Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Vorlage des Etats für 1996 wird im Bereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung erstmals ein Zahlenwerk vorgelegt, das auch haushälterisch die Vereinigung von zwei unabhängigen Ministerien zu einem Zukunftsministerium vollzieht. War der Haushaltsentwurf 1995 lediglich die Zusammenfassung ehemals separater Etats, so haben wir es jetzt hier mit einem gemeinsamen, integrierten Etat für Bildung, Forschung, Wissenschaft und Technologie im vereinten Deutschland zu tun.
Die bereits mit dem Etat 1995 eingelöste Zusage des Bundeskanzlers für Zuwächse in den Bereichen Forschung und Technologie wird auch mit dem Etatentwurf für 1996 verwirklicht. Mit einem Gesamtvolumen von rund 15,5 Milliarden DM ist dieser Einzelplan der fünftgrößte im Bundeshaushalt, und trotz des sinkenden Gesamtvolumens des Bundeshaushalts für 1996, Herr Kollege Glotz, steigen die Ausgaben dieses Etats immerhin noch um 2,3 %.
Die Mittel für die Förderung von Forschung und Technologie steigen gegenüber 1995 innerhalb dieses Etats überproportional mit einem Satz von 2,8 %. Das ist immerhin eine Steigerung gegenüber der bisherigen Finanzplanung in Höhe von 275 Millionen DM allein im Jahr 1996.
Somit wird zumindest für die eine Seite des Hauses klar, daß der hohen politischen Bedeutung, die diesem Politikbereich im gesamten Haus eingeräumt wird, auch eine entsprechende Würdigung im Haushalt des Bundes gegenübersteht, und dies vor dem Hintergrund von umfassenden Kürzungen in den Länderetats. Ich erinnere daran, was sich z. B. in Niedersachsen in der Forschungslandschaft abspielt. Sie können somit auch Unterschiede zwischen sozialdemokratischer und der hier von der christdemokratisch-liberalen Koalition vertretenen Forschungs- und Bildungspolitik eindeutig erkennen.
Wenn Sie, Herr Kollege Glotz, in Ihrem Debattenbeitrag zu diesem Bereich davon sprechen, wir versündigten uns an etwas, dann ist das nicht nur mit übermäßigem Pathos ausgestattet, sondern es zeigt auch, daß man einen Politikbereich auch kaputtzureden versuchen kann. Sie haben dann auch noch die Tornados mit dem Bildungsbereich in Zusammenhang gebracht. So etwas fand ich schon zu der Zeit, als ich studiert habe und als es um die Pershings ging, die gegen die Bildungsausgaben hochgerechnet worden sind, ausgesprochen billig. Daß Sie sich auf dieses Niveau herablassen, verwundert mich doch sehr.
Die Schwerpunktsetzung für den Haushalt 1996 ist klar und eindeutig: 4,6 Milliarden DM für Hochschule, Bildung und Berufsbildung, 5,2 Milliarden DM für Wissenschaft und Forschung, 4,3 Milliarden DM für die Projektförderung und 1,5 Milliarden DM für die internationale Forschungskooperation und die europäische Weltraumforschung.
Steffen Kampeter
Wichtige Positionen in diesem Haushaltsentwurf betreffen die Verwirklichung zentraler Reformvorhaben wie BAföG, Meister-BAföG und Hochschulbaureform. Das sind ehrgeizige Vorhaben, für die im Vergleich zu den Mitteln, die wir bisher in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen hatten, mehr Spielräume für Ausgaben in diesem Bereich geschaffen werden.
Ich möchte allerdings davor warnen, daß wir die Bedeutung dieses Politikbereichs allein an den Haushaltszahlen ablesen. Sie können ein günstiges Innovationsklima in Deutschland nicht allein über einen Etat steuern. Sie können Technologiefreundlichkeit oder -feindlichkeit von Menschen nicht mit Millionen beeinflussen, und Sie können handwerkliches Können nicht ohne das Zutun von privaten Unternehmen fördern.
Wir sind alle aufgefordert, deutlich zu machen, daß im Bereich Bildung, Forschung, Wissenschaft und Technologie eine der Schlüsselaufgaben für die Gestaltung der Politik im nächsten Jahrtausend liegt, und ich glaube, dieser Etat für 1996 ist dafür eine gute, eine solide Grundlage.
Lassen Sie mich einiges darüber sagen, wie Forschung in Arbeitsplätze umgewandelt wird, was ja ein ganz wesentliches Ziel unserer Förderpolitik ist. Deswegen wird auch im Etat für 1996 gerade auf die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen ein besonderer Akzent gesetzt. Sie wird mit rund 630 Millionen DM weiter aufgestockt. Die mittelstandsbezogene Innovationsförderung wächst um knapp 20 %, denn kleine und mittlere Unternehmen setzen Forschung rascher am Markt um und schaffen im Vergleich zu industriellen Investitionen mehr Arbeitsplätze.
Minister Rüttgers hat in seiner Etatrede das Lehrstellenprogramm für die neuen Länder erläutert. Eine Zeitung übertitelte kürzlich einen Artikel zur Lehrstellensituation: „Ausbildung als Eintrittskarte in die Zukunft". Die politisch relevante Frage scheint in diesen Tagen zu sein: Wer zahlt für diese Eintrittskarte? Es darf kein dauerhaft beschrittener Weg sein, daß der Staat die Kosten für Ausbildung übernimmt.
Ausbildung ist und bleibt zentrale Aufgabe der Wirtschaft. Schließlich ist die Qualifikation einer der wenigen unbestrittenen Vorzüge des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Das hier jetzt vorgeschlagene Lehrstellenprogramm erfüllt allerdings in bestimmten Regionen, wo wir Engpässe haben, die wir zur Kenntnis genommen haben, und jetzt politisch handeln, auch die Zusage des Bundeskanzlers, daß für die Jugendlichen im Osten die notwendigen Ausbildungsperspektiven genutzt werden.
Die Finanzierung dieses Lehrstellenprogramms stellt eine wichtige Querschnittsaufgabe über alle Etats des Bundeshaushalts dar. Aus ordnungspolitischer wie aus haushälterischer Sicht kann es jedoch nicht Daueraufgabe sein, Lehrstellenprogramme außerbetrieblicher Art zu finanzieren.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einiges zu den Ausführungen zur BAföG-Reform sagen, die Sie, Herr Glotz, hier vorgetragen haben. Ich war einigermaßen erstaunt, daß Sie hier vor dem Deutschen Bundestag behauptet haben, die Rückzahlung treffe die Ärmsten der Ärmsten. Ich bin BAföG-Student gewesen. Mein akademisches Ausbildungsende liegt mehr als vier Jahre zurück. Sie können nicht sagen, daß ich, wenn mich jetzt die Rückforderung trifft, zu den Ärmsten der Ärmsten gehöre.
Das Modell, das Sie hier verzerrt dargestellt haben, sieht vier Jahre nach dem Ausbildungsende unter Zugrundelegung von Sozialklauseln eine Rückzahlung des BAföG-Darlehens vor, und zwar lediglich die Hälfte und teilweise verzinst.