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ID1306602400

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    Plenarprotokoll 13/66 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 66. Sitzung Bonn, Dienstag, den 7. November 1995 Inhalt: Gedenkworte für den ermordeten israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin 5643 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Meinolf Michels 5643 D Abwicklung der Tagesordnung . . . . 5643 D Zur Geschäftsordnung Dr. Dagmar Enkelmann PDS 5644 A Joachim Hörster CDU/CSU 5644 D Dr. Peter Struck SPD 5645 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5645 C Jörg van Essen F.D.P. . . . . . . . . 5646 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksachen 13/2000, 13/2593) . . . 5646 C Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 13/2601, 12/2626) 5646 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 13/2602, 13/2626) 5646 D Rudolf Purps SPD 5646 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5647 B Dr. Christa Luft PDS 5647 C Ina Albowitz F.D.P. 5647 D Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 13/2603, 13/ 2626) 5648 C Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 13/2608, 13/2626) . . . 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 13/2623) . 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 13/2625) 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 13/ 2619, 13/2626) 5649 A Karl Diller SPD 5649 A Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU . . 5656B, 5661 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 5661 A, 5677 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5661 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 5664 B Eckart Kuhlwein SPD . . 5667 C, 5686 D, 5689 A Dr. Barbara Höll PDS 5668 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 5670 B Joachim Poß SPD 5678 A Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . 5682 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5684 A Jürgen Koppelin F.D.P 5686 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 5687 D Susanne Jaffke CDU/CSU 5688 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5688 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . 5689 B Manfred Hampel SPD 5690 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 5692 A Frederick Schulze CDU/CSU 5693 B Wilfried Seibel CDU/CSU . . . . . . 5694 A Rolf Köhne PDS 5696 A Karl Diller SPD (Erklärung nach § 31 GO) 5696 B Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/2610, 13/2626) 5697 A Ilse Janz SPD 5697 A Bartholomäus Kalb CDU/CSU . 5700B, 5707 A Dr. Gerald Thalheim SPD . 5701 A Marianne Klappert SPD . . . . . . . 5701 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5703 C Ulrich Heinrich F. D. P. 5704 C Dr. Günther Maleuda PDS 5705 D Dr. Gerald Thalheim SPD 5706 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 5707 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5708 B Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 5710 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . 5711 A Jochen Borchert CDU/CSU. . . 5711 B Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit (Drucksachen 13/2615, 13/2626) . . 5711 D Gerhard Rübenkönig SPD 5712 A Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU . . 5715 A Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5717 D Dr. Dieter Thomae F.D.P 5719 A Dr. Ruth Fuchs PDS 5720 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 5721 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5722 B Karl Diller SPD 5723 C Nächste Sitzung 5724 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5725 *A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bartholomäus Kalb, Dr. Erich Riedl (München), Kurt Rossmanith (alle CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Einzelplan 03 (Tagesordnungspunkt I.3.) . . . 5725 *C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Dr. Antje Vollmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/2867 5726 *A 66. Sitzung Bonn, Dienstag, den 7. November 1995 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 07. 11. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 07. 11. 95 * Bindig, Rudolf SPD 07. 11. 95 * Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Dobberthien, SPD 07. 11. 95 Marliese Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 07. 11. 95 * Formanski, Norbert SPD 07. 11. 95 Großmann, Achim SPD 07. 11. 95 Haack (Extertal), SPD 07. 11. 95 * * Karl-Hermann Häfner, Gerald BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Hauchler, Ingomar SPD 07. 11. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 07. 11. 95 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 07. 11. 95 ** Klemmer, Siegrun SPD 07. 11. 95 Marten, Günter CDU/CSU 07. 11. 95 ** Marx, Dorle SPD 07. 11. 95 Meißner, Herbert SPD 07. 11. 95 Nickels, Christa BÜNDNIS 07. 11.95 90/DIE GRÜNEN Odendahl, Doris SPD 07. 11. 95 Rennebach, Renate SPD 07. 11. 95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Spiller, Jörg-Otto SPD 07. 11. 95 Steindor, Marina BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 07. 11. 95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 07. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bartholomäus Kalb, Dr. Erich Riedl (München), Kurt Rossmanith (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Einzelplan 03 (Tagesordnungspunkt I. 3.) Es wäre sehr naheliegend gewesen, dem Einzelplan 03 die Zustimmung zu verweigern. Deshalb bedarf das Abstimmungsverhalten einer Erläuterung: Verfassungsrecht hin, Bundeshaushaltsordnung her - man könnte, nein, man müßte gegen Beratung und Beschlußfassung dieses Einzelplanes im Sinne einiger Mitglieder des Verfassungsorganes Bundesrat erhebliche verfassungspolitische Bedenken geltend machen. Worauf gründet sich eigentlich die Erwartung, daß dieser Bundestag den Einzelplan 03 stets ohne Aussprache und meist einstimmig passieren läßt? Wer könnte denn, wenn es darauf ankommen sollte, uns zur Zustimmung veranlassen? Der Hinweis, das entspreche einer guten Übung, wäre verfassungspolitisch äußerst bedenklich, ja unter Umständen verfassungsrechtlich sogar sehr problematisch. Da von einigen im Norden unserer Republik beheimateten Mitgliedern des Verfassungsorganes Bundesrat vor kurzem neue Maßstäbe entwickelt wurden, sehen wir uns gezwungen, unser Abstimmungsverhalten hier zu begründen. Es darf nämlich auf keinen Fall der Eindruck entstehen, als würden wir ohne Verantwortungsbewußtsein oder gar gedankenlos einer Vorlage zustimmen. Um im Jargon zu bleiben: Auf keinen Fall darf sich der Eindruck festsetzen, wir seien hier nur willfährige „AbnickAuguste". Im übrigen wäre es sehr verdienstvoll, wenn Regelungen und Verfahren entwickelt werden könnten, die auf die Skrupel, Nöte und staatspolitischen Bedenken von Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten Rücksicht nehmen. Zumindest sollte man sie in Zukunft nicht in die peinliche Situation bringen, Leistungen für sich und ihre Organe aufgrund von sie begünstigenden Beschlüssen dieses Hauses in Anspruch nehmen zu müssen. Wenn wir dennoch diesem Haushalt zugestimmt haben, dann zum einen, weil der neue Präsident des Bundesrates den Willen zu einem guten Verhältnis zum Verfassungsorgan Bundestag bekundet und die Absicht, die jeweils originären Rechte der verschiedenen Verfassungsorgane zu respektieren, gemeinsam mit seinem sächsischen Ministerpräsidentenkollegen unter Beweis gestellt hat. Noch wichtiger ist uns aber folgendes: So reizvoll es wäre, Retourkutschen zu fahren - die Demokratie würde großen Schaden nehmen, wenn sich Verfassungsorgane weiterhin gegenseitig beschädigten. Als freie und unabhängige und im Gegensatz zu den Ministerpräsidenten unmittelbar vom Volk gewählte Abgeordnete - die meisten von uns direkt - tragen wir besondere Verantwortung, die für dumpfe Reaktionen keinen Raum läßt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Dr. Antje Vollmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/2867 Zu meinem Abstimmungsverhalten zum Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1996, Einzelplan 60, Titelgruppe 60 04, Sonderleistungen des Bundes, erkläre ich: Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich das Schicksal der Verhandlungen zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland entscheidet, ist es von größter Wichtigkeit, daß die von Bundeskanzler Kohl schon seit langem angekündigte Entschädigung von NS-Opfern in der Republik Slowakei und der Tschechischen Republik vom Bundestag durch die Bereitstellung der entsprechenden Mittel ermöglicht wird. Die Regierung und das Parlament der damaligen Tschechoslowakischen Republik haben aus eigenem Antrieb Vorleistungen an die tschechoslowakischen Opfer des Nationalsozialismus geleistet. Wie ich aus meiner intensiven Beschäftigung mit dem Problem der tschechisch-deutschen Aussöhnung weiß, ist es gerade jetzt an der Zeit, im Zuge der weiteren Vertiefung der tschechisch-deutschen und slowakischdeutschen Beziehungen, dieser Geste mit der Errichtung der Stiftungen entgegenzukommen. Der Änderungsantrag dient dazu, dies finanziell zu ermöglichen. Gerade hat Präsident Havel, der mit Engagement und Offenheit eine Versöhnung mit Deutschland wünscht und sucht, anläßlich seiner Unterredung mit Präsident Herzog nochmals auf die Notwendigkeit dieser Entschädigungen hingewiesen. Ich bin der Meinung, daß wir diesem Partner in der Versöhnung angesichts der sich in der entscheidenden Phase befindenden tschechisch-deutschen Verhandlungen, diese Unterstützung nicht verwehren können. Wir müssen jetzt dieses Signal setzen, weil es später so nicht mehr möglich ist. Darum stimme ich dem vorliegenden Änderungsantrag zu.
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    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Diller, ich kann Sie irgendwie ganz gut verstehen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Nel)

    Die SPD ist als Partei und als Fraktion schon lange gänzlich von der Rolle. Aus den Chaostagen im Sommer sind Wochen und sogar Monate geworden. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich verständlich, daß Sie nach einem politischen Szenenwechsel geradezu süchtig sind. Sie haben aber scheinbar nicht gemerkt, daß Sie zu diesem Anlaß das absolut falsche Thema und auch die falsche Zielscheibe gewählt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Karl Diller [SPD]: „Zielscheibe" sagt er zu Theo Waigel! Das müssen Sie zurückweisen, Herr Waigel!)

    Eines garantiere ich Ihnen: Der Arbeitsplatz von Theo Waigel ist garantiert sicherer als der Arbeitsplatz von Rudolf Scharping.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Abwarten! Weiterer Zuruf von der SPD: Der Waigel hat doch nur eine ABMStelle!)

    Ein Weiteres müssen Sie ertragen: Dem Bundeskanzler Helmut Kohl fällt nach 13 erfolgreichen Amtsjahren das Regieren allemal leichter als der SPD die Rolle der Opposition unter ihrem mittlerweile sechsten Gegenkandidaten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. - Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Peinlich! - Detlev von Larcher [SPD): Sagen Sie mal etwas zum Haushalt! - Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da fallen einem ja die letzten Haare aus!)

    Es trifft sich gut, daß der Finanzminister Theo Waigel inzwischen genauso lange im Amt ist

    (Dr. Peter Struck [SPD]: Viel zu lange, Herr Roth! Jetzt reicht es wirklich!)

    wie der zweite Finanzminister, den die Regierung Helmut Kohl gestellt hat, Gerhard Stoltenberg.

    (Zuruf von der SPD: Schlimm genug!)

    Wir sind auf beide Finanzminister stolz. Sie haben beide unsere Anerkennung; sie haben beide Großes geleistet. Beide haben immer unser Vertrauen gehabt.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.])

    Deshalb lautet die ruhige Botschaft dieser Haushaltswoche:

    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Die „frohe"!)

    Die Koalitionsfraktionen, CDU/CSU und F.D.P., werden den Bundeshaushalt 1996 in der zweiten und in der dritten Lesung mit ihrer stabilen Mehrheit so verabschieden, wie wir ihn in arbeitsreichen Wochen im Haushaltsausschuß fertiggestellt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Adolf Roth (Gießen)

    Dieser Bundeshaushalt ist ein klassischer Sparhaushalt.

    (Lachen und Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So kann man das auch nennen, Herr Roth!)

    - Herr Kollege Fischer, an Ihrer Stelle wäre ich etwas zurückhaltender. Ihr etwas verwahrloster hessischer Landesverband diskutiert jetzt auf Landesdelegiertentagungen, ob Ihre Partei eine normale oder mittlerweile eine stinknormale Partei geworden ist, wobei darüber gestritten wird, auf welcher Silbe die eigentliche Betonung liegt.

    (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Es stinkt jedenfalls sehr!)

    Die Konsolidierungsziele und Eckwerte, die wir im Sommer im Regierungsentwurf aufgestellt haben, sind ebenso wie die Stabilitäts- und Haushaltskriterien der Europäischen Union, also die niedrige Inflation, das begrenzte öffentliche Defizit und die beschränkte Gesamtschuldenaufnahme der öffentlichen Hand, eingehalten worden.
    Kollege Diller, die Flucht in höhere Steuern oder zusätzliche Schulden findet nicht statt.

    (Zuruf von der PDS: Natürlich!)

    Das ist Ihr Pech - denn Sie haben das seit Monaten angekündigt -, aber es ist gut für die deutschen Steuerzahler, die Verbraucher und die Wirtschaft. Dieser Haushalt ist ausgeglichen. Er paßt in die konjunkturpolitische Landschaft, ist stabilitätsgerecht, vertrauensbildend

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Das glauben Sie ja selber nicht!)

    und widerlegt Punkt für Punkt das Katastrophengeschwätz, mit dem die Opposition das Fehlen einer eigenen Alternative in diesem Haus überdecken will.
    Ich habe mir wirklich ernsthaft vorgenommen, Kollege Diller, der Sie jetzt telefonieren,

    (Karl Diller [SPD]: Ja, Entschuldigung!)

    mir zu notieren, was Sie in Ihrem Beitrag an haushaltspolitischen Alternativen vorgebracht haben.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Da war nichts! Eduard Oswald [CDU/CSU]: Immer das gleiche: ein leeres Blatt!)

    Ich habe auch das Alternativkonzept des SPD-Fraktionsvorsitzenden Scharping mitgebracht, um beides zusammenschreiben zu können. Hier ist das Konzept: Hinten nichts, vorne nichts! Leeres Blatt, leeres Gerede! Von einer Regierungsfähigkeit sind Sie Welten entfernt. Ich sage Ihnen: Das wird auch so bleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [F.D.P.])

    Wenn Sie nämlich über ein schlüssiges Haushaltskonzept verfügten, dann hätten Sie das hier vorgetragen und nicht auf die dritte Lesung verschoben. Damit hätten Sie vielleicht mehr Aufmerksamkeit erzielen können als mit Ihrem verunglückten Auszugsmanöver bei der Haushaltsschlußberatung. Budenzauber, Ramba-Zamba - das alles war für die Öffentlichkeit sehr eindrucksvoll. Es ist aber kein Ersatz für eine anständige und seriöse Politik. Sie haben sich damit eher blamiert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Da wir als Haushaltspolitiker unsere eigenen Traditionen haben, möchte ich an dieser Stelle innehalten und es trotz aller Kritik nicht versäumen, mich nach diesen Wochen der Arbeit bei allen Haushaltskollegen zu bedanken. Das gilt für die Haushälter der SPD wie auch für die der CDU/CSU und der F.D.P., vor allem für meinen Kollegen Dr. Wolfgang Weng. Ich möchte meinen Dank aussprechen für eine bis zur Schlußwoche durchaus zügige und ergebnisorientierte Arbeit am Bundeshaushalt 1996. Einschließen möchte ich auch alle Mitarbeiter der verschiedenen Ebenen und die Ressorts. Besonders danke ich dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Helmut Wieczorek, für seine in allen Situationen souveräne Handhabung seines Amtes.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Erstmals seit 1953 werden wir 1996 - also nach vier Jahrzehnten - die Ausgaben des Bundes deutlich senken. Mit 451 Milliarden DM sind sie um 26 Milliarden DM unter dem Soll des laufenden Haushaltsjahres veranschlagt und liegen trotz der erkennbaren Mehrbelastungen, trotz der zusätzlich eingestellten Arbeitsmarkt-Milliarden um 700 Millionen DM unter dem Ansatz des Regierungsentwurfs.
    Die investiven Ausgaben - Sie haben das als Skandal hinstellen wollen - erreichen mit über 66 Milliarden DM ein deutlich über dem Durchschnitt der letzten Jahre liegendes, konjunkturpolitisch sehr erfreuliches Niveau. Mit 59,9 Milliarden DM liegt die Nettokreditaufnahme finanzplangerecht und entspricht dem von der Koalition gesetzten Rahmen. Meine Damen und Herren, dies ist ein sauberes und gutes Ergebnis. Sie sollten es neidlos anerkennen.
    Für Theo Waigel und die Bundesregierung bedeutet das enge Korsett dieser Haushaltsbewilligung aber auch - wie in den zurückliegenden Jahren - einen beträchtlichen Härtetest in der Haushaltsführung. Denn Haushaltspolitik spielt sich ja nicht an einigen wenigen Tagen ab, sondern muß auf die Dauer der zwölfmonatigen Geltungszeit der Veranschlagung tragfähig sein. Der Kredit- und der Ausgabenrahmen müssen eingehalten werden. Das, was der Bundesfinanzminister in diesem Jahr trotz der Mindereinnahmen, die zu verkraften waren, geschafft hat, wird er mit unserer Unterstützung auch im kommenden Jahr erreichen. Dessen bin ich ganz zuversichtlich.
    Es stimmt, daß die Finanzierung dieses Haushalts wegen der um 13 Milliarden DM niedrigeren Steuereinnahmen ohne zusätzliche Einnahmen aus Privatisierungen und Beteiligungsverkäufen dieses Mal nicht erreichbar gewesen wäre. Kollege Diller, Sie haben etwas anderes erhofft und sind jetzt zornig,

    Adolf Roth (Gießen)

    daß wir das angestrebte Ergebnis trotzdem erreicht haben.
    Die Kritik der Opposition an diesen zusätzlichen Einnahmen ist in der Sache nicht nachvollziehbar. Dieser Weg ist nämlich haushaltspolitisch richtig, weil nur so eine deutliche Erhöhung der Nettokreditaufnahme mit all ihren negativen Auswirkungen auf Zinsen, Investitionen und Arbeitsplätze vermieden werden kann. Dieser Weg ist konjunkturpolitisch richtig, weil die verfügbaren Einkommen der Verbraucher ungeschmälert bleiben und das Wachstum stabilisiert wird. Dieser Weg ist wirtschafts- und ordnungspolitisch richtig, weil er dazu beiträgt, die staatliche Komponente in unserer Wirtschaft weiter zu reduzieren. Meine Damen und Herren, das ist seit jeher das ordnungspolitische Credo dieser Koalition gewesen; es ist politisch gewollt. Deswegen sind wir froh, daß es im nächsten Jahr zu diesem wichtigen Privatisierungsschritt kommen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie reiben sich an der Form der Haushaltsveranschlagung und üben Kritik, weil durch den vollständigen Ausgleich Ihre Negativrechnungen und Ihre Katastrophenbilder ins Wanken gekommen sind. Dieser Kritik fehlt allerdings jede sachliche Berechtigung.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Logo!)

    Denn die Haushaltssouveränität des Parlaments ist in jeder Phase dieser Beratungsrunde beachtet worden. Als Opposition haben Sie sämtliche Bereinigungsvorlagen, Anträge, Deckblätter, Vermerke und Erläuterungen gehabt. Das waren dicke Ordner und Bündel. Jetzt die Sache hier so darzustellen, als sei das auf einem einzigen Blatt Papier zusammengefaßt gewesen, ist eine Irreführung der Öffentlichkeit. Das weisen wir entschieden zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Die als zusätzliche Privatisierungseinnahmen veranschlagten Einzelpositionen sind korrekt und eher vorsichtig bewertet: Die Einnahmen aus der Verwertung der VEAG-Vermögensverwaltungsgesellschaft stehen mit 1,7 Milliarden DM zur unmittelbaren Rückführung in den Bundeshaushalt zur Verfügung. Bei der Privatisierung der Postbank liegen bereits konkrete Angebote vor. Es ist deshalb irreführend und absurd, wenn der in Ansatz gebrachte Betrag von 3,1 Milliarden DM hier als „Luftbuchung" apostrophiert wird. Meine Damen und Herren, über das eigentliche Konzept wird im Verlauf des kommenden Jahres parlamentarisch und politisch zu entscheiden sein, wenn alle Vorprüfungen abgeschlossen sind. Aber wir wollen diese Privatisierung, und sie ist richtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Bei den zur Veräußerung anstehenden Beteiligungen des Bundes an Wohnungsbaugesellschaften liegt der Substanzwert erheblich über dem zunächst angesetzten Betrag von 4 Milliarden DM. Die Aufstachelung der Mieter durch die Opposition und auch
    durch Sie, Herr Diller, ist nichts weiter als eine bösartige Panikmache.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Die Veräußerung des Bundesanteils an der Deutschbau und an der Frankfurter Siedlungsgesellschaft mindert die Rechte der Mieter in keiner Weise, insbesondere ändert die Veräußerung nichts an der Sozialbindung des jeweiligen Wohnungsbestandes. Auch hier ist eine parlamentarische Beteiligung bei der Privatisierung im nächsten Jahr eindeutig vorgesehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Mit dem Privatisierungspaket gleicht der Bund in vernünftiger Weise die Einnahmelücken der jüngsten Steuerschätzung aus und wählt damit das gesamtwirtschaftlich schonendste Verfahren.
    Meine Damen und Herren, zu den Schätzabweichungen der letzten Steuerschätzung hat es in den zurückliegenden Wochen einige bissige Kommentare gegeben. Soweit sie sich ausschließlich auf Theo Waigel konzentrierten, haben sie den Adressaten verfehlt, denn im Arbeitskreis „Steuerschätzung" sitzen neben dem Bund die SPD-regierten Bundesländer. In gleicher Weise sind die Institute, die Sachverständigen und die Bundesbank beteiligt.
    Theo Waigel ist derjenige, der als erster öffentlich den Korrekturbedarf deutlich gemacht sowie klare Konsequenzen angekündigt und gezogen hat. Unmittelbar nach seiner Rückkehr von den Beratungen auf der Weltwährungstagung in Washington hat er hier im Deutschen Bundestag am 12. Oktober 1995 eine klare Aussage gemacht und die konsequente Ausnutzung der verfügbaren Privatisierungspotentiale des Bundes angekündigt. Wodurch sind Sie eigentlich überrascht worden, wenn Sie bei diesen Diskussionen und Debatten selbst anwesend waren?
    Die Kritik am Finanzminister ist nichts weiter als ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver. Ich kann Ihnen eines sagen: Wenn der Internationale Währungsfonds, die OECD und andere Organisationen die deutsche Finanzpolitik als „beispielhaft für ganz Europa" einschätzen und öffentlich so bewerten, dann werden Sie mit Ihrer Philippika und Ihren Angriffen an einem nichts ändern: Gemeint sind bei dieser vorbildhaften Finanzpolitik nicht die Herren in Hannover und Saarbrücken, die Finanzspezialisten der SPD, gemeint sind Theo Waigel und diese Bundesregierung mit ihrer Arbeit in den letzten Jahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Für uns Christliche Demokraten sind die aufgetretenen Steuermindereinnahmen kein Schreckensszenario. Wenn die steuerlichen Fördermaßnahmen in den neuen Ländern greifen oder wenn bei weitgehend inflationsfreiem Wachstum unserer Wirtschaft die „heimlichen" Steueraufblähungen ausbleiben, dann wird das von unserer Seite eher begrüßt als verurteilt. Seit Konrad Adenauer wissen wir, daß stabiles Geld die beste Sozialpolitik ist. Stabiles Geld ist auch ein Schutz vor einer gefährlichen Steuerdynamik. Es ist mir unerklärlich, was Sie dazu treibt, in diesem Zusammenhang, also bei Steuermindereinnahmen bei stetiger und durchaus stabiler Konjunktur, von ei-

    Adolf Roth (Gießen)

    nem „Fiasko für den Bundeshaushalt" zu schwadronieren. Einerseits beklagen Sie populistisch eine zu hohe Steuer- und Abgabenlast, andererseits schreien Sie Zeter und Mordio, wenn die Steuereinnahmen einmal hinter den Erwartungen zurückbleiben. Meine Damen und Herren, das paßt einfach so nicht zusammen.
    Die Steuer- und Abgabenlast ist in Deutschland tatsächlich zu hoch. Der durch die Stabilitätspolitik dieser Koalition gezügelte Steuerzufluß ist aber kein Krisensymptom, erst recht nicht, wenn der Ausgleich ohne Erhöhung der Defizite zustande kommt.
    Entgegen dem sachverständigen Rat der Institute gehen wir nicht den Weg höherer Verschuldung, weil dieser Weg falsch ist. Eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme hätte negative Auswirkungen auf die Zinsen, die Investitionen und damit auch auf die Arbeitsplätze. Die zusätzlichen Privatisierungseinnahmen erlauben es uns 1996, konjunkturpolitisch unerwünschte Eingriffe in den Wirtschaftsablauf zu vermeiden.
    Wenn es also in der deutschen Finanzpolitik ein Fiasko gibt, dann ist es eher das Fiasko der sogenannten Finanzexperten der Opposition. Niemand hat sich in den letzten Jahren mehr verschätzt als die SPD.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ach!)

    Statt der 50 Milliarden DM Nettokreditaufnahme, die im laufenden Jahr 1995 getätigt wird, haben Sie gerade vor einem Jahr, vor der letzten Bundestagswahl, öffentlich ein 100-Milliarden-DM-Finanzloch an die Wand gemalt. Sie, Oskar Lafontaine und Ingrid Matthäus-Maier, haben sich damit um nicht- weniger als 100 Prozent verschätzt. Ihre Schätzfehler sind so groß wie die gesamte Nettokreditaufnahme in diesem Jahr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Daß Ihre Zahlen miserabel sind, das wissen wir heute!)

    - Frau Matthäus-Maier, überschätzen Sie Ihre Kräfte nicht weiter, sonst sind Sie mitten in der nächsten Fehlschätzung.

    (Jörg Tauss [SPD]: Waigel, der Oberfehlschätzer!)

    Der Etat 1996 ist ein Sparhaushalt ohne Wenn und Aber. Die Bundesregierung und die Koalition haben das beschlossene Ausgabenmoratorium strikt eingehalten. Was nicht in den Plafonds erbracht oder durch nachhaltige Einsparungen gedeckt wird, hat bei uns keine Chance auf eine Haushaltsbewilligung gehabt. Ausdruck dieser Entschlossenheit sind das insgesamt niedrigere Etatvolumen und der um die Neuordnung beim Familienleistungsausgleich bereinigte Ausgabenrückgang von rund 7 Milliarden DM oder 1,4 Prozent.
    Wir haben dieses Ergebnis erreichen können, weil wir den rigorosen Sparkurs der letzten Jahre noch einmal verschärft haben. Der Sach- und Verwaltungsaufwand des Bundes wurde kompromißlos nach unten korrigiert; an die tausend Titelabsenkungen belegen dies. Die Personalstellenpläne der obersten Bundesbehörden und des nachgeordneten Bereichs werden, von wenigen sicherheitsrelevanten Komplexen abgesehen, 1996 kegelgerecht um weitere 1,5 Prozent gekürzt, womit rund 4 000 Planstellen und Stellen eingespart werden können.
    Als Haushaltsgesetzgeber erwarten wir Signale des Umdenkens: Im zeitlichen Umfeld des Parlaments- und Regierungsumzugs nach Berlin müssen sich sämtliche Häuser und Verwaltungen einer Organisationsstrukturreform unterwerfen, mit der Schwachstellen aufgedeckt und beseitigt werden sollen. Was in Bonn nach eingehender Analyse nicht mehr zeit- und aufgabengerecht ist, das wollen wir in Berlin erst gar nicht so sehen. Deshalb müssen die Ressorts hier auf den Prüfstand,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann ist am Ende die Regierung weg! Dr. Peter Struck [SPD]: Ein paar Ministerien abschaffen!)

    Weitere 6 Milliarden DM Einsparungen sind beim Zinsaufwand des Bundes, beim Erblastentilgungsfonds, bei den Zuschüssen zur Bundesanstalt für Vereinigungsbedingte Sonderaufgaben sowie bei der Aktualisierung von Schätzansätzen der Leistungsgesetze erzielt worden.
    Zum Thema Ausgabendisziplin im parlamentarischen Haushaltsverfahren gehört aber auch, daß wir die zum Teil massiven Mehrausgabeforderungen der Opposition zurückgewiesen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sparvorschläge der SPD hat es ohnehin nicht gegeben.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Bei einer objektiven Gesamtbewertung sollten Sie nicht immer wieder die Ausgangslage nach Inkrafttreten der Solidarpaktregelungen in Deutschland und des neuen Bund-Länder-Finanzausgleichs außer acht lassen. Mit Mehrausgaben und Steuerverzichten von insgesamt 50 Milliarden DM ist hier der Bund in besonderer Weise belastet, insbesondere durch die Erblasten. Ferner kommen 1996 rund 19 Milliarden DM an politisch gewollten Steuerentlastungen hinzu. Allein die Entlastungen für die Familien belasten den Bundeshaushalt mit 12 Milliarden DM. Weitere 8 Milliarden DM für den deutschen Steinkohlebergbau als Folge des weggefallenen Kohlepfennigs und bis zu 9 Milliarden DM für die ab 1996 in den Verkehrshaushalt übernommene Kreditaufnahme des Bundeseisenbahnvermögens sind zu verkraften gewesen.
    Wenn Sie das alles zusammenrechnen und dann noch die aktuellen Steuerausfälle und die Mehrbelastungen durch die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt im Bundeshaushalt 1996 berücksichtigen, dann kommen Sie auf ein Gesamtvolumen von an die 100 Milliarden DM, das letztlich bewältigt und integriert werden mußte. Dies ist aber gelungen! Ich hätte einmal hören wollen, wie Ihre Kritik ausgefallen wäre, wenn wir in diesem Jahr am Ziel unserer Haushaltsvorgaben deutlich vorbeigeschossen wären.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)


    Adolf Roth (Gießen)

    Meine Damen und Herren, die politische Gestaltung im Bereich der wichtigen Zukunftsfelder ist gleichwohl nicht auf der Strecke geblieben. Beim Forschungs- und Bildungshaushalt haben wir keine Abstriche gemacht, sondern wesentliche Strukturverbesserungen eingeleitet. Ich erinnere nur an die Stichworte BAföG, Meister-BAföG, Hochschulbau, mittelständische Forschung und Entwicklung.
    Wir haben im Verkehrshaushalt große Anstrengungen unternommen, um den investiven Anteil zu verstärken; denn er ist der wichtigste Investitionshaushalt des Bundes. Insbesondere mit Blick auf die aktuelle Bedarfssituation in den alten und den neuen Bundesländern haben wir im Haushaltsausschuß die Baransätze für den Bundesstraßen- und Bundesfernstraßenbau nochmals um rund 300 Millionen DM erhöht; zusätzlich 100 Millionen DM können aus Mehreinnahmen aus der Lkw-Vignette dem Straßenbau zugeführt werden. Damit ist sichergestellt, daß wichtige baureife Vorhaben planmäßig begonnen werden können und im Bereich der Infrastrukturinvestitionen ein deutlicher Verstärkungsimpuls gegeben wird, nicht zuletzt auch ein Investitionsimpuls für die Bauwirtschaft, die das gut gebrauchen kann. Aber es ist auch ein Beitrag zur Standortverbesserung in Deutschland.
    Meine Damen und Herren, auch 1996 wird der Bund etwa jede vierte Mark für den Aufbauprozeß in den neuen Ländern ausgeben. Unsere Politik trägt dort Früchte. Das kontinuierlich überproportionale Wachstum der ostdeutschen Wirtschaft drückt sich in ersten Entlastungseffekten auf dem Arbeitsmarkt aus. Wir haben für das Lehrstellenprogramm Ost 138 Millionen DM für bis zu 14 500 außerbetriebliche Ausbildungsplätze bereitgestellt. Wir haben im Bereich der Industrieforschung Ost 60 Millionen DM zusätzlich im Haushalt ausgebracht und die Mittel damit auf 365 Millionen DM erhöht. Wir haben die Verpflichtungsermächtigungen beim Eigenkapitalhilfeprogramm um weitere 70 Millionen DM angehoben. Wir haben bei der Gemeinschaftsaufgabe Ost 1996 auch dafür gesorgt, daß ausreichende Wirtschaftsförderungsmittel zur Verfügung stehen, gegebenenfalls verstärkt durch nicht verbrauchte Haushaltsreste aus dem laufenden Jahr.
    Wichtigstes Zukunftsfeld bleibt die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in ganz Deutschland. Ihr gegenwärtiges Ausmaß mindert unser Bruttoinlandsprodukt um 200 Milliarden DM jährlich und kostet uns vom tatsächlich erwirtschafteten Inlandsprodukt jedes Jahr weit über 100 Milliarden DM. Den Bundeshaushalt belastet die Arbeitslosigkeit inzwischen mit 40 bis 50 Milliarden DM, jeweils zur Hälfte im Bereich der Einnahmen und der Ausgaben.
    Das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium wird auch 1996 auf hohem Niveau zum Einsatz kommen. Dennoch: Mit einer unkritischen Ausweitung der aktiven Arbeitsmarktpolitik wird das eigentliche Ziel des Schritthaltens im internationalen Kostenwettbewerb nicht erreicht. Wir brauchen nicht mehr, sondern weniger Staatslastigkeit auf den Märkten - auch auf dem Arbeitsmarkt -, also mehr Flexibilität, mehr Mobilität und mehr Differenzierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Wir haben mit dem Bundeshaushalt 1996 ein wichtiges Etappenziel auf dem weiterhin steinigen Weg zu unserem eigentlichen Ziel, der Absenkung der Staats- und Steuerquote bis zum Jahr 2000 auf den Stand vor der Wiedervereinigung, erreicht. Allerdings müssen wir auch klar erkennen - das sei mir als kritische Anmerkung erlaubt -, daß nur die nachhaltig erzielbaren Steuereinnahmen auch der mittelfristigen Ausgabenplanung des Bundes zugrunde gelegt werden können. Die sich aus der aktuellen Steuerschätzung ergebenden Basiseffekte bei den regulären Einnahmen belasten den Finanzplan der nächsten Jahre, also ab 1997. Dies zwingt zu wichtigen politischen Entscheidungen, um die sich aber niemand in diesem Hohen Hause herumdrücken kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aus diesem Grund müssen die Verantwortlichen in Bund und Ländern sehr bald weiterführende Abstimmungen im Gesamtbereich der öffentlichen Leistungen und Ausgaben vornehmen. CDU und CSU begrüßen ausdrücklich das Angebot des Bundesfinanzministers Theo Waigel an die Bundesländer, einen Stabilitätspakt zu vereinbaren, um den gesamtwirtschaflich notwendigen Konsolidierungsprozeß voranzubringen. Wir alle wissen, daß die Spielräume für die dringend erforderlichen Abgabensenkungen bei gleichzeitigem Defizitabbau heute noch nicht vorhanden sind und nur durch gemeinsames Vorgehen freigeschaufelt werden können.
    Das bedeutet für uns: Wir sind mit dem Sparen längst nicht am Ende; wir werden und müssen die Sparstiefel anbehalten.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was für ein Bild: der Sparstiefel! )

    Sowohl im Staatsbereich als auch bei gesetzlichen Leistungsansprüchen sind Einschränkungen für die Gesundung der Staatsfinanzen unausweichlich. Selbst bei relativ günstigem nominalen Wirtschaftswachstum kann es in den nächsten Jahren der Finanzplanperiode keinen realen Zuwachs bei den Staatsausgaben geben.
    Mit seiner Haushaltssperre hat Theo Waigel die Zügel der Ausgabenbewirtschaftung jetzt noch enger gezogen. Das ist gerade in diesem Jahr nach der sinn- und ergebnislosen Haushaltsblockade durch den Bundesrat ein zielführender Schritt, der von uns unterstützt wird.
    Akribische Sorgsamkeit beim Umgang mit knappen Haushaltsmitteln ist die logische Vorstufe zu einer Politik weiterreichender Korrekturen am staatlichen Leistungsumfang. Die Beschlüsse zum Bundeshaushalt 1996 sind ein beachtlicher Erfolg. Sie machen aber auch deutlich, daß zukunftsorientiertes Umsteuern bei Aufgaben und Ausgaben des Staates noch große politische Anstrengungen erforderlich macht.
    Wir werden zu dieser Anstrengung bereit sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort zu einer Kurzintervention hat die Kollegin Ingrid Matthäus-Maier.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Roth, ich habe mich zu einer Kurzintervention gemeldet, weil ich meine, daß wir bei den Zahlen ehrlich miteinander umgehen sollten.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Oje, ausgerechnet Sie! Sie Verdreherin!)

    - Hören Sie es sich ruhig an! Sie haben gesagt, es handele sich beim Haushalt 1996 um einen Sparhaushalt, denn die Ausgaben würden in 1996 geringer sein als in 1995. Ich möchte Ihnen folgendes entgegenhalten. Ihr Haushalt 1995 sieht nach dem bisherigen Plan 477 Milliarden DM Ausgaben vor. Der Haushaltsentwurf 1996 sieht 451 Milliarden DM vor. Das wäre in der Tat sehr viel weniger.
    Gleichzeitig hat Herr Dr. Waigel gesagt - und da sind wir uns alle einig -: 20 Milliarden DM geringere Ausgaben ergeben sich 1996 dadurch, daß wir das Kindergeld umstellen, was wir gemeinsam gewollt haben. Das heißt, wenn Sie vergleichen wollen, müssen Sie 457 Milliarden DM im Jahr 1995 und 451 Milliarden DM im Jahr 1996 vergleichen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Außerdem hat Herr Dr. Waigel in der letzten Woche im Finanzplanungsrat und auch öffentlich gesagt, er wolle 1995 10 Milliarden DM „wegdrücken". Das heißt also: Ende des Jahres werden die Ausgaben für 1995 um 10 Milliarden DM geringer sein, als veranschlagt: bei 447 Milliarden DM. Alles Aussage Waigel.
    Können Sie mir einmal erklären, wieso Sie sagen können, daß die Ausgaben sinken, wenn Sie in 1995 447 Milliarden DM ausgeben und 1996 451 Milliarden DM? Ich finde, wir sollten uns hier um die besseren Alternativen streiten. Aber Sie sollten endlich aufhören, mit Zahlen zu tricksen. Ihr Haushalt steigt, er sinkt nicht. Sagen Sie den Bürgern endlich die Wahrheit!

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)