vor der Presse - über die gesundheitspolitischen Zahlen informiert. Ich begrüße das hier sehr ausdrücklich und möchte Ihnen, Herr Minister, für diese Geste danken.
Ich hoffe, daß dies, je nach den parlamentarischen Gegebenheiten, auch künftig der Fall sein wird.
Die Bilanz der Finanzentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung im ersten Halbjahr 1995 ist nicht ernüchternd und auch nicht, wie Sie, meine verehrten Damen und Herren von der Opposition, immer sagen, katastrophal.
Nein, die Bilanz ist weitgehend so, wie die Entwicklung in der Schlußphase der Budgetierung durch das Gesundheitsstrukturgesetz zu erwarten war. Die Bilanz war nicht anders zu erwarten. Die wesentlichen Fakten, die für diese Entwicklung einstehen, waren bekannt, und mit der Realisierung wurde allemal gerechnet.
Wir haben daher bereits unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesundheitsstrukturgesetzes gesagt, daß
Angelika Pfeiffer
dieses Gesetz nur befristet eine kostensenkende Wirkung entfalten kann
und daß deswegen eine weitere, dritte Reformstufe unausweichlich ist.
Wir haben diese Reform mit dem Sondergutachten des Sachverständigenrates der Konzertierten Aktion sowie seit Beginn dieses Jahres mit den sogenannten Petersberger Gesprächen mit allen wesentlichen Körperschaften und Verbänden des Gesundheitswesens konstruktiv und zielorientiert vorbereitet. Wir haben dabei - das sei allerdings nur am Rande erwähnt - gerade bei der deutschen Ärzteschaft und auch bei den Spitzenverbänden der Krankenversicherungen eine erfreuliche Bestätigung der Notwendigkeit der Reform und eine Einsicht in die zentralen Probleme dieser Reform gefunden.
Wir werden diese Arbeit, wie angekündigt, zuallererst in der Koalition, aber auch mit Ihnen, Herr Kirschner, fortsetzen. Gestern wurde eine Koalitionsarbeitsgruppe eingesetzt.
Ich denke, die Arbeit wird hervorragend geleistet und fahrplanmäßig beendet werden.
- Auch wenn Sie das lustig finden: Ich finde es prima, daß wir in der Koalition so eng zusammenarbeiten.
Ich frage nun Sie, meine Damen und Herren von der Opposition: Was haben Sie denn dazu beigetragen, die erkennbaren Probleme der Krankenversicherung zu verhindern, zu mildern oder zu lösen? Zunächst - da gebe ich dem Minister vollkommen recht - haben Sie, d. h. insbesondere die SPD-geführten Länder, bereits im Herbst 1992 in Lahnstein alles getan, um das Kostendämpfungskonzept für das Krankenhaus zu verwässern. Die Löcher in den krankenhausindividuellen Budgets sind politisch zu verantworten, und zwar insbesondere von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD.
In den Beratungen zur nächsten Phase, der sogenannten Umsetzungsphase, haben die Länder - vornehmlich wieder die SPD-geführten - erneut alles getan, die Effizienz des Preiskonzeptes zu verwischen. Sie haben also nichts Positives beigetragen. Entweder verwässern, verwischen Sie, oder Sie wollen die Sache hinauszögern.
In der Umsetzungsphase haben Sie darüber hinaus - auch das muß Ihnen immer wieder gesagt werden - in Bundesrat und Bundestag eine Lösung der Problematik zugunsten der Krankenkassen und zu Lasten der Länder, zuletzt beim GKV-Anpassungsgesetz, mit Erfolg verhindert.
Sie schieben damit so einfach 5 Milliarden DM zusätzlich in die Haushalte der Krankenversicherungen und fordern im gleichen Atemzug - und das, ohne rot zu werden, obwohl Sie eine rote Partei sind - Beitragsstabilität.
Der Beitrag der SPD-Bundestagsfraktion bzw. der SPD-geführten Länder ist somit gleich Null?
Er ist nicht gleich Null: Sie tragen in Bundestag und Bundesrat ein gerüttelt Maß an Mitverantwortung dafür, daß die Verhältnisse so sind, wie sie heute sind.
Was haben Sie in der SPD denn für Alternativen zu unserer Reformpolitik? Auch hier ist die Diagnose ernüchternd: Politisch haben Sie zunächst den Kopf in den Sand gesteckt. Monatelang war die Botschaft aus Ihrer Fraktion die: Wir brauchen keine dritte Reformstufe, wir schaffen das so; gefragt ist die Umsetzung des Gesundheitsstrukturgesetzes.
Diese Position haben Sie aber nur so lange vertreten, bis Sie von den SPD-geführten Ländern so viel Druck gekriegt haben - Gott sei Dank -, daß Sie merkten, daß die Länder anders diskutieren und Sie Ihre Politik ändern müssen.
Das nennt man - das hat Herr Kollege Dreßler richtig gesagt, Herr Kirschner, Sie werden ihm kaum widersprechen wollen - „Föderalisierung der Gesundheitspolitik" .
Inzwischen haben Sie sich aber - Gott sei Dank - eines anderen besonnen. Am 28. August 1995 haben Sie nach langen hochsommerlichen Temperaturen und Sitzungen in sogenannten Kaminrunden - die dort sehr gut hineinpassen; das ist eine Spezialität der SPD - das Konzept der SPD zur Weiterentwicklung im Gesundheitswesen präsentiert.
Dieses Konzept ist - ich beschäftige mich zwar noch
nicht lange mit dem Gesundheitswesen, aber ich
Angelika Pfeiffer
habe es mir zusammen mit meinen Kollegen angeschaut - deprimierend.
- Lesen kann ich auch, und das habe ich hervorragend gemacht. - Ein moderner Ansatz zur Lösung der anstehenden Fragen ist nicht gefunden worden.
Kernanliegen Ihres Konzeptes ist die staatliche - -
- „Reglementierung" wollte ich nicht sagen. Das hatten wir in der DDR. Ich wollte der SPD nicht ganz DDR-Mentalität unterstellen.
- Das habe ich nicht. - Ihr Konzept heißt: mehr Staat, mehr Dirigismus, mehr Kontrolle. Das hatten wir in der DDR, und das wollen Sie auch.
Selbstverwaltung, Eigenverantwortung sind und bleiben für Sie Fremdwörter.
- Also, mit Ihnen würde ich gerne hinterher eine Tasse Kaffee trinken. Wer so schöne Zwischenrufe macht, der kann mich auch mal einladen. Okay?
Sie haben aus der Diskussion in den vergangenen Jahren nichts gelernt. Sie wollen nichts lernen, und die Probleme verdrängen Sie. Es ist von Ihnen nichts anderes zu erwarten. Aber ich hoffe, daß wir in dieser Wahlperiode mit Ihnen doch noch einer Meinung sein werden.
- Ich hoffe das, weil wir gut zusammenarbeiten, wie sich auch im Fachausschuß zeigt. Da werden wir uns doch wohl noch auf eine Meinung einigen können. Auch Herr Thomae ist daran interessiert, daß wir einen großen Konsens haben. Da bin ich mir ganz sicher.
Will die SPD nun endlich zur Einsicht kommen? Wer kann denn bei diesen Fakten überhaupt etwas gegen unser Konzept haben? Es geht also jetzt nur darum, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, daß Sie Ihren bisherigen Lippenbekenntnissen Glaubwürdigkeit folgen lassen, daß Sie finanzielle Konsequenzen folgen lassen und schlicht und ergreifend einfach nur helfen. Schließlich werden auch gerade meine Kollegen aus den neuen Ländern nicht ernsthaft behaupten wollen, daß die in der 4. Novelle vorgesehenen 240 Millionen DM für das ärztliche Honorarbudget überflüssig wären. Ich jedenfalls habe von Ihnen noch nichts dergleichen gehört.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, auch wenn Sie sehr unruhig waren und versucht haben, immer wieder etwas dazwischenzurufen. Aber das macht die Sache erst würzig.
Danke schön.