Rede:
ID1305203000

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    Plenarprotokoll 13/52 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. September 1995 Inhalt: Zur Geschäftsordnung Dr. Peter Struck SPD 4394B, 4399A Joachim Hörster CDU/CSU 4395 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4396 C Jörg van Essen F.D.P. 4397 C Eva Bulling-Schröter PDS 4397 D Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksache 13/2000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 (Drucksache 13/2001) Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 4345 B Ernst Schwanhold SPD . . . . 4346D, 4360 B Anke Fuchs (Köln) SPD 4349 A Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . 4352A Birgit Homburger F D P. 4352 C Ernst Hinsken CDU/CSU 4352B, 4370D, 4377 C Kurt J. Rossmanith CDU/CSU 4354 C Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4357 C Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. 4359A Rolf Kutzmutz PDS 4361 A Stefan Heym PDS 4362 C Otto Schily SPD 4363 A Rainer Haungs CDU/CSU 4363 B Anke Fuchs (Köln) SPD . . . . 4364B, 4369A Hans Büttner (Ingolstadt) SPD . 4365B, 4393 A Uwe Hiksch SPD 4365 D Dr. Uwe Jens SPD 4367 B Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . 4368B Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . 4369 D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 4371 D Rudolf Dreßler SPD 4375 B Dr. Gisela Babel F.D.P 4378 A Marieluise Beck (Bremen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4379 C Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . 4380 C Rudolf Dreßler SPD 4382A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4384 A Dr. Gisela Babel F.D.P 4386B Manfred Müller (Berlin) PDS 4388B Ulrich Heinrich F D P. 4388 D Ottmar Schreiner SPD 4390 A Dr. Norbert Blüm CDU/CSU 4390 D Gerda Hasselfeldt CDU/CSU 43928 Dr. Jürgen Rüttgers, Bundesminister BMBF 4399B Doris Odendahl SPD 4401 D Günter Rixe SPD 4401 D Dr. Peter Glotz SPD 4403 C Steffen Kampeter CDU/CSU 4406 C Dr. Peter Glotz SPD 4407 D Jürgen Koppelin F.D.P. . . 4408B, 4467A Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4409D Steffen Kampeter CDU/CSU 4410A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4410B Wolf-Michael Catenhusen SPD . • . 4411C Dr. Karlheinz Guttmacher F.D.P. . . . 4412D Maritta Böttcher PDS 4414C, 4432 B Dr. Gerhard Friedrich CDU/CSU . . . 4416A Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4416B Edelgard Bulmahn SPD 4418B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU . . . 4420 D Gertrud Dempwolf, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ 4422 A Edelgard Bulmahn SPD 4422 B Hanna Wolf (München) SPD 4424 C Johannes Singhammer CDU/CSU . 4426 B Peter Jacoby CDU/CSU 4427 A Wolfgang Dehnel CDU/CSU 4428 C Ingrid Holzhüter SPD 4428D, 4431 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4429 B Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 4430 D Walter Link (Diepholz) CDU/CSU . . . 4433 A Hanna Wolf (München) SPD 4433 B Klaus Hagemann SPD 4434 B Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 4436 C Klaus Kirschner SPD 4439 A Angelika Pfeiffer CDU/CSU 4441 C Marina Steindor BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4443 C Jürgen W. Möllemann F.D.P. . . . . . 4445.A Horst Seehofer CDU/CSU 4445 C Klaus Kirschner SPD 4445C, 4448D Peter DreBen SPD 4446 A Dr. Ruth Fuchs PDS 4447 B Ulf Fink CDU/CSU 4448 B Gudrun Schaich-Walch SPD 4450p Jochen Borchert, Bundesminister BML 4452 A Dr. Peter Struck SPD 4453B, 4463 D Horst Sielaff SPD 4454 C Norbert Schindler CDU/CSU 4456 A Egon Susset CDU/CSU 4457 C Horst Sielaff SPD 4458 B Peter Harry Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 4458C, 4463 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4458D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4460A Jürgen Koppelin F.D.P 4461 C Jochen Borchert CDU/CSU . . 4463A, 4464 A Dr. Günther Maleuda PDS 4464 C Max Straubinger CDU/CSU 4465 C Ilse Janz SPD 4466 C Nächste Sitzung 4468 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4469* A 52. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. September 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 7.9.95 Behrendt, Wolfgang SPD 7.9.95 * Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 7.9.95 Frick, Gisela F.D.P. 7.9.95 Grießhaber, Rita BÜNDNIS 7.9.95 90/DIE GRÜNEN Heym, Stefan PDS 7.9.95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 7.9.95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 7.9.95 Jelena Horn, Erwin SPD 7.9.95 Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 7.9.95 Dr. Klaußner, Bernd CDU/CSU 7.9.95 Dr. Knake-Werner, PDS 7.9.95 Heidi Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 7.9.95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Leidinger, Robert SPD 7.9.95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 7.9.95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 7.9.95 90/DIE GRÜNEN Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lotz, Erika SPD 7.9.95 Lüth, Heidemarie PDS 7.9.95 Neuhäuser, Rosel PDS 7.9.95 Neumann (Berlin), Kurt SPD 7.9.95 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 7.9.95 Schätzle, Ortrun CDU/CSU 7.9.95 Schenk, Christa PDS 7.9.95 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 7.9.95 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schmidt (Aachen), SPD 7.9.95 Ursula Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 7.9.95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 7.9.95 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 7.9.95 Simm, Erika SPD 7.9.95 Stübgen, Michael CDU/CSU 7.9.95 Thieser, Dietmar SPD 7.9.95 Tröscher, Adelheid SPD 7.9.95 Wieczorek-Zeul, SPD 7.9.95 Heidemarie • für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Margareta Wolf-Mayer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rexrodt, Sie haben Ihre Rede damit begonnen, daß Sie sich u. a. um die Beschäftigungssituation in diesem Land sorgen. Ich als Abgeordnete aus dem Kreis Groß-Gerau hätte mir durchaus gewünscht, daß Sie die innovative Kraft z. B. der Firma Opel hier einmal gelobt hätten, anstatt immer nur zu sagen: Wir wollen den Dialog suchen. Gleichzeitig müssen Sie, wenn Sie sich so sorgen, diesem Hohen Hause erklären, warum die Mittel an die BA in diesem Haushalt um 8 Milliarden DM gestrichen werden. Ich halte das für einen Skandal. Das straft Ihre Worte wirklich Lügen.
    Zweites Stichwort: Herr Rexrodt, Sie haben über den Ladenschluß geredet. Ich bin da durchaus offen und für eine Flexibilisierung. Aber ist Ihnen denn nicht klar, daß genau Sie - ich nenne das Stichwort „Zeitsouveränität" -, wenn Sie jetzt sagen, die Mitbestimmung müsse eingeschränkt werden, das Thema jetzt schon wieder kaputtreden?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wenn Sie sagen, wir müßten dicke Bretter bohren, dann kann ich Sie nur bitten, vorher Ihr Brett von Ihrem Kopf zu nehmen, sonst wird es tatsächlich gefährlich.

    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Der von Ihnen, Herr Rexrodt, vorgelegte Haushaltsplan 09 ist ein frustrierend deutliches Zeichen, daß die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung keine zukunftszugewandte und moderne Wirtschaftspolitik ist. Ich möchte sogar sagen, Sie gerieren sich wie ein Fossil aus dem letzten Jahrhundert. Eine moderne Wirtschaftspolitik orientiert sich an den Grundsätzen der ökologischen Verantwortung und der sozialen Gerechtigkeit. Eine moderne Wirtschaftspolitik hat den Standort Deutschland als innovatives, kreatives und produktives Hochlohnland im Blick. Eine moderne Wirtschaftspolitik orientiert sich an den Prinzipien einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft.
    Herr Minister, die Solidarität in diesem Lande brökkelt. Die Kollegin Fuchs hat es vorhin schon angesprochen: Ich finde es erschütternd, daß in dieser Situation ausgerechnet Sie als Wirtschaftsminister hingehen und die aus Ihrer Sicht für die Standortgefährdung Verantwortlichen outen. Wir können es nicht mehr hören, und es ist wirklich eine Bedrohung für den sozialen Frieden in diesem Lande, daß Sie hier immer die Kranken, die Sozialhilfeempfänger, die Arbeitslosen und in diesem Falle auch die Arbeitnehmer beschuldigen. Das ist typisch F.D.P. Sie rechtfertigen damit die Tatsache, daß Sie nicht in der Lage sind, Ihre Hausaufgaben zu machen.
    Die Kosten für den Faktor Arbeit sind zu hoch, die Kosten für den Faktor Umwelt zu niedrig. Ich hoffe, daß darüber in diesem Hause ein Konsens besteht. Aber genau deshalb liegt von uns das Konzept für eine konsequente ökologische Steuerreform auf dem Tisch, während Sie, Herr Rexrodt, und Ihre Partei sich noch immer mit dem Einzelaspekt der Kfz-Steuer beschäftigen und als Bundesregierung bis dato nicht in der Lage waren, ein umfassendes Konzept für den dringend notwendigen Strukturwandel einzuleiten.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ernst Schwanhold [SPD])

    Richtig ist auch - ich bin Herrn Blüm für seinen Brief an Herrn Waigel durchaus dankbar -, daß die Bundesregierung die Sozialversicherung in den letzten Jahren mißbraucht hat. Sie sind es doch, die die Sozialversicherung jährlich mit über 100 bis 150 Milliarden DM mit sogenannten versicherungsfremden Leistungen belasten, Leistungen, die im wesentlichen gesamtgesellschaftliche, ergo staatliche Aufgaben sind. Anstatt zu sagen: „Wir müssen den Zuschuß erhöhen", dreschen Sie auf genau diejenigen ein, die die Beiträge entrichten. Das sind nicht Sie, Herr Rexrodt.
    Die notwendige Entlastung des Faktors Arbeit, wie wir sie mit unserer ökologischen Steuerreform vorschlagen, ist ökologisch und wirtschaftspolitisch überfällig. Ich bin der Kollegin Fuchs sehr dankbar, daß sie Herrn Solms die Grundstruktur der Ökosteuer vorhin erklärt hat. Vielleicht läßt das hoffen.

    Margareta Wolf (Frankfurt)

    Ich fände es schade, wenn Thomas Hanke mit seiner Vermutung in der „Zeit" recht behielte, daß Ihnen der Mut zu einer ökologischen Steuerreform fehlt. Die Blätter fallen, der Herbst naht. Sie haben nicht mehr viel Zeit. Wir sind gespannt.
    Der Einzelplan 09 ist ein Offenbarungseid. Er macht nachhaltig deutlich, daß Sie nicht zukunftsfähig sind. Einsparungen erfolgen ausgerechnet in den Zukunftsfeldern neue Bundesländer, ökologischer Umbau und Innovation. Das Sonderprogramm für Forschung und Entwicklung in den neuen Bundesländern wird gekürzt. Das Fördergefälle der GA wird zu Lasten des Ostens verschoben. Forschungsförderung Ost wird reduziert, Absatzförderung ostdeutscher Produkte dito, industrielle Gemeinschaftsförderung dito, Technologietransfer dito.
    Herr Rexrodt, das Büro für Technikfolgenabschätzung empfiehlt in einer vom Hause Rüttgers in Auftrag gegebenen Studie,

    (Wolf-Michael Catenhusen. [SPD]: Vom Bundestag in Auftrag gegeben!)

    die Umsetzung von Forschungsergebnissen bei neuen Werkstoffen in marktfähige Produkte insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen mit Steuervergünstigungen, Sonderabschreibungen oder rückzahlbaren Darlehen zu fördern. Sie wissen doch spätestens seit der legendären Geschichte mit dem Faxgerät oder seit der neuerlichen Geschichte - darüber ist hier schon diskutiert worden - mit der Abwanderung der Photovoltaik, deren wirtschaftspolitische Folgen wir heute erst erahnen können, daß es einen dringenden Handlungsbedarf bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte gibt. Den KMUs fällt es zunehmend schwer, sich an innovativen Werkstoffentwicklungen zu beteiligen. Sie sagen, Sie seien ein Mittelstandspolitiker. Das sind Sie nicht; dieser Haushalt weist das deutlich aus.
    Herr Rexrodt, der Bundesverband der Deutschen Industrie fordert von Ihnen - offenbar aber ungehört - eine nachhaltige Stärkung der Industrieforschung in den neuen Bundesländern. Der BDI sagt: Die Planungssicherheit der Unternehmen erfordert eine solide mittelfristige Finanzplanung auch für die Programme des BMWi, insbesondere für Innovationsförderung. Wenn selbst diese Herren Ihr Ohr nicht mehr erreichen können, Herr Rexrodt, dann frage ich, mit wem Sie überhaupt noch reden. Soviel zu dem Stichwort „Dialog" .
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, soll der Aufbau Ost tatsächlich gelingen, darf es keinen Abbau der Ostförderung geben. Für mindestens zehn Jahre muß die Ostförderung noch auf hohem Niveau gefahren werden, so leid es mir tut. Sie wissen doch selber - ich möchte vor allem den Staatssekretär Ludewig aus dem Hause Rexrodt ansprechen -, daß ostdeutsche Wachstumsschrittmacher oftmals noch am Fördertropf hängen. Sie wissen, daß industrielle Restbestände sowieso am Fördertropf hängen. Die öffentlichen Hilfen haben eine enorme stabilisierende Wirkung, gerade für die regionale Wirtschaft und den
    Aufbau der Infrastruktur. Unüberlegte Einschnitte in diese Förderprogramme können zu einem Rückschlag führen, der sich mittelfristig als finanzschweres Eigentor erweist.
    Ein weiterer Aspekt. Mit der Einbringung des Einzelplans 09 wurde offenbar, was Verbände seit Monaten befürchten. Die Förderung der Sanierung von Fernwärmeanlagen in den neuen Bundesländern wurde in toto gestrichen. Diese Entscheidung wird zur Folge haben, daß die umweltfreundliche Fernwärme ganz deutlich an Boden verliert. Sie haben sich mit dieser Entscheidung einseitig für die Übertragung der monopolisierten Energieversorgung seitens der EVUs, wie sie in Westdeutschland praktiziert wird, gen Osten entschlossen.
    Herr Rexrodt, wir werden Ihnen demnächst die Gelegenheit bieten, uns einmal verbindlich zu erklären, wie Sie das Klimaschutzziel der CO2-Reduktion um 25 % bis 2005 erreichen wollen. Uns wird das immer unklarer. Derzeit steigen die CO2-Emissionen sogar.
    Ich vermisse bei Ihnen - aber das ist in der Tat nichts Neues - den Mut und die Kraft für ein zukunftsfähiges Wirtschaften. Ich vermisse den Mut für den Einstieg in eine ökologische, klimafreundliche und wirtschaftsfreundliche Politik. Ich vermisse die Verantwortung für diese und die nächste Generation. Ihr Haushalt straft wirklich das Lügen, was Waigel gestern gesagt hat, dieser Haushalt sei zukunfts- und zielorientiert. Ihr Haushalt konterkariert diese Einschätzung geradezu.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Das stimmt doch gar nicht! Sie haben sich das nicht angeschaut!)

    Ich möchte abschließend noch einmal ausdrücklich eine Forderung des Sparkassen- und Giroverbandes unterstützen. Dieser Verband fordert Sie, Herr Minister, auf, die Unternehmen - auch das betrifft in erster Linie wieder die kleinen und mittleren Unternehmen sowie auch die Existenzgründer - von der Undurchsichtigkeit des Förderdickichts zu befreien.

    (Zuruf von der SPD)

    - Genau. Herr Köhler ist im übrigen CDU-Mitglied.
    Wir haben inzwischen 300 bis 500 Förderprogramme. Herr Rexrodt, vielleicht wäre das der erste Schritt weg von einer konzeptlosen Politik der Wirtschaftsförderung hin zu einer effizienten und qualifizierten Wirtschaftsförderung, die auch Geld spart. Das weiß jeder. Das ist eine Binsenweisheit.
    Meine sehr geehrten Damen und Herren, der zu beratende Einzelplan ist ein Ausdruck der Angst vor der Zukunft. Er greift aus lauter Mutlosigkeit, aus beängstigender Innovationsschwäche in die Mottenkiste. Dieser Haushalt ebnet nicht den Weg in die Zukunft, er ebnet den Weg zurück ins letzte Jahrhundert.
    Danke schön.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Es spricht jetzt Dr. Otto Graf Lambsdorff.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Eine Bemerkung vorweg: Immer wieder wird gesagt, die Begrenzung des Solidarzuschlages sei gleichzusetzen mit der Begrenzung und der Beendigung der Unterstützung des wirtschaftlichen Aufbaus im Osten. Das ist weder denklogisch richtig, noch ist es ökonomisch zwingend.
    Ich fand es gut und bemerkenswert, daß der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, dies hier klargestellt hat. Es sind zwar nicht unbedingt zwei Paar verschiedene Schuhe - sie gehören zusammen -, aber es ist nicht zwingend, daß der Solidarzuschlag in der bisherigen Höhe, auf unbegrenzte Zeit festgelegt - es war von 10 Jahren die Rede -, erhalten werden muß, um die Ostförderung fortzusetzen.

    (Beifall bei der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Dann ist er begrenzt! 10 Jahre sind eine Grenze!)

    Diese Diskussion ist schlichtweg falsch, und teilweise, so glaube ich, ist sie bewußt irreführend angelegt.
    Meine Damen und Herren, der Hungrige kann dem Satten kein Bruder sein. Janusz Reiter, der polnische Botschafter in Bonn - mit Recht geschätzt, hat in einem Interview am Wochenende dieses polnische Sprichwort zitiert.
    Ich denke, wir sollten in einer wirtschaftspolitischen Debatte des Deutschen Bundestages, auch in der Haushaltsdebatte, wenigstens einen kurzen Augenblick über unsere Grenzen hinaussehen.
    Bis zur großen Wende des Jahres 1990 waren die Hungrigen dieser Welt in den Entwicklungsländern von uns, den Satten, relativ weit entfernt. Wir schickten Entwicklungshilfe, meist zuwenig - heute übrigens viel zuwenig. Aber jetzt sitzen die Hungrigen vor unserer Haustür. Diese Haustür ist und bleibt geöffnet, sosehr wir uns dagegen stemmen. Es kommen die Produkte. Wenn wir das behindern, dann kommen die Menschen - entweder als Flüchtlinge oder als legale und illegale Arbeitskräfte.
    Was tun wir - nicht nur in Deutschland - in den Industrieländern? Wir wahren Besitzstände. Es kann aber auf Dauer kein Frieden in Europa und in der Welt sein, wenn wir das Wohlstandsgefälle nicht wenigstens abflachen. Es gab den Abstand bereits vor 1914 und vor 1939. Aber so groß wie heute war er nie, besonders wenn Sie an die GUS-Staaten denken.
    Erinnern Sie sich noch, verehrte Kolleginnen und Kollegen, an das bedrückende Bild der Polen-Märkte in Berlin nach der Öffnung der Mauer? Da kamen die Menschen aus Polen, um ihre letzten Habseligkeiten gegen harte Währung zu verkaufen. Heute sind das die Russen-Märkte in Warschau, gleich neben dem Fußballstadion.
    Wir, die reichen Industrieländer, werden das Problem nicht durch Finanztransfers lösen. Lösen können wir es übrigens überhaupt nicht. Das können nur die betroffenen Länder selbst. Sie tun es ja auch: mit Härten, mit Entbehrungen für die Menschen. Sie tun es mehr und mehr erfolgreich. Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen: Polen und Estland.
    Wir müssen vor allem eines tun, was uns schwerfällt: Wir müssen unsere Märkte öffnen. Trade is better than aid: Handel ist besser als Hilfe. Die Entwicklungsländer haben das begriffen, unsere Nachbarn auch. Aber was tun wir? Versuchen wir nicht mehr und mehr, uns hinter Schutzzäunen zu verbarrikadieren? Reagieren wir mutig und offensiv, oder reagieren wir defensiv und ängstlich?
    Die Polen würden uns nur zu gerne ihre Steinkohle verkaufen. Wir verbieten Importe, subventionieren die deutsche Steinkohle mit etwa 20 Milliarden DM und plündern dafür den deutschen Steuerzahler.
    Wir versuchen uns mit Importquoten zu schützen, mit überzogenen Sozial- oder Umweltklauseln, mit Arbeitnehmerquoten gegen die Hungrigen in unserer Europäischen Union sogar mit dem protektionistischen Sündenfall eines Entsendegesetzes, dem der Bundeswirtschaftsminister wenigstens die schlimmsten Giftzähne gezogen hat.
    Wir versuchen den unvermeidlichen Anpassungsprozeß zurückzustauen. Das kann nur zu Brüchen führen, mit der Gefahr ökonomischer und politischer Destabilisierung.
    Warum, meine Damen und Herren, schafft wirtschaftliches Wachstum nicht mehr Arbeitsplätze wie früher? Begreifen wir eigentlich, daß die neue internationale Arbeitsteilung die Arbeitsmärkte umfaßt? Unser Tarifkartell merkt das sehr wohl. Aber auch hier wird defensiv reagiert.
    Die Politik, eine ganz riesengroße Koalition in Deutschland, weit über die Parteien hinaus, schützt diesen Egoismus. Dabei ist es nicht einmal der Egoismus der Deutschen gegenüber dem Wettbewerber, der über unsere Grenzen kommt. Es ist auch der blanke Egoismus der deutschen Arbeitsplatzbesitzer gegenüber den eigenen, den deutschen Arbeitslosen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das Tarifkartell in Deutschland schaufelt die Folgen seines unflexiblen Tuns vor die Türen des Staates, und der zahlt und zahlt und überzieht seine Bürger mit maßlosen Steuern und Abgaben auf allen staatlichen Ebenen. Er merkt gar nicht, daß wir uns auf diese Weise immer tiefer in diesen Sumpf hineindrehen.
    Das Land braucht Reformen, aber nicht die grünen Reformen der Staatsintervention, auch nicht eine sogenannte moderne Wirtschaftspolitik. Das ist die Wirtschaftspolitik des kurzfristigen Intervenierens, gut für die nächste Landtagswahl, schlecht für die Volkswirtschaft. Lemwerder ist ein Beispiel.

    Dr. Otto Graf Lambsdorff
    Wir brauchen, meine Damen und Herren, Luft zum Atmen, zum Investieren, zur Innovation. Wir müssen herunter mit Steuern und Abgaben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Was nutzt das Verschiebespiel mit versicherungsfremden Leistungen, das uns hier vorgeführt wird? Sie haben recht, daß sie nicht in den sozialen Bereich hineingehören. Aber dann machen Sie Vorschläge, wie eingespart werden kann. Von einer Kasse in die andere zu verlagern bringt gesamtwirtschaftlich überhaupt nichts.

    (Beifall bei der F.D.P. - Zurufe von der SPD)

    - Ich verstehe überhaupt nicht, warum sich die Sozialdemokraten so aufregen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Wer regiert denn hier?)

    Sie verkünden doch dauernd, daß die Steuern und Abgaben zu hoch seien. Befassen Sie sich doch damit! Sie machen nur Vorschläge, um die Abgaben weiter zu erhöhen. Wer die 580-DM-Arbeitsverhältnisse abschaffen und verbieten will, der jagt die Leute in die Illegalität, in die Arbeitslosigkeit und in die Schwarzarbeit.

    (Berthold Wittich [SPD]: Seit 25 Jahren regieren Sie doch mit!)

    Das ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)