotierung und den zur Verfügung gestellten Integrationsmitteln. Dieser eklatante Verstoß gegen das gemeinsame Verhandlungsergebnis von 1992 kann nicht weiter hingenommen werden, Kolleginnen und Kollegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Im Interesse der betroffenen Gemeinden und aus Sorge um die Menschen, die zu uns kommen, werden wir diesem ersten kleinen Schritt zur Lösung eines größer werdenden Problems unsere Zustimmung erteilen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Also doch ein gutes Gesetz! Das finde ich prima! Warum schimpft der denn, wenn es so gut ist?)