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ID1306515200

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    Plenarprotokoll 13/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Oktober 1995 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, für die Aktuelle Stunde sowie der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 6. November 1995 5563 A Zur Geschäftsordnung Dr. Dagmar Enkelmann PDS 5563 B Joachim Hörster CDU/CSU 5563 D Tagesordnungspunkt 13: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung 40 Jahre Bundeswehr — 5 Jahre Armee der Einheit b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz) (Drucksachen 13/1801, 13/2209, 13/2547, 13/2548) . 5564B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Andrea Lederer, Heinrich Graf von Einsiedel, Dr. Willibald Jacob und der weiteren Abgeordneten der PDS: Abschaffung der Wehrpflicht (Drucksache 13/580) . 5564 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Angelika Beer, Christian Sterzing und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Fortsetzung der Bundeswehrreduzierung und Verzicht auf Umstrukturierung der Bundeswehr für weltweite Kampfeinsätze (Drucksache 13/499) 5564 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten der PDS: Kampfeinsätze der Bundeswehr (Drucksachen 13/136, 13/1880) . . . . . . . 5564 D Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 5564 D Rudolf Scharping SPD 5568 C Paul Breuer CDU/CSU 5572 A Rolf Köhne PDS 5573 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5575 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . 5577 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 5577 C Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 5580 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 5582 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5584 A Walter Kolbow SPD 5585 D Rainer Eppelmann CDU/CSU 5588 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5590 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 5592 C Dieter Heistermann SPD 5594 C Paul Breuer CDU/CSU 5595 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 5597 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5598A Dr. Gregor Gysi PDS 5600A Volker Kröning SPD 5601 D Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . 5603 B Rolf Köhne PDS 5605 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS (Erklärung nach § 30 GO) 5606A Tagesordnungspunkt 10: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachen Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung (Drucksachen 13/2235, 13/ 2476, 13/2784, 13/2785) 5607 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Christine Scheel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eckwerte für ein grünes Selbsthilfe-Gesetz für eine soziale und ökologische Reform der Wohneigentumsförderung zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick, Dr. Barbara Höll, Dr. Uwe-Jens Rössel und der Gruppe der PDS: Reformierung der Wohneigentumsförderung als ein Bestandteil der Wohnungsbaupolitik (Drucksachen 13/2304, 13/2357, 13/2784) 5607 A c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Abgeordneten Otto Reschke, Achim Großmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neugestaltung der Wohneigentumsförderung zu dem Antrag der Abgeordneten Dieter Maaß (Herne), Achim Großmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wohnungsbaugenossenschaften stärken - Mitglieder steuerlich fördern (Drucksachen 13/1501, 13/1644, 13/2771) 5607 B Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär BMF 5607 C Otto Reschke SPD 5608 D Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 5610 C Klaus-Jürgen Warnick PDS 5611B Dr. Barbara Höll PDS 5611 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5612C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 5613 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 5614 B Detlev von Larcher SPD 5614 C Klaus-Jürgen Warnick PDS 5615 D Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 5616D Achim Großmann SPD 5618 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5620 B Otto Reschke SPD 5621 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5622 A Ingrid Matthäus-Maier SPD (Erklärung nach § 31 GO) 5622 B Zusatztagesordnungspunkt 15: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Altschuldenregelung für ostdeutsche Kommunen angesichts erster Bewertungsergebnisse eines Rechtsgutachtens zur Auferlegung von Rückzahlungsverpflichtungen 5623 C Dr. Christine Lucyga SPD 5623 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 5624 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5625 D Jürgen Türk F.D.P 5626 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 5627 C Irmgard Karwatzki, Pari. Staatssekretärin BMF 5628 B Dr. Uwe Küster SPD 5629 A Dr. Michael Luther CDU/CSU 5630 B Gunter Weißgerber SPD 5631 A Susanne Jaffke CDU/CSU 5631 D Dr. Mathias Schubert SPD 5632 D Arnulf Kriedner CDU/CSU 5633 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 5634 B Zusatztagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksache 13/2746) 5635 B Ulf Fink CDU/CSU 5635 C Brigitte Lange SPD 5636 C Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5638 A Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 5639A Dr. Heidi Knake-Werner PDS 5640 A Nächste Sitzung 5640 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 5641 * A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5641 * C 65. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Oktober 1995 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD SPD SPD SPD 27. 10.95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 Barthel, Klaus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Blunck, Lilo SPD F.D.P. 27. 10. 95 Conradi, Peter Dietert-Scheuer, Amke SPD SPD 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 Dr. Dobberthien, Marliese CDU/CSU PDS 27. 10. 95 ** Günther (Plauen), Joachim PDS CDU/CSU 27. 10. 95 Dr. Hartenstein, Liesel Hempelmann, Rolf Hörsken, Heinz-Adolf Dr. Jacob, Willibald Jüttemann, Gerhard Kuhn, Werner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Lengsfeld, Vera CDU/CSU SPD 27. 10. 95 Marten, Günter SPD CDU/CSU CDU/CSU SPD 27. 10.95 Meißner, Herbert Neumann (Berlin), Kurt Dr. Pinger, Winfried BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Dr. Reinartz, Bertold Schaich-Walch, Gudrun Scheel, Christine BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Schlauch, Rezzo CDU/CSU CDU/CSU SPD 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 Schmidt (Mülheim), Andreas SPD 27. 10. 95 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Schultz (Everswinkel), Reinhard Schumann, Ilse Steindor, Marina Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Thiele, Carl-Ludwig Thieser, Dietmar Tippach, Steffen Titze-Stecher, Uta F.D.P. 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 * Vogt (Düren), Wolfgang Dr. Warnke, Jürgen Zierer, Benno SPD PDS SPD CDU/CSU CDU/CSU CDU/CSU *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 689. Sitzung am 13. Oktober 1995 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß § 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Achtzehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Fünfzehntes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes - Gesetz zu dem Vertrag vom 26. Mai 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über die Überstellung von Straftätern und über die Zusammenarbeit bei der Vollstreckung von Strafurteilen - Gesetz zu den Protokollen vom 19. Dezember 1988 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie zur Übertragung bestimmter Zuständigkeiten für die Auslegung dieses Übereinkommens auf den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 25. Oktober 1995 folgende Vorlagen zurückgezogen: - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (Wahl der Richter und Richterinnen) - Drucksache 13/1626 - - Antrag: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt - Wege zu einem dauerhaft umweltverträglichen Umgang mit Stoffen und Energien" - Drucksache 13/98 - - Antrag: Das Meer ist keine Müllhalde - Drucksache 13/1727 - Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 13/1376, 13/1787 Nr. 1.1 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksachen 12/6960, 13/725 Nr. 132 5642* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Oktober 1995 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksachen 12/7063, 13/725, Nr. 174 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen haben. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/2306 Nr. 2.67 Innenausschuß Drucksache 13/765 Nr. 1.20 Drucksache 13/765 Nr. 1.21 Finanzausschuß Drucksache 13/1614 Nr. 2.10 Drucksache 13/1614 Nr. 2.11 Drucksache 13/2306 Nr. 2.13 Drucksache 13/2306 Nr. 2.61 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/1338 Nr. 2.2 Drucksache 13/1442 Nr. 1.4 Drucksache 13/1799 Nr. 2.4 Drucksache 13/2306 Nr. 2.27 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/725 Nr. 137 Drucksache 13/725 Nr. 139 Drucksache 13/269 Nr. 1.4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/218 Nr. 98 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/478 Nr. 1.2 Drucksache 13/1038 Nr. 15 Drucksache 13/1338 Nr. 1.6 Drucksache 13/1614 Nr. 1.9 Drucksache 13/1799 Nr. 1.1 Berichtigung Im Anhang zum stenographischen Protokoll der 53. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 8. September 1995 zu EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament ist unter dem Titel Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Drucksachennummer 13/725, Nr. 107, Nr. 108, Nr. 112 und Nr. 124 ersatzlos zu streichen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als erstes möchte ich für diejenigen, die nicht mehr hier sind, eine Lanze brechen. Denn es ist der klassische Fall, daß wahrscheinlich viele Zuschauer oder andere, die die Debatte verfolgen, sich fragen: Was machen die Abgeordneten schon wieder? Sind sie beim Kaffeetrinken, oder liegen sie auf der faulen Haut? Eine
    Menge Kollegen müssen nach Passau, nach Klingenthal in Sachsen, nach Plön oder nach Rostock. Sie haben dort heute abend Veranstaltungen. Sie mußten weg, um rechtzeitig dort zu sein. Das betrifft alle Fraktionen.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, das Thema „Altschulden ostdeutscher Städte und Gemeinden" ist wirklich ein langes Trauerspiel. Es ist ja nicht neu. Seit mehr als fünf Jahren ist doch bekannt, daß nach der Währungsumstellung Forderungen an eine Vielzahl von Gemeinden und Städten in Höhe von über 5 Milliarden DM bestehen. Seit übrigens mehr als fünf Jahren ist umstritten, ob es sich dabei um Kredite im klassischen Sinne handelt. Das ist sicher nicht der Fall.
    Frau Jaffke, als ich nach der Rede von Herrn Austermann gesagt habe, daß Ihre ostdeutschen Abgeordneten das genauso sehen, habe ich das nicht gemacht, um Sie zu spalten. Wer sich mit diesem Thema beschäftigt - ich bin gerade zu diesem Thema sehr viel durch Ostdeutschland gefahren -, der weiß: Solch eine schneidige Rede wie die von Herrn Austermann wird den Problemen, wie sie damals existierten, überhaupt nicht gerecht.

    (Beifall bei der SPD)

    Natürlich kann man theoretisch sagen: Die Gemeinde bekam eine Einrichtung, und folglich hängt an der Einrichtung eine Schuld. Das ist eigentlich ganz logisch. Aber es war so: Die Städte haben die Einrichtungen bekommen. Aber da zu DDR-Zeiten völlig willkürlich der einen Kommune die Schulden erlassen wurden, der anderen Kommune aber nicht, hat die eine Kommune heute aus reiner politischer Willkür eine Altschuld und die andere nicht. Das können wir doch nicht einfach so akzeptieren. Das wissen ostdeutsche Abgeordnete besser als Herr Austermann.

    (Beifall bei der SPD)

    Deswegen kann man auch nicht einfach sagen, im Einigungsvertrag - dem wir zugestimmt haben; das ist völlig richtig - sei das so vereinbart worden. Ich darf Sie daran erinnern - ich nenne ein anderes Altschuldenproblem -, daß das Thema Altschulden der Betriebe eines war, bei dem die SPD angesichts der Lösungen, die Sie vorgeschlagen haben, Sturm gelaufen ist. Ich darf Sie daran erinnern: Wenn sie die Altschulden der Betriebe mit der Umstellung 2:1 nicht bei den Betrieben belassen hätten, sondern gleich übernommen hätten, was faktisch sowieso der Fall ist - fast 100 Milliarden DM werden sowieso von Waigels Kasse übernommen -, wäre damals ein großes Investitionshindernis weggeräumt gewesen.

    (Beifall bei der SPD)

    Deswegen ist es auch nicht in Ordnung gewesen, daß sich die Bundesregierung das so lange anschaut. Sie hat zugelassen, daß die angeblichen Kredite von der Deutschen Kreditbank „banküblich" bewirtschaftet wurden. Im Klartext: Wurde zu DDR-Zeiten



    Ingrid Matthäus-Maier
    nur ein symbolischer Zins verlangt - von dem keiner weiß, ob er überhaupt jemals hätte bezahlt werden müssen schlugen die Zinsen im Jahre 1991 plötzlich mit über 10 % zu Buche. Weil die Städte und Gemeinden nicht zahlen konnten oder wegen der ungeklärten Rechtslage nicht zahlen wollten - überwiegend war das erste der Fall -, sind aus den 5 Milliarden DM mittlerweile 8 Milliarden DM geworden. Uwe Küster hat eindrucksvoll gezeigt: Jeder Tag, den wir weiter warten, löst das Problem nicht, sondern erhöht die Schulden und erschwert eine Lösung.

    (Beifall bei der SPD)

    Weil Sie noch gefragt haben, was ich, wenn ich dafür zuständig gewesen wäre, gemacht hätte: Eines hätte ich sicher nicht gemacht: das Ganze schönzureden. Noch in der Haushaltswoche im September 1995 habe ich gesagt: Herr Waigel, Ihre Zahlen sind wieder einmal alle falsch, Sie haben große Risiken nicht beachtet. In dieser Rede habe ich ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die ungeklärte Altschuldenfrage ein entscheidendes finanzielles Risiko ist. Deswegen darf Herr Waigel heute nicht so tun, als habe er damit nichts zu tun.
    Wir fordern die Bundesregierung auf: Erstens. Verzichten Sie auf Ihren Rechtsanspruch! Wir haben doch alle nichts davon, wenn die Sache in vier Jahren in Karlsruhe entschieden wird. Wir schieben sowieso zuviel nach Karlsruhe.
    Zweitens. Verzichten Sie auf Mahnbescheide! Die Vorstellung, der Bund geht jetzt gegen Städte und Gemeinden in Ostdeutschland mit Mahnbescheiden vor, ist doch aberwitzig.

    (Arnulf Kriedner hat die Frau Staatssekretärin schon etwas gesagt!)

    Drittens. Verzichten Sie darauf, über diesen Weg die Gemeinden in den Ruin zu treiben!
    Viertens. Lassen Sie uns gemeinsam nach einer Lösung suchen! Sie haben einen Antrag von uns zitiert.
    Jedenfalls müssen Sie sich bewegen. Nach den Worten von Herrn Kriedner habe ich das Gefühl, das wäre möglich. Nach den Worten von Frau Karwatzki habe ich allerdings noch nicht den Eindruck, daß der Bund verstanden hat, um was es geht.
    Danke schön.

    (Beifall bei der SPD Parl. Staatssekretärin Irmgard Karwatzki: Dann haben Sie nicht zugehört, Frau Kollegin!)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Ich rufe Zusatzpunkt 16 auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs
eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und anderer Gesetze
- Drucksache 13/2746 -
Überweisungsvorschlag:
Ausschuß für Gesundheit (federführend) Innenausschuß
Finanzausschuß
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Als erstes hat der Abgeordnete Ulf Fink das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulf Fink


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der Regierungskoalition bringen heute den Entwurf zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes ein. Zugleich werden in diesem Gesetzentwurf der Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe geregelt und die Konsequenzen aus der Übertragung der Zuständigkeit des öffentlichen Nahverkehrs bezüglich der Beförderung von Schwerbehinderten gezogen.
    Es sind natürlich höchst unterschiedliche Bereiche, die hier geregelt werden. Der Zusammenhang ist im Finanziellen zu sehen. Anläßlich der Beratungen der Sozialhilfereform haben der zuständige Bundesminister und ich namens der CDU/CSU- Bundestagsfraktion erklärt, daß wir sehr genau darauf achten wollen, daß die Gemeinden finanziell entlastet werden. Der Wegfall der originären Arbeitslosenhilfe ist aber eine Belastung der Gemeinden. Wir haben damals erklärt, daß wir dafür Sorge tragen wollen, daß diese zusätzliche Belastung voll kompensiert wird.
    Durch die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes werden die Belastungen durch Wegfall der Arbeitslosenhilfe mehr als ausgeglichen. Das heißt also, den Gemeinden entsteht dadurch keine einzige zusätzliche Mark an Belastung. Ich freue mich, hier sagen zu können: Wir haben Wort gehalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Änderungen beim Asylbewerberleistungsgesetz sind sachlich vertretbar. Den Betroffenen waren die bisherigen höchst unterschiedlichen Regelungen nur sehr schwer verständlich zu machen. Mit den jetzt vorgesehenen Änderungen wird erreicht, daß mit Ausnahme der Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge alle Asylbewerber und Ausländer, die sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten, gleiche Leistungen erhalten.
    Die Regelung sieht im Kern vor, daß die Ausländer, die sich nur vorübergehend in Deutschland aufhalten und sich nicht aus eigener Kraft unterhalten können, Sachleistungen erhalten. Die Sachleistungen decken den Bedarf an Nahrung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie an den Verbrauchsgütern des Haushalts ab. Zur Sachleistung kommt ein monatlicher Geldbetrag von 80 DM für Erwachsene und von 40 DM für Kinder hinzu. Dies dient der Deckung der persönlichen Be-

    Ulf Fink
    dürfnisse des täglichen Lebens. Hinzu kommt die ärztliche und zahnärztliche Versorgung bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen. Nur dann, wenn Sachleistungen nicht möglich sind, wird ein um die Integrationskosten abgesenkter Regelsatz gezahlt.
    Das bedeutet: Menschen, die ihr Heimatland aus religiösen, politischen oder ethnischen Gründen verlassen müssen, können auch in Zukunft in Deutschland menschenwürdig leben.
    Nun zur Arbeitslosenhilfe: Die Arbeitslosenhilfe ist eine besondere staatliche Fürsorgeleistung für Arbeitnehmer. Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben gegenwärtig aber auch solche Arbeitslosen, die vor der Arbeitslosenmeldung nicht oder nur kurze Zeit Arbeitnehmer waren. Sie sollen künftig nicht mehr die besondere staatliche Fürsorgeleistung für Arbeitnehmer erhalten, sondern in dem System gesichert werden, dem sie vor der Arbeitslosigkeit angehört haben.
    Die Streichung der originären Arbeitslosenhilfe wird zu erheblichen Minderausgaben des Bundes führen und damit einen wichtigen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten.
    Nun zum dritten Komplex: Durch das Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs geht zum 1. Januar 1996 die Verantwortung für den öffentlichen Personennahverkehr auf die Länder über. Sie erhalten zur Finanzierung dieser Aufgabe finanzielle Zuweisungen aus dem Mineralölsteueraufkommen. Zu diesen finanziellen Lasten gehören natürlich auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Beförderung Schwerbehinderter entstehen. Die ausschließliche Verantwortung der Länder muß auch im Schwerbehindertengesetz nachvollzogen werden.
    Ich denke, es ist gut, daß diese drei Komplexe in einem Gesetzentwurf behandelt werden; denn das zeigt, daß der Bund sich der finanziellen Zusammenhänge sehr wohl bewußt ist. Verantwortungsbewußte Politik heißt, die Verantwortung gerecht zu verteilen, aber auch dafür zu sorgen, daß diese Lasten auch getragen werden können.
    Es wird mit Sicherheit eine Debatte darüber geben, ob die Neuregelung für Asylbewerber und andere Ausländer gerechtfertigt ist.

    (Zuruf von der SPD: Ja, allerdings!)

    Zu dieser Debatte gehört dann aber auch der Hinweis, daß diese Neuregelung von der Mehrzahl der Bundesländer und den Flüchtlingsverwaltungen selbst gefordert worden ist.
    Der Grundsatz, daß alle Menschen, die zu uns kommen, eine gesicherte Existenz haben sollen, wenn sie in ihren Heimatländern aus politischen, religiösen und ethnischen Gründen verfolgt werden, bleibt für uns unantastbar. Dies ist nicht überall in der Welt selbstverständlich. In vielen Ländern leben Flüchtlinge in einem unbeschreiblichen Elend. Trotz der notwendigen Veränderungen werden wir auch in Zukunft in Deutschland sagen können, daß wir be-
    drohten Menschen bei uns ein menschenwürdiges Leben bieten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)