Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Rübenkönig, Ihre Rede war eine polemische Pflichtübung, die wir von Ihnen im Haushaltsausschuß nicht gewöhnt sind. Aber offensichtlich muß man hier diese Pflichtübung absolvieren.
Lassen Sie mich nur ganz kurz zur Sozialhilfereform und zu Ihren Krokodilstränen wegen der Kommunen sagen: Stimmen Sie doch dem Asylbewerberleistungsgesetz zu. Dann werden wir erreichen, daß 940 Millionen DM zugunsten der Kommunen angesetzt werden können.
Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß der Bund bei der Sozialhilfereform überhaupt nicht profitiert. Die Nutznießer der Sozialhilfereform werden die Länder und die Kommunen sein. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, und Sie müssen zu einer sachlichen Diskussion zurückfinden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Politik der Haushaltskonsolidierung und der Senkung der Neuverschuldung geht weiter. Dies muß auch für den Einzelplan 15 gelten. Wie in allen anderen Ressorts, Herr Kollege Rübenkönig, herrscht auch hier das Diktat des strikten Sparzwangs.
In schwierigen Verhandlungen wurde der Etat gegenüber dem Regierungsentwurf insgesamt um noch einmal 5,3 Millionen DM reduziert, so daß dem Bundesgesundheitsministerium im Haushalt 1996 rund 799 Millionen DM zur Verfügung stehen. Damit sind die Ausgaben insgesamt um etwa 12 Millionen DM reduziert worden. Das sind rund 1,5 Prozent weniger als 1995. Diese Marschrichtung haben wir angestrebt. Ich glaube, dies ist ein Ergebnis, mit dem wir und auch das Haus zufrieden sein können.
Um dies klar zu sagen: Die Sorgen um Einbußen in der Qualität der Gesundheitsversorgung sind gegenstandslos. Das deutsche Gesundheitswesen bleibt trotz der knappen Haushaltslage nach wie vor an der Spitze in der gesamten Welt. Viele Staaten beneiden uns um das Gesundheitswesen in Deutschland.
Die wichtigsten Ausgabenschwerpunkte sind wie 1995 die Maßnahmen gegen Drogen und Sucht, die Bekämpfung von Krebs und von Aids. Neu sind die Mittel für die aus dem Einzelplan 17 übernommene Sozialhilfe.
Die CDU/CSU-Fraktion sieht in einer konsequenten Antidrogenpolitik weiterhin einen wichtigen Teil der Gesundheitspolitik. Der Bund stellt 1996 46,5 Millionen DM für die Bekämpfung des Drogen- und Suchtmittelmißbrauchs zur Verfügung. Davon werden allein 21,7 Millionen DM für Aufklärungsmaßnahmen verwandt. Der Gesamtansatz bleibt somit knapp 1 Million DM unter dem Vorjahresniveau; aber wir werden alle Modellprojekte, die vorgesehen sind, fortführen können.
Die Mittel für die Krebsbekämpfung belaufen sich auf 22,2 Millionen DM. Der Aufbau der Einrichtungen für die Krebsmedizin in den neuen Ländern ist erfreulicherweise stark fortgeschritten. Der Finanzansatz kann etwas zurückgenommen werden, weil die Medizin hier sehr gut ausgebaut worden ist.
23 Millionen DM sind für die Bekämpfung von Aids vorgesehen. Von diesen werden 18 Millionen DM in die Aufklärung und 5 Millionen DM in die Forschung gegeben. Die Ausgaben für den HIV-Fonds fallen 1996 weg, da der Bund im Jahre 1995 seine Leistungen vollständig erbracht hat.
Nun hätten - Sie haben das angeführt - die Kollegen von der Opposition und auch der Bundesrat lieber eine um 2 Millionen DM höhere Summe bei der Aidsaufklärung gesehen. Ihr Vorschlag, dazu 2 Millionen DM beim Bundespresseamt einzusparen, wo wir schon sehr eingespart haben, ist reine Polemik und trägt nicht zu einer sachdienlichen Erörterung bei.
Für die Aidsaufklärung waren - das haben Sie offensichtlich vergessen - in der mittelfristigen Finanzplanung ursprünglich weit niedrigere Ansätze vorgesehen. Die Verstetigung des Ansatzes auf 18 Millionen DM, die für den gesamten Finanzplan gelten wird, ist ein großer Erfolg. Insgesamt werden bis zum Jahre 1999 somit 74 Millionen DM für die Aidsaufklärung aufgewendet werden gegenüber in der Finanzplanung ursprünglich einmal vorgesehen gewesenen 30 Millionen DM. Ich glaube, dies kann sich sehen lassen.
Ein weiterer wichtiger Ausgabeposten ist die gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung. Die Bundeszentrale wird 1996 13,6 Millionen DM erhalten. Dies sind in etwa 3 Millionen DM mehr als 1995.
Roland Sauer
Damit ist es möglich, für die Organspende, die für sehr viele Menschen lebensnotwendig ist, eine großangelegte Kampagne zu starten.
Zu nennen sind unsere Beiträge in Höhe von 61 Millionen DM zum internationalen Gesundheitswesen. Wir zahlen mit dieser Summe praktisch einen der höchsten Beiträge und tragen in erheblichem Maße dazu bei, daß Gesundheitsschutz und Gesundheitsvorsorge auf der ganzen Welt verbessert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine vorausschauende Gesundheitspolitik muß ihr besonderes Augenmerk auf die Forschung und die Sicherung qualifizierter Arbeitsplätze legen. In der Tat messen wir der Forschung eine sehr hohe Bedeutung zu. Im Finanzplan des Bundesministeriums für Gesundheit werden rund 18 Millionen DM für die Ressortforschung aufgewendet. Von dieser Summe sind allein 14 Millionen DM für Forschungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens vorgesehen. Der Ansatz für die Bund-Länder-Forschung wurde von 44 auf 60 Millionen DM angehoben. Wir werden Deutschland auch in Sachen Gesundheitsforschung für das 21. Jahrhundert fit machen.
Wie schon 1995 gelang es uns - hier schließe ich die Kollegen von der Opposition ausdrücklich ein -, in den neuen Bundesländern weiter befristete Zeitstellen zu sichern und so einen wichtigen Beitrag zur Qualität des Gesundheitswesens, aber auch zur Sicherung der Arbeitsplätze in den neuen Ländern zu leisten. Im Robert-Koch-Institut wurden 41 befristete Ost-Stellen für die nächsten Jahre weiter gesichert. Möglich wurde dies, da wir, wie gesagt, die Forschungsmittel aufgestockt haben und so die externe Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter ermöglicht wurde.
Hochqualifizierte Fachkräfte in der RKI-Zentrale in Berlin sowie in den Außenstellen Bad Elster, Karlshorst und Schöneweide werden so auch in Zukunft ihren Dienst versehen können.
Das Paul-Ehrlich-Institut wird in Zukunft neben den acht bereits bewilligten Stellen über 18 zusätzliche Fachkräfte zur Bearbeitung von Zulassungsanträgen für Blutzubereitungen verfügen können. Insgesamt werden dann 26 Spezialisten im Paul-Ehrlich-Institut zur Kontrolle von Blutzubereitungen eingesetzt werden. Durch zusätzliche Zulassungsgebühren werden die Aufwendungen für diese 18 neuen Stellen mehr als finanziert.
Es geht uns beim Paul-Ehrlich-Institut aber nicht nur um Arbeitsplätze. Es geht uns vor allem auch darum: Ein Blutskandal, wie wir ihn im letzten Jahr hatten, darf in Deutschland nie wieder vorkommen.
Die Personalverstärkung im PEI dient daher auch und vor allem der Sicherheit des Verkehrs mit Blut und Blutprodukten.
Lassen Sie mich ein Wort zur dritten Stufe der Gesundheitsreform sagen. Für den Haushaltspolitiker
geht es hier natürlich besonders um konkrete Ausgabenbegrenzungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen. Machen wir uns nichts vor: Der Rotstift muß ganz entschieden bei den Krankenhäusern angesetzt werden. Dies soll nun auch geschehen. Die Krankenhausausgaben wachsen seit Jahren doppelt so schnell wie die anderer Leistungssektoren und liegen derzeit mit über 74 Milliarden DM bei einem Drittel der gesamten Leistungsausgaben. Ziel muß es daher sein, eine Konsolidierung der Krankenhausausgaben zu erreichen.
Ich will nur kurz auf die schwierige Situation bei der Pflegepersonalregelung und bei den Kosten für die Erhaltungsinvestitionen eingehen. Von 1992 bis 1995 wurden in 2 400 deutschen Krankenhäusern statt der erwarteten 13 000 über 20 000 Stellen an Pflegepersonal geschaffen und neu besetzt. Würden wir hier nicht schnell reagieren, wäre für 1996 mit weiteren 7 000 neuen Pflegestellen und einer weiteren halben Milliarde Mark Ausgaben zu rechnen. Wir beabsichtigen daher, die Pflegepersonalregelung vorübergehend auszusetzen und so 1996 rund 700 Millionen DM einzusparen.
Dringlich ist auch, die Länder endlich wieder für die Erhaltungsinvestitionen der Krankenhäuser verantwortlich zu machen. Zentraler Punkt ist dabei die Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Die Instandsetzungsinvestitionen für die Krankenhäuser müssen zumindest für eine Übergangszeit von drei Jahren, nämlich 1996 bis 1998, von den Ländern übernommen werden.
- So ist es. Wir werden versuchen, diese Notwendigkeit auch der starken Lobby aus Ländern und Landräten klarzumachen und rigorose Sparmaßnahmen durchzusetzen. Länder und Kommunen müssen ihrer Verantwortung für das Gesundheitswesen nachkommen und können die finanziellen Belastungen nicht länger allein auf den Bund abwälzen.
Selbstverständlich findet dies die Kritik der schmucken Riege der sozialdemokratischen Ministerpräsidenten.
- Wir hoffen, liebe Uta Titze-Stecher, daß diese Riege sehr bald kleiner wird.
Auch Herr Dreßler drischt kräftig auf uns ein. Wir werden uns aber dadurch nicht beirren lassen.
Gleiches gilt im übrigen auch für den sogenannten Gesundheitsexperten der F.D.P., der heute nicht anwesend ist. Herr Möllemann war gut beraten, zu einer sachlichen Mitarbeit zurückzukehren.
Einen Wettbewerb im Gesundheitswesen zu Lasten
der Versicherten wird es mit uns, der Union, nicht ge-
Roland Sauer
ben. Es wäre auch unsinnig gewesen, die Krankenhausreform auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben, um der Konfrontation mit den Ländern aus dem Wege zu gehen. Beides wird mittlerweile - dies ist erfreulich, Herr Thomae - auch in den Reihen der F.D.P. so gesehen. Das geplante Vorschaltgesetz zur Gesundheitsreform wird es uns ermöglichen, mehrere Milliarden Mark einzusparen.
Damit kann eine Beitragserhöhung in 1996 aller Voraussicht nach verhindert werden.
Lassen Sie mich noch ein Wort zur Sozialhilfereform sagen, weil hier die Polemik vorher fröhliche Urständ feierte. Wenn in den letzten Monaten über die Finanzierung der Sozialhilfe gesprochen wurde, hörte man von seiten der Opposition oft die Schlagworte „Kahlschlag" und „Sozialabbau". Nichts davon ist wahr. Würden wir die Regelsätze der Sozialhilfe jetzt nicht an das Nettoeinkommen anbinden, dann hätten wir ähnliche Steigerungsraten bei den Regelsätzen wie in den letzten Jahren. Dies allein würde 1996 zu Mehrkosten von 2 bis 3 Milliarden DM führen. Wenn Nettolöhne niedriger sind als Lohnersatzleistungen oder als Sozialhilfeleistungen, dann motiviert dies nicht, eine reguläre Arbeit aufzunehmen.
Noch ein Wort zu Kürzungen bei der Sozialhilfe. Hier wird ja nicht in die Tasche der alleinstehenden Frau und Mutter oder der armen Rentnerin gegriffen, sondern unser Grundsatz ist ganz klar: Nur wer eine zumutbare Arbeit angeboten bekommt und sie ablehnt, der muß eine Kürzung seiner Sozialhilfe hinnehmen.
Da kann man doch als Opposition nicht dagegen sein! Sprechen Sie doch mal mit den Bürgern draußen auf der Straße!
Lassen Sie mich ein letztes Wort zur Drogenpolitik sagen. Die CDU-Bundespartei und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erteilen allen Bestrebungen, sogenannte weiche Drogen zu legalisieren oder gar harte Drogen wie Heroin abzugeben, eine klare Absage.
Mit uns wird es diesen falsch verstandenen Liberalismus in der Drogenpolitik nicht geben.
Wir wissen uns dabei im Einklang mit der übergroßen Mehrheit unserer Bürger.
Eine verantwortungsvolle Drogenpolitik besteht für uns auch weiterhin aus den drei Säulen Prävention, drogenfreie Therapie mit Nachsorge und Reintegration sowie konsequente Repression gegen die
Rauschgifthändler. Jeder dieser drei Bereiche ist gleich wichtig.
Sie sind die tragenden Säulen des nationalen Rauschgiftbekämpfungsplans.
Wir versuchen mit unserer Antidrogenpolitik, den Einstieg in die Droge zu verhindern,
den bereits Süchtigen zu helfen und Drogenkarrieren schnell zu beenden. Unser Ziel bleibt ein drogenfreies Leben. Dies müssen wir gerade der jungen Generation klarmachen.
Lassen Sie mich einen letzten Satz sagen. Wir werden die Fehler der Schweden nicht wiederholen. Dort hatte man sich in den 60er Jahren auf eine weitgehende Liberalisierung und Drogenfreigabe geeinigt. Das Ergebnis war: Die Drogenkonsumentenzahl wuchs rapide an, die Todes- und die Kriminalitätsrate gingen nicht zurück.
Inzwischen haben die Schweden in einer großen nationalen Übereinstimmung unter Führung der Sozialdemokraten von Ingvar Carlsson das Ruder herumgeworfen und die gescheiterte Drogenpolitik radikal geändert.