Rede von
Dr.
Willfried
Penner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Beratung des vorliegenden Antrags der PDS und die Beantwortung der Großen Anfrage derselben Gruppe ist nicht nur eine gute, sondern auch eine willkommene Gelegenheit, die Arbeit der parteinahen Stiftungen, die im wesentlichen durch öffentliche Mittel ermöglicht wird, in der Öffentlichkeit zu beleuchten.
„Die Stiftungen sollen die Beschäftigung der Bürger und anderer mit politischen Sachverhalten anregen und für eine offene Diskussion und Weiterentwicklung politischer Fragen, die allen Zugang gibt, den Rahmen bieten." So hat es das Bundesverfassungsgericht 1986 entschieden, und daran gibt es nichts zu deuteln.
Soweit das unsereiner beurteilen kann, wird nach diesen Vorgaben auch bei allen Stiftungen gearbeitet, ob bei der Konrad-Adenauer-Stiftung oder der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Hanns-Seidel-Stiftung, der Friedrich-Naumann-Stiftung oder der Regenbogen-Stiftung. Sie alle werden aus ihrer jeweiligen Sicht der Dinge in diesem Sinne politisch tätig. Sie haben mit dem Tagesgeschehen der politischen Parteien, mit dem auf Erringung und Ausübung politischer Macht gerichteten politischen Wettbewerb nichts zu tun, ohne die politische Substanz der ihr nahestehenden Parteien verhehlen zu können oder verhehlen zu wollen.
Von gelegentlichen Fehlentwicklungen, besonders in früheren Tagen, einmal abgesehen, haben die Stiftungen nicht nur in Deutschland, sondern auch im
Ausland eine vorzügliche Arbeit geleistet, die nicht zuletzt auch im öffentlichen Interesse liegt.
Für die Friedrich-Ebert-Stiftung nenne ich einige Beispiele. Sie nimmt sich über Studienveranstaltungen und Veröffentlichungen so wichtiger politischer Themen wie der Reform der öffentlichen Verwaltung, der inneren Sicherheit, der Ausländerpolitik wie auch der stärkeren Berücksichtigung der Ökologie in der Steuerpolitik an. Sie ist Denkwerkstatt zur Zukunft der Industriegesellschaft. Die Stiftung ist dabei, eine politische Perspektive für das Überleben, ja die Überlebensfähigkeit unserer Krankenversicherung zu entwickeln. Im außenpolitischen Sektor hatte und hat die Demokratieförderung für die Friedrich-EbertStiftung eine herausragende Bedeutung. In Südafrika wird dies besonders sinnfällig.
Ganz wichtig ist die Förderung von Stipendiaten. Seit Kriegsende sind es bei der Friedrich-Ebert-Stiftung über 10 000. Besonders die Unterstützungsleistung für ausländische Stipendiaten ist von uns von nationalem Interesse. Sie wurden und werden nach ihrer Förderung zu wichtigen Ansprechpartnern für deutsche Politik.
Diese Beispiele belegen: Alle diese Initiativen sind von Belang. Es ist deshalb kein Wunder, daß sich diese Wertarbeit auch im Urteil ebenso hochkarätiger wie unabhängiger Zeitzeugen widerspiegelt. Bundespräsident Herzog hat dazu anläßlich der 70-JahrFeier der Friedrich-Ebert-Stiftung folgendes gesagt:
Die Friedrich-Ebert-Stiftung ist ein weit über Deutschland hinaus bekanntes und geachtetes Gütezeichen, auf das wir stolz sein können.
Er fährt fort:
Wie wäre die politische Entwicklung in Spanien oder Portugal nach dem Zusammenbruch der Diktaturen verlaufen ohne die solidarische Hilfe der Friedrich-Ebert-Stiftung? Auch bei der Wiederherstellung der Demokratie in Chile kam deutsche Stiftungshilfe zur Wirkung. Das Instrument der gesellschaftspolitischen Entwicklungshilfe - dies ist primär Förderung demokratischen Denkens und des Aufbaus demokratischer Strukturen - ist ein genuines Betätigungsfeld der Friedrich-Ebert-Stiftung in vielen Staaten der südlichen Hemisphäre und neuerdings in den Ländern Zentral- und Osteuropas. Hierbei leisten die international aktiven Stiftungen oftmals wahre Kärrnerarbeit, stoßen bei den Regierungen in nichtdemokratischen Gastländern gelegentlich auf Argwohn und Mißtrauen und müssen in Einzelfällen sogar mit Repressionen rechnen.
Es kann keinen vernünftigen Zweifel daran geben, daß diese Beurteilung des Bundespräsidenten die Tätigkeit aller Stiftungen umschließt.
Die Arbeit der Stiftungen kostet Geld, und zwar nicht nur Taschengeld. Im Bundeshaushalt werden
Dr. Willfried Penner
diese Mittel über Globalzuweisungen und Projektfinanzierungen bereitgestellt. Die Stiftungen legen öffentlich Rechenschaft über die Verwendung ihrer Mittel ab. Sie stellen sich auf vielfältige und lückenlose Weise der Kontrolle. Das ist in Ordnung, ja selbstverständlich; denn schließlich geht es um Steuergelder. Letztendlich stellt auch der weisungsfreie Bundesrechnungshof zusammen mit anderen Institutionen und Kontrollmechanismen eine lückenlose, ja penible Kontrolle sicher.
Die von der Antragstellerin erhobene Forderung nach einem Gesetz über die Grundsätze der staatlichen Finanzierung der Stiftungen entspricht einem Trend nach immer mehr mehr Transparenz, ohne daß das damit verbundene Versprechen auch notwendigerweise eingelöst werden müßte. Soviel ist doch klar: daß ein Gesetz nur die Grundmarkierungen festlegen könnte, sich aber nicht in Details verlieren dürfte. Oder sollten mit der Schaffung eines Gesetzes die schon bestehenden fein differenzierten Mechanismen der Konkretisierung der Kontrolle sowohl der Exekutive als auch des Parlaments reduziert oder geschleift werden? Doch wohl nicht.
Dann ist im wesentlichen die Gesetzesform das einzig Neue, weil ja die Substanz dessen, um das es geht, bereits anderweitig in unterschiedlicher Form fixiert ist und auch praktiziert wird. Lohnt das aber den gesetzgeberischen Aufwand, wenn doch im wesentlichen nur die Globalzuweisungen, nicht aber die Projektfinanzierungen einer gesetzlichen Festlegung zugänglich sein dürften?
Im Zusammenhang mit den Projektfinanzierungen muß auch der Hinweis erlaubt sein, daß die Stiftungen zumindest Anspruch darauf haben, genauso wie andere Mittelnehmer behandelt zu werden und nicht durch besondere Regeln staatlicherseits mit einem besonderen Maß an Mißtrauen bedacht zu werden.
Aber wir sind heute sozusagen in einer ersten Lesung, und wir werden das Für und Wider einer gesetzlichen Regelung in der Form eines Stiftungsgesetzes bei den Ausschußberatungen vertiefen und dann zu einer Empfehlung für das Plenum kommen. Es gibt sehr viele triftige Gründe für die Absicherung der Arbeit der Stiftungen auch im Hinblick auf Planungssicherheit für künftige Arbeit. Leitlinie der Sozialdemokraten wird bleiben: Das Wirken der Stiftungen ist zu einem wichtigen Bestandteil des politischen Gemeinwohls geworden. Dies ist und bleibt die Richtschnur unserer diesbezüglichen Entscheidungen.
Schönen Dank für die Geduld.