Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist auch bei der Kürze einer Aktuellen Stunde wichtig, daß man sich wieder einmal deutlich macht: Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Gedanken der Altschulden der DDR-Gemeinden? Dies scheint mir auch deshalb nötig zu sein, weil die Nostalgie in
Dietrich Austermann
manchen Bereichen, insbesondere bei den immer dreister werdenden SED-Nachfolgern, so manches mit verklärtem Blick darstellt, und zwar nach dem Motto: Seht mal, wie schön dieses und jenes in der DDR gelaufen ist, was heute nicht mehr läuft.
Wir sollen jetzt - das ist die Erwartung der SPD, der Kollegin Lucyga - die Schulden bezahlen, die gemacht worden sind, weil Kindertagesstätten, Kindergärten, Turnhallen, Schulen und Rathäuser gebaut worden sind. Dies ist eine Aufgabe, die natürlich in erster Linie die Gemeinden haben, denen diese Einrichtungen zugute kommen.
Ich sage noch einmal: Es würde kein Mensch auf den Gedanken kommen, wenn sich die Gemeinde XY - vorhin wurde Buxtehude genannt; ich weiß nicht, warum - ein neues Schwimmbad baut, zu sagen: Jetzt muß der Bund die Kosten dafür übernehmen. Es besteht kein Zweifel daran, daß die Schulden, die damals zu 80 % bei der Staatsbank der DDR oder - in den 70er Jahren - bei den Sparkassen gemacht wurden, gemacht worden sind, um Projekte zu finanzieren.
Es gibt einen Punkt, der in der Tat streitig ist, über den man sich unterhalten kann, bei dem man die Frage stellen muß, wer für die Regulierung eigentlich zuständig ist. Das ist der Fall, daß eine sehr kleine Gemeinde - wie es vielfach vorkommt - ein Projekt finanzieren mußte, das zugleich vielen anderen Gemeinden zugute kam. Man fragt sich ja, warum 16 % unter dieser Belastung stöhnen müssen, wenn an anderer Stelle 84 % angeblich entlastet worden sind. Es war ja falsch, was die Kollegin gesagt hat. Die 84 % sind ja nicht entschuldet worden. Man fragt sich dann: Ist es in der Tat eine Aufgabe, diesen kleinen Gemeinden zu helfen? Bloß, wer hat diese Aufgabe zu leisten? Nach unserem Verständnis, nach der Finanzregelung, nach dem Einigungsvertrag ist es Aufgabe der Bundesländer - für uns ganz klar eine Aufgabe der neuen Bundesländer -, den Finanzausgleich in der Weise vorzunehmen, daß den Gemeinden in ihrer sicher sehr schwierigen Situation geholfen wird.
Es kann - ich möchte dies wegen der vorgerückten Zeit kurz zusammenfassen - keinen Zweifel an dem rechtlichen Bestand der Altkredite geben. Der Rechnungshof sagt nicht, daß die Forderung unberechtigt ist, er sagt, es wäre möglicherweise günstiger gewesen. Noch einmal: Es gibt keinen Zweifel an dem rechtlichen Bestand der Altkredite.
Zweitens muß die Frage gestellt werden: Wer hat eigentlich davon profitiert? Wie ist es denn: Wenn der Bund jetzt die Schulden zahlt, kriegt er dann auch das Eigentum, ist er dann auch gleichzeitig Eigentümer? Wer verfügt künftig über das Vermögen? Wer hat die Vorteile, wenn alte Rathäuser möglicherweise nicht mehr als solche genutzt werden und von den Gemeinden verkauft werden? Es ist, glaube ich, unbestreitbar, daß der wirtschaftliche Zuwachs den Gemeinden zufließt.
Drittens. Die Kredite sind in der Regel auch tragbar. Ich sage, es gibt Ausnahmefälle. Die Stadt Rostock ist mit Blick auf die Größe und die Finanzkraft der Gemeinden ein denkbar ungünstiges Beispiel.
Viertens. Finanzierung kommunaler Aufgaben ist keine Bundesaufgabe.
Fünftens. Der notwendige Ausgleich kann bei den Gemeinden selber vorgenommen werden.
- Ich glaube, daß sich unsere Positionen da nicht unterscheiden, Frau Kollegin. Sie bzw. Frau Lucyga hätte ja die Frage beantworten können, wo die 7,5 Milliarden DM zusätzlich herkommen sollen. Sich in dieser Woche über angeblich nicht zu stopfende Haushaltslöcher zu beklagen, die Haushaltsberatungen zu verweigern, hier ein neues Faß aufzumachen und zu sagen, das muß der Bund übernehmen - das ist politisch und argumentativ nicht redlich, Frau Matthäus-Maier.
Wir als Bund wollen den Gemeinden ein Angebot machen, indem wir sagen: Wir wollen dabei helfen, diese Kredite in zinsgünstige Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau umzuschulden. Dieses Angebot steht.
Was haben denn die neuen Bundesländer mit dem Geld gemacht, das sie seit dem 1. Januar nach dem Föderalen Konsolidierungskonzept bekommen? Das sind 35 Milliarden DM zusätzlich. Wieviel haben die neuen Bundesländer davon eingesetzt, um in einzelnen Fällen in Bedrängnis gekommenen Gemeinden tatsächlich zu helfen? Nach einer pauschalen Übersicht der Schuldensituation der Gemeinden entsteht durch Übernahme dieser Verpflichtungen aus der Vergangenheit, für die ja Vermögenswerte geschaffen worden sind, nach unserer Einschätzung in der Regel kein höherer Schuldenstand für einzelne Gemeinden. Wir sagen deshalb: Wir machen das Angebot der Umschuldung. Eine Übernahme durch den Bund ist weder rechtlich noch politisch noch finanziell vertretbar.
Herzlichen Dank.