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    Plenarprotokoll 13/84 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 84. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 Inhalt: Eintritt des Abgeordneten Franz Romer in den Deutschen Bundestag 7377 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Aktuelle Lage der Rentenversicherung in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktion der SPD: Aktuelle Finanzlage der Rentenversicherung (Drucksache 13/3606) 7377 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 7377 B, 7389 B, 7390 A Rudolf Dreßler SPD 7385 A, 7389 D Dr. Heiner Geißler CDU/CSU 7390 A, 7396 D Hans-Eberhard Urbaniak SPD 7392 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 7393 B Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7394 B, 7397 B Dr. Gisela Babel F.D.P 7397 C Petra Bläss PDS 7400 A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 7401 D, 7404 C Dr. Christa Luft PDS 7403 C Rolf Schwanitz SPD 7405 A Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 7405 B Heinz Schemken CDU/CSU 7407 A Rudolf Dreßler SPD 7407 C Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 7408 B Angelika Pfeiffer CDU/CSU 7409 A Ulrike Mascher SPD 7410 A Volker Kauder CDU/CSU 7412 A Ulrike Mascher SPD 7412 B Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler (Drucksachen 13/3102, 13/3637) 7413 B Hartmut Koschyk CDU/CSU 7413 B Jochen Welt SPD 7415 A Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7416 D Dr. Max Stadler F D P. 7417 D Eva Bulling-Schröter PDS 7418 D Dr. Horst Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär 7419 B Günter Graf (Friesoythe) SPD 7420 C Nächste Sitzung 7421 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 7423* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (Antrag: Ausweitung des Minenexportmoratoriums der Bundesrepublik Deutschland) Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU 7423* D Anlage 3 Amtliche Mitteilung 7425* A Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 7377 84. Sitzung Bonn, Freitag, den 2. Februar 1996 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt für Becker-Inglau, Ingrid SPD 2. 2. 96 Behrendt, Wolfgang SPD 2. 2. 96 * Belle, Meinrad CDU/CSU 2. 2. 96 Blank, Renate CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Böhme (Unna), Ulrich SPD 2. 2. 96 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Faße, Annette SPD 2. 2. 96 Fink, Ulf CDU/CSU 2. 2. 96 Formanski, Norbert SPD 2. 2. 96 Fuchs (Köln), Anke SPD 2. 2. 96 Großmann, Achim SPD 2. 2. 96 Dr. Gysi, Gregor PDS 2. 2. 96 Hauser (Rednitzhem- CDU/CSU 2. 2. 96 bach), Hansgeorg Höfken, Ulrike BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 2. 2. 96 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 2. 2. 96 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 2. 2. 96 Leidinger, Robert SPD 2. 2. 96 Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Dr. Leonhard, Elke SPD 2. 2. 96 Lühr, Uwe F.D.P. 2. 2. 96 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 2. 2. 96 Neumann (Berlin), Kurt SPD 2. 2. 96 Oesinghaus, Günter SPD 2. 2. 96 Poß, Joachim SPD 2. 2. 96 Rachel, Thomas CDU/CSU 2. 2. 96 Dr. Rappe (Hildesheim), SPD 2. 2. 96 Hermann Reschke, Otto SPD 2. 2. 96 Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 2. 2. 96 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 2. 2. 96 Hans Peter Schönberger, Ursula BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Abgeordnete(r) entschuldigt für Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 2. 2. 96 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 2. 2. 96 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 2. 2. 96 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 2. 2. 96 Terborg, Margitta SPD 2. 2. 96 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 2. 2. 96 Vogt (Duren), Wolfgang CDU/CSU 2. 2. 96 Wallow, Hans SPD 2. 2. 96 Wieczorek-Zeul, SPD 2.2.96 Heidemarie Wiefelspütz, Dieter SPD 2. 2. 96 Wohlleben, Verena SPD 2. 2. 96 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 2. 2. 96 Margareta 90/DIE GRÜNEN Wolf (München), Hanna SPD 2. 2. 96 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 11 (Antrag: Ausweitung des Minenexportmoratoriums der Bundesrepublik Deutschland)*) Dr. Friedbert Pflüger (CDU/CSU): Im April 1996 findet eine entscheidende Konferenz zur Überprüfung des Waffenübereinkommens der Vereinten Nationen statt. Die Bundesregierung hat mit ihrer Entscheidung vom 11. Januar, das Exportmoratorium für Antipersonenminen unbegrenzt zu verlängern, dafür ein wichtiges Signal gesetzt - das hoffentlich andere Staaten ermutigt, sich ebenso verantwortungsvoll zu verhalten und das Minenprotokoll der UNO zu verschärfen. CDU/CSU und F.D.P. hatten ein unbefristetes Exportmoratorium vorgeschlagen. Wir sind dem Außenminister Klaus Kinkel für seine entsprechende Initiative im Kabinett dankbar. Die Frage ist, ob der vorliegende Antrag der Grünen einen hilfreichen Beitrag zur bevorstehenden Minenkonferenz leistet. Um es vorwegzunehmen: Er tut es leider nicht. Würde die Bundesregierung dem Wunsch von Bündnis 90/Die Grünen folgen und sich *) Vergleiche 83. Sitzung, Seite 7362 A für ein „Verbot aller Landminen" einsetzen, so würde die Konferenz ohne jeden Zweifel scheitern. Die meisten Staaten lehnen eine Ächtung aller Minen kategorisch ab. Gerade kleine Staaten argumentieren, daß sie z. B. Panzerabwehrminen benötigen, um sich gegen übermächtige Aggressoren zu wehren. Es hat wenig mit Moral und viel mit Selbstgerechtigkeit zu tun, wenn für das reine Gewissen hehre Forderungen erhoben werden, die Frage ihrer Durchsetzbarkeit in der Wirklichkeit aber ausgeklammert wird. Bleiben wir wirklich unschuldig, wenn wir unsere Hände in Unschuld waschen, sich aber um uns herum die Dinge nicht ändern? Wir alle beklagen die Schrecken von mindestens 100 Millionen Landminen auf der Welt, empören uns über die unzähligen Opfer, über verstümmelte Kinder, über unsagbares Leid. Tun Sie von Bündnis 90/ Die Grünen aber nicht so, als seien nur Sie für diese Schrecken sensibel. Worüber wir streiten, das ist die Frage, wie man das durch Minen herbeigeführte Leiden am wirkungsvollsten einschränken kann. Mit Maximalforderungen, die niemand auf der Welt mitmacht, unserer Meinung nach nicht. Wir sind Verantwortungs-, nicht Gesinnungsethiker! Es ist doch wahrlich nicht die Bundesregierung, an der der erste Anlauf der Überprüfungskonferenz im Oktober vergangenen Jahres gescheitert ist! Im Gegenteil: Wir Deutschen nehmen eine weithin anerkannte Vorreiterrolle ein. Warum sagen Sie das nicht in dieser Debatte? Warum erwecken Sie vielmehr den Eindruck, als seien Regierung und CDU/CSU zumindest indirekt irgendwie für die Minenopfer auf der Welt mitverantwortlich? In Wahrheit sind es aber nicht wir in Deutschland, die an dem tausendfachen Leid die Schuld tragen, sondern diejenigen, die sich bis heute weigern, humanitäre Mindeststandards einzuhalten. Blicken wir auf die Überprüfungskonferenz von Oktober 1995. Weshalb gab es keine Ergebnisse? Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Geltung des Minenprotokolls in innerstaatlichen bewaffneten Konflikten. Die Wirklichkeit in Wien: Die Konferenz konnte sich zwar auf eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Minenprotokolls auch auf nicht internationale Konflikte einigen. Allerdings bestanden Mexiko, China, Pakistan und Indien auf salvatorischen Klauseln zur Souveränität, zur Nichteinmischung und zum Status von Aufständischen. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Schaffung eines wirksamen Überprüfungsmechanismus zur Abschreckung und Ahndung von Verstößen gegen das Minenprotokoll. Die Wirklichkeit: Mexiko, China, Indien und Pakistan lehnten ein Verifikationsregime strikt ab. Selbst ein vom Vorsitzenden der Konferenz, Botschafter Molander (Schweden), erarbeiteter Vorschlag für einen Konsultationsmechanismus fand keinen Konsens. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Verbot des Einsatzes aller Landminen, die nicht mit herkömmlichem Minensuchgerät aufzuspüren sind. Die Wirklichkeit: China und Indien konnten einer Detektierbarkeitsverpflichtung auf der Basis des von uns vorgeschlagenen Mindeststandards (elektromagnetisches Antwortsignal, das einem Metallobjekt von 8 Gramm Eisen entspricht) nur ohne Festlegung einer Frist zur Einhaltung der Verpflichtung zustimmen. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Besondere Einsatzbeschränkungen und -verbote für Landminen, die sich nach einer bestimmten Frist nicht selbst zerstören. Die Wirklichkeit: Rußland und China stellten durch Ablehnung strenger Standards für Selbstzerstörungsmechanismen (30 Tage maximale Wirkzeit, zusätzlicher Sicherungsmechanismus mit 120 Tagen maximaler Wirkzeit, Zuverlässigkeit beider Mechanismen zusammen mindestens 99,99 Prozent) die auf den vorbereitenden Genfer Expertengruppensitzungen erzielte Einigung zu Einsatzbeschränkungen für handverlegte Antipersonenminen und fernverlegte Minen wieder grundsätzlich in Frage. Das Verhandlungsziel der Bundesregierung hieß: Exportbeschränkungen und -verbote für Landminen. Die Wirklichkeit: Ein Verbot des Transfers solcher Minen, deren Einsatz verboten ist, wurde zwar von allen Vertragsstaaten akzeptiert. Da China und Indien jedoch ein Verbot des Einsatzes nicht detektierbarer Minen ablehnen, war dieser Konsens in der Substanz fast gegenstandslos. Er betraf ausschließlich fernverlegte Antipersonenminen ohne Selbstzerstörungs- oder Selbstneutralisierungsmechanismus, wobei die technischen Standards für diese Mechanismen weiterhin umstritten blieben. Also: Es sind doch nicht Kohl oder Kinkel, auch nicht CDU/CSU und F.D.P., die Sie an den Pranger stellen sollten, sondern Länder, die zum größten Teil die billigsten und brutalsten Minen herstellen, einsetzen und verkaufen! Und weiter: Warum wird von der Opposition - bei aller legitimen Kritik - nicht auch einmal betont, daß es auch ein Erfolg der deutschen Politik und Diplomatie war, daß in Wien ein Protokoll gegen den Einsatz und die Weitergabe von Laserwaffen beschlossen wurde, die darauf gerichtet sind, Erblindungen herbeizuführen? Warum wird nur verschämt - wenn überhaupt - hervorgehoben, daß die Mittel für Minenräumung 1996 von drei auf dreizehn Millionen DM angehoben wurden - übrigens ein Erfolg einer überparteilichen Zusammenarbeit von Koalition und SPD? Und schließlich wird nicht oder kaum erwähnt, daß Deutschland ständig dabei ist, seine Minenbestände durch Verschrottung zu reduzieren, bis Ende 1996 um 75 Prozent der früheren Bestände! Weit über eine Million Antipersonenminen sind vernichtet worden! Andere sollten das nachmachen! Es gilt, was der Bundestag am 29. Juni 1995 mit großer Mehrheit beschlossen hat: Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für ein weltweites Entwicklungs-, Produktions-, Export- und Einsatzverbot von Antipersonenminen und Sprengfallen einzusetzen. Außenminister Kinkel hat vor diesem Hintergrund die Vernichtung aller Antipersonenminen in Deutschland angeregt und die Staatengemeinschaft aufgefordert, „die Anschaffung von Antipersonen- minen einzustellen und die hierdurch freigesetzten Mittel für Minenräumungsarbeiten einzusetzen." Daß auch Antipersonenminen einen militärischen Nutzen haben, den zum Beispiel ein Land wie Finnland im Blick auf seine Grenze zu Rußland immer wieder herausstellt, ist unabweisbar. Mit Minengürteln kann man potentielle Gegner abschrecken und das eigene Gebiet gegen Angreifer verteidigen. Aber der militärische Nutzen solcher Minen muß gegen die humanitären Kosten abgewogen werden. Wir hoffen, daß auch andere Länder mit uns an dem Ziel arbeiten, Antipersonenminen vollständig zu ächten. In der Tat, daran muß man arbeiten, die Proklamation allein reicht nicht. Anlage 3 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Rechtsausschuß Drucksachen 12/7073, 13/725 Nr. 34 Drucksachen 12/7078, 13/725 Nr. 35 Drucksachen 12/7511, 13/725 Nr. 38 Finanzausschuß Drucksache 13/2674 Nr. 2.5 Drucksache 13/2674 Nr. 2.11 Drucksache 13/2674 Nr. 2.13 Drucksache 13/2988 Nr. 1.13 Drucksache 13/3117 Nr. 2.5 Drucksache 13/3117 Nr. 2.6 Drucksache 13/3117 Nr. 2.19 Drucksache 13/3117 Nr. 2.20 Drucksache 13/3117 Nr. 2.22 Drucksache 13/3182 Nr. 1.4 Haushaltsausschuß Drucksache 13/2306 Nr. 2.50 Drucksache 13/2674 Nr. 2.15 Drucksache 13/2988 Nr. 1.16 Drucksache 13/2988 Nr. 1.18 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/2988 Nr. 1.17 Drucksache 13/2988 Nr. 1.23 Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksachen 13/7804, 13/725 Nr. 143 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 13/725 Nr. 149 Drucksache 13/725 Nr. 154 Drucksache 13/2426 Nr. 1.3 Drucksache 13/2426 Nr. 1.5 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/2988 Nr. 1.19 Drucksache 13/2988 Nr. 1.20 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/1614 Nr. 1.2 Drucksache 13/2306 Nr. 1.5 Drucksache 13/2306 Nr. 1.8 Drucksache 13/2306 Nr. 1.14 Drucksache 13/2306 Nr. 1.15 Drucksache 13/2306 Nr. 2.91 Drucksache 13/2674 Nr. 1.3 Drucksache 13/2674 Nr. 1.4 Drucksache 13/2988 Nr. 1.1
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    Rede von Rudolf Dreßler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Tagesordnungspunkt, der uns heute morgen zusammengeführt hat, lautet „Regierungserklärung zur aktuellen Lage der Rentenversicherung". Der dafür verantwortliche federführende Minister hat es fertiggebracht, in den 47 Minuten, die er für die Abgabe der Erklärung benötigt hat, diesem Parlament nicht in einem einzigen Satz diese Lage zu erläutern. Nicht in einem einzigen Satz!

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS Zuruf von der CDU/CSU: Wo waren Sie denn?)

    Weil das so ist, meine Damen und Herren, wird die sozialdemokratische Bundestagsfraktion jetzt diese Rolle übernehmen müssen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wo waren Sie denn?)

    Möglicherweise werden Sie sich noch bei manchen Stellen, an denen Sie soeben Beifall geklatscht haben, weil es Ihnen so viel Freude gemacht hat, überlegen müssen, wie Sie sich denn in den nächsten Tagen und Wochen mit den gleichen feuilletonistischen Unterhaltsamkeiten Ihres Sozialministers auseinandersetzen, die Sie eben in diesen 47 Minuten für opportun gehalten haben.
    Jeder, der sich in diesem Parlament mit Rentenpolitik zu befassen hat, kann sich an den 9. November 1989 erinnern. Damals fiel nicht nur die Mauer in Berlin, und damals begann nicht nur die deutsche Einheit. Am gleichen Tag wurde in diesem Hause die Rentenreform 1992 beschlossen.
    Ich habe bei dieser Gelegenheit für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unter anderem folgendes gesagt - ich zitiere -:
    Wir schaffen die gesetzlichen Grundlagen ... für einen Regelmechanismus zur sozial ausgewogenen Lastenverteilung. Ob er in der politischen Praxis funktionieren wird, hängt davon ab, inwieweit die an diesem Reformgesetz beteiligten Parteien der Versuchung widerstehen werden, das Erreichte wieder zu zerreden.

    (Lachen bei der CDU/CSU Zuruf von der SPD: Zuhören!)

    Die Reform, die jetzt beschlossen wird, hält so lange und schafft so lange Sicherheit, wie der politische Konsens in den Eckwerten bestehenbleibt.
    Ich zitiere das, meine Damen und Herren, weil heute der Zustand eingetreten ist, vor dem ich
    damals gewarnt habe: Die Bundesregierung hat das gemeinsame Werk der Rentenreform durch eine Kette von einseitigen direkten und indirekten Manipulationen in den Strudel einer kurzfristig taktierenden Haushalts- und Schuldenpolitik hineingezogen und den Konsens zerstört.

    (Beifall bei der SPD)

    Wie in den Jahren vor der Rentenreform 1989 wird das von den Rentenversicherungsträgern gemeldete Finanzierungsloch auch jetzt von Tag zu Tag größer. Mit jeder neuen Modellrechnung, die einer irritierten Öffentlichkeit vorgeführt wird, steigt der für die kommenden Jahre ausgerechnete Beitragssatz. Wie in den Jahren vor der Rentenreform 1989 wird ein Loch gestopft, indem das nächste aufgerissen wird. Herr Blüm, so wird Unsicherheit erzeugt, wo Verläßlichkeit erforderlich wäre.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer auf die tatsächliche Situation der Rentenversicherung hinweist, wurde in den letzten Tagen, wurde jetzt in 47 Minuten vom Bundesarbeitsminister bezichtigt, Horrormeldungen zu verbreiten oder sich als Sprengmeister des Sozialsystems zu betätigen. Dabei wird umgekehrt ein Schuh daraus: Nicht wer die Wahrheit sagt, sondern wer wie Herr Blüm heute morgen die Öffentlichkeit über die tatsächliche Lage in der Rentenversicherung hinter das Licht führt, wer täuscht oder schwindelt, der ist auf dem Weg zur Zerstörung dieses Rentensystems, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])

    Damit das zwischen Ihnen und mir, nicht zwischen Herrn Blüm und mir, klar ist: Die SPD verfügt nicht über andere Informationen als Herr Blüm selbst. Der Unterschied ist nur: Wir machen sie öffentlich, er will sie verheimlichen, weil sie seine falsche Politik offenbaren.

    (Beifall bei der SPD Zurufe von der CDU/ CSU)

    - Nur Ruhe!
    Aus diesen Informationen ergibt sich einwandfrei, daß seine Beschwichtigungsparolen auch heute morgen nichts als Unwahrheiten und Ausflüchte sind.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Erstens. Nach den Annahmen des Jahreswirtschaftsberichts und nach geltendem Recht muß der Beitragssatz schon im kommenden Jahr auf 20 Prozent steigen. Haben Sie das hier heute morgen von Herrn Blüm gehört?

    (Zuruf von der SPD: Nein!)

    1998 kann er vorübergehend etwas zurückgenommen werden, klettert aber 1999 schon wieder auf
    20 Prozent. Haben Sie das hier heute morgen gehört?

    (Zurufe von der SPD: Nein!)

    Die gesetzlich vorgeschriebene Schwankungsreserve von einer Monatsausgabe wird zum Jahres-

    Rudolf Dreßler
    ende 1996 mit 6,3 Milliarden DM Defizit klar unterschritten. Haben Sie das heute morgen gehört?

    (Zurufe von der SPD: Nein!)

    Wo sind denn die Deckungsvorschläge, meine Damen und Herren? Das wäre Aufgabe der Regierungserklärung heute morgen gewesen!

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Zweitens. Auch die geplante Umstellung des Anpassungsverfahrens in den neuen Ländern vom sogenannten Ex-ante-Verfahren auf das Ex-post-Verfahren reicht nicht aus, die gesetzliche Mindestreserve zum Jahresende 1996 zu garantieren. Auch der Beitragsanstieg im Jahre 1997 auf 19,9 Prozent bliebe alarmierend. Haben Sie das hier heute morgen gehört?

    (Zurufe von der SPD: Nein!)

    Ich nicht.
    Drittens. Selbst wenn zusätzlich zur Änderung der Anpassungsformel Ost der Beitragssatz schon zum 1. Juli 1996 per Gesetz auf 19,5 Prozent erhöht würde, was Herr Blüm gestern für die Bundesregierung ausdrücklich dementiert hat, würde die gesetzliche Mindestreserve zum Jahresende 1996 nicht eingehalten werden können. Auch am Beitragsanstieg auf 20 Prozent ab 1999 würde sich nichts ändern.
    Dieses nenne ich in der Tat alarmierend. Herr Blüm, es wäre Ihre Pflicht gewesen, vor dem deutschen Parlament diese einfachen Wahrheiten, die Ihnen schriftlich seit dem 23. Januar 1996 bekannt sind, zu offenbaren. Das wäre Ihre Pflicht gewesen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Ich habe 47 Minuten Lyrik und Angriffe gegen die Opposition gehört. Das zweite ist in Ordnung, Herr Blüm: Wenn man alle ist, muß man sich über Wasser halten und die Opposition beschimpfen. Aber statt zumindest den Mitgliedern Ihrer Regierungskoalition die Wahrheit über die Rentenversicherung zu sagen, verkaufen Sie Lyrik. Es ist unerhört, was Sie hier abgeliefert haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Die Konsequenz, meine Damen und Herren, ist: Niemand kann heute auf der Grundlage der uns bekannten Daten sicher sein, ob die Rentenkassen im kommenden Herbst nicht leer sein werden und Renten nur noch auf Pump gezahlt werden können, wenn sich der von der Bundesregierung politisch mit verantwortete Konjunkturabschwung fortsetzen sollte und sich die ökonomischen Rahmendaten gegenüber den Annahmen des Jahreswirtschaftsberichtes 1996 noch weiter verschlechtern. Wir stehen heute vor einem Scherbenhaufen, und der Verantwortliche ist niemand anders als der Bundesarbeitsminister.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Statt die Linie des Rentenkonsenses weiter zu verfolgen und seiner Sorgfaltspflicht für die Rentnerinnen
    und Rentner, für die Beitragszahler zu genügen, hat er zugelassen, daß die Rentenversicherung zur Manövriermasse der Haushaltspolitik geworden ist, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Der Kollege Graf Lambsdorff erklärt offen, künftig könnten wir uns die Dynamisierung der Renten nicht mehr leisten. Geradezu dreist ist es, daß Graf Lambsdorff in diesem Zusammenhang das Wörtchen „wir" gebraucht, als ob ausgerechnet er persönlich Pflichtbeitragszahler dieses Systems wäre oder seine Altersvorsorge auf dessen Funktionieren angewiesen wäre.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Meine Damen und Herren, daß es soweit gekommen ist und der wirtschaftspolitische Sprecher der kleineren Koalitionsfraktion auf diese Weise jenes für völligen Unsinn erklärt, für das der Bundesarbeitsminister der gleichen Koalition angeblich noch wie ein Löwe kämpft, zeigt, daß die Rentenpolitik dieser Regierung bankrott ist.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Dabei geht es nicht um irgendeine Panne; es handelt sich vielmehr um den Ausdruck des generellen wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischen Konkurses dieser Bundesregierung.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    In dem Zustand der Rentenversicherung, den wir heute zu beklagen haben, manifestieren sich die drei wirtschafts-, finanz- und sozialpolitischen Kardinalfehler der Regierung Kohl: erstens das völlige Versagen in der Beschäftigungspolitik, zweitens die gezielte Umverteilung von unten nach oben und drittens der Betrugsversuch bei der Finanzierung der deutschen Einheit, der Versuch, den Deutschen im Osten goldene Berge zu versprechen und gleichzeitig die Deutschen im Westen in dem Irrtum zu wiegen, alles sei ohne eine solidarische Anstrengung und ohne einen neuen gerechten Lastenausgleich zu erzielen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das alles hat dazu geführt, daß der Rentenversicherung seit am 9. November 1989 die Rentenreform verabschiedet wurde, eine Kette von Aderlässen zugemutet wurde. Jetzt, im Januar 1996, erleben wir das Resultat. Die Rentenversicherung, die jahrelang als Blutspenderin für die verfehlte Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik der Bundesregierung herhalten mußte, ist ausgeblutet und muß selbst auf die Intensivstation.
    Der erste Sündenfall war der politische Rentendiebstahl noch vor Inkrafttreten der Rentenreform 1992. Ich meine, die Senkung des Rentenversicherungsbeitrages von 18,7 Prozent auf erst 17,7 Prozent und später auf 17,5 Prozent bei gleichzeitiger Erhöhung des Beitrages zur Bundesanstalt für Arbeit um 2,5 Prozentpunkte. Das war die Zweckentfremdung eines Reservepolsters. Das Eigentum der Beitrags-

    Rudolf Dreßler
    zahler der Rentenversicherung ist damals zur Finanzierung von allgemeinen Staatsausgaben, nämlich der Stützung des Arbeitsmarktes im Osten, mißbraucht worden.
    Das Rentenüberleitungsgesetz war der nächste Schritt. Falsch war - das haben wir bei der Debatte und bei der Beratung immer wieder hinterlassen -, daß der Bundeszuschuß nicht zum Ausgleich der exorbitant hohen Arbeitslosigkeit im Osten erhöht wurde, und falsch war auch, daß die Auffüllbeträge nicht aus Steuermitteln, sondern vom Beitragszahler finanziert werden mußten.
    Richtig bleibt trotzdem, daß die sozialdemokratische Fraktion dem Rentenüberleitungsgesetz schließlich zugestimmt hat. Das geschah nur, und das habe ich auch zu Protokoll gegeben, weil wir es bei den gegebenen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag und im Bundesrat nicht verantworten konnten und durften, das Rentenüberleitungsgesetz an der falschen Finanzierung durch die Mehrheit dieses Hauses scheitern zu lassen.
    Zu den Fehlern des Bundesarbeitsministers, die heute ausgebadet werden müssen, gehört auch die völlige Tabuisierung des Fremdrentengesetzes.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Heute morgen hat er wieder die Verdrängung hier zu Protokoll gegeben.
    Ich zitiere, was ich hierzu am 21. Juni 1990 im Bundestag ausgeführt habe, Herr Blüm; ich erinnere Sie daran. Ich habe gesagt:
    Schon unmittelbar nach dem Fall der Mauer hat die SPD die Auffassung vertreten, daß das Fremdrentengesetz seine Berechtigung verloren hat. Sofort nach dem Fall der Mauer
    - so habe ich hier gesagt -
    hätte der Bundesarbeitsminister Blüm aktiv werden müssen. Die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze hatte
    - weiteres immer noch Zitat -
    dem bisherigen Fremdrentengesetz buchstäblich über Nacht die Grundlage entzogen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Damals haben Kolleginnen und Kollegen aus der Unionsfraktion mir deshalb von diesem Pult aus Sozialneid vorgeworfen, und Herr Blüm selbst hat sich hier hingestellt und diese Bemerkung zum Fremdrentengesetz wörtlich als „schäbige Rede" skizziert. DaS ist die Erinnerung an das Jahr 1990.
    Heute sind die Fremdrentenleistungen auf rund 11 Milliarden DM jährlich angewachsen. Die Bundesregierung hat die Aussiedlerzahlen nicht begrenzt, wie sie es im Asylkompromiß versprochen hat. Weder wurde das Fremdrentengesetz geschlossen noch dessen Finanzierung neu geregelt. Das Ergebnis sind jährlich rund 11 Milliarden Deutsche Mark, die nicht die Rentenversicherung reklamiert, sondern die Mehrheit dieses Hauses zu Lasten der
    Beitragszahler, und das Dilemma heute in Richtung der Liquidität dieses wichtigen Systems.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rolf Kutzmutz [PDS])

    Der nächste Sündenfall: Trotz unserer Proteste wurden die Leistungen aus dem Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz den Beitragszahlern der Rentenversicherung aufgebürdet.
    Man kann es drehen und wenden, wie man will. Diese Regierung hat Mal für Mal die Rentenversicherung als Reservekasse für ihre bankrotte Haushaltspolitik mißbraucht. Sie ist objektiv überfordert worden durch Aufgaben, für die sie nicht gedacht war, und dieses heute der Rentenversicherung oder besser noch den Sozialdemokraten in die Schuhe zu schieben, das ist ja nun geradezu lächerlich.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch die angeblich so gigantische Mißbrauchswelle bei den Altersrenten ab dem 60. Lebensjahr für Arbeitslose ist in Wirklichkeit zum großen Teil Ausdruck von Kosten der deutschen Einheit, die aus der Rentenversicherung statt aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Die Zunahme des Zugangs an Arbeitslosenaltersrente ist nämlich im wesentlichen nur die Spätfolge des bis Ende 1992 praktizierten Altersübergangsgeldes in den neuen Bundesländern, das heißt einer Sonderregelung, die zwar wegen des Zusammenbruchs des Arbeitsmarktes Ost notwendig war, die aber weder als Mißbrauch verunglimpft noch der Finanzlast der Rentenversicherung zugeschlagen werden darf.
    Im übrigen: Wenn es Mißbrauch wäre, dann gehörte ja Herr Blüm selbst zu den Missetätern.
    Die Bugwelle des Altersübergangsgeldes ist seit Jahren vorhersehbar. Ich halte es für ein ausgesprochenes Armutszeugnis für den Arbeitsminister, daß er das Problem, das er mit verursacht hat, erst im Herbst vergangenen Jahres entdeckt haben will.
    Noch schlimmer ist es, daß er es dann so ungeschickt gehandhabt hat, daß in den Betrieben eine regelrechte Torschlußpanik entstanden ist. Die Vorruhestandswelle, die der Minister jetzt so wacker zu bekämpfen vorgibt, hat er zum großen Teil in den letzten Jahren provoziert, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Vor allem aber trägt die gesetzliche Rentenversicherung die Lasten der Beschäftigungsmisere, die diese Regierung und dieser Arbeitsminister zu verantworten haben. Hier liegt des Übels Kern, denn das Finanzierungsproblem der Rentenversicherung ist in erster Linie kein Rentenproblem; es ist ein Arbeitsmarktproblem.
    Die aktuelle Finanzlage der Rentenversicherung ist desolat, das ist wahr. Es gibt schon rein rechnerisch keine Möglichkeit mehr, durch kurzfristige Einsparungen zum Jahresende 1996 noch die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen liquiden Mindestschwankungsreserve von einer Monatsausgabe sicherzustellen. Dies gilt auch für den von der Bun-

    Rudolf Dreßler
    desregierung vorbereiteten Kahlschlag bei den Altersrenten mit 60 Jahren für Arbeitslose. Ich sage das den Koalitionsfraktionen, weil Herr Blüm diese Informationen an sie offensichtlich nicht weitergibt.
    Diese Einsparungen können allenfalls mittelfristig wirksam werden, ganz abgesehen davon, daß die Zahl der Arbeitslosen und die Ausgaben der Bundesanstalt für Arbeit zwangsläufig ansteigen müssen, wenn älteren Arbeitslosen die Möglichkeit des Rentenzugangs ab dem 60. Lebensjahr genommen wird.
    Nachdem die Regierung die Finanzen der Rentenversicherung an die Wand gefahren hat, kann das Schiff mit Flickschustereien wie bisher nicht mehr flottgemacht werden, vor allem nicht, wenn sich die Bundesregierung nicht von ihrer verhängnisvollen Strategie lossagt, die Beitragszahler für die deutsche Einheit zahlen zu lassen.
    Wir verlangen deshalb die Einberufung einer neuen großen Rentenrunde. Vor allem aber verlangt die SPD-Bundestagsfraktion, daß die Karten nun offen auf den Tisch gelegt werden. Das Gemauschel mit den Zahlen und der Zustand, daß die Öffentlichkeit nur gerüchteweise und das Parlament nur aus Presseveröffentlichungen über die wahre Lage der Rentenfinanzen unterrichtet werden, muß aufhören.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will an dieser Stelle ein persönliches Wort an Herrn Blüm richten. Es ist wahr, Herr Blüm - dazu stehe ich, und dafür habe ich meinen Kopf immer hingehalten, manchmal gegen erhebliche Turbulenzen der Gewerkschaftsbewegung im Jahre 1989 und innerhalb meiner eigenen Partei -, der Rentenkonsens ist wichtiger als wir beide, aber auch wichtiger als jede Koalition. Ich habe dazu immer gestanden. Niemand kann mir vorwerfen, daß ich Turbulenzen in der Rentenversicherung, die ich erfahren habe, auf dem Markt ausgetragen hätte.
    Als ich von diesem Dilemma erfuhr, Herr Blüm, habe ich mich gefragt: Wo bleibt nun der Anruf und das Gespräch zur Bereinigung der Lage? Dann habe ich Anfang dieser Woche auf Befragen von Journalisten Zahlen mit der Stelle hinter dem Komma genannt. Herr Blüm, Sie hätten, als Sie das lesen mußten, wissen müssen, daß ich die gleichen Papiere habe wie Sie.
    Was haben Sie gemacht? Anstatt Ihre Fraktion und die Regierung zu unterrichten, haben Sie in einem Pressegespräch erklärt, dies sei alles frei erfunden und stimme nicht. Daraufhin hat die SPD-Fraktion eine Aktuelle Stunde beantragt, die Sie gezwungen hat, eine Regierungserklärung abzugeben.

    (Wolf-Michael Catenhusen [SPD]: So ist es!)

    In dieser haben Sie, Herr Blüm, gerade gesagt, unsere Forderung nach einem Gespräch, nach einer großen Rentenrunde zur Bereinigung dieses wirklich katastrophalen Ergebnisses sei nicht nötig. Ich frage Sie allen Ernstes, ob Sie sich nicht besser bis zum Ende dieser Debatte das hier Gesagte noch einmal überlegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Bleibt das stehen - ich schaue dabei auch Herrn Schäuble, Herrn Solms und Herrn Glos an, die besondere Verantwortung in der Führung der Koalitionsfraktionen haben -, dann wird die SPD für das, was ab heute in der Rentenpolitik folgt, keine Verantwortung mehr zu übernehmen bereit sein.

    (Beifall bei der SPD)

    Überlegen Sie sich genau, ob Sie den Satz, den Herr Blüm hier von sich gegeben hat, bis zum Ende dieser Debatte aufrechterhalten können.
    Wir fordern in unserem Antrag, der Ihnen vorliegt, daß die Bundesregierung kurzfristig eine aktualisierte Fassung des Rentenversicherungsberichts 1995 für die Jahre 1995 bis 2009 vorlegt und dabei das Endergebnis des letzten Jahres für die mittelfristige Rechnung der revidierten ökonomischen Annahmen des Jahreswirtschaftsberichtes berücksichtigt.
    Im Rentenkonsens 1989 wurde vereinbart, daß die Bundesregierung im Jahre 1997 einen Bericht über die Auswirkungen der Erhöhung der Altersgrenzen auf die Arbeitsmarktlage, die Finanzlage der Rentenversicherung und andere öffentliche Haushalte vorzulegen hat. Der Sinn dieser Regelung liegt darin, daß der Gesetzgeber rechtzeitig vor Beginn der Anhebung der Altersgrenzen die Möglichkeit hat, diese Entscheidung zu überprüfen.
    Das mindeste, was wir verlangen müssen, ist, daß die Bundesregierung jetzt den 97er Bericht über die Auswirkungen der Erhöhung der Altersgrenzen vorzieht und unverzüglich vorlegt, bevor sie eine Gesetzesinitiative zur Änderung der Vorruhestandsregelung einleitet. Wir halten die Situation für so ernst, daß wir als Bundestagsfraktion immer wieder daran erinnern, daß die Finanzierungsprobleme der Alterssicherungssysteme nicht nur die der gesetzlichen Rentenversicherung sind, sondern auch alle anderen Sicherungssysteme betreffen. Deshalb brauchen wir nicht zuletzt auch die Offenlegung der Verhältnisse in der Beamtenversorgung.
    Nach Art. 17 des Beamtenversorgungs-Änderungsgesetzes von 1989 ist die Bundesregierung bereits seit Beginn der 13. Wahlperiode, also seit mehr als einem Jahr verpflichtet, einen Bericht über die Entwicklung der Beamtenversorgung in den nächsten 15 Jahren zu erstatten.
    Diese Pflicht hat die Bundesregierung bislang verletzt. Der Bundesinnenminister mauert vor sich hin und hofft, daß es keiner merkt.
    Das Ziel ist klar: Die privilegierten Versorgungssysteme sollen abermals aus der Diskussion herausgehalten werden, während die beamteten Experten und Empfänger von Ministergehältern öffentlich darin wetteifern, die Altersversorgung der kleinen Leute kaputtzureden.
    Die SPD-Fraktion ist nicht mehr bereit, das gesetzwidrige Verhalten des Bundesinnenministers länger hinzunehmen, und verlangt die unverzügliche Vorlage des Versorgungsberichtes.

    (Beifall bei der SPD)


    Rudolf Dreßler
    Zusammengefaßt: Die SPD-Fraktion würde es im Interesse der Rentnerinnen und Rentner, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und des sozialen Friedens bedauern, wenn dies das Ende des Bemühens um eine einvernehmliche Rentenpolitik wäre. Es liegt an der Bundesregierung, zum Rentenkonsens zurückzukehren.
    Das bedeutet: Erstens. Alle Zahlen müssen auf den Tisch.
    Zweitens. Die Bundesregierung muß ernsthaft bereit sein, die falsche Finanzierung der deutschen Einheit auf dem Rücken der Beitragszahler zu korrigieren.
    Drittens. Die Regierung muß ernsthaft bereit sein, die Finanzierung des Fremdrentengesetzes zu ändern.
    Viertens. Beim Vorruhestand und bei der arbeitsmarktbedingten Berufs- und Erwerbsfähigkeit muß die Regierung eine Lösung anbieten, die die Zahl der Arbeitslosen nicht erhöht, den Tarifvertragsparteien ein attraktives Angebot zur Förderung der Teilzeitarbeit machen, die Arbeitgeber in angemessener Weise an den Kosten beteiligen und auch für jene älteren Arbeitnehmer sozialverträglich etwas anbieten, die arbeitslos werden, ohne in den Genuß von Sozialplänen zu kommen.
    Gesundheitlich stark beeinträchtigten Arbeitslosen weiterhin den Zugang zur Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente zu ermöglichen, statt sie auf den Arbeitsmarkt zu verweisen, halten wir für selbstverständlich, und den Vertrauensschutz für bereits laufende und schon vereinbarte Sozialpläne zu gewährleisten ebenfalls.
    Rentnerinnen und Rentner, aber auch Beitragszahler verlangen zu Recht die Abkehr von einer Politik der schleichenden Ausplünderung der Rentenkassen. Sie verlangen zu Recht, daß wieder Klarheit und Zuverlässigkeit in die Zukunft der Rentenversicherung gebracht wird. Sie verlangen ebenfalls zu Recht, daß wir das Sozialversicherungssystem vor den destruktiven Plänen der Partei der Besserverdienenden schützen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Noch, meine Damen und Herren, ist es dazu nicht zu spät. Aber jetzt ist in der Tat die Bundesregierung am Zuge.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat erneut der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Dr. Norbert Blüm.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute morgen, 8.35 Uhr, habe ich den Text meiner Regierungserklärung der SPD übergeben.
    Ausweislich der Seite 17 sind alle Zahlen zur Rentenversicherung in dieser Regierungserklärung enthalten.
    Ich zitiere aus der der SPD vor dieser Debatte übergebenen Zahlenreihe die Zusammenfassung: 3,2 Milliarden aus 1995 und 1996, die 1997 auf 5,3 Milliarden aufwachsen. Mit den Mindereinnahmen aus der Korrektur der Schätzeinnahmen sind das zusammen 9,9 Milliarden. 9,9 Milliarden entsprechen einem Beitragsschub von 0,6. Dieser Beitragsschub muß verhindert werden.
    Meine Damen und Herren, entweder hat der Kollege Dreßler diese Regierungserklärung nicht gelesen oder meine Rede nicht gehört.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Beides!)

    Gespräche zum Rentenkonsens immer, Herr Kollege Dreßler; das dient der Rentensicherheit. Ein Rentengipfel schafft allerdings eine Rentendramatik, die der Sachlage nicht dienlich ist, die der Lösung der Probleme nicht dient. Gespräche und Konsens immer - Gipfeldramatik hilft nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)