Rede von
Dr.
Graf
Otto
Lambsdorff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
In der öffentlichen Diskussion wird meistens völlig übersehen - ich gebe zu, bei den unmittelbaren Transferleistungen sind wir im Rückstand -, was wir an steuerlichen Subventionen in dieser Koalition in den letzten zehn, zwölf Jahren abgeschafft haben. Das ist wirklich aller Ehren wert und läßt sich vorzeigen. Spielen Sie das nicht immer herunter.
Aber wenn es darum geht, die unglaublich hohen Subventionen auf Arbeitsplätze im deutschen Steinkohlenbergbau einzuschränken, wer steht dann auf der Barrikade? Sie doch zu allervörderst.
Sie sind doch immer wieder dabei, um das zu verhindern.
- Verehrter Herr Kollege Fischer, Sie können mich nicht von dem Unsinn der europäischen Agrarpolitik überzeugen, weil ich längst überzeugt bin. Da brauchen Sie sich nicht anzustrengen.
Aber wenn ich hier höre, meine Damen und Herren, wie Frau Fuchs uns finanzwissenschaftliche Vorlesungen hält, dann erinnert mich das an „Faust", zweiter Teil, Mephisto am Hofe des Kaisers. Das endet mit dem Satz: Da habt ihr's nun, mit Narren sich beladen, das kommt zuletzt dem Teufel selbst zu Schaden. - So werden Finanzprobleme nicht gelöst.
Meine Damen und Herren, wir brauchen mehr Liberalität in diesem Lande, wir brauchen mehr Flexibilität. Aber wenn man von Flexibilität am Arbeitsmarkt spricht, dann ruft Herr Dreßler „Knochenbrecher" .
Wir brauchen mehr Markt und nicht weniger, und zwar in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens.
Wir brauchen mehr Verantwortung des einzelnen, nicht nur für sein Eigeninteresse, auch für die freie Bürgergesellschaft, in der wir leben wollen.
Bei uns darf man ja kaum die Frage nach der Verführung zum Mißbrauch stellen, die in der Regelung der Lohnfortzahlung liegt. Das ist doch darin enthalten, und darüber sollte man doch einmal reden. Aber das ist schon verboten. Das Wort „Krankfeiern" gibt es in keiner anderen Sprache der Welt; das gibt es nur in der deutschen Sprache.
Wer unsere Sozialpolitik kritisiert, verfällt in Deutschland dem Verdikt der Political Correctness. Herr Dreßler ist einer der Anführer; ich erinnere an die Worte, die gestern hier zitiert worden sind, wie man Debatten einfach totschlägt und eine intellektuelle und redliche Auseinandersetzung gar nicht mehr zuläßt.
Liberale Wirtschaftspolitik, Soziale Marktwirtschaft verstehen sich seit Walter Eucken und Ludwig Erhard immer auch als Gesellschaftspoltik. Der
Dr. Otto Graf Lambsdorff
Markt ist nicht Willkür, der Markt ist ein Ordnungsprinzip. Wettbewerb ist nicht Catch-as-catch-can, sondern Regelwerk in einer sittlich gefestigten freien Ordnung.
Auf diesem Wege möchte die F.D.P.-Fraktion die Bundesregierung sehen. Zu diesem Wege ermutigt sie sie, und auf diesem Wege unterstützt sie den Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt.
Vielen Dank.