Rede von
Hanna
Wolf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß wir eine Bundesregierung haben, die den Kommunen immer mehr Lasten aufbürdet,
und daß die Kommunen nicht mehr wissen, wo sie das Geld für ihre Etats hernehmen sollen?
- Gut, ich verstehe ja, daß diese rhetorischen Retourkutschen gefahren werden.
Was brauchen die Frauen besonders? Sie brauchen unter anderem ein ausreichendes Angebot an Ganztagsschulen. Es ist Ihnen bekannt, daß Ganztagsschulen für Bayern den Inbegriff des Revolutionären darstellen. Ganztagsschulen werden in Bayern sozusagen nach wie vor nicht zugelassen. Bayern bildet in dieser Beziehung das Schlußlicht nicht nur in Europa. Bayern befindet sich am allerletzten Ende dessen, was man heute in bezug auf pädagogische und sonstige Einrichtungen braucht, um den Anspruch von Frauen und auch von Männern, wenn sie sich dann endlich einmal richtig um die Familie kümmern - Sie wollen das ja immer ganz besonders -, auf Teilhabe einlösen zu können. Daneben brauchen wir Hort- und Krippenplätze, damit wir die erforderlichen begleitenden Einrichtungen zu unserer Verfügung haben.
Wie verhält es sich mit dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz? Wir kennen diese Debatte. Wir sagen: Der Bund hätte finanzielle Mittel für dieses Jahrhundertwerk zur Verfügung stellen müssen.
Wenn Sie sagen, daß die Länder Geld bekommen haben, erwidern wir: Sie haben nicht genug bekommen. - Dieser Streit ändert aber nichts an der Tatsache, daß wir diesen Rechtsanspruch sofort und am liebsten ohne eine Stichtagsregelung einlösen möchten.
Das brauchen die Familien; die Frauen haben das durchgesetzt. Darauf können wir stolz sein. Allerdings sind die finanziellen Engpässe eindeutig.
Was Frauen aber vor allem fehlt, sind qualifizierte Arbeitsplätze. Von der steigenden Langzeitarbeitslosigkeit sind vor allem Frauen betroffen. Kürzungen bei Umschulungsmaßnahmen treffen wieder in erster Linie Frauen. In diesem Jahr fehlen Tausende von Ausbildungsplätzen, ganz besonders auch für Mädchen. Eine Debatte darüber haben wir ja vorhin geführt. Mit der von der SPD geforderten Quotierung der Ausbildungsplätze hätten Mädchen wenigstens am Anfang Chancengleichheit vorgefunden. Um Frauen insgesamt bessere Chancen auf dem Arbeits-
Hanna Wolf
markt zu geben, brauchen wir ein Gleichstellungsgesetz, das in allen Wirtschaftsbereichen gilt. Das vorhandene sogenannte Gleichberechtigungsgesetz hat bisher eigentlich wenig gezündet.
Ich habe absichtlich von qualifizierten Arbeitsplätzen gesprochen; denn unqualifizierte schlechtbezahlte Arbeit - und das auch noch in Teilzeit - ernährt die Frau jetzt nicht und im Alter nicht. Herrn Rexrodts wunderbare Arbeitswelt der flexiblen Ladenschlußzeiten bringt nicht nur noch mehr geringfügig Beschäftigte, noch geringere Bezahlung und gar keine Alterssicherung; darüber hinaus geht diese Flexibilisierung auf Kosten des Familien- und Gemeinschaftslebens.
Sie sehen selbst, das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat wirklich Querschnittsaufgaben. Die Ministerin muß sich in die Bereiche Recht, Arbeit, Soziales und Bildung einmischen. Das erfordert aber die Kraft einer Superministerin; die ist sie leider nicht. So wird aus einem Gemischtwarenladen leider auch kein Superministerium.