Rede von
Ulf
Fink
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der Regierungskoalition bringen heute den Entwurf zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes ein. Zugleich werden in diesem Gesetzentwurf der Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe geregelt und die Konsequenzen aus der Übertragung der Zuständigkeit des öffentlichen Nahverkehrs bezüglich der Beförderung von Schwerbehinderten gezogen.
Es sind natürlich höchst unterschiedliche Bereiche, die hier geregelt werden. Der Zusammenhang ist im Finanziellen zu sehen. Anläßlich der Beratungen der Sozialhilfereform haben der zuständige Bundesminister und ich namens der CDU/CSU- Bundestagsfraktion erklärt, daß wir sehr genau darauf achten wollen, daß die Gemeinden finanziell entlastet werden. Der Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe ist aber eine Belastung der Gemeinden. Wir haben damals erklärt, daß wir dafür Sorge tragen wollen, daß diese zusätzliche Belastung voll kompensiert wird.
Durch die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes werden die Belastungen durch Wegfall der Arbeitslosenhilfe mehr als ausgeglichen. Das heißt also, den Gemeinden entsteht dadurch keine einzige zusätzliche Mark an Belastung. Ich freue mich, hier sagen zu können: Wir haben Wort gehalten.
Die Änderungen beim Asylbewerberleistungsgesetz sind sachlich vertretbar. Den Betroffenen waren die bisherigen höchst unterschiedlichen Regelungen nur sehr schwer verständlich zu machen. Mit den jetzt vorgesehenen Änderungen wird erreicht, daß mit Ausnahme der Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge alle Asylbewerber und Ausländer, die sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, gleiche Leistungen erhalten.
Die Regelung sieht im Kern vor, daß die Ausländer, die sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten und sich nicht aus eigener Kraft unterhalten können, Sachleistungen erhalten. Die Sachleistungen decken den Bedarf an Nahrung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie an den Verbrauchsgütern des Haushalts ab. Zur Sachleistung kommt ein monatlicher Geldbetrag von 80 DM für Erwachsene und von 40 DM für Kinder hinzu. Dies dient der Deckung der persönlichen Be-
Ulf Fink
dürfnisse des täglichen Lebens. Hinzu kommt die ärztliche und zahnärztliche Versorgung bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen. Nur dann, wenn Sachleistungen nicht möglich sind, wird ein um die Integrationskosten abgesenkter Regelsatz gezahlt.
Das bedeutet: Menschen, die ihr Heimatland aus religiösen, politischen oder ethnischen Gründen verlassen müssen, können auch in Zukunft in Deutschland menschenwürdig leben.
Nun zur Arbeitslosenhilfe: Die Arbeitslosenhilfe ist eine besondere staatliche Fürsorgeleistung für Arbeitnehmer. Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben gegenwärtig aber auch solche Arbeitslosen, die vor der Arbeitslosenmeldung nicht oder nur kurze Zeit Arbeitnehmer waren. Sie sollen künftig nicht mehr die besondere staatliche Fürsorgeleistung für Arbeitnehmer erhalten, sondern in dem System gesichert werden, dem sie vor der Arbeitslosigkeit angehört haben.
Die Streichung der originären Arbeitslosenhilfe wird zu erheblichen Minderausgaben des Bundes führen und damit einen wichtigen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten.
Nun zum dritten Komplex: Durch das Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs geht zum 1. Januar 1996 die Verantwortung für den öffentlichen Personennahverkehr auf die Länder über. Sie erhalten zur Finanzierung dieser Aufgabe finanzielle Zuweisungen aus dem Mineralölsteueraufkommen. Zu diesen finanziellen Lasten gehören natürlich auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter entstehen. Die ausschließliche Verantwortung der Länder muß auch im Schwerbehindertengesetz nachvollzogen werden.
Ich denke, es ist gut, daß diese drei Komplexe in einem Gesetzentwurf behandelt werden; denn das zeigt, daß der Bund sich der finanziellen Zusammenhänge sehr wohl bewußt ist. Verantwortungsbewußte Politik heißt, die Verantwortung gerecht zu verteilen, aber auch dafür zu sorgen, daß diese Lasten auch getragen werden können.
Es wird mit Sicherheit eine Debatte darüber geben, ob die Neuregelung für Asylbewerber und andere Ausländer gerechtfertigt ist.
Zu dieser Debatte gehört dann aber auch der Hinweis, daß diese Neuregelung von der Mehrzahl der Bundesländer und den Flüchtlingsverwaltungen selbst gefordert worden ist.
Der Grundsatz, daß alle Menschen, die zu uns kommen, eine gesicherte Existenz haben sollen, wenn sie in ihren Heimatländern aus politischen, religiösen und ethnischen Gründen verfolgt werden, bleibt für uns unantastbar. Dies ist nicht überall in der Welt selbstverständlich. In vielen Ländern leben Flüchtlinge in einem unbeschreiblichen Elend. Trotz der notwendigen Veränderungen werden wir auch in Zukunft in Deutschland sagen können, daß wir be-
drohten Menschen bei uns ein menschenwürdiges Leben bieten.