Rede von
Ulla
Jelpke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Das Bundesinnenministerium müht sich nach Kräften, meine parlamentarische Aufklärungsarbeit in dieser Angelegenheit zu behindern. Unzählige kleine Anfragen meines Büros und rechtsextremistische und antisemitische Umtriebe in den Vertriebenenverbänden werden mit nichtssagenden, oftmals zynischen und praktisch in jedem Fall mit verharmlosenden Bemerkungen beantwortet. Da wundert es mich praktisch nicht mehr, daß die Haushaltsmittel beispielsweise für die Aufklärungskampagne gegen Fremdenfeindlichkeit in diesem Jahr im Vergleich zum letzten um 740 000 DM gekürzt werden und für die Jahre nach 1996 gar nicht mehr auftauchen.
Zum Schluß komme ich zu einem weiteren dunklen Kapitel im vorliegenden Haushaltsentwurf - das ist hier schon angesprochen worden -, der Flüchtlingspolitik. Da tobt praktisch vor unserer Haustür ein blutiger Bürgerkrieg. Warum öffnet die Bundesregierung nicht bereitwillig die bundesdeutschen Grenzen und bietet den betroffenen Menschen Zuflucht? Herr Kohl hat im Sommer gesagt, das Boot sei nicht voll. Wir haben heute von Außenminister Kinkel wieder hören können, daß diese Menschen bei uns Zuflucht finden könnten. Ich frage mich, in welcher Weise Innenminister Kanther diese Politik praktisch umsetzt. Die jetzigen Einsätze der Blauhelm-Soldaten und der Tornados kosten allein in diesem Jahr 350 Millionen DM an Haushaltsmitteln.
Zudem soll die „Festung Europa" durch zusätzliche Grenzmaßnahmen weiter ausgebaut werden. Ich nenne nur ein paar Beispiele. Für nicht weniger als 35 Millionen DM werden sogenannte Wärmebildkameras angeschafft. Über 1 400 Unterstützungskräfte des BGS sind an den Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik im Einsatz, die entsprechend dem Haushaltsentwurf nunmehr in ordentliche Planstellen überführt werden sollen. Die Ausgaben beim Erwerb für BGS-Schiffe sollen verdreifacht werden. Nicht weniger als 15 Millionen DM sollen für die sogenannte Rückführung mittelloser Ausländer ausgegeben werden.
Doch nicht nur, daß sich dieses Deutschland gegenüber Flüchtlingen einmauert. Hier lebende Ausländerinnen und Ausländer müssen künftig damit rechnen, ohne Ausnahme aus der Bundesrepublik hinausgeschmissen zu werden.
Das trifft nicht nur die Vietnamesinnen und Vietnamesen.
Es ist ganz offensichtlich, daß die Bundesregierung bzw. Herr Kanther besonders gerne mit Regierungen von Ländern verhandeln, in denen Bürgerkrieg herrscht. Ich will nur an die Türkei und an Algerien erinnern.
Seit Anfang dieser Woche werden auf Grund eines entsprechenden Rückführungsabkommens auch kroatische Flüchtlinge in ihr vom Bürgerkrieg geschütteltes Land zurückgeschickt. Und man ist sich in Bonn nicht zu schade, selbst mit der Regierung in Rest-Jugoslawien über die Rücknahme von mehreren zehntausend Flüchtlingen zu verhandeln.
Ulla Jelpke
Ich glaube, es überrascht Sie nicht, daß wir diesem Haushalt auf keinen Fall zustimmen werden.