Rede von
Eva-Maria
Bulling-Schröter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zielt auf eine relative Verteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs. So sehr die PDS dieses Ziel begrüßt, muß sie jedoch das im Antrag genannte Instrumentarium in Frage stellen. Das vollständige Umlegen der Kfz-Steuer für Perso-
Eva Bulling-Schröter
nenkraftwagen auf die Mineralölsteuer verteuert die Nutzung, entlastet jedoch das Halten eines Fahrzeuges. Beides sind aber nur verschiedene Formen einer Konsumtion von Umwelt.
Die Kosten des ruhenden Verkehrs werden durch die vorgeschlagene Parkraumbewirtschaftung nur ungenügend internalisiert. Ein Auto beansprucht nicht nur Fläche, sondern bei seiner Herstellung auch Ressourcen, deren Preise keinesfalls die ökologische Wahrheit sprechen. Ein Kfz verursacht darüber hinaus, ohne einen Meter gefahren zu sein, Emissionen, und zwar gleichermaßen bei der Herstellung und der späteren Entsorgung.
Obwohl wir die gegenwärtige umweltpolitische Lenkungsfunktion der Kfz-Steuer als zu schwach ansehen, sollte die Fixkostenbelastung des Verkehrs nicht aufgegeben werden. Die Bewirtschaftung von Parkraum ist dafür kein Ersatz, sondern kann nur ein Instrument in einer Palette von notwendigen zusätzlichen individualverkehrshemmenden Maßnahmen sein. Die Umwandlung der Kilometerpauschale in eine von der Kfz-Benutzung unabhängige Entfernungspauschale sowie eine Nahverkehrsabgabe für innerstädtischen motorisierten Nahverkehr sind hier Stichwörter.
Eine Umgestaltung der Kfz-Steuer müßte in erster Linie deutlicher auf die spezifischen Emissionswerte abzielen.
Erforderlich ist also eine Bemessung der Steuersätze in einer mehrstufigen und deutlichen Staffelung nach Schadstoffklassen.
Darüber hinaus existieren innerhalb des Kfz-Steuerrechts zahlreiche ökologisch kontraproduktive Einzelregelungen, die abgeschafft werden müssen. So sind die meisten land- und forstwirtschaftlich genutzten Fahrzeuge seit 1935 von der Kfz-Steuer befreit, obwohl gerade die hohe Motorisierung in der Landwirtschaft besonders gravierende Umweltprobleme wie Bodenverdichtung und in der Folge Düngerauswaschung verursacht. Ferner entlastet die Befreiung überzähliger Kfz-Anhänger von der KfzSteuer den emissionsintensiven Straßengüterverkehr. Dies ist nicht zu verantworten.
Neben der ökologischen Verkehrsplanung wird die Erhöhung der Mineralölpreise die wirklich bedeutsame Beeinflussung zur Verminderung des motorisierten Individualverkehrs sein. Es geht übrigens nicht darum, Autobesitzern Kosten aufzubürden und die Taschen irgendwelcher anderen Leute zu füllen, sondern nur um die Kosten, die dieser Verkehr durch seine Umweltbelastungen verursacht.
Die Erhöhung der Mineralölpreise muß begleitet werden von einem gleichzeitigen Ausbau des öffentlichen Verkehrs als attraktive und bezahlbare Alternative. Die Preiserhöhungen könnten durch eine Anhebung der Mineralölsteuer und/oder durch eine Preiserhöhung über den Markt infolge einer Reduzierung des Angebotes an Primärenergieträgern, beispielsweise über eine Regulierung durch eine Energierohstoffagentur, erfolgen.
Die auch im Mineralölsteuergesetz enthaltenen ökologisch kontraproduktiven Sonderregelungen müssen gestrichen werden. Es geht dabei um die Mineralölsteuerbefreiung für die Luftfahrt, die Mineralölsteuerbefreiung für die Binnenschiffahrt oder auch die Mineralölsteuerbefreiung zu Versuchszwecken.
Da der Schwerverkehr lediglich 10 bis 20 Prozent der gesamten von ihm verursachten Kosten deckt, sollte eine möglichst EU-weite Schwerverkehrsabgabe, bezogen auf die Fahrzeugkilometer, erhoben werden. Bei einer Erhebung auf die Transportleistungen würden hingegen Leerfahrten oder leichtgewichtige Materialien begünstigt. Eine solche Abgabe würde zum einen den Kostenvorteil zwischen Straße und Schiene zugunsten der Bahn verändern und hätte zum anderen den Vorteil, daß sie gleichermaßen für in- und ausländische Lkw Geltung besäße. Die Einnahmen aus dieser Schwerverkehrsabgabe sollten zweckgebunden zur Beseitigung der durch den Lkw-Verkehr verursachten Schäden sowie zum Ausbau und zur Modernisierung des Schienengüterverkehrs und des kombinierten Verkehrs herangezogen werden.