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ID1306811600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/68 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 68. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. November 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksachen 13/2000, 13/ 2593) 5863 A Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft (Drucksachen 13/2609, 13/2626) . . 5863 B Manfred Hampel SPD 5863 B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. 5866 C, 5867 A, 5869 A Siegmar Mosdorf SPD 5867 B, 5883 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . 5867 D, 5881 D Manfred Hampel SPD 5868 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD 5871 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5872 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . 5874 D, 5879 D Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . 5876 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5877 A Ernst Schwanhold SPD 5877 B Hans-Eberhard Urbaniak SPD . . . 5878 A Dr. Christa Luft PDS 5878 C Peter Dreßen SPD 5879A Rolf Kutzmutz PDS 5880 A Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 5882 A Peter Dreßen SPD 5883 B Ernst Schwanhold SPD 5884 C Friedhelm Ost CDU/CSU 5886 B Anke Fuchs (Köln) SPD 5888 B Dietrich Austermann CDU/CSU . . 5888 D Ilse Janz SPD 5888 D Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . 5889 C Ernst Hinsken CDU/CSU 5890 A Manfred Hampel SPD (Erklärung nach § 31 GO) 5891 A Manfred Kolbe CDU/CSU (Erklärung nach § 31 GO) 5891 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Erklärung nach § 31 GO) 5892 B Namentliche Abstimmung 5892 D Ergebnis 5918 B Einzelplan 11 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Drucksachen 13/2611, 13/2626) 5893 A Dr. Konstanze Wegner SPD 5893 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 5896 A Uta Titze-Stecher SPD 5896 D, 5897 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5899 B Ina Albowitz F.D.P. . . . . 5901 D, 5905 C, 5906 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 5904 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5904 D Peter Dreßen SPD 5905 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5906 B Dr. Heidi Knake-Werner PDS 5906 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 5908 B Ottmar Schreiner SPD 5910 B Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 5911 C Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 5913 D Ingrid Matthäus-Maier SPD 5914 B Ottmar Schreiner SPD . . . . . . . 5915 C Dr. Barbara Höll PDS 5916 B Gerd Andres SPD 5917 C Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 13/2616, 13/2626) 5920 D Eckart Kuhlwein SPD . . . . . . . . 5921 A Arnulf Kriedner CDU/CSU 5923 C Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5924 D, 5931 B Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5927 C Birgit Homburger F D P. 5929 C Marion Caspers-Merk SPD . . . 5930 D, 5933 B Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5932 A Eva Bulling-Schröter PDS 5933 D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 5935 A Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . 5936 A Eckart Kuhlwein SPD 5936 C Wolfgang Behrendt SPD 5937 A Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . 5939 A Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 5939 D Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 5941 D Otto Schily SPD 5942 D Wolfgang Behrendt SPD 5943 D, 5946 A Arnulf Kriedner CDU/CSU . . . . . 5944 B Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 5945 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 5946C Marion Caspers-Merk SPD 5946 D Einzelplan 07 Bundesministerium der Justiz (Drucksachen 13/2607, 13/2626) 5947 C in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht (Drucksachen 13/2618 [neu], 13/2626) 5947 C Gunter Weißgerber SPD 5947 C Manfred Kolbe CDU/CSU . . . . . . 5949 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5951 D Manfred Kolbe CDU/CSU 5953 B Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . 5953 D Horst Eylmann CDU/CSU 5954 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . . 5955 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 5957 B Dr. Susanne Tiemann CDU/CSU . . . 5958 D Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5960 A, 5974 A, C Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 5960 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS . . . 5961 A, 5970 D Otto Schily SPD . . . . 5961 C, 5973 A, B Hermann Bachmaier SPD 5962 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . 5962 D, 5969 B Frederick Schulze CDU/CSU 5965 A, D Heinz Lanfermann F.D.P. . . . 5966 D, 5967 A Horst Eylmann CDU/CSU 5968 D Norbert Geis CDU/CSU 5969D Dr. Gregor Gysi PDS 5971 B Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin BMJ 5972 A Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . . 5972 D Jürgen Koppelin F.D.P. 5973 D Einzelplan 25 Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksachen 13/2621, 13/2626) 5975 C Dr. Rolf Niese SPD 5975 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 5976D, 5991 A Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/ CSU .. . 5977 A Volkmar Schultz (Köln) SPD 5977 B Dieter Pützhofen CDU/CSU 5980 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5983 C, 5985 D Dr.-Ing. Dietmar Kansy CDU/CSU . . . 5985 B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . 5986 A Klaus-Jürgen Warnick PDS 5987 C Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5988 D, 5993 A Hans Georg Wagner SPD 5989 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5990 B Otto Reschke SPD 5992 B Einzelplan 13 Bundesministerium für Post und Telekommunikation (Drucksachen 13/2613, 13/2626) 5993 D Gerhard Rübenkönig SPD 5994 A Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 5995 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5996 B Dr. Max Stadler F D P. 5997 C Gerhard Jüttemann PDS 5998 D Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU . . 5999 D Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6000 C, 6002 C Hans Martin Bury SPD 6002 A Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 6004 C Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr (Drucksachen 13/2612, 13/2626) 6006 C Hans Georg Wagner SPD 6006 C Bartholomäus Kalb CDU/CSU 6010 C Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 6013 D Horst Friedrich F.D.P. 6016 A Dr. Winfried Wolf PDS 6018 B Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 6020 A Annette Faße SPD 6022 B Dr. Hermann Kues CDU/CSU 6024 C Nächste Sitzung 6027 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6029 *A 68. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 9. November 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    (D) (A) Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 09. 11.95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Dr. Dobberthien, SPD 09. 11.95 Marliese Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 09. 11.95 * Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 09. 11.95 Marten, Günter CDU/CSU 09. 11.95 * Meißner, Herbert SPD 09. 11.95 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 09. 11.95 Nickels, Christa BÜNDNIS 09. 11.95 90/DIE GRÜNEN (B) Anlage zum Stenographischen Bericht (C) Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Odendahl, Doris SPD 09. 11.95 Poß, Joachim SPD 09. 11.95 Dr. Scheer, Hermann SPD 09. 11. 95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 09. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Schwanitz, Rolf SPD 09. 11.95 Steindor, Marina BÜNDNIS 09. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 09. 11.95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 09. 11.95 Vosen, Josef SPD 09. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (D)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Joachim Fuchtel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Hier stelle ich wieder fest, wie undifferenziert Sie argumentieren. Es gibt Leute, da würden keine 15 Monate reichen, und es gibt Leute, da reichen drei Monate. Meine Damen und Herren, wir können doch nicht hergehen und sagen: Wer hier mehr bietet, der macht die bessere Politik. Wir müssen das differenziert angehen. Man kann durchaus darüber reden, ob über die jetzt gefundene Lösung hinaus weitere Sprachkurse angeboten werden können, dann aber vielleicht am Abend und nicht unbedingt voll zu Lasten des Steuerzahlers. Wir meinen, daß wir mit den Haushaltsmitteln sehr effektiv umgehen müssen und das nicht einfach so pauschal betreiben können. Dies ist ein typischer Punkt, an dem Sie wieder zeigen, daß Sie nach dem Motto „Wer bietet mehr?" auch in der jetzigen Zeit nichts weiter zu bieten haben als dieses „Immer noch mehr".
    Nein, meine Damen und Herren, unser Hauptthema der Sozialpolitik heißt: Wie können wir mehr Arbeitsplätze schaffen, wie können wir die bisherigen erhalten?

    (Ottmar Schreiner [SPD]: Beschreib uns das jetzt mal! Da sind wir sehr gespannt!)

    Gerade angesichts der unbefriedigenden Situation auf dem Arbeitsmarkt nenne ich diese Herausforderung ganz oben; ihr müssen wir uns stellen. Das geht nicht, ohne daß wir uns erstens auf eine Begrenzung der Ausgaben des Haushaltes insgesamt und zweitens auf eine Begrenzung der Lohnzusatzkosten verständigen. Darüber haben wir heute schon mehrfach diskutiert; ich möchte das nicht wiederholen.

    (Ottmar Schreiner [SPD]: Sie erhöhen doch ständig die Lohnzusatzkosten!)

    Wir sagen das schon seit Jahren, Herr Kollege Schreiner. Wir haben in den letzten Jahren im verbissenen Kleinkampf immerhin Milliarden eingespart gegenüber den Beträgen, die wir noch vor Jahren aufzubringen hatten. Wir haben das in aller Regel gegen Ihren Widerstand getan. Sie müssen hier erst einmal dazulernen, bevor Sie sich an die Spitze derjenigen setzen, die etwas zu Lohnzusatzkosten zu sagen haben.
    Meine Damen und Herren, ich nenne hier noch einmal den Bereich der Arbeitslosenhilfe, der von Ihnen so kritisiert wird. Die Ausgaben des Bundes hierfür stiegen in den letzten Jahren rasant auf fast 18 Milliarden DM an.

    (Peter Dreßen [SPD]: Woran lag das wohl?)

    Der Bundeszuschuß an die Rentenversicherung erreichte über 76 Milliarden DM. Dies sind riesige Größenordnungen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, wenn wir die Dynamik stoppen und etwas zur Begrenzung dieser Beträge tun wollen.
    Meine Damen und Herren, dieser Sozialhaushalt hat ein Volumen von 27 Prozent des Gesamthaushaltes. Wie wollen Sie eigentlich der bundesdeutschen Öffentlichkeit klarmachen, daß Sie diese 27 Prozent völlig unverschont lassen möchten, wenn es darum geht, insgesamt zu konsolidieren? Das ist unsere Aufgabe!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Erstmalig seit langer Zeit gelingt es uns wieder, die Sozialkosten zu stoppen, ja sogar zu reduzieren. Wir hatten letztes Jahr im Sozialhaushalt 128,8 Milliarden DM. Wir haben jetzt noch 124,5 Milliarden DM. Es ist zwar richtig, Frau Dr. Wegner, daß wir uns noch mehr Einsparungen vorgenommen haben. Aber wir haben, als wir die neuesten Zahlen zur Entwicklung der Konjunktur bekommen haben, die Bereitschaft aufgebracht, nach unserer Meinung erforderliche Mittel wiedereinzustellen und dadurch nicht ganz den Spareffekt zu erreichen, den wir uns vorgenommen hatten. Aber unter dem Strich gilt es festzuhalten: Von uns wird verlangt, daß wir die Sozialkosten endlich einmal stoppen. Das ist unter Führung von Norbert Blüm in diesem Jahr nach langer Zeit erstmals wieder erreicht worden. Das ist ein großer Erfolg unserer Arbeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, der Sozialstaat wird umgebaut, und das nicht, um die Armen ärmer zu machen und die Reichen reicher, sondern um mit den vorhandenen Mitteln mehr Treffsicherheit zu erreichen und demjenigen zu helfen, der wirklich der Hilfe bedarf. Was haben Sie dem eigentlich entgegenzusetzen? Ich möchte mich hier in dieser Runde nur mit diesem Kernproblem auseinandersetzen.
    Sie haben zunächst einmal das Lieblingsthema, daß wir höhere Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit brauchen. Ihr Sprecher, Herr Diller - ich sehe ihn jetzt gerade nicht hier im Raum -, hat in den letzten Jahren immer wieder bedeutungsvolle Prognosen abgegeben. Wieviel Stunden hat uns dieser Mann im Haushaltsausschuß mit seinen Hinweisen darauf gelangweilt, welches Drama in Deutschland eintreten würde. Tatsache ist: 1993 hat er prognostiziert, daß wir für 1994 25 Milliarden DM brauchen. Im Haushalt 94 war es dann so, daß wir 10 Milliarden DM brauchten. Dann hat er wieder vorgerechnet: 15 Milliarden DM werden gebraucht. Tatsächlich haben wir 8 Milliarden DM gebraucht. In diesem Jahr hat er uns vorrechnen wollen, daß das, was wir eingestellt haben, wieder nicht reicht. Wir haben

    Hans-Joachim Fuchtel
    gesagt: Es reicht. Wir werden das Jahr 1995 wahrscheinlich hinbekommen.
    Die Fehlerquote in bezug auf die Prognosefähigkeit belief sich auf bis zu 150 Prozent. Wer sich dreimal so täuscht, der sollte sich im vierten Jahr

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wer sich mit Zahlen täuscht, das weiß jeder!)

    - Sie sind auch so eine Spezialtäuscherin - eine Prognoseauszeit nehmen und so fair mit uns umgehen, daß wir das einmal ohne neue Prognosen von Ihrer Seite durchziehen können.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wenn Sie dann feststellen, daß wir falsch liegen, dann dürfen Sie das im nächsten Jahr, bitte schön, gern wieder kritisieren. Im Augenblick haben Sie dazu auf jeden Fall keine Veranlassung.
    Was haben Sie denn unseren Vorschlägen weiter entgegenzusetzen? Wo sind Ihre Vorstellungen, wie man die Haushaltslücke schließt? - Wissen Sie, wenn Sie eine gute Opposition gewesen wären, dann wären Sie nicht aus dem Haushaltsausschuß ausgezogen. Vielmehr hätten Sie, nachdem Sie uns vorher schon die Ohren dazu vollgelabert haben, was Sie alles an negativer Entwicklung erwarten, Vorsorge getroffen und Vorschläge erarbeitet, wie man diese Situation angeht.

    (Eckart Kuhlwein [SPD]: Der kann ja ganz fuchtig werden! Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Sie reden so, wie Sie heißen!)

    Aber da kam nichts. Da kam nur weißes Papier. Ja, da war nicht einmal Volumen durch körperliche Anwesenheit. Und diese Leute wollen uns sagen, wie es künftig weitergeht. Dazu kann ich nur sagen: Wer so wenig zur Schließung von Haushaltslücken beiträgt, der ist in seiner Gesamtpolitik konzeptionslos.

    (Beifall bei der CDU/CSU Zuruf von der CDU/CSU: Kurz und treffend! Abg. Ottmar Schreiner [SPD], zur CDU/CSU gewandt: Ein trefflicher Dummschwätzer!)

    Meine Damen und Herren, es reicht eben nicht, Gegensätze einfach nur drastisch zu beschreiben, und das auf eine Weise, daß man sich manchmal wundert und fragt, ob diese Leute nicht auf einem anderen Stern wohnen. Vielmehr müssen wir vorangehen. In Vorlagen zu Ihrem Bundesparteitag lesen wir - ich zitiere -: „Vieles Wünschenswerte ist nicht mehr finanzierbar." Ja, Nachtigall, ich höre dich trapsen. So langsam dämmert es auch den Sozialdemokraten - leider viel zu spät -, daß man wohl den Kurs verfolgen muß, den wir eingeschlagen haben.
    Worüber ich besorgt bin, ist, daß bei Ihnen jetzt eine Strategie angedacht wird, den Neid in der Gesellschaft zu schüren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Neidgenossen!)

    Meine Meinung dazu ist: Wenn sich der Sozialismus in dieser Gesellschaft nicht mehr in Reinkultur sehen lassen kann, zieht er das Mäntelchen des Neides an und wandelt damit durch die Gesellschaft. Das ist
    Ihre Strategie, und das ist das absolut Falsche in dieser Zeit. Das Füllhorn ist leer. Und das ist dann eben nicht die Stunde der SPD, weil sie immer noch mehr vom Ausgeben versteht als vom Sparen.
    Meine Damen und Herren, Sie haben also auch, was den strategischen Ansatz betrifft, nichts zu bieten, um mit dieser Situation fertigzuwerden. Ich erinnere mich immer wieder daran, daß Sie, als Ihr früherer Bundeskanzler Helmut Schmidt gesagt hat „Wir müssen noch mehr ins soziale Fleisch schneiden", aufgeschrien haben; Sie haben seitdem nichts dazugelernt. Sie haben die Meinung, es gehe so weiter, ohne den Realitäten ins Auge sehen zu müssen. Damit aber kann man in dieser Zeit in Deutschland keine Politik zur Sicherung des Industriestandorts gestalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich bin immer noch bei der Frage: Was haben Sie als Alternativen zu bieten? Sie haben keine Möglichkeit, den Beitragssatz zu erhöhen. Das will niemand; das scheidet also aus. Wir können nicht den Ausweg über höhere Schulden nehmen. Wir können auch nicht einfach Umschichtungen aus anderen investiven Bereichen des Bundeshaushalts vornehmen; denn wir brauchen Mittel für Investitionen mehr denn je in diesem Bundeshaushalt.
    Ich frage Sie allen Ernstes: Was bleibt eigentlich anderes übrig, als mit dem vorhandenen Geld auszukommen und auch im Sozialbereich eine vernünftige Sparpolitik durchzusetzen? Genau dies tun wir.

    (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Sie finanzieren die Superreichen! Das ist Ihre Politik!)

    Da werden wir uns nicht beirren lassen, weil wir überzeugt sind, daß wir dies auch im Blick auf die Zukunft unserer Kinder tun müssen. Wir können doch nicht in einer Zeit, in der die Konjunktur einigermaßen läuft, so viel vervespern, daß für die uns Nachfolgenden nichts anderes übrigbleibt, als Schulden zu bezahlen. Deswegen müssen wir jetzt diesen vernünftigen Mittelweg bei den Sparmaßnahmen gehen. Ich bitte dafür um Unterstützung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir werden bei den nächsten Themen, die anstehen, sehen, ob Sie lernfähig sind. Ich spreche hier nur einmal das Thema Frührente wegen Arbeitslosigkeit an.

    (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Die Sie eingeführt haben!)

    - Natürlich haben wir die eingeführt, und zwar in einer Zeit, in der wir dieses arbeitsmarktpolitische Instrument dringend benötigten, um bestimmte Probleme im Zusammenhang mit der Einheit überhaupt bewältigen zu können. Wir müssen aber auch darüber reden, wie wir solche Instrumente abändern können.
    Ich bin gespannt, ob Sie den Weg mitgehen, beim Umbau des Sozialstaates große Veränderungen vorzunehmen, die Möglichkeiten auf diesem Gebiet

    Hans-Joachim Fuchtel
    sehr stark einzuschränken mit der Folge, daß die Tarifpartner für die Zukunft andere Lösungen finden müssen. Das soll nicht heißen, daß wir künftig weniger jungen Leuten den Weg auf den Arbeitsmarkt eröffnen möchten,

    (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Natürlich!)

    sondern das soll einfach heißen, daß es andere Herausforderungen an die Tarifpartner und wahrscheinlich auch an die Bundespolitik gibt. Wir müssen Wege finden, wie wir mit weniger Mitteln diese Probleme bewältigen.
    Beim Schlechtwettergeld, bei dem man uns von vielen Seiten beschimpft hat, ist uns ein solcher Weg gelungen. Obwohl wir von allen Seiten beschimpft wurden,

    (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: Zu Recht!)

    möchte ich mich jetzt bei den Tarifpartnern dafür bedanken, daß es gelungen ist, entsprechende Regelungen zu treffen. Sie haben einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, daß ein Umbau des Sozialstaates im positiven Sinne möglich ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU Zuruf von der SPD: Sie haben die Tarifpartner erpreßt, Herr Fuchtel!)

    - Zur Initiative gezwungen; da gebe ich Ihnen recht, Herr Kollege. Wir müssen als Parlament die Tarifpartner zur Initiative zwingen, wenn sie nicht selber initiativ werden. Auch das ist eine Führungsaufgabe der Politik. Der stellen wir uns gerne. Mit diesem Haushalt leisten wir dazu einen Beitrag.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Kollegin Andrea Fischer, Bündnis 90/Die Grünen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Andrea Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem IG-Metall-Vorsitzenden müssen in den letzten Tagen wirklich die Ohren geklungen haben. Ich weiß nicht, ob in der Geschichte der Bundesrepublik jemals ein Gewerkschaftsvorsitzender soviel Lob bekommen hat wie Klaus Zwickel in den letzten Tagen. Dabei war ganz erstaunlich, von welchen Seiten das Lob kam.

    (Dr. Gisela Babel [F.D.P.]: Das hat Sie nicht geärgert, oder?)

    - Nein, ich stelle das nur fest.
    Ich will mich jetzt auch nicht mit der Kakophonie des Lobs bei den Arbeitgebern, die inzwischen nur noch wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen durch die Gegend laufen, beschäftigen; das ist hier nicht unser Thema. Aber alle Politiker in diesem Hause - heute haben wir das wieder gehört - haben sich lobend zu der Initiative von Herrn Zwickel geäußert: der Kanzler gestern, Herr Seehofer vorgestern und Herr Blüm hat schon am Sonntag einen Kommentar dazu geschrieben.
    Ich bin noch relativ neu in der Politik, Minister Blüm. Ich staune einfach, wie man so gute Nerven haben kann, mit der Arbeitslosenhilfereform auf den IG-Metall-Gewerkschaftstag zu gehen, sich dort hinzustellen und zu sagen: Liebe Leute, das habt ihr gut gemacht; ihr macht Zugeständnisse. Aber dann wird so getan, als hätte man selber damit nichts, aber auch gar nichts zu tun.
    Dieses Bündnis der IG Metall ist ein Bündnis auf Gegenseitigkeit. Das hat sich auch an die Politik gerichtet.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Sie legen uns hier aber einen Haushalt vor, mit dem Sie sagen: Gut, ihr von der IG Metall könnt hier Zugeständnisse machen, noch und nöcher, aber wir lassen uns davon überhaupt nicht beeindrucken. Im Gegenteil, Sie haben in diesen Haushalt bereits die Ergebnisse, die Sparergebnisse eines Gesetzes hineingeschrieben, das wir erst morgen in erster Lesung hier behandeln. Da fühle ich mich als Parlamentarierin doch ziemlich merkwürdig behandelt.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Aber Sie kennen das doch schon!)

    Noch einmal: Die IG Metall ist mit ihrem Angebot befristeter Einstiegstarife und tarifpolitischer Zurückhaltung wirklich über ihren eigenen Schatten gesprungen. Ob das ökonomisch wirklich dazu führt, daß mehr Leute eingestellt werden, ist unsicher. Die IG Chemie verfügt noch nicht über eine systematische Auswertung der Ergebnisse ihrer Tarifverträge, aber es zeichnet sich ab, daß die Ergebnisse nicht so beachtlich sind, wie sie das gerne hätte und wie auch wir das selbstverständlich gerne hätten.
    Daß die Gewerkschaft so weit geht und über ihren eigenen Schatten springt, zeigt doch, welche Bedeutung sie der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beimißt. Aber Sie lassen die ausgestreckte Hand der IG Metall in der Luft hängen. Sie ignorieren, wie großmütig dieser Schritt ist. Statt dessen planen Sie die Mittel, die mit der Arbeitslosenhilfereform und der Kürzung der aktiven Arbeitsförderung freigesetzt werden, zum Stopfen von Haushaltslöchern fest ein.
    Bei dieser 3,4-Milliarden-DM-Arbeitslosenhilfereform streichen Sie die originäre Arbeitslosenhilfe. Das lassen Sie finanzieren von Asylbewerbern, die jetzt insgesamt drei Jahre von den berüchtigten sogenannten Freßpaketen leben müssen. Sie senken die Leistungen ab, d. h. Sie lassen die Erwerbslosen selber zahlen. Kollegin Wegner hat schon darauf hingewiesen, daß das Argument, mit dem Herr Blüm das immer vorträgt, offensichtlich nicht sehr stichhaltig ist. Und selbstverständlich - darauf hat die Kollegin Wegner ebenfalls hingewiesen - sanieren Sie den Bundeshaushalt auf Kosten der Kommunen.
    Dann kommt noch eins drauf: Sie verschärfen die Zugangsbedingungen zur aktiven Arbeitsförderung, und das heißt am Ende nichts anderes, als daß die jetzigen Arbeitslosengeldbezieher von jetzigen Arbeitslosenhilfebeziehern verdrängt werden. Darf ich Sie daran erinnern, daß aktive Arbeitsförderung -

    Andrea Fischer (Berlin)

    Umschulung und Qualifizierung - einen guten ökonomischen Grund hat, nämlich den „Marktwert" von Arbeitslosen, an dem Ihnen sonst immer so viel liegt, zu erhalten?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD Uta Titze-Stecher [SPD]: Das wollen die ja gar nicht!)

    Wir hatten erst vor wenigen Wochen in diesem Haus eine Sozialhilfedebatte. Die Sozialhilfereform geht von der Prämisse aus - die Bundesregierung hat sie an den Anfang ihres Gesetzentwurfs geschrieben -, Sozialhilfebedürftigkeit sei nicht vermeidbar. Das bestreite ich ohnehin schon entschieden. Das hatten wir hier vor ein paar Wochen. Aber was Sie jetzt tun, ist, systematisch den Sozialhilfebezug herzustellen. Also sagen Sie den Arbeitslosen: Wir haben euch aufgegeben, wir schreiben euch ab, wir schieben euch ab in das Sozialhilfesystem. Ihr interessiert uns nicht mehr, ihr sollt möglichst billig sein und euch mit dem Mindesten zufriedengeben, was unsere Gesellschaft euch zur Verfügung stellt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf von der CDU/CSU: Das habt ihr auch gemacht! Das paßt gut zu den Grünen! - Gegenruf von der SPD: Das sind die sogenannten Christen da drüben!)

    Jahrelang sind die Gewerkschaften denunziert worden. Sie haben immer von Arbeitsplatzbesitzern geredet, die sich gegen die Ansprüche derjenigen abschotten würden, die keinen Arbeitsplatz haben. Das großmütige Angebot der IG Metall widerlegt diese Denunziation. Es zeigt, daß die Gewerkschaften hier durchaus offen sind. Deswegen sind Sie, Herr Blüm, jetzt am Zug. Sie können nicht mit der Haushaltskeule kommen und damit Ihr Nichtstun rechtfertigen wollen.
    Der Kollege Fuchtel hat gerade ausführlich begründet, wie konzeptionslos die Opposition sei.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Da hat er doch recht!)

    Darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Anträge der Bündnisgrünen-Fraktion lenken. Wir fordern erstens die Erhöhung der Arbeitslosenhilfegelder, wir fordern zweitens eine weitere Erhöhung der aktiven Arbeitsförderungsmittel. Das sind muntere 7 Milliarden DM.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: 6,9 Milliarden DM, wie wollen Sie denn das Loch stopfen?)

    - Wir haben eine lange Liste mit Streichvorschlägen vorgelegt.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Ich habe heute nur Anträge von Ihnen gesehen mit Mehrkosten! 6,9 Milliarden DM, das sollten Sie sich ansehen!)

    - Nein, das ist nicht wahr. Wir haben Anträge vorgelegt - -

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Zwei, Frau Kollegin!)

    - Frau Kollegin, Sie sind doch viel länger in der Haushaltspolitik als ich. Sie wissen doch, daß das in verschiedenen Anträgen läuft und nicht in einem.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Zwei Anträge!)

    - Frau Kollegin Albowitz, das ist doch falsch und demagogisch, was Sie hier sagen. Es gibt auch andere Anträge, in denen Sie finden können, wo wir streichen. Jetzt erzählen Sie hier keine Lügen! Im übrigen will ich darauf hinweisen, daß wir alle unsere Anträge mit Deckungsvorschlägen versehen haben. Ich will Sie exemplarisch darauf hinweisen, daß unter anderem eine Subvention gekürzt wird, die Entfernungspauschale, moderat, damit es sozial verträglich ist. Das macht über 1 Milliarde DM aus und greift die wegweisende Idee der IG Metall auf, daß nämlich die Beschäftigten Solidarität mit den Beschäftigungslosen zu üben haben. Deshalb finde ich, daß Sie sich dies durchaus als Beispiel dafür nehmen müssen, daß auch in Zeiten knapper Kassen Solidarität möglich und notwendig ist.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

    Ich möchte noch zu einem weiteren Beispiel für die konzeptionslose Politik der Bundesregierung kommen. Arbeitsminister Blüm ist seit vielen Jahren als die „Glucke der Sozialversicherung" bekannt. Sein Lieblingskind hätschelt und pflegt er.

    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Er gakkert wenigstens nicht nur!)

    Ich habe noch einmal genauer hingeschaut, was der Hüter der Beitragszahlergelder in den Jahren seit der deutschen Einheit mit ihnen gemacht hat. Seit 1991 sind die Rentenversicherungsbeiträge dreimal gesenkt worden, wenn auch nicht deshalb, weil die Rentenversicherungskassen übergequollen wären.

    (Zuruf des Abg. Julius Louven [CDU/CSU])

    - Entschuldigung, Kollege Louven, wir sind hier jetzt nicht im Dialog. Entweder stellen Sie mir eine Zwischenfrage, oder Sie lassen mich reden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Ina Albowitz [F.D.P.]: Was haben Sie denn für ein Verständnis von Parlamentarismus?)

    Sie haben 1991 den Beitragssatz um einen Prozentpunkt gesenkt. Damit wurden aus der Rentenkasse muntere 14 Milliarden DM genommen. Das ist aber nicht deshalb gemacht worden, weil es da so gut aussah, sondern damit die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler nicht merken, daß gleichzeitig der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung erhöht wurde. Diese Operation machte man insgesamt dreimal; jetzt sind die Rücklagen aufgezehrt. Deswegen steigen Anfang nächsten Jahres die Rentenversicherungsbeiträge.
    Das Altersübergangsgeld haben Sie in den letzten drei Jahren von 13,5 Milliarden DM auf 2,5 Milliarden DM gekürzt. Diese Lasten entfallen jetzt auf die Rentenversicherung. Ferner haben Sie vorgesehen - um bei der Arbeitslosenhilfe zu entlasten -, daß ältere Arbeitslose vorzeitig in Rente gehen sollen. Diese Lasten gehen gleichfalls in die Rentenversicherung.

    Andrea Fischer (Berlin)

    Schließlich haben wir letzte Woche einen Gesetzentwurf verhandelt mit der Folge, daß der Zugang zu Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten erschwert wird. Diese Lasten werden dann bei der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe anfallen, weil, so das Argument, die Rentenversicherung für das Risiko der Arbeitslosigkeit nicht zuständig sei.
    Wenn man das alles zusammennimmt, muß ich feststellen: Uns ist nicht ganz klar, was Sie denn nun wollen. Es wirkt, als würde permanent nur verschoben.
    Ich komme noch einmal auf den längst beklagten Skandal der Finanzierung der Einheitskosten in der Sozialversicherung zu sprechen. Ich will in diesem Zusammenhang zwei kritische Anmerkungen zu den versicherungsfremden Leistungen, die wir alle ständig kürzen wollen, machen. Wir alle sind uns einig, daß da etwas geschehen muß.
    Erstens gibt es, wie ich finde, einen sehr besorgniserregenden Zungenschlag in dieser Debatte. Ich weise darauf hin, daß die Sozialversicherung bewußt einen Unterschied zur Privatversicherung aufweist. Die Beitrag-Leistung-Äquivalenz ist hier nicht komplett möglich und auch nicht gewollt; denn der Sinn der Sozialversicherung liegt unter anderem eben auch in der Gewährung sozialen Ausgleichs. Diesen möchte ich auch in der Debatte über versicherungsfremde Leistungen nicht denunziert wissen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Zweitens finde ich das Wehklagen darüber, daß wir versicherungsfremde Leistungen abbauen müssen, inzwischen auch deswegen ein bißchen ermüdend, weil von seiten der Bundesregierung meines Erachtens überhaupt keine vernünftigen Vorschläge kommen. Man müßte dafür ja Gelder in unglaublicher Höhe aufwenden. Im bündnisgrünen Ökosteuerkonzept ist vorgesehen, aus dem Aufkommen der Ökosteuer im Laufe von zehn Jahren 80 Milliarden DM für die Senkung der Beitragssätze zu verwenden. 80 Milliarden DM sind - das wissen wir alle - sechs Beitragssatzpunkte. Vom heutigen Standpunkt aus ist das irre viel. Es zeigt aber auch, wieviel Mut und wieviel Gestaltungswillen man aufbringen muß, damit so etwas überhaupt gelingen kann.

    (Beifall der Abg. Simone Probst [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Jetzt komme ich noch zu einer letzten Sünde - der Kollege Fuchtel hat davon schon gesprochen -, der Frühverrentungsdebatte. Der frühere Zugang zur Rente ist ja erst vor wenigen Jahren von dieser Bundesregierung eingeführt worden. Begründung: hohe Arbeitslosigkeit; die Jungen sollen eine Chance haben, in den Arbeitsmarkt zu kommen; dann können doch die Älteren ein bißchen früher gehen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist bekanntlich unverändert. Also, was passiert jetzt, wenn wir hinten wieder dichtmachen? Dann sind entweder die Jungen die Blöden, weil sie nicht in den Arbeitsmarkt hereinkommen, oder die Betriebe denken sich andere Gründe aus, um die Alten zu entlassen.
    Herr Minister Blüm, natürlich ist es in hohem Maße ärgerlich, daß die Arbeitgeber erst ihre Betriebe mit Hilfe der Möglichkeit der Frühverrentung verschlanken und sich am nächsten Tag darüber beklagen, daß der Sozialstaat zu teuer sei. Aber darüber muß man doch eine politische Auseinandersetzung führen, anstatt mit diesem Nullsummenspiel die Arbeitslosigkeit zwischen den Generationen zu verschieben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wenn man sich die Politik insbesondere im Bereich der Sozialversicherung in den letzten Jahren anschaut, dann stellt man fest, daß man so tut, als sei die Massenarbeitslosigkeit ein neues, überraschendes Phänomen, das uns gerade überkommen hat, so daß man deshalb hektisch immer neue Verschiebungen vornehmen müsse. Dieses Phänomen ist alt; wir beklagen es auch schon sehr lange. Aber das rechtfertigt um so weniger, in diesem Bereich mit hektischen Operationen Haushaltsmittel hin- und herzuschieben. Ich glaube, ich konnte eben deutlich machen, daß in den vergangenen vier, fünf Jahren einiges hin- und hergeschoben wurde, ohne daß man ein Konzept für die Sozialversicherung gestaltet hat, mit dem sie mit dieser Situation fertig wird.
    Natürlich müssen wir die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Aber gleichzeitig müssen wir die Tatsache zur Kenntnis nehmen, daß die Sozialversicherung auch darauf ausgerichtet werden muß, daß Menschen über längere Zeiträume erwerbslos sind. Sie dürfen nicht damit bestraft werden, daß wir sie aus diesem System hinausdrängen. Das kann nicht der Sinn der Sozialversicherung sein. Deswegen rufe ich Sie zu einer seriösen Reformdebatte auf, die diese Probleme einbezieht und die mit den jungen Menschen redet - mit ihren permanenten Manövern verunsichern Sie diese nämlich nur -, damit die vielen Fragen an die Zukunft der Sozialversicherung beantwortet werden.
    Der Haushaltsplan 11 geht garantiert den falschen Weg. Wir lehnen ihn ab und empfehlen die bündnisgrünen Anträge der Regierung zum Nachsitzen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)