Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, der bisherige Verlauf dieser Haushaltsdebatte ist für die Beobachter sehr aufschlußreich. Die zentrale Botschaft, der Tenor der Einbringungsrede unseres Bundesfinanzministers Theo Waigel war klar und unüberhörbar: Die Finanzpolitik der Bundesrepublik steht unter dem Regime einer energischen Sparsamkeit, die aber nicht als Selbstzweck, sondern als Teil einer Strategie zukunftsorientierter Entwicklung und Standortverbesserung verstanden wird.
Sparsamkeit habe ich bei der SPD bis dato nur beim Blick auf die eigenen Beiträge zu einer vernünftigen alternativen Entwicklung von Haushaltspolitik heraushören können. Das, was Sie, Frau Kollegin
Adolf Roth
Matthäus-Maier, vorgetragen haben, war uns wohlbekannt. Es hat jedoch nicht im geringsten dazu beigetragen, nun eine Innovation unserer Haushaltsund Finanzpolitik zu erreichen.
Wenn Sparsamkeit das kategorische Gebot der deutschen Finanzpolitik ist, dann hat, glaube ich, Theo Waigel nicht nur bei diesem Haushalt, sondern auch in den letzten Jahren, die schwer genug waren, eine wirklich vernünftige Haushaltslinie entwickelt, die wir unterstützen. Gerade von uns, dem Parlament, dem Haushaltsgesetzgeber erwarten die Steuerzahler, daß wir in den nächsten Jahren das Dringlichste erreichen, nämlich die überhöhten Steuerlasten in der Bundesrepublik zu senken. Das geht natürlich nur, wenn wir alle Instrumente nutzen, nämlich die Reduzierung der öffentlichen Defizite und die Rückführung des Anteils am gesamten Wirtschaftsergebnis unseres Landes auf das Normalmaß, das wir hatten, bevor 1989/90 der Wiedervereinigungsprozeß begonnen hat.
Wir haben damals eine siebenjährige, kraftvolle Finanzpolitik hinter uns gebracht, die uns optimale Eckwerte bescherte. Genau dorthin wollen wir zurück. SPD und Grüne haben uns leider auf diesem Weg keinen eigenen Beitrag geleistet, wie es eigentlich aus der Mehrheitssituation im Bundesrat ihre Pflicht wäre.
Die ganze Widersprüchlichkeit dieser Politik ist heute in vielem deutlich geworden. Es wird wortreich angegriffen, notwendige Ausgabenbegrenzungen werden diffamiert, Mehranforderungen werden präsentiert. Das Elend der SPD-Finanzpolitik gerade in diesem Jahr ist doch jedem in seinen einzelnen Etappen deutlich geworden.
Im Frühjahr gab es die völlig unsinnige und im Ergebnis Gott sei Dank folgenlose Blockadepolitik gegen den Bundeshaushalt 1995. Im Sommer war es die Politik einer Strategie, die eigenen Taschen aus der Ländersicht heraus zuzunähen und den Bundeshaushalt gleichzeitig durch Mehranforderungen im Rahmen der Steuergesetzgebung weiter zu belasten. Im Herbst soll noch draufgesattelt werden. Es soll sich keiner wundern, wenn im Winter Tränen der Verzweiflung vergossen werden.
Diese Strategie der SPD kann nicht aufgehen, weil sie mit der aktuellen Entwicklung nichts zu tun hat. Wir haben die Finanzierungsdefizite gerade im laufenden Jahr 1995, und zwar gesamtstaatlich, um über 50 Milliarden DM senken können. Das hat den Beifall der OECD gefunden; das hat die Anerkennung der Bundesbank und der Institute gefunden.
Herr Bundesfinanzminister, Sie sind mit diesem Etat auf dem richtigen Weg. Deshalb wird dieser Kurs auch unsere parlamentarische Unterstützung finden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, täuschen Sie sich nicht: Mit dieser Strategie werden Sie auch in der Öffentlichkeit keine politischen Punkte sammeln können. Natürlich ist es im einzelnen immer unpopulär und auch mit Opfern verbunden, wenn sich der Staat bestimmten Einschränkungen seiner Aktivitäten unterwirft. Sie reagieren darauf nur mit der abgegriffenen Münze oberflächlicher Sozialpolemik und beantworten die Frage nicht, wo denn die Spielräume für weitere expansive Verteilungsoperationen verfügbar wären. Ich glaube, hier müssen Sie Ihre Politik einer grundsätzlichen Revision unterziehen. Ich hoffe, daß die Haushaltsberatungen in den nächsten Wochen dazu Gelegenheit geben.
Frau Kollegin Matthäus-Maier hat negative Merkmale dieses Bundeshaushalts zu formulieren versucht. Sie waren nicht neu. Ich sage: Dieser Haushalt ist durch mehrere sehr positive Merkmale geprägt:
Erstens. Es ist ein Haushalt der Stabilität; er ist vertrauensbildend und damit zukunftsorientiert. Es geschieht doch zum erstenmal, daß die deutsche Öffentlichkeit nun auch in Zahlen den Beweis geliefert bekommt, daß Sparen nicht eine leere Programmformel ist. Die Ausgabenentwicklung bewegt sich im Minusbereich. Im nächsten Jahr senken wir die Ausgaben bereinigt um 1,3 % gleich 6 Milliarden DM auf 452 Milliarden DM.
Es gibt kein besseres Signal für die Finanzmärkte, für die Investoren, für die Verbraucher in Deutschland.
Das zweite Merkmal, Frau Kollegin MatthäusMaier: Dieser Etat ist konsequent und beispielsetzend auch und gerade beim Blick auf unser strategisches Ziel 2000, das Sie in Ihr Repertoire niemals aufgenommen haben. Wir wollen die überhöhten Staats- und Abgabenquoten senken, wir wollen die Steuerbelastung nach unten führen. Dabei müssen dann allerdings auch die anderen Ebenen, die Bundesländer, die Kommunen und die Sozialversicherungsträger, ihren Beitrag leisten.
Drittens. Der Etat ist bürgerfreundlich und konjunkturgerecht, weil er die Steuerzahler, die Verbraucher entlastet, weil er der Wirtschaft Impulse vermittelt. Mit einem Entlastungsvolumen von 27 Milliarden DM oder 0,8 % des Bruttoinlandsprodukts ist diese positive konjunkturelle Wirkung durchaus erwartbar.
Meine Damen und Herren, CDU und CSU werden deshalb im Haushaltsverfahren keine Aufweichung dieses harten Sparkurses und dieses Kurses der Ausgabenbeschränkung zulassen. Es ist für uns schlichtweg eine Frage der ökonomischen Vernunft und Notwendigkeit, die Ausgaben, so wie es im Finanzplan
Adolf Roth
des Ministers aufgezeigt wurde, bis zum Jahr 1999 im Grunde überhaupt nicht mehr expandieren zu lassen. Mit einem durchschnittlichen Ausgabenanstieg, der knapp über 1 % liegen wird, ist dies real zunächst nur eine Absicherung des seitherigen Ausgabevolumens des Staates. Diese Handschrift des Regierungsentwurfs und der Finanzplanung ist aus unserer Sicht ordnungspolitisch völlig in Ordnung. Wir werden demgemäß keine andere Partitur schreiben. Wir wollen diese vertrauensbildende Politik unterstützen.
Wo wir im Haushaltsverfahren als Parlamentarier Veränderungen vornehmen - das ist unser Recht und unsere Pflicht -, wo wir etwas bewegen, wo wir nachsteuern, da müssen wir strukturell verbessern. Der Haushaltsausschuß ist nicht dafür bekannt, daß er sich durch übertriebene Konzessionsbereitschaft auszeichnen würde, im Grunde auch bei der SPD, jedenfalls den Fachkollegen, nicht. Daraus leiten wir den Schluß ab, daß wir dort, wo wir Strukturen modernisieren können, wo wir etwas nach vorne bringen können, das auch erreichen wollen, aber bitte in den Grenzen der gesamtwirtschaftlichen Vernunft.