Rede:
ID1306100400

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 13061

  • date_rangeDatum: 12. Oktober 1995

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    Plenarprotokoll 13/61 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 61. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. Oktober 1995 Inhalt: Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 5073 A Absetzung von Tagesordnungspunkten 5073 D Absetzung des Zusatztagesordnungspunktes 10 . . . . . . . . . . . . . . 5198 D Tagesordnungspunkt 3: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung: Fünf Jahre deutsche Einheit b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Materialien zur Deutschen Einheit und zum Aufbau in den neuen Bundesländern (Drucksache 13/2280) c) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Aufbau Ost - Die zweite Hälfte des Weges - Stand und Perspektiven - Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung in den neuen Ländern (Drucksache 13/2489) d) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Christa Luft, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur teilweisen Erstattung des bei der Währungsunion 1990 2 : 1 reduzierten Betrages vorerst für ältere Bürgerinnen und Bürger sowie Alleinerziehende (Drucksache 13/1737) e) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes der Nutzer und zur weiteren Erleichterung von Investitionen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Nutzerschutzgesetz) (Drucksache 13/2022) f) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des besonderen Kündigungsschutzes in den neuen Bundesländern (Drucksache 18/2444) g) Antrag des Abgeordneten Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Entwurf eines Verfahrensgesetzes zu Artikel 44 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 - (Drucksache 13/1080) h) Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Rolf Kutzmutz, Dr. Christa Luft, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Bestandsaufnahme des Vermögens der DDR (Drucksache 13/1834) i) Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Hans-Joachim Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verbesserungen bei der Rehabilitierung von SED-Unrecht über die Verlängerung von Antragsfristen hinaus (Drucksache 13/2445) j) Antrag der Abgeordneten Doris Odendahl, Dr. Ulrich Böhme (Unna), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Novellierung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" (Drucksache 13/2367) k) Bericht des Rechtsausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Heuer, Klaus-Jürgen Warnick und der weiteren Abgeordneten der PDS: Moratorium zum Schutze der redlichen Nutzer und Nutzerinnen vor der zivilrechtlichen Durchsetzung von Rückübertragungsansprüchen im Beitrittsgebiet (Drucksachen 13/613, 13/ 2578) 1) Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Rolf Kutzmutz und der weiteren Abgeordneten der PDS: Zusage der deutschen Kreditwirtschaft „zusätzlich eine Milliarde DM in den Privatisierungsprozeß von sanierungsfähigen Unternehmen der Treuhandanstalt im eigenen Risiko einzubringen" vom Februar 1993 (Drucksachen 13/589, 13/1568) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Manfred Müller (Berlin) und der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung der Beschäftigten des Bundes mit den Beschäftigten des Landes im Land Berlin (Drucksache 13/1383) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Werner Schulz (Berlin), Steffi Lemke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jährliche Vorlage eines „Berichtes zur Entwicklung der deutschen Einheit" durch die Bundesregierung (Drucksache 13/2572) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit (Drucksache 13/2586) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Antrag der Abgeordneten Rolf Schwanitz, Dr. Christine Lucyga, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Altschulden ostdeutscher Gemeinden auf gesellschaftliche Einrichtungen (Drucksache 13/2587) Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 5075C Rudolf Scharping SPD 5079 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 5085 A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5089 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 5093 B Dr. Gregor Gysi PDS 5096D, 5124 D Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5098 B Armin Laschet CDU/CSU . . . . . 5099 B Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 5099 C Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . 5100B, 5112 C Wolfgang Thierse SPD . . . . . 5103A, 5112B, D Dr. Theodor Waigel CDU/CSU . . . . 5103C, D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 5104 B Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 5107B Dr. Angela Merkel CDU/CSU 5110A Iris Gleicke SPD . . . . . . . . . 5112 D Dr. Michael Luther CDU/CSU . . . 5114 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 5114 B Jürgen Türk F.D.P 5114 D Dr.-Ing. Paul Krüger CDU/CSU 5115 C Hans-Joachim Hacker SPD 5117 D Dr. Christa Luft PDS 5119 C Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 5121A Rolf Schwanitz SPD . . .. . . . . 5122B, 5125 A Tagesordnungspunkt 4: Große Anfrage der Abgeordneten Rudolf Dreßler, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Entwicklung und Stand der Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland (Drucksachen 13/1334, 13/2581) Rudolf Dreßler SPD 5125D, 5131A Dr. Gisela Babel F.D.P 5127D Andreas Storm CDU/CSU 5129 B Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . . 5130B Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5131 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5132B Katrin Fuchs (Verl) SPD zur GO . 5134A, 5135D Clemens Schwalbe CDU/CSU zur GO . . 5134B Dr. Gisela Babel F.D.P 5134 C Manfred Müller (Berlin) PDS 5136A Horst Günther, Parl. Staatssekretär BMA 5137 C Rolf Köhne PDS 5138A, 5139C, 5142D Doris Barnett SPD . . . . . . . . . . 5139 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . 5141B Johannes Singhammer CDU/CSU . . 5141 D Peter Dreßen SPD 5142 B Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5143A, 5147A Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 5143 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU 5144 D Otto Schily SPD 5145 D Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . 5146B Tagesordnungspunkt 19: Überweisungen im vereinfachten Verfahren b) Antrag der Abgeordneten Rolf Kutzmutz, Dr. Christa Luft und der Gruppe der PDS: Flexiblere Gestaltung der Förderprogramme (Drucksache 13/1798) c) Antrag der Abgeordneten Gert Weisskirchen (Wiesloch), Brigitte Adler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verhandlung vor dem Internationalen Gerichtshof zur Frage der völkerrechtlichen Legalität des Einsatzes oder der Androhung des Einsatzes von Atomwaffen (Drucksache 13/1879) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren Antrag der Abgeordneten Gerhard Jüttemann, Rolf Kutzmutz, Eva Bulling-Schröter, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Änderung des Bundesberggesetzes (Drucksache 13/2497) 5148 C Tagesordnungspunkt 20: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Belarus über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/2047, 13/2448) b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 20. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Lettland über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/2046, 13/2449) c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. September 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jamaika über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/ 2045, 13/2450) d) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. März 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Litauen über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (Drucksachen 13/1665, 13/2517) f) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung zu dem Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates über ein Gemeinschaftsprogramm zur finanziellen Unterstützung der Förderung europäischer Energietechnologien 1995-1998 („THERMIE II") zu dem Geänderten Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates über ein Gemeinschaftsprogramm zur finanziellen Unterstützung der Förderung europäischer Energietechnologien 1995 bis 1998 („THERMIE II") (Drucksachen 13/269 Nr. 2.3, 13/1096 Nr. 2.4, 13/1962) g) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Heinrich Graf von Einsiedel, Dr. Willibald Jacob, Andrea Lederer und der weiteren Abgeordneten der PDS: Verbot der Rüstungsexporte und Konversion der Rüstungsindustrie zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der EG-Harmonisierung des Exportkontrollrechts für Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck (Dual-use-Waren) (Drucksachen 13/584, 12/8368, 13/725 Nr. 92, 13/2545) h) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: MwSt - geänderter Richtlinienvorschlag betr. Personenbeförderung (Drucksachen 13/1234 Nr. 1.2, 13/2403) i) bis n) Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 63 bis 68 zu Petitionen (Drucksachen 13/ 2465, 13/2466, 13/2467, 13/2468, 13/ 2469, 13/2470) 5148D Zusatztagesordnungspunkt 6: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung und ihrer einnahme- und ausgabemäßigen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 5151B, 5174D Karl Diller SPD 5155B, 5157B Wilfried Seibel CDU/CSU 5156 D Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 5157B Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5158D Carl-Ludwig Thiele F.D.P. 5160A Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . . . 5160B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 5162B Jochen Feilcke CDU/CSU . . . . . . 5163 C Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . 5164 C Dr. Ingomar Hauchler SPD . . . . 5165C, 5176C Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . . 5167 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5168C Ingrid Matthäus-Maier SPD 5168 D Dankward Buwitt CDU/CSU 5170A Jörg-Otto Spiller SPD 5171D Peter Harald Rauen CDU/CSU . . . . . 5172 C Dr. Konstanze Wegner SPD 5173 D Jörg-Otto Spiller SPD 5176A Tagesordnungspunkt 5: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen (Magnetschwebebahnbedarfsgesetz) (Drucksache 13/2345) b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Allgemeinen Magnetschwebebahngesetzes (Drucksache 13/2346) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. Winfried Wolf und der Gruppe der PDS: Prüfung von Alternativen zur Magnetschwebebahn (Drucksache 13/2570) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Rainder Steenblock, Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Stopp der Vorbereitungsmaßnahmen für den Transrapid und Planung einer ICE-Verbindung Hamburg-Berlin (Drucksache 13/2573) Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . 5177D Elke Ferner SPD 5179B Wolfgang Börnsen (Bönstrup) CDU/ CSU 5180A, 5184B Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ' 5181D Horst Friedrich F.D.P. 5182D Dr. Klaus Röhl F.D.P 5185A, 5187C Eckart Kuhlwein SPD 5186 D Dr. Herwig Eberhard Haase, Senator (Berlin) 5187 D Dr. Winfried Wolf PDS 5189D Werner Kuhn CDU/CSU 5191B Rainder Steenblock BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5191D Dr. Barbara Höll PDS 5192 D Klaus Hasenfratz SPD 5193 B Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU 5194D, 5195 B Elke Ferner SPD 5195A, 5196C Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 5195D, 5198C Ernst Schwanhold SPD . . . . . . . . 5197 D Vizepräsident Dr. Burkhard Hirsch . . . 5191A Tagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Klaus Lennartz, Friedhelm Julius Beucher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Kindergesundheit und Umweltbelastungen (Drucksache 13/1968) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Vera Lengsfeld, Gila Altmann (Aurich), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Notwendigkeit von ökologischen Kinderrechten; Gefährdung von Kindern durch Umweltgifte (Drucksache 13/2574) Klaus Lennartz SPD 5199B Editha Limbach CDU/CSU . . . . . . 5200 C Vera Lengsfeld BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5202 D Birgit Homburger F.D.P. . . . . . 5204 A, 5208D Dr. Ruth Fuchs PDS 5205 D Friedhelm Julius Beucher SPD 5207 A Editha Limbach CDU/CSU 5207 C Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretärin BMG 5209 B Dr. Wolfgang Wodarg SPD 5211 C Tagesordnungspunkt 7: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Handlungsrahmen der Bundesregierung für eine Initiative zum kosten- und flächensparenden Bauen (Drucksache 13/ 2247) Joachim Günther, Parl. Staatssekretär BMBau 5213B Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . 5214 D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 5215D, 5216A Margarete Späte CDU/CSU 5217 B Helmut Wilhelm (Amberg) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5218D, 5220A Herbert Frankenhauser CDU/CSU . . . 5219D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . . 5220A Klaus-Jürgen Warnick PDS 5221 B Josef Hollerith CDU/CSU 5222 B Angelika Mertens SPD 5223 B Gert Willner CDU/CSU 5224 D Tagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Gert Weisskirchen (Wiesloch), Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten und weiteren Abgeordneten: Humanitäre Geste für die Opfer des NS-Unrechts in den baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland (Drucksache 13/1294) Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 5226A, 5231B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . 5227 B Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5228 B Dr. Edzard Schmidt-Jortzig F.D.P. . . . 5229A Ulla Jelpke PDS 5229 D Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 5230 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5231C Tagesordnungspunkt 9: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines ... Strafrechtsänderungsgesetzes — §§ 177 bis 179 StGB (Drucksache 13/2463) 5231D Tagesordnungspunkt 10: Bericht des Rechtsausschusses gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Mieter von Geschäftsraum in den Ländern Berlin und Brandenburg (Drucksachen 13/206, 13/2529) Horst Eylmann CDU/CSU 5232 A Hans-Joachim Hacker SPD 5233 B Norbert Geis CDU/CSU 5234 C Jochen Feilcke CDU/CSU 5235 A Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5235C Heinz Lanfermann F.D.P 5236C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 5237 D Joachim Gres CDU/CSU 5238 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 5239B Hans-Joachim Hacker SPD 5239 C Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (Bundeskriminalamtgesetz) (Drucksache 13/1550) . . 5240A Tagesordnungspunkt 12: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von den Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Korrektur des Renten-Überleitungsgesetzes (RentenüberleitungsKorrekturgesetz) (Drucksachen 13/216, 13/2549) Ulrike Mascher SPD 5240 B Petra Bläss PDS 5241 B Volker Kauder CDU/CSU . 5242 C, 5244 D, 5246 D Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . 5244 C Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5245 B Dr. Gregor Gysi PDS 5246 B Uwe Lühr F.D.P 5247 B Tagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt), Gerd Andres und weiterer Abgeordneter der Fraktion der SPD: Umbenennung der GeneraloberstDietl-Kaserne in Füssen und der General-Kübler-Kaserne in Mittenwald (Drucksache 13/1628) Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . . 5248B, 5259A Benno Zierer CDU/CSU 5250 A Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5251 B Dr. Gregor Gysi PDS 5251D Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 5252 B Gerhard Zwerenz PDS 5253 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 5254 C Gerald Häfner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5256A Walter Kolbow SPD 5256 B Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 5256 D Walter Kolbow SPD 5257 B Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung und des Versammlungsgesetzes und zur Einführung einer Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten (Zweites Kronzeugen-Verlängerungs-Gesetz) (Drucksache 13/2575) 5259 C Nächste Sitzung 5259 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5261* A Anlage 2 Entwicklung einer Friedensordnung für das ehemalige Jugoslawien unter Einbeziehung der Russischen Föderation MdlAnfr 19, 20 - Drs 13/2407 - Gernot Erler SPD SchrAntw StMin Helmut Schäfer AA . . 5261* C 61. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. Oktober 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    s) Die zu Protokoll gegebenen Reden werden als Anlage 4 zum Stenographischen Bericht über die 62. Sitzung abgedruckt. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Altmann (Pommelsbrunn), Elisabeth BÜNDNIS 12. 10. 95 90/DIE GRÜNEN Augustin, Anneliese CDU/CSU 12. 10. 95 Beer, Angelika BÜNDNIS 12. 10. 95 90/DIE GRÜNEN Eymer, Anke CDU/CSU 12. 10. 95 Fograscher, Gabriele SPD 12. 10. 95 * * Graf (Friesoythe), Günter SPD 12. 10. 95 Grasedieck, Dieter Heym, Stefan SPD 12. 10. 95 Heyne, Kristin PDS 12. 10. 95 Hörsken, Heinz-Adolf Dr. Jacob, Willibald Kemper, Hans-Peter Lummer, Heinrich BÜNDNIS 12. 10. 95 Dr. Maleuda, Günther Pfeiffer, Angelika Pützhofen, Dieter 90/DIE Dr. Reinartz, Bertold Rübenkönig, Gerhard Schlauch, Rezzo GRÜNEN Schloten, Dieter Schmidt (Aachen), Ulla Schönberger, Ursula CDU/CSU 12. 10. 95 Schoppe, Waltraud PDS 12. 10. 95 Dr. Schubert, Mathias Schumann, Ilse SPD 12. 10. 95 Dr. Stadtler, Max Steen, Antje-Marie Terborg, Margitta Teuchner, Jella CDU/CSU 12. 10. 95 Vogt (Duren), Wolfgang Vosen, Josef PDS 12. 10. 95 Dr. Wieczorek, Norbert CDU/CSU 12. 10. 95 CDU/CSU 12. 10. 95 CDU/CSU 12. 10. 95 SPD 12. 10. 95 BÜNDNIS 12. 10. 95 90/DIE GRÜNEN SPD 12. 10. 95 * SPD 12. 10.95 BÜNDNIS 12. 10. 95 90/DIE GRÜNEN BÜNDNIS 12. 10. 95 90/DIE GRÜNEN SPD 12. 10. 95 SPD 12. 10. 95 F.D.P. 12. 10. 95 * * SPD 12. 10. 95 SPD 12. 10. 95 SPD 12. 10. 95 CDU/CSU 12. 10. 95 SPD 12. 10. 95 SPD 12. 10.95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Antwort des Staatsministers Helmut Schäfer auf die Fragen des Abgeordneten Gernot Erler (SPD) (Drucksache 13/2407 Fragen 19 und 20): Welche Vorstellungen und Konzepte hat die Bundesregierung für eine künftige Friedensordnung im ehemaligen Jugoslawien entwickelt, und wie wird sie diese in die internationalen Bemühungen um eine Friedenslösung auf dem Balkan einbringen? Welche Rolle sollte nach den Vorstellungen der Bundesregierung die Russische Föderation bei einer Friedenslösung für das ehemalige Jugoslawien spielen, und auf welche Weise wird die Bundesregierung eine Einbeziehung Moskaus sicherzustellen versuchen? Zu Frage 19: Mit ihren Vorstellungen hat die Bundesregierung wesentliche konzeptionelle Anstöße für eine künftige Friedensordnung im ehemaligen Jugoslawien gegeben. Mit der Kinkel/Juppé-Initiative hat sie die Grundlagen für den europäischen Aktionsplan gelegt. Der im Juli 1994 in Genf formulierte Kontaktgruppenplan, der die wesentlichen Parameter einer Friedenslösung festlegt, wurde von der Bundesregierung maßgeblich mit formuliert. Die bosniakisch-kroatische Föderation wurde von Beginn an durch die Bundesregierung engagiert gefördert. Die „Petersberger Vereinbarung" vom 10. März 1995 ist das Ergebnis einer deutschen Initiative. Darüber hinaus gestaltet die Bundesregierung die europäischen Initiativen gemeinsam mit ihren Partnern in der EU. Wesentliche konzeptionelle Elemente der EU-Administration Mostar gehen auf Anregungen der Bundesregierung zurück. Die Bundesregierung wird in ihren Anstrengungen nicht nachlassen. Am 26. September fand in New York ein Treffen der internationalen Kontaktgruppe mit den Außenministern Bosnien-Herzegowinas, Kroatiens und der BRJ (Serbien/Montenegro) statt. Am 28. September fand in New York auf Außenministerebene ein Treffen der internationalen Kontaktgruppe mit der Kontaktgruppe der Organisation für Islamische Staaten (OIC) statt. Dieses Treffen unter deutschem Vorsitz geht auf eine Initiative von Außenminister Kinkel zurück. Zu Frage 20: Die Bundesregierung hält die Zusammenarbeit in der internationalen Kontaktgruppe für eine beispielhafte Möglichkeit, die Russische Föderation in den internationalen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozeß einzubeziehen. Die Bundesregierung hat Verständnis für den Wunsch der Russischen Föderation, auch bei einer Friedenslösung für das ehemalige Jugoslawien einbezogen zu werden. Am 26. September fand eine Kontaktgruppensitzung in New York mit den Außenministern Kroatiens, Bosnien-Herzegowinas und der BRJ (Serbien/ Montenegro) statt, und am 28. September folgte auf Außenministerebene eine Begegnung der internationalen KG mit der Kontaktgruppe der Organisation Islamischer Staaten. Die Russische Föderation ist in diesen Verhandlungsprozeß voll einbezogen. Die Bundesregierung legt größten Wert darauf, daß dieses erfolgreiche Verfahren auch bei den weiteren Bemühungen um eine internationale Verhandlungslösung fortgesetzt wird.
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    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Deutschen sind mit ihren staatlichen Möglichkeiten selten so verantwortungsbewußt umgegangen wie bei der Vereinigung am 3. Oktober 1990.
    Wenn wir an diesem fünften Jahrestag zurückdenken, dann denken wir an einen Epochenbruch, aber auch daran, daß jene Anerkennung verdient haben, die entscheidend zum ersehnten Ziel der deutschen Vereinigung beigetragen haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Mit großem Respekt erinnern wir an die demokratische Opposition, aber auch an jene Menschen, die ausgewiesen wurden, noch mehr an jene, die in den Gefängnissen leiden mußten, an jene Menschen, die in zunächst kleiner und dann wachsender Zahl und unter großen persönlichen Opfern der kommunistischen Repression trotzten und für politische Freiheit und Menschenrechte eintraten.
    Unser Dank gilt der evangelischen Kirche, in der eine Vielzahl von Gemeinden und Synoden in vielfältiger Weise Freiheitsräume erschloß, staatliche Bevormundung unterlief und demokratische Bestrebungen förderte.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der F.D.P. und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ich erinnere an die Ausreisenden, die damals unter großen persönlichen Risiken und teils dramatischen Umständen mit einer großen Fluchtbewegung den Ruf „Wir bleiben hier!" erst zu einer wirklichen Bedrohung in der Diktatur gemacht hatten.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich erinnere auch an die Hunderttausenden, die im Herbst 1989 auf die Straße gingen und mutig den Weg zu freien und demokratischen Wahlen öffneten, die Voraussetzung für die Einheit der Deutschen waren.

    Rudolf Scharping
    Es ist wahr: Wir sind auch anderen zu Dank verpflichtet: der Sowjetunion unter Michail Gorbatschow, deren Zustimmung die Gewaltfreiheit der SED-Entmachtung erst möglich gemacht hat,

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

    und den Ungarn und Polen - den Ungarn wegen der mutigen Grenzöffnung und den Polen, weil ihre reformerischen Umwälzungen Ermutigung schufen und innerhalb der DDR Reformbewegungen inspirierten.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Heiner Geißler [CDU/CSU])

    Wir sind auch und insbesondere unseren westlichen Partnern, unter ihnen besonders den Vereinigten Staaten von Amerika, zu Dank verpflichtet, die entschlossen die deutsche Vereinigung förderten und entscheidenden Anteil am Abschluß des Zweiplus-Vier-Vertrages hatten.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.])

    Nicht zuletzt, meine Damen und Herren, will ich darauf aufmerksam machen, daß die deutsche Einheit erst auf den Grundlagen stabiler Westbindung und vertrauensbildender Ostpolitik möglich geworden ist.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Hermann Otto Solms [F.D.P.] und der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Deshalb sagen wir in allem Freimut: Dazu haben viele beigetragen. Wir wollen weder die Verdienste von Willy Brandt und Helmut Schmidt verschweigen - wir anerkennen sie vielmehr ausdrücklich - noch die Leistungen der damaligen Bundesregierung, des Bundeskanzlers Helmut Kohl und des Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der F.D.P. sowie der Abg. Dr. Antje Vollmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Meine Damen und Herren, in einem solchen, historisch einmaligen, komplexen Prozeß gibt es sicher auch unvermeidbare Fehler; ich konzediere dies ausdrücklich. Neben unvermeidbaren Fehlern allerdings gibt es auch vermeidbare.
    Herr Bundeskanzler, wer Ihre Regierungserklärung gehört hat, wird den Eindruck nicht los, daß es Ihnen im wesentlichen um die Verbreitung eines Gefühls, nicht aber um die Formulierung von Politik geht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Sie haben die Worte „blühende Landschaften" erneut bemüht. Nach unserer Auffassung gehört schon viel dazu, sich erneut auf eine Aussage zu berufen, die quasi als Schlüsselglied für eine Politik der Täuschung und der Übervorteilung der Ostdeutschen steht.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manfred Müller [Berlin] [PDS] Widerspruch bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Denn entgegen Ihrer späteren Behauptung, diese Aussage sei nur vor dem Hintergrund zu verstehen, daß die Bundesregierung den tatsächlichen Zustand von Infrastruktur, Kapitalstock oder Arbeitsproduktivität nicht richtig eingeschätzt habe, haben Sie tatsächlich um wahltaktischer Vorteile willen mit der Hoffnung und mit der Erwartung nicht nur der 16 Millionen Menschen im Osten Deutschlands, sondern aller in Deutschland gespielt und die Unwahrheit über das gesagt, was auf die Menschen zukommen würde.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Auch das setzt sich heute fort. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland, namentlich im Osten Deutschlands, ausschließlich auf die Fehler von Planwirtschaft zurückzuführen, ist eine grobe historische Täuschung. Das spielt eine Rolle, erklärt aber längst nicht alles.

    (Beifall bei der SPD)

    Natürlich muß in einem historisch einmaligen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Strukturbruch manches verändert werden. Wir bestreiten nicht, daß dieser radikale Strukturbruch unvermeidbar war. Was wir allerdings bestreiten, ist, daß die Umstände so hätten gestaltet werden müssen, wie sie gestaltet worden sind.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Wie hätten Sie es denn gemacht?)

    Deshalb möchte ich doch darauf hinweisen, daß sich auf der Grundlage dieser Entwicklung eine erhebliche Veränderung vollzogen hat.
    Man kann verstehen, daß in einem solchen Umbruch auch Mißmut, Enttäuschung und Unzufriedenheit entstehen. Aber eine solche Diagnose bleibt unvollständig und oberflächlich, wenn man nicht auch zur Kenntnis nimmt, daß sich im Osten Deutschlands eine bedrohlich veränderte Stimmung entwickelt hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was? Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Er spricht von der SPD!)

    Im Juli 1995 haben - demoskopischen Umfragen zufolge - viele Ostdeutsche gesagt, daß das Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht sei. 50 % der Befragten im Osten hielten die Ordnung in der DDR, aber nur noch 38 % die Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland für gerecht. Während 1990 noch die große Mehrheit der befragten Ostdeutschen die Ursache für das Scheitern des DDR-Sozialismus im System selbst und nur

    Rudolf Scharping
    36 % in der Unfähigkeit der Politiker sahen, hat im Juli 1995 der Anteil derer, die die Politik und nicht das System für das Scheitern verantwortlich gemacht haben, mit 79 % eine geradezu erschreckende Größe erreicht.
    Meine Damen und Herren, wer das nicht zur Kenntnis nehmen will, der weigert sich, Realität, Gefühl und Emotionen von Menschen zur Kenntnis zu nehmen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Es ist geradezu unfaßbar, wie die Freude und die Begeisterung der Menschen in Deutschland, auch der Menschen im Osten Deutschlands, über das Ende des DDR-Sozialismus in eine Stimmung umgeschlagen sind, die man als zwiespältig, in der Tendenz allerdings als eindeutig beschreiben muß. Das ist eine Stimmung, die viel mit enttäuschten Hoffnungen zu tun hat.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Selbst wenn man konzediert - was ich ausdrücklich tue -, daß es in einem solchen Prozeß unvermeidbare Fehler gibt, so ist doch darauf hinzuweisen, daß es von Anfang an auch Stimmen gegeben hat, die nachdrücklich und - wie sich herausgestellt hat - zu Recht auf vermeidbare Fehler und falsche Weichenstellungen hingewiesen haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS Widerspruch bei der CDU/ CSU)

    Von Anfang an haben Vertreter der Opposition in der damaligen DDR auf die Größe, die Langwierigkeit und auch auf die immensen Kosten des Umstellungsprozesses hingewiesen. Der damalige Finanzminister Romberg ist auf Grund des politischen Drucks aus der Regierung im Westen Deutschlands entlassen worden, obwohl seine Zahlen damals wesentlich näher an der Realität waren als die der Bundesregierung.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Man fragt sich: Wo ist denn ein Wort des Bedauerns z. B. gegenüber einem ehrlichen Mann, der genau - jedenfalls wesentlich genauer als diese Bundesregierung - gesehen hat, welche Aufgaben auf uns zukamen, welche finanziellen Leistungen das erforderte? Ich finde, es gehörte zur Souveränität einer Bundesregierung, die damals die Entlassung dieses Mannes bewirkt hat, wenigstens heute ein kleines Wort des Bedauerns wegen dieser groben Fehlentscheidung auszusprechen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Das ist, Herr Bundeskanzler, nicht nur eine Frage der menschlichen Anständigkeit; es ist auch eine Frage der politischen Klarheit. Ihr ehemaliger Finanzstaatssekretär Köhler hat jüngst in einem bemerkenswerten Interview in der Wochenzeitung „Die Zeit" folgendes formuliert:
    Schon vor der Bundestagswahl im Oktober 1990 war klar, daß es nicht ohne Einnahmeverbesserungen gehen würde. Die Politik hat halt aus Gründen der politischen Opportunität entschieden, diese Erkenntnis nicht in den Vordergrund zu rücken.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: „Keine Steuererhöhungen"!)

    Den Prozeß der deutschen Einheit, seine Enttäuschungen und Frustrationen kann man trotz aller Erfolge nicht beschreiben, wenn man nicht hinzufügt, daß im Jahr 1990 bewußt getäuscht worden ist, wie der damalige Finanzstaatssekretär ausdrücklich sagt.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Das hat auch mit der Finanzierung der deutschen Einheit auf Pump zu tun. Sie wird zu einer immensen Hypothek für künftige Generationen und zugleich für eine Belastung des europäischen Integrationsprozesses sorgen.

    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sind Sie also dagegen?)

    Meine Damen und Herren, mit diesen Weichenstellungen begann eine Reihe von Fehlentscheidungen strategischer Art, die man der Bundesregierung anlasten muß und die man nicht allein auf den Zustand der damaligen DDR zurückführen kann.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD - Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU - Zuruf von der CDU/CSU: Das haben Ihnen nicht einmal die eigenen Leute geglaubt!)

    Diese Fehlentscheidungen haben viele Millionen Menschen in eine tiefe Existenzkrise gestürzt und vor allen Dingen tiefe Zweifel an der Redlichkeit der Politik hervorgerufen.

    (Beifall bei der SPD Zuruf von der CDU/ CSU: An Ihrer!)

    Es war - ich sage es noch einmal: im Rahmen eines notwendigen und unvermeidbaren Strukturbruches - eine Schocktherapie ohne wirkliche Flankierung. Industrielle Arbeitsplätze sind zusammengebrochen, 3,5 Millionen Arbeitsplätze gingen verloren. Es war im Zuge dieser strategischen Fehlentscheidungen konsequent, der Treuhandanstalt anfangs nur einen Privatisierungsauftrag zu erteilen, der sich aber in der Praxis häufig als Liquidationsauftrag erwies.
    Meine Damen und Herren, wer 1989/1990 als Epochenbruch beschreibt und in der gegenwärtigen Diskussion hinzufügt, daß der Wandel in der Weltwirtschaft, mindestens die Europäisierung, häufig die Globalisierung des Wirtschaftens, ungehemmt voran-

    Rudolf Scharping
    schreitet, muß zugleich die Frage beantworten: Soll es die Leitlinie der Politik sein, die soziale Integration zu stärken - dann hätten wir eine vernünftige Leitlinie für die Gestaltung des deutschen Einigungsprozesses in der Zukunft -, oder wollen wir ignorant die falschen Weichenstellungen weiterverfolgen? Denn eine bloß auf Unternehmen und Erträge - so notwendig das alles ist - orientierte Politik wird am Ende nicht fähig sein, die soziale Erosion der Gesellschaft und auch den tiefen emotionalen und kulturellen Graben, den es in Deutschland immer noch gibt, zu überwinden.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Hans-Ulrich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Bundeswirtschaftsministerium hat den strukturpolitischen Handlungsbedarf unterschätzt und war in seiner Aufmerksamkeit wohl auch zuwenig auf den Aufbau in Ostdeutschland konzentriert.

(Zuruf von der CDU/CSU)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Der Bundeskanzler war stolz auf dessen Sachkunde in internationalen und anderen Finanzfragen. Die Tatsache, daß dieser Mann jetzt ein anderes öffentlich wirksames Amt bekleidet, macht ihn etwas freier. Ich kann durchaus verstehen, daß dieser freie und kritische Geist in der Bilanzierung Ihrer eigenen Tätigkeit - das macht diese Regierungserklärung überdeutlich klar - bei Ihnen ganz und gar unerwünscht ist; denn er müßte zu selbstkritischen Bemerkungen führen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Herr Bundeskanzler, was Ihr damaliger Staatssekretär Köhler gesagt hat, halte ich für eine vornehme Beschreibung von Inkompetenz und Ignoranz.
    Mindestens ebenso verheerend für die wirtschaftliche Lage im Osten Deutschlands hat sich die Entscheidung der Bundesregierung ausgewirkt, die Rückgabe alten Eigentums der Entschädigung für altes Eigentum vorzuziehen.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Leider, leider!)

    Daraus ist das Investitionshemmnis Nummer eins im Osten Deutschlands geworden,

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    mit allen Folgen für den wirtschaftlichen Aufbau und die Arbeitsplätze.
    So sehr man sich über gute Entwicklungen freuen kann: Die Bilanz bleibt unvollständig und wird zur Schönfärberei, wenn man auf solche Entwicklungen nicht genauso deutlich hinweist. So, wie Sie damals den Mut und die Bereitschaft zur Solidarität mit der Täuschung, man könne das aus der Portokasse machen, verspielt haben, beginnen Sie erneut, die Bilanz zu fälschen und schönzufärben und damit Mut und Solidarität zu untergraben, Mißmut und Enttäuschung zu fördern. Diese Regierungserklärung ist ein Hinweis darauf.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Die faktische Entindustrialisierung bedeutet für die Ostdeutschen, daß von hundert Erwerbswilligen ein Drittel keine reguläre Arbeit findet, ein Drittel Arbeitsplätze aus Transferleistungen findet und nur ein Drittel Arbeitsplätze aus eigener Wertschöpfung.
    Die fehlerhaften Weichenstellungen der Bundesregierung zu Lasten und auf Kosten der ostdeutschen Bevölkerung waren eine Konsequenz aus der falschen gestalterischer Zielsetzung in der Vereinigungspolitik, nämlich einer Ausdehnung der alten Bundesrepublik auf die frühere DDR. Es gab keinen Politikbereich, Herr Bundeskanzler, in dem Sie nicht signalisiert hätten, daß der Osten gefälligst westliche Maßstäbe zu erfüllen habe.
    Die politisch-kulturellen Folgen blieben nicht aus. Viele Menschen sahen sich ihrer eigenen Geschichte und Selbstachtung beraubt. Ihnen wurden generell Unterlegenheit und Zweitklassigkeit signalisiert. Das sind Verwerfungen, die das politische und gesellschaftliche Klima zwischen Ost und West in Deutschland nach wie vor stark belasten und die auch zu der beschriebenen Vertrauenskrise im Osten Deutschlands geführt haben.
    Es ist diese Ignoranz, diese Geringschätzung von Erfahrungen, die ein politisches Milieu ostdeutscher Befindlichkeit hat entstehen lassen, die einer regionalistischen, regressiven und im Kern unpolitischen Partei einen starken Resonanzboden verschafft. Die relativen Erfolge der PDS sind ein direktes Ergebnis von Vereinigungspolitik, wie Sie sie gestaltet haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wer, Herr Bundeskanzler, die zurückliegenden fünf Jahre bilanziert, wird feststellen: Nach ihren unbestrittenen Verdiensten beim Zustandekommen der deutschen Einheit hat die Bundesregierung, hat der Bundeskanzler bei der Gestaltung der deutschen Einheit schwere Fehler gemacht. Im Streit um die tauglicheren Lösungen gab es bessere Vorschläge.
    Unbestreitbar richtig war der Vorschlag, die Finanzierung der deutschen Einheit auf eine allgemeine Grundlage zu stellen und von einer realistischen Einschätzung der Schwierigkeiten auszugehen.
    Nachweislich war richtig, die Entindustrialisierung nicht so Platz greifen zu lassen und Vorschläge zur Erhaltung der industriellen Kerne zu machen.

    Rudolf Scharping
    Nachweislich hatten wir recht, daß ein Sanierungsauftrag für die Treuhand von Anfang an richtiger gewesen wäre als der Privatisierungsauftrag.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Nachweislich hatten wir recht mit der Befürchtung, daß die vorgesehene Behandlung der Eigentumsfrage eine fatale Folge für Investitionen und das Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen hätte.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Nachweislich haben wir immer noch recht mit der Forderung, daß es eine aktive Arbeitsmarktpolitik geben muß, um Zeit und Zuversicht für die Menschen zurückzugewinnen.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund stehen wir vor neuen Herausforderungen und neuen Entscheidungen. Wohl wahr, in den letzten fünf Jahren sind über die Steuerkassen hinaus insgesamt rund 1 000 Milliarden DM in die neuen Bundesländer geflossen. Niemand kann seriös voraussagen, wann dieser Prozeß zu einem Ende kommt. Eines aber muß man sagen, und das sage ich Ihnen mit den Worten von Klaus von Dohnanyi: Von einem selbsttragenden wirtschaftlichen Aufschwung kann nicht gesprochen werden. Von Dohnanyi schrieb im „Handelsblatt":
    Das Wachstum ist immer noch vom Westtransfer geschenkt, und die Ausgangsposition wird durch den dramatischen Einbruch markiert, den die Wirtschaftsunion zwangsläufig auslösen mußte. Von diesem geringen Niveau aus bewirken auch hohe Zuwachsraten nur sehr kleine Schritte in Richtung auf die Angleichung zum Westen. Sehr wenig plus 10 ist zwar mehr, aber zunächst eben doch nur ein wenig mehr.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, man kann stolz sagen, es gibt hohe Zuwachsraten; aber das bleibt unvollständig und ist schönfärberisch, wenn man nicht das niedrige Niveau und die Tatsache berücksichtigt, daß viele Regionen im Osten Deutschlands in ihrer wirtschaftlichen Kraft hinter den schwächsten Regionen Portugals, Spaniens oder Griechenlands zurückbleiben.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, die Rede von der dynamisch wachsenden Region ist eine halbe Wahrheit. Der Aufschwung dort steht auf wackeligen Beinen, so wie sich leider auch der Aufschwung in Deutschland etwas abschwächt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Miesmacher!)

    - Das hat, verehrter Herr Kollege, mit Miesmacherei überhaupt nichts zu tun, sondern mit einer ehrlichen Bilanz. Sie werden merken, daß eine ehrliche Bilanz das einzige Mittel ist, Vertrauen zurückzugewinnen, das auf eine fahrlässige Weise verspielt worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Im übrigen gibt es Leute, die Kassandra einen schlechten Ruf bescheinigen. Aber: Hätten die angeblich klugen Männer auf sie gehört, wäre Troja vermutlich nicht untergegangen.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist nicht richtig, den Eindruck zu erwecken, wir seien schon über den Berg. Es ist auch nicht richtig, den Eindruck zu erwecken, wir könnten auf weitere Finanzhilfen verzichten. Aber mit dem Jahressteuergesetz 1996 wird die steuerliche Förderung von Investitionen ab 1997 um fast ein Drittel gekürzt, ab 1999 soll sie insgesamt auslaufen. Die Investitionsförderung geht um 15 Milliarden DM zurück. Im Bundeshaushalt 1996 kommt es zu massiven Kürzungen. Der Bewilligungsrahmen für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" wird auf 7 Milliarden DM gesenkt. Wer sich den Finanzplan 1995 bis 1999 anschaut, so unseriös er ist, stellt fest, daß weitere massive Einsparungen vorgesehen sind.
    Es ist ziemlich absurd, die zehnprozentige Investitionszulage für den innerstädtischen Handel im Jahressteuergesetz zu beschließen - ich füge hinzu: auf unser Drängen -, auf der anderen Seite im Bundeshaushalt die Städtebauförderung um 100 Millionen DM zu kürzen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer den mangelnden überregionalen Absatz ostdeutscher Produkte beklagt, hat recht, denn die ostdeutsche Wirtschaft trägt nur einen ganz geringen Teil zu unserem Export bei. Um so unverständlicher ist es, daß die Absatzförderung um ein Drittel gekürzt wird.
    Jeder weiß, daß in Ostdeutschland reichlich Forschungs- und Entwicklungspotentiale vorhanden sind. Gleichzeitig werden die Mittel zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation gekürzt. Jeder redet von der Bedeutung von Umweltschutz, Energiesparen und Fernwärme, gleichzeitig aber werden die Mittel zur Sanierung der vorhandenen Einrichtungen im Bundeshaushalt auf Null gefahren. Es macht keinen Sinn, schöne Ziele zu beschreiben und dann Haushalte zu verabschieden, die nichts von dem einlösen, was in den Zielen beschrieben worden ist.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Wir sagen: Jawohl, die ostdeutsche Wirtschaft braucht massive staatliche Unterstützung. Sie braucht dauerhafte verläßliche Förderung. Ein abgebrochener wirtschaftlicher Aufbauprozeß würde zu noch höheren Arbeitslosenzahlen und im Ergebnis zu einem wachsenden Transfer führen.
    Deshalb beschreiben wir fünf Defizite und geben eine Antwort auf sie.
    Erstens. Es klafft eine riesige Lücke zwischen dem, was in den neuen Ländern konsumiert wird, und dem, was dort produziert wird. Diese Produktionslücke ist nicht, wie man annehmen könnte, verkleinert worden, sondern sie ist von 155 Milliarden DM auf 211 Milliarden DM gewachsen. Also sagen wir:

    Rudolf Scharping
    Es muß einen klaren Vorrang geben für die Förderung gewerblich-industrieller Arbeitsplätze und für die Stärkung des Mittelstandes im Osten Deutschlands.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Das Bruttoanlagevermögen pro Kopf der Bevölkerung ist im Osten heute nur halb so groß wie im Westen Deutschlands. Die Produktivität der Arbeitnehmer erreicht deshalb nur etwas über 50 % des westdeutschen Niveaus. Die Lohnstückkosten freilich liegen 30 % über dem westdeutschen Niveau. Deshalb sagen wir: Es wäre dringend erforderlich, daß diese Bundesregierung endlich eine Politik betreibt, die die Gesamtheit der Produzenten von den Kosten der Einheit entlastet und die Einheit so finanziert, wie es richtig ist, nämlich durch die Gesamtheit der Steuerzahler. Dazu hat Ihnen immer der Mut und immer die Konsequenz gefehlt.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Joachim Hörster [CDU/CSU]: Sie sollten dann nur erst die A-Länder fragen!)

    Drittens. Die hohe Arbeitslosigkeit ist Ergebnis und Ausdruck des wachsenden Maßes an Unterbeschäftigung. Es ist nicht richtig, wenn die Statistik signalisiert, nur 13 % der Bevölkerung seien arbeitslos. Tatsächlich haben über 30 % der Menschen keine reguläre Arbeit. Wer verhindern will, daß eine weitere Auszehrung stattfindet, daß immer mehr Jüngere in den Westen Deutschlands wandern, daß andere ihre Heimat verlassen, wer verhindern will, daß daraus auch massive Folgen für die westdeutschen Gemeinden und Länder bei den öffentlichen Einrichtungen und bei der Infrastruktur entstehen, der muß dafür sorgen, daß es eine aktive Arbeitsmarktpolitik gibt. Sich hier hinzustellen und zu behaupten, jeder habe einen Ausbildungsplatz gefunden,

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Das ist wahr!)

    das ist nicht nur eine Schönfärberei, Herr Bundeskanzler, sondern ein Hohn gegenüber den Zehntausenden junger Leute, die bis zuletzt mühsam darum gerungen haben, überhaupt eine Chance zu bekommen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Viertens. Die ostdeutsche Wirtschaft ist zuwenig exportorientiert; folglich wird man hier helfen müssen. Die lediglich 12 Milliarden DM Exporterlöse der ostdeutschen Wirtschaft reichen nicht aus. Folglich sollten Sie mithelfen und Ihre Mehrheit dafür einsetzen, daß die Absatzförderung, die Exportförderung und vieles andere nicht gekürzt, sondern aufgestockt werden.
    Fünftens. Im Osten Deutschlands erleben wir eine Pleitewelle, die mittlerweile die Erfolge der ersten Existenzgründungswelle zunichte zu machen droht. Es gibt nach wie vor zuwenig Unternehmer. Es gab einen Gründungsboom Anfang der 90er Jahre. Aber jetzt sind die Nettogewerbeanmeldungen im Osten
    Deutschlands um 90 % zurückgegangen. Managementfehler, unzureichendes Marketing - das alles kann man beklagen. Vor allen Dingen aber ist die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen zu schwach. Eine Bundesregierung, die noch nicht einmal in der Lage ist, in Berlin ihre öffentlichen Bauaufträge unter der Bedingung zu vergeben - wie der Berliner Senat es tut -, daß Menschen anständige Tariflöhne gezahlt bekommen, ruiniert Unternehmen und Arbeitsplätze. Das ist das praktische Ergebnis Ihrer Politik.

    (Beifall bei der SPD und der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, eine Bilanz fünf Jahre nach der deutschen Einheit bleibt unvollständig, wenn sie sich nur auf das Gefühl und nur auf die unbestreitbar guten Entwicklungen bezieht. Es gibt erhebliche Schwierigkeiten. Sie zu nennen ist die Voraussetzung dafür, daß sich Kraft entfaltet, um sie zu überwinden. Der Satz von Willy Brandt, daß zusammenwächst, was zusammengehört, ist unverändert richtig und bleibt Richtschnur unseres Handelns. Bei all den Schwierigkeiten und komplizierten Entwicklungen sagen wir: Wir brauchen Zeit. Folglich brauchen wir auch Geduld, vor allen Dingen im Osten Deutschlands, und Solidarität im Westen Deutschlands.
    Wenn wir dazu auffordern, dann tun wir das in dem Bewußtsein, daß die schlimmen und tiefen Folgen der Spaltung im Inneren überwunden werden müssen und überwunden werden können im Interesse einer stabilen Demokratie und einer anerkannten Rechtsordnung, die Eckpfeiler inneren Friedens und Wohlstandes sind. Was wir aber ebenfalls brauchen, ist eine Kultur der gegenseitigen Anerkennung, die auf der enormen Anpassungsleistung der Ostdeutschen und auf der großartigen Teilungsbereitschaft der Westdeutschen aufbaut.

    (Beifall bei der SPD)

    Es kann gelingen, eine gesamtdeutsche Wirklichkeit zu gestalten, die ein besseres Deutschland bewirkt. Wenn wir eines Tages nicht mehr von „Westdeutschen" und „Ostdeutschen" im Sinne eines Spaltungsmerkmales reden, dann haben wir viel erreicht.
    Zur Vollendung der deutschen Einheit auch auf politisch-kulturellem Gebiet hat Günter Kunert jüngst einen richtigen Hinweis gegeben. Er sagte:
    Es will auch mir nicht einleuchten, warum so etwas wie eine Ausschaltung von Gegensätzen und Widersprüchen wünschenswert sei - eine Harmonie, die ausschließlich durch Uniformität zu gewinnen wäre, eine mentale Gleichheit, wie sie nur für Zombies vorstellbar ist. Unsere Werturteile und unsere Vorurteile werden wir ohnehin nicht los. Wir müßten nur mit ihnen gelassener umgehen.

    (Beifall des Abg. Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD])


    Rudolf Scharping
    Auch wenn es vielen in Deutschland schwerfällt: Gelassenheit und Entschlossenheit auf der Grundlage einer realistischen Bilanz, auf der Grundlage des festen Willens, begangene Fehler konsequent zu korrigieren, sind die Voraussetzungen dafür, daß wir Schaffenskraft und Gestaltungswillen der Bürgerinnen und Bürger weiter wecken und fördern. Beides brauchen wir in Deutschland mehr denn je.

    (Langanhaltender Beifall bei der SPD Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)