Rede von
Erwin
Marschewski
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Günter Graf, wenn Sie Lösungsansätze der Union oder der Bundesregierung vermißt haben, dann müssen Sie sehr vieles vergessen haben. Wir haben das Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingebracht, mit verdecktem Ermittler, mit Vermögenseinziehung. Da haben Sie nein gesagt. Wir haben das Geldwäschegesetz eingebracht. Da haben Sie nein gesagt. Wir haben das Verbrechensbekämpfungsgesetz eingebracht, mit Kronzeugenregelung, mit Bundesnachrichtendienst. Da haben Sie nein gesagt. Erst nach vielen Stunden und Tagen im Vermittlungsausschuß haben Sie dem Ganzen zugestimmt. Ich denke, daß Sie vieles verschlafen haben müssen, wenn Sie hier eine solche Aussage treffen.
Wir haben dies natürlich getan, weil wir gesagt haben: Die Sicherheit vor Verbrechen ist ein Menschenrecht. Es ist kein Populismus, wenn man die Kriminalitätsfurcht der Bürger ernst nimmt, auch wenn sie nicht immer der objektiven Sicherheitslage entspricht. Der Staat hat, so meine ich, nicht nur für die Eindämmung der Kriminalitätsphänomene zu sorgen, sondern auch für die Eindämmung der Bedrohtheitsgefühle, weil sie die Lebensqualität und letzten Endes die freiheitliche Demokratie beeinträchtigen.
Wir wollen keinen gesetzgeberischen Aktionismus. Wir wollen keine Gesetzesverschärfungen um ihrer selbst willen. Nur, die rasante Entwicklung der Technik und die weltpolitischen Umbrüche haben natürlich zu einer dramatischen Veränderung der Welt des Verbrechens geführt. Denken Sie doch an die ehemalige Sowjetunion. Denken Sie an die Schmuggelei von spaltbarem Material. Denken Sie doch an die Zwangsprostitution, die Verschleppung junger Mädchen und Frauen nach Westeuropa.
Unsere Sicherheitslage hat sich beträchtlich verändert.
Deswegen brauchen wir neue, verschärfte Gesetze, um dieser Sicherheitslage zu begegnen.
Wir müssen - erstens - die Mobilkommunikation denselben Abhörmöglichkeiten unterwerfen, wie es beim herkömmlichen Fernmeldeverkehr der Fall ist.
Dies gilt genauso für Mailboxen.
Zweitens wollen wir das BKA-Gesetz dringend modernisieren. Hierzu liegt ein Entwurf der Bundesregierung vor. Noch ein Satz zur Eigensicherung der Bundeskriminalbeamten: Wir können nicht hinter dem zurückbleiben, was für die meisten Polizeibeamten der Länder möglich und nötig ist. Ich halte es für dringend erforderlich, hier etwas zu unternehmen.
Drittens. Natürlich lernt man aus der neuen, sich verändernden Sicherheitslage. Selbstverständlich müssen und werden wir das Geldwäschegesetz reformieren. Wir halten es für richtig, den Vortatenkatalog des § 261 StGB zu erweitern. Wir müssen die Beweisführung erleichtern, dürfen die Beweislast aber nur dann umkehren, wenn dies wirklich vonnöten ist. Ganz wichtig ist: Um letzten Endes an die Drahtzieher der organisierten Kriminalität heranzukommen, müssen wir es ermöglichen, das Schwarzgeld weiter fließen zu lassen. Nur so kommen wir an die Gangster im Hintergrund heran.
Ich bedauere, daß Sie es damals im Vermittlungsausschuß abgelehnt haben, die Hauptverhandlungshaft einzuführen.
Ich glaube, spätestens die Chaostage in Hannover müssen Sie gelehrt haben, daß es dringend vonnöten ist, diese Hauptverhandlungshaft einzuführen
einfach deswegen, weil die Strafe auf dem Fuße folgen muß. Das gilt natürlich auch für Sie, Herr Kollege Fischer.
Erwin Marschewski
- Ich habe im Augenblick das Mikrophon; deswegen bin ich etwas im Vorteil.
Die Innenpolitik der kommenden Jahre steht vor großen Herausforderungen. Ich bedanke mich bei den Haushältern, daß wir im Etatbereich Erhöhungen haben vornehmen können. Mein herzlicher Dank gilt meinem Freund Klaus-Dieter Uelhoff. Herzlichen Dank für die Tätigkeit im Sinne und zugunsten der inneren Sicherheit.
Meine Damen und Herren von der SPD, ich biete Ihnen erneut an zusammenzuarbeiten. Das ist nötig. Wir haben damit in der Vergangenheit im Bereich der Asylgesetze gute Erfahrungen gemacht. Beim Verbrechensbekämpfungsgesetz war dies, Herr Kollege Schily, zumindest im Vermittlungsausschuß letzten Endes in Ordnung.
Zum Schluß: Eine liberale Rechtsordnung ist auf wirkungsvolle Gesetze und auf ihre Durchsetzung angewiesen, wenn sie nicht zum Gespött werden soll und wenn das ohnehin geschwächte Rechtsbewußtsein nicht weiter der Erosion ausgesetzt werden soll.
Herzlichen Dank.