Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rede vom Kollegen Rochlitz hat gerade wieder einmal deutlich gezeigt: Die Grünen reden hier vom Verursacherprinzip und beklagen gleichzeitig, daß die erforderlichen Mittel nicht im Haushalt eingestellt sind. Sie haben überhaupt nicht begriffen, daß „Verursacherprinzip" heißt, daß die Mittel eben nicht im Haushalt eingestellt werden. Vielmehr bedeutet eine konsequente Umsetzung dieses Prinzips, daß die Mittel im Haushalt letztendlich sogar reduziert werden, weil man nämlich beim Verursacher ansetzt und dem Verursacher die Kosten anlastet. Das ist exakt das, was wir wollen.
Die F.D.P. fordert mehr Marktwirtschaft im Umweltschutz; das wissen Sie. Wir wollen ökonomische Instrumente. Das zentrale Element der Marktwirtschaft ist der Wettbewerb.
Wir müssen auf den Wettbewerb setzen, um z. B. - ich will das deutlich sagen; auch die Ministerin hat das angesprochen - die Abwasser- und die Abfallgebühren in den Griff zu bekommen. Das ist so, auch wenn Sie das nicht begreifen wollen.
Durch Ausschreibungen und Wettbewerb unter privaten Betreibern haben Kommunen gezeigt, daß hochmoderne Kläranlagen, die allen gesetzlichen Anforderungen entsprechen oder sie sogar überschreiten, zu Gebühren gebaut und betrieben werden können, die im Durchschnitt liegen.
Wer wie die SPD behauptet, von gewinnorientierten Unternehmen könnte man keine Gebührensenkungen erwarten, der hat überhaupt nicht begriffen, wie Marktwirtschaft funktioniert.
und sollte in der Folge auch nicht von ökologischer Marktwirtschaft reden. Niedrige Preise sind nämlich das Ergebnis von Wettbewerb unter Firmen, die natürlich Gewinn machen wollen. Schutzzäune, wie Sie von der SPD sie wollen, schaffen hohe Preise.
Ich fordere Sie deshalb auf: Gucken Sie sich einmal Anlagen an, beispielsweise Storkow in Brandenburg, Wedemark in Niedersachsen oder Altenburg in Thüringen! Haben Sie den Mut, sich endlich von der ÖTV und von deren Blockadepolitik zu lösen und zu befreien!
Wir sind der Meinung, wir müssen alle Wege beschreiten, um die Belastungen des Bürgers nicht weiter steigen zu lassen.
Die Bereisung, die ich im Juli gemacht habe, zeigt jedenfalls deutlich, daß die Organisationsform der Schlüssel zur Kostensenkung in den Kommunen ist. Kläranlagen kann man eben nicht wie ein Paßamt betreiben. Es sind Wirtschaftsunternehmen, und sie müssen nun einmal wie Wirtschaftsunternehmen organisiert werden.
Die Abwasserentsorgung bei zwei Dritteln unserer Bürgerinnen und Bürger wird noch immer in Behördenform anstatt in Form einer GmbH oder AG organisiert. Dabei ist erwiesen, daß allein durch eine andere Organisationsform die Gebühren um 10 bis 15 % gesenkt werden können.
Frau Ministerin Merkel, ich fordere Sie auf
- es wäre gut, wenn Sie zuhörten -, eine kommunalpolitische Initiative zu starten, um bei den Kommunen für mehr Kosteneffizienz beim Umweltschutz zu sorgen.
Die bisherige Freistellung der Behördenbetriebe von der Umsatzsteuer - auch das wird die SPD ungern hören - behindert diese Umwandlung. Deshalb fordert die F.D.P. nach wie vor die steuerliche Gleichbehandlung von privaten und öffentlich-rechtlichen Abwasser- und Abfallbetrieben.
Wir fordern auch mehr Wettbewerb in der Abfallwirtschaft. Das Duale System darf nicht weiter ein Closed Shop bleiben.
Der kürzlich von Frau Merkel vorgestellte Entwurf zur Novellierung der Verpackungsverordnung greift die Forderung der F.D.P. nach Ausschreibung von Entsorgungs- und Verwertungsverträgen auf. Das reicht uns aber noch nicht. Zusätzlich müssen noch weitere Aspekte, z. B. eine Befristung dieser Verträge, aufgenommen werden, um auch Newcomern eine Chance zum Markteintritt zu geben.
Ich hoffe, Frau Minister Merkel, daß die Bundesregierung Ihren Verordnungsentwurf bald dem Bundestag vorlegt. Sie wissen ja, daß der Bundestag zum erstenmal daran beteiligt werden muß. Ich freue mich schon darauf, daß wir dann darüber intensiv diskutieren werden.
Frau Hartenstein, Sie haben im Zusammenhang mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz gesagt, die nötigen Verordnungen seien noch gar nicht in Kraft. Das, was bisher noch nicht in Kraft ist, betrifft den Teil des
Birgit Homburger
Gesetzes, der zum 1. Oktober 1996 in Kraft tritt. Insofern ist das, was Sie hier vorgetragen haben, völliger Unsinn. Es gibt hier überhaupt nichts, bei dem wir in Verzug wären.
Was den Einsatz von Plastikmüll in Stahlöfen angeht, so kann ich Ihnen nur sagen: Unterhalten Sie sich darüber einmal innerhalb Ihrer eigenen Partei! Es ist bei weitem nicht so, daß alle Ihrer Meinung sind. Im Gegenteil, in Ihrer Partei sind eine ganze Reihe von Leuten in der Tat der Meinung, daß der Einsatz von Plastikmüll in Hochöfen wie z. B. in Bremen als Reduktionsmittel eine stoffliche Verwertung darstellt.
Sogar der ehemalige Umweltsenator Flicks in Bremen von den Grünen war dieser Auffassung und hat sich dafür eingesetzt. Ich hätte gerne einmal eine einheitliche Meinung von Ihnen gehört.
Bei der Verwirklichung der Produktverantwortung bei Altautos und Elektronikschrott setzt die F.D.P. auf freiwillige Lösungen. Ich will hier die Chance nutzen, um ganz klar auch nach draußen zu sagen: Die Uhr dafür läuft ab! Wenn nicht bis Ende Herbst seitens der Wirtschaft umweltpolitisch befriedigende und wettbewerbskonforme Selbstverpflichtungen vorgelegt werden, die nach unserem Willen auch dem Mittelstand in diesem Bereich eine Chance geben müssen, dann müssen wir eben Verordnungen erlassen. Das ist dann unerläßlich; wir kommen an dieser Maßnahme nicht vorbei. Das müssen all diejenigen wissen, die dies im Augenblick verzögern.
Ich wünsche mir, daß die Automobilhersteller nicht nur wieder Studien über Dreiliterautos vorstellen, sondern diese Autos auch zu vernünftigen Preisen auf den Markt bringen. Noch wichtiger ist es, den Verbrauch in allen Fahrzeugklassen zu senken. Wir müssen endlich auch im Straßenverkehr zu realen Absenkungen von Schadstoffemissionen kommen. Mit der Selbstverpflichtung zur Verbrauchsabsenkung bei Neufahrzeugen sind wir auf dem richtigen Weg. Jetzt aber müssen den Worten auch Taten folgen.
Erfreulich ist allerdings - auch das will ich hier sagen -, daß der Mineralölverband vor kurzem beschlossen hat, jetzt bundesweit für eine bestimmte Kategorie von Kraftstoff, für Super Plus, benzolarmes Benzin einzuführen, das nur einen Anteil von 1 % Benzol hat. Ich freue mich, daß es Herrn Staatssekretär Hirche in Verhandlungen gelungen ist, daß dies früher erfolgt, als wir alle es erwartet haben.
Die F.D.P. will auch das Steuersystem ökologisch weiterentwickeln und kontraproduktive Regelungen abschaffen. Wir wollen z. B. die Kfz-Steuer - darüber
haben wir heute schon gesprochen - auf die Mineralölsteuer umlegen, und zwar aufkommensneutral. Neben umweltpolitischen Aspekten hat diese Lösung auch den Charme einer Vereinfachung des Steuersystems.
Darin besteht ein Unterschied zu der emissionsbezogenen Kraftfahrzeugsteuer, wie sie von Frau Merkel vorhin wieder angekündigt wurde. Ich wünschte mir schon, Frau Merkel, daß dieses Konzept der Koalition einmal vorgelegt würde, damit wir nicht immer nur über die Presse hören müssen, was Herr Wissmann und Sie für besser halten.
Durch eine Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer würden wir auch einen Anreiz zur Entwicklung und zum Kauf verbrauchsärmerer Fahrzeuge schaffen. Die F.D.P. will das Dreiliterauto. Deswegen wollen wir auch die ökonomischen Weichen dafür richtig stellen.
Gleichzeitig - auch darin liegt ein Unterschied zu der emissionsbezogenen Kfz-Steuer - schaffen wir durch die Verteuerung des Benzins einen Anreiz, weniger und sparsamer zu fahren. Wir sind der Meinung, daß nicht das Besitzen eines Fahrzeugs, sondern das Bewegen, das sich letzendlich auf die Umwelt- und Verkehrsinfrastruktur auswirkt, belastet werden muß.
Die F.D.P. fordert weiterhin die Umwandlung der Kilometerpauschale in eine verkehrsmittelunabhängige einheitliche Entfernungspauschale.
Auch hier wollen wir Anreize schaffen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen oder sparsame Fahrzeuge zu nutzen.
Die Einführung der Entfernungspauschale muß allerdings haushaltsneutral sein. Deshalb muß der Satz gesenkt werden. Die von der SPD, von den GRÜNEN und von der PDS geforderten Schnellschüsse, die wir im Frühjahr schon diskutiert haben, haben wir deswegen zu Recht abgelehnt. Diese Vorschläge waren nämlich unausgegoren.
Frau Kollegin Matthäus-Maier, Ihr Kollege Müller fordert für die SPD im Umweltausschuß eine einheitliche Entfernungspauschale auf der Basis von 50 Pfennig pro Kilometer, von der er behauptet, daß sie haushaltsneutral sei. Andere im Bundesratsfinanzausschuß verlangen 61 Pfennig, anschließend hilfsweise 65 Pfennig.
- Sie sagen jetzt: 60 Pfennig. Hier muß doch erst einmal Klarheit über die Zahlen her. Wo soll man denn anfangen? Wenn diese Maßnahme haushaltsneutral sein soll, dann muß sie auch seriös sein. Wenn sie seriös sein soll, müssen die Zahlen geklärt werden. So
Birgit Homburger
geht es jedenfalls nicht. Ich fordere die Bundesregierung auf, daß sie hier Berechnungen vorlegt, wozu sie bei der Beratung des Jahressteuergesetzes von diesem Hause auch aufgefordert wurde.