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ID1308401200

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    Plenarprotokoll 13/84 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 84. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 Inhalt: Eintritt des Abgeordneten Franz Romer in den Deutschen Bundestag 7377 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Aktuelle Lage der Rentenversicherung in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktion der SPD: Aktuelle Finanzlage der Rentenversicherung (Drucksache 13/3606) 7377 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7377 B, 7389 B, 7390 A Rudolf Dreßler SPD 7385 A, 7389 D Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 7390 A, 7396 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 7392 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 7393 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7394 B, 7397 B Dr. Gisela Babel F.D.P 7397 C Petra Bläss PDS 7400 A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 7401 D, 7404 C Dr. Christa Luft PDS 7403 C Rolf Schwanitz SPD 7405 A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 7405 B Heinz Schemken CDU/CSU 7407 A Rudolf Dreßler SPD 7407 C Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 7408 B Angelika Pfeiffer CDU/CSU 7409 A Ulrike Mascher SPD 7410 A Volker Kauder CDU/CSU 7412 A Ulrike Mascher SPD 7412 B Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (Drucksachen 13/3102, 13/3637) 7413 B Hartmut Koschyk CDU/CSU 7413 B Jochen Welt SPD 7415 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7416 D Dr. Max Stadler F D P. 7417 D Eva Bulling-Schröter PDS 7418 D Dr. Horst Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär 7419 B Günter Graf (Friesoythe) SPD 7420 C Nächste Sitzung 7421 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7423* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (Antrag: Ausweitung des Minenexportmoratoriums der Bundesrepublik Deutschland) Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU 7423* D Anlage 3 Amtliche Mitteilung 7425* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 7377 84. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt für Becker-Inglau, Ingrid SPD 2. 2. 96 Behrendt, Wolfgang SPD 2. 2. 96 * Belle, Meinrad CDU/CSU 2. 2. 96 Blank, Renate CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Böhme (Unna), Ulrich SPD 2. 2. 96 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Faße, Annette SPD 2. 2. 96 Fink, Ulf CDU/CSU 2. 2. 96 Formanski, Norbert SPD 2. 2. 96 Fuchs (Köln), Anke SPD 2. 2. 96 Großmann, Achim SPD 2. 2. 96 Dr. Gysi, Gregor PDS 2. 2. 96 Hauser (Rednitzhem- CDU/CSU 2. 2. 96 bach), Hansgeorg Höfken, Ulrike BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 2. 2. 96 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 2. 2. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 2. 2. 96 Leidinger, Robert SPD 2. 2. 96 Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Dr. Leonhard, Elke SPD 2. 2. 96 Lühr, Uwe F.D.P. 2. 2. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 2. 2. 96 Neumann (Berlin), Kurt SPD 2. 2. 96 Oesinghaus, Günter SPD 2. 2. 96 Poß, Joachim SPD 2. 2. 96 Rachel, Thomas CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 2. 2. 96 Hermann Reschke, Otto SPD 2. 2. 96 Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 2. 2. 96 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 2. 2. 96 Hans Peter Schönberger, Ursula BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Abgeordnete(r) entschuldigt für Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 2. 2. 96 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 2. 2. 96 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 2. 2. 96 Terborg, Margitta SPD 2. 2. 96 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 2. 2. 96 Vogt (Duren), Wolfgang CDU/CSU 2. 2. 96 Wallow, Hans SPD 2. 2. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 2.2.96 Heidemarie Wiefelspütz, Dieter SPD 2. 2. 96 Wohlleben, Verena SPD 2. 2. 96 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 2. 2. 96 Margareta 90/DIE GRÜNEN Wolf (München), Hanna SPD 2. 2. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (Antrag: Ausweitung des Minenexportmoratoriums der Bundesrepublik Deutschland)*) Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU): Im April 1996 findet eine entscheidende Konferenz zur Überprüfung des Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen statt. Die Bundesregierung hat mit ihrer Entscheidung vom 11. Januar, das Exportmoratorium für Antipersonenminen unbegrenzt zu verlängern, dafür ein wichtiges Signal gesetzt - das hoffentlich andere Staaten ermutigt, sich ebenso verantwortungsvoll zu verhalten und das Minenprotokoll der UNO zu verschärfen. CDU/CSU und F.D.P. hatten ein unbefristetes Exportmoratorium vorgeschlagen. Wir sind dem Außenminister Klaus Kinkel für seine entsprechende Initiative im Kabinett dankbar. Die Frage ist, ob der vorliegende Antrag der Grünen einen hilfreichen Beitrag zur bevorstehenden Minenkonferenz leistet. Um es vorwegzunehmen: Er tut es leider nicht. Würde die Bundesregierung dem Wunsch von Bündnis 90/Die Grünen folgen und sich *) Vergleiche 83. Sitzung, Seite 7362 A für ein „Verbot aller Landminen" einsetzen, so würde die Konferenz ohne jeden Zweifel scheitern. Die meisten Staaten lehnen eine Ächtung aller Minen kategorisch ab. Gerade kleine Staaten argumentieren, daß sie z. B. Panzerabwehrminen benötigen, um sich gegen übermächtige Aggressoren zu wehren. Es hat wenig mit Moral und viel mit Selbstgerechtigkeit zu tun, wenn für das reine Gewissen hehre Forderungen erhoben werden, die Frage ihrer Durchsetzbarkeit in der Wirklichkeit aber ausgeklammert wird. Bleiben wir wirklich unschuldig, wenn wir unsere Hände in Unschuld waschen, sich aber um uns herum die Dinge nicht ändern? Wir alle beklagen die Schrecken von mindestens 100 Millionen Landminen auf der Welt, empören uns über die unzähligen Opfer, über verstümmelte Kinder, über unsagbares Leid. Tun Sie von Bündnis 90/ Die Grünen aber nicht so, als seien nur Sie für diese Schrecken sensibel. Worüber wir streiten, das ist die Frage, wie man das durch Minen herbeigeführte Leiden am wirkungsvollsten einschränken kann. Mit Maximalforderungen, die niemand auf der Welt mitmacht, unserer Meinung nach nicht. Wir sind Verantwortungs-, nicht Gesinnungsethiker! Es ist doch wahrlich nicht die Bundesregierung, an der der erste Anlauf der Überprüfungskonferenz im Oktober vergangenen Jahres gescheitert ist! Im Gegenteil: Wir Deutschen nehmen eine weithin anerkannte Vorreiterrolle ein. Warum sagen Sie das nicht in dieser Debatte? Warum erwecken Sie vielmehr den Eindruck, als seien Regierung und CDU/CSU zumindest indirekt irgendwie für die Minenopfer auf der Welt mitverantwortlich? In Wahrheit sind es aber nicht wir in Deutschland, die an dem tausendfachen Leid die Schuld tragen, sondern diejenigen, die sich bis heute weigern, humanitäre Mindeststandards einzuhalten. Blicken wir auf die Überprüfungskonferenz von Oktober 1995. Weshalb gab es keine Ergebnisse? Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Geltung des Minenprotokolls in innerstaatlichen bewaffneten Konflikten. Die Wirklichkeit in Wien: Die Konferenz konnte sich zwar auf eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Minenprotokolls auch auf nicht internationale Konflikte einigen. Allerdings bestanden Mexiko, China, Pakistan und Indien auf salvatorischen Klauseln zur Souveränität, zur Nichteinmischung und zum Status von Aufständischen. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Schaffung eines wirksamen Überprüfungsmechanismus zur Abschreckung und Ahndung von Verstößen gegen das Minenprotokoll. Die Wirklichkeit: Mexiko, China, Indien und Pakistan lehnten ein Verifikationsregime strikt ab. Selbst ein vom Vorsitzenden der Konferenz, Botschafter Molander (Schweden), erarbeiteter Vorschlag für einen Konsultationsmechanismus fand keinen Konsens. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Verbot des Einsatzes aller Landminen, die nicht mit herkömmlichem Minensuchgerät aufzuspüren sind. Die Wirklichkeit: China und Indien konnten einer Detektierbarkeitsverpflichtung auf der Basis des von uns vorgeschlagenen Mindeststandards (elektromagnetisches Antwortsignal, das einem Metallobjekt von 8 Gramm Eisen entspricht) nur ohne Festlegung einer Frist zur Einhaltung der Verpflichtung zustimmen. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Besondere Einsatzbeschränkungen und -verbote für Landminen, die sich nach einer bestimmten Frist nicht selbst zerstören. Die Wirklichkeit: Rußland und China stellten durch Ablehnung strenger Standards für Selbstzerstörungsmechanismen (30 Tage maximale Wirkzeit, zusätzlicher Sicherungsmechanismus mit 120 Tagen maximaler Wirkzeit, Zuverlässigkeit beider Mechanismen zusammen mindestens 99,99 Prozent) die auf den vorbereitenden Genfer Expertengruppensitzungen erzielte Einigung zu Einsatzbeschränkungen für handverlegte Antipersonenminen und fernverlegte Minen wieder grundsätzlich in Frage. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Exportbeschränkungen und -verbote für Landminen. Die Wirklichkeit: Ein Verbot des Transfers solcher Minen, deren Einsatz verboten ist, wurde zwar von allen Vertragsstaaten akzeptiert. Da China und Indien jedoch ein Verbot des Einsatzes nicht detektierbarer Minen ablehnen, war dieser Konsens in der Substanz fast gegenstandslos. Er betraf ausschließlich fernverlegte Antipersonenminen ohne Selbstzerstörungs- oder Selbstneutralisierungsmechanismus, wobei die technischen Standards für diese Mechanismen weiterhin umstritten blieben. Also: Es sind doch nicht Kohl oder Kinkel, auch nicht CDU/CSU und F.D.P., die Sie an den Pranger stellen sollten, sondern Länder, die zum größten Teil die billigsten und brutalsten Minen herstellen, einsetzen und verkaufen! Und weiter: Warum wird von der Opposition - bei aller legitimen Kritik - nicht auch einmal betont, daß es auch ein Erfolg der deutschen Politik und Diplomatie war, daß in Wien ein Protokoll gegen den Einsatz und die Weitergabe von Laserwaffen beschlossen wurde, die darauf gerichtet sind, Erblindungen herbeizuführen? Warum wird nur verschämt - wenn überhaupt - hervorgehoben, daß die Mittel für Minenräumung 1996 von drei auf dreizehn Millionen DM angehoben wurden - übrigens ein Erfolg einer überparteilichen Zusammenarbeit von Koalition und SPD? Und schließlich wird nicht oder kaum erwähnt, daß Deutschland ständig dabei ist, seine Minenbestände durch Verschrottung zu reduzieren, bis Ende 1996 um 75 Prozent der früheren Bestände! Weit über eine Million Antipersonenminen sind vernichtet worden! Andere sollten das nachmachen! Es gilt, was der Bundestag am 29. Juni 1995 mit großer Mehrheit beschlossen hat: Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für ein weltweites Entwicklungs-, Produktions-, Export- und Einsatzverbot von Antipersonenminen und Sprengfallen einzusetzen. Außenminister Kinkel hat vor diesem Hintergrund die Vernichtung aller Antipersonenminen in Deutschland angeregt und die Staatengemeinschaft aufgefordert, „die Anschaffung von Antipersonen- minen einzustellen und die hierdurch freigesetzten Mittel für Minenräumungsarbeiten einzusetzen." Daß auch Antipersonenminen einen militärischen Nutzen haben, den zum Beispiel ein Land wie Finnland im Blick auf seine Grenze zu Rußland immer wieder herausstellt, ist unabweisbar. Mit Minengürteln kann man potentielle Gegner abschrecken und das eigene Gebiet gegen Angreifer verteidigen. Aber der militärische Nutzen solcher Minen muß gegen die humanitären Kosten abgewogen werden. Wir hoffen, daß auch andere Länder mit uns an dem Ziel arbeiten, Antipersonenminen vollständig zu ächten. In der Tat, daran muß man arbeiten, die Proklamation allein reicht nicht. Anlage 3 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Rechtsausschuß Drucksachen 12/7073, 13/725 Nr. 34 Drucksachen 12/7078, 13/725 Nr. 35 Drucksachen 12/7511, 13/725 Nr. 38 Finanzausschuß Drucksache 13/2674 Nr. 2.5 Drucksache 13/2674 Nr. 2.11 Drucksache 13/2674 Nr. 2.13 Drucksache 13/2988 Nr. 1.13 Drucksache 13/3117 Nr. 2.5 Drucksache 13/3117 Nr. 2.6 Drucksache 13/3117 Nr. 2.19 Drucksache 13/3117 Nr. 2.20 Drucksache 13/3117 Nr. 2.22 Drucksache 13/3182 Nr. 1.4 Haushaltsausschuß Drucksache 13/2306 Nr. 2.50 Drucksache 13/2674 Nr. 2.15 Drucksache 13/2988 Nr. 1.16 Drucksache 13/2988 Nr. 1.18 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2988 Nr. 1.17 Drucksache 13/2988 Nr. 1.23 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksachen 13/7804, 13/725 Nr. 143 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/725 Nr. 149 Drucksache 13/725 Nr. 154 Drucksache 13/2426 Nr. 1.3 Drucksache 13/2426 Nr. 1.5 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/2988 Nr. 1.19 Drucksache 13/2988 Nr. 1.20 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/1614 Nr. 1.2 Drucksache 13/2306 Nr. 1.5 Drucksache 13/2306 Nr. 1.8 Drucksache 13/2306 Nr. 1.14 Drucksache 13/2306 Nr. 1.15 Drucksache 13/2306 Nr. 2.91 Drucksache 13/2674 Nr. 1.3 Drucksache 13/2674 Nr. 1.4 Drucksache 13/2988 Nr. 1.1
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    Rede von Dr. Heiner Geißler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin am letzten Sonntag nach einer Feier der ChristlichDemokratischen Union in Bad Bergzabern zum 50jährigen Bestehen der CDU zu meinem Auto gegangen. Dann kam ein älterer Mann, Mitglied der CDU, den ich kannte, zu mir. Er war früher Arbeiter bei Gummi-Meyer in der Schreinerwerkstatt. Er hatte eine an diesem Sonntag erschienene Boulevardzeitung in der Hand und fragte mich wegen der Schlagzeile: Herr Geißler, jetzt habe ich 42 Jahre gearbeitet und immer ungefähr durchschnittlich verdient. Wird mir jetzt nach 42 Jahren die Rente gekürzt, und ist der Bundesarbeitsminister Norbert Blüm ein Betrüger?

    (Zuruf von der SPD: Jawohl!)

    Daraufhin habe ich ihm gesagt: Ich bin, seit ich in der Politik tätig bin, auch in der Zeit, als ich Generalsekretär war, immer eng verbunden gewesen mit der Sozialpolitik. Die meisten im Saal wissen das. Ich war 13 Jahre Sozialminister. Ich kann es beurteilen, und ich weiß, was ich sage. Ich habe zu dem Mann gesagt: Sie brauchen keine Angst zu haben, weder davor, daß Ihre Rente gekürzt wird, noch davor, daß überhaupt an der Auszahlung der Rente gerührt wird, die Sie sich in Ihrem langen Arbeitsleben erarbeitet haben. Und dies ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Genau so!)

    Es sitzen ja ältere Leute heute vormittag vor dem Fernseher und können Gott sei Dank an dem teilhaben, was wir miteinander bereden. Herr Dreßler, das, was Sie gesagt haben, stimmt insoweit nicht, als Sie offenbar das Zahlenwerk, das der Bundesarbeitsminister in seiner Regierungserklärung vorgelegt hat, nicht zur Kenntnis genommen haben.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: Wir reden über die Konsequenzen!)

    Nun mag es sein, daß 25 Minuten kurz sind, wenn man sich selber auf eine Rede vorbereitet. Ich will das überhaupt nicht bestreiten. Aber er hat es hier gesagt.
    Selbst wenn man das problematisiert - man kann die Schwankungsreserve, die Fremdrenten und auch versicherungsfremde Leistungen, alles, was hier in diesem Zusammenhang gesagt wird, zur Diskussion stellen, und wir müssen auch darüber reden -, wissen Sie ganz genau: Selbst wenn die Schwankungsreserve drunter oder ein bißchen drüber ist - mit der Sicherheit der Renten

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    der Leute, die mir an jenem Sonntag begegnet sind, und der Rentnerinnen und Rentner, die jetzt zuhören, haben Ihre Zahlenspiele nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Damit die Leute jetzt wirklich wissen, was los ist, fegen wir das alles einmal weg, und ich sage das, was einer derjenigen, die es ja wissen müssen, nämlich einer der für die Rentenversicherung Verantwortlichen, der Erste Direktor des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, vor wenigen Tagen kurz und bündig auf die Frage im ZDF-„Morgenmagazin" „Sind die Renten in Ost und West sicher?" gesagt hat:
    Die Renten sind sicher. Es gibt zur gesetzlichen Rentenversicherung keine Alternative. Die Gegenmodelle, die vorgetragen werden, etwa die Grundrente, sind weder in sich schlüssig noch rechtlich und sozialpolitisch machbar noch politisch mehrheitsfähig.
    Die Renten sind sicher. Das beinhaltet natürlich, daß wir ständig an Reformen arbeiten müssen. Aber es ist ein Unterschied, ob ich wegen akuter Probleme, die begründbar sind und auf die wir noch zu sprechen kommen werden, eine Diskussion zum Beispiel über Schwankungsreserve, Vorruhestand, mißbräuchlich angewendete Frühverrentung habe - das ist ein Kapitel - oder ob es um die andere, zentrale Frage geht - das empfinden doch die Leute bei unserer Diskussion -: ob sie in der Tat Angst um ihre Renten haben müssen.
    Ich füge noch etwas hinzu, weil das auch gestern eine Rolle gespielt hat. Wir haben in Europa unterschiedliche Rentensysteme. Wir haben zum Beispiel auch Rentensysteme wie in dem sonst gepriesenen und durchaus positiv zu bewertenden Holland, das aber eben nicht unser beitragsbezogenes, leistungsbezogenes Rentensystem hat. Das gilt auch für Schweden. Diese Länder reformieren völlig zu Recht ihr Sozialsystem. Sie ändern ihr Rentensystem, das sozusagen Versorgungscharakter hat, und steigen jetzt auf die leistungsbezogene Rente um. Deswegen sage ich noch einmal: Wir haben überhaupt keinen Grund, von diesem erfolgreichsten Alterssicherungsmodell aller Industrieländer in der Welt abzukehren, wenn andere inzwischen von ihrem falschen Modell umsteigen und unseres übernehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Dr. Heiner Geißler
    Kein vernünftiger Mensch würde eine erfolgreiche Alterssicherung, wie wir sie haben, in dieser Form in Frage stellen, wie es geschehen ist.

    (Otto Schily [SPD]: Wer macht das denn? Niemand!)

    Wenn mich der Mann fünf Tage später gefragt hätte oder wenn ich ihm am nächsten Sonntag begegnet wäre, hätte er mir wahrscheinlich noch ganz andere Fragen gestellt. Denn dann hätte er nicht nur die Sache aus der Boulevardzeitung zur Kenntnis genommen. Vielmehr hätte er auch Aussagen aus diesem Industrieverband und aus jenem, von jener Großbank und einer anderen Bank gelesen, die immer in dasselbe Horn stoßen: Die Renten seien unsicher. Wenn man dann nachfragt, auch öffentlich, dann heißt es immer - ich könnte es zitieren -: So war das nicht gemeint; oder: Da bin ich mißverstanden worden. Das alles müssen wir immer wieder von diesen Leuten hören, wenn es wirklich zur sachlichen Diskussion kommt.
    Aber es sind ja nicht die Leute, die aus unterschiedlichen Gründen ein Interesse daran haben. Daß ein Rentenversicherungssystem mit einem Volumen von mehr als 300 Milliarden DM auch für internationale Finanzmärkte, für internationale Versicherungskonzerne ein interessantes Finanzpotential ist, kann ich verstehen. Die Diskussion kann man auch führen. Wenn diese Leute sie führen, muß man das akzeptieren, und dann kann man es sachlich widerlegen.
    Jetzt frage ich aber einmal die Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei: Was soll man eigentlich von Ihren Äußerungen halten, die sich nahtlos an das anschließen, was wir in den letzten fünf oder sechs Monaten von der Boulevardzeitung bis zum Versicherungskonzern gehört haben? Daß das nichts mehr mit der Sorge um die Rentnerinnen und Rentner zu tun hat, sondern primitiver Wahlkampf ist,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    kann ich Ihnen an einem einzigen Beispiel sagen, das mich wirklich erregt:
    In Rheinland-Pfalz - das sollte jeder wissen - klebt die Sozialdemokratische Partei Plakate, auf denen steht: „Die CDU redet so lange über die Renten, bis sie kaputt sind."

    (Zurufe von der CDU/CSU: Pfui!)

    Herr Dreßler, ich habe die Debatten von Mitte 1976 nachgelesen. Walter Arendt, Arbeits- und Sozialminister von 1969 bis 1976, war wirklich einer der großen Sozialpolitiker. Ich war damals lange Zeit Vorsitzender der Arbeitsministerkonferenz der Länder und habe dadurch Kontakte mit ihm gehabt. Wir haben zu der Zeit auch Debatten über die Renten geführt. Lesen Sie bitte einmal die Debatten nach, die Mitte der 70er Jahre geführt worden sind.
    Damals ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen. Bundeskanzler Helmut Schmidt hat darunter gelitten, und Walter Arendt hat daraus nachher die Konsequenz ziehen müssen. Walter Arendt hat in
    der Tat die Rentner verunsichert, indem er gesagt hat: Die Renten werden erhöht. Dann haben Sie - ich weiß nicht, wie oft - die Anpassung verschoben, und man hat die Rentenerhöhung staatlich festgesetzt und vieles andere mehr. Das wissen Sie alles ganz genau.
    Ich will jetzt gar nicht von Frau Fischer reden, die auch von Rentenkürzung spricht. Ich will auch nicht von Frau Schüller reden, die die Jugend gegen das Alter ausspielt. Lassen wir das; das ist alles debattiert worden.
    Ich zitiere jetzt, was Sie, Herr Dreßler, heute morgen gesagt haben, nicht in den letzten Tagen, sondern heute morgen angesichts der unbestreitbaren Situation, daß die Renten nicht gefährdet sind und daß bei allen Problemen, die Sie genannt haben und die auch Norbert Blüm genannt hat - er hat die Zahlen auf den Tisch gelegt, über die wir reden müssen -, kein Rentner auf die ihm zustehende Rente verzichten muß. Sie haben gesagt: Ausplünderung - den Begriff haben Sie heute morgen verwendet -, Scherbenhaufen, Diebstahl; die Rentenversicherung sei auf der Intensivstation. Das bedeutet ja wohl, daß sie offenbar unmittelbar vor dem Verenden ist. Lieber Herr Dreßler, was glauben Sie denn, was Sie mit solchen Ausführungen angesichts der objektiven Lage, die Sie selber bestätigen müssen, in den Köpfen und in den Herzen von Millionen von alten Leuten anrichten?

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das ist doch eine Katastrophe!
    Egon Friedell, einer der großen Journalisten, hat einmal gesagt: Aus einem Waschlappen kann man keine Funken schlagen. Aber man kann es doch. „Fiction finding" statt „Fact finding" passiert hier. Es wird etwas erfunden aus parteipolitischen Gründen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Widerspruch bei der SPD)

    Ich halte das für eine Katastrophe, für eine absolute Katastrophe.
    Als ich Generalsekretär war, ist etwas Schlimmes passiert. Tschernobyl ist in die Luft gegangen. Es gab große Diskussionen über dieses schlimme Ereignis. Eine Boulevardzeitung hat damals die Überschrift gebracht: „Auch in Deutschland: Vögel fallen tot vom Himmel" . Auf eine Anfrage von mir, wo denn welche heruntergefallen seien, antwortete der für diese Schlagzeile verantwortliche Redakteur: Herr Geißler, weisen Sie mal nach, daß keine vom Himmel gefallen sind! So läuft die Diskussion über die Renten zur Zeit ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Dr. Geißler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Urbaniak?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heiner Geißler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Gleich. Erst will ich noch die Conclusio ziehen.

    Dr. Heiner Geißler
    Der Auflagen- und Einschaltquotenjounalismus steht nämlich auch Pate für solche Schlagzeilen und Ausführungen; das muß man wissen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das folgende sage ich jetzt einmal allen, die heute am Fernseher dabei sind oder es in der Zeitung lesen - Herr Scharping ist gerade nicht da, aber Herr Dreßler; er ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender -: Dies ist ein Parlament. Hier reden wir miteinander. Vielleicht sagen Sie einmal Ihrem Kollegen, daß er Zeitungen mit Schlagzeilen dieser Art,

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ja! Schäbig!)

    damit sie über das Fernsehen verbreitet werden können, nicht von der zweiten Reihe dieses Parlamentes aus hochhalten sollte. Das ist eine Schande für unser Parlament, wenn Sie glauben, Sie könnten mit Postern Politik machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Das macht der Haider auch! Das ist die Methode Haider!)

    Außerdem ist auch diese Schlagzeile falsch.

    (Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    - Jetzt melden sich schon zwei. Gleich.
    Alles, was in diesem Zusammenhang von Agenturen - ich habe heute morgen auch wieder ein Beispiel dafür gesehen - und auch von Zeitungen verbreitet wird, die natürlich auf Auflagen angewiesen sind, muß unter dem Gesichtspunkt bewertet werden, daß die Medien ein Interesse daran haben, daß etwas Reißerisches in der Schlagzeile steht. Die Frage, über die der Redakteur dann zu entscheiden hat, ist ja nicht: Sind die Rentner verunsichert? Oder: Wie geht es denen? Vielmehr hat er die Auflage im Kopf. Deswegen finde ich, daß wir das kritisieren müssen. Wir dürfen allerdings auch nicht einem leider immer mehr um sich greifenden Auflagen- und Quotenjournalismus durch eine sich immer mehr steigernde Verantwortungslosigkeit im Gebrauch der politischen Sprache entsprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aristoteles hat einmal gesagt: Nicht die Taten bewegen die Menschen, sondern die Worte über die Taten. 300 Jahre später hat ein großer griechischer Philosoph dasselbe gesagt, nur negativ ausgedrückt: Nicht die Dinge verwirren die Menschen, sondern die Worte und die Ansichten über die Dinge. Diese Erkenntnis sollten wir als verantwortliche Politiker beachten und sollten nicht das nachmachen, was in Boulevardzeitungen an Schlagzeilen produziert wird, um Auflagen zu erhöhen.
    Wenn Sie glauben, Sie könnten dadurch Stimmen gewinnen, dann täuschen Sie sich ganz gewaltig.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wollen Sie die Zwischenfragen zulassen oder nicht?)

    Wenn Sie wollen, können Sie vielleicht den Arbeitsminister beschädigen; Sie können auch den Versuch
    unternehmen, die CDU zu beschädigen. Aber wenn Sie das auf dem Rücken der Rentnerinnen und Rentner machen, dann ziehen Sie sich selber in den Abgrund, weil Sie die Demokratie beschädigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)