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ID1305001900

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    Plenarprotokoll 13/50 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 50. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1995 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abgeordneten Leni Fischer (Unna) und des Bundesministers Dr. Norbert Blüm 4095 A Abwicklung der Tagesordnung 4095 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksache 13/2000) b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1995 bis 1999 (Drucksache 13/2001) Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 4095 C Ingrid Matthäus-Maier SPD 4106B Hans-Peter Repnik CDU/CSU 4114 C Ingrid Matthäus-Maier SPD , . 4116C, 4159A, 4180C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4120B Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 4124B Dr. Christa Luft PDS 4129D Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU 4131 D Manfred Hampel SPD . . . . . . . . 4136A Walter Hirche F.D.P 4136D Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 4138A Dr. Barbara Hendricks SPD 4141 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 4143D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 4146D Dr. Liesel Hartenstein SPD 4150 C Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 4152D Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4154D Birgit Homburger F D P. 4157 A Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4159B Rolf Köhne PDS 4159 C Eva Bulling-Schröter PDS 4160D Eckart Kuhlwein SPD 4162B Arnulf Kriedner CDU/CSU 4164 B Eckart Kuhlwein SPD 4165D, 4181D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . 4166 C Matthias Wissmann, Bundesminister BMV 4168D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4170B, 4180A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4171 A Hans Georg Wagner SPD 4172 A Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . 4174 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4176A Horst Friedrich F.D.P. . . . . . . . . 4178B Elke Ferner SPD 4181 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4181B Jürgen Koppelin F.D.P. . . . . . . 4181 C Dr. Dagmar Enkelmann PDS . . . . . 4182 C Heide Mattischeck SPD 4183 D Matthias Wissmann CDU/CSU . . . 4184 C Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 4186 C Achim Großmann SPD 4189B Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 4190D, 4191B Gert Willner CDU/CSU 4192 B Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 4193D Dr. Klaus Röhl F.D.P 4195 B Klaus-Jürgen Warnick PDS 4196C Dieter Maaß (Herne) SPD 4197 D Herbert Frankenhauser CDU/CSU . . 4199C Achim Großmann SPD 4200A Dr. Wolfgang Bötsch, Bundesminister BMPT 4201 A Hans Martin Bury SPD 4203 B Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein CDU/CSU 4205 C Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4207C Dr. Max Stadler F D P. 4208D Gerhard Jüttemann PDS 4210A Arne Börnsen (Ritterhude) SPD 4210B Dr. Manuel Kiper BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 4211C Elmar Müller (Kirchheim) CDU/CSU 4213B Tagesordnungspunkt 2: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache 13/2245) b) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes (Drucksache 13/2246) 4144 D Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksache 13/1444) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes (Drucksache 13/1446) c) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland durch Beschleunigung und Vereinfachung der Anlagenzulassungsverfahren (Drucksache 13/1445) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Internationalen Kaffee-Übereinkommen von 1994 (Drucksache 13/1667) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau (Drucksache 13/1887) f) Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung gemäß 56 a der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Technikfolgenabschätzung hier: Neue Werkstoffe (Drucksache 13/ 1696) 4145 A Tagesordnungspunkt 4: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußfassung über die Weitergeltung der - Geschäftsordnung des Gemeinsamen Ausschusses - Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115 d des Grundgesetzes (Drucksache 13/ 2239) b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Mai 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand fiber die Überstellung von Straftätern und über die Zusammenarbeit bei der Vollstrekkung von Strafurteilen (Drucksachen 13/666, 13/1760) c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 19. Dezember 1988 betr. die Auslegung des Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie zur Übertragung bestimmter Zuständigkeiten für die Auslegung dieses Übereinkommens auf den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Drucksachen 13/669, 13/1761) d) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Zielen und Instrumenten einer Währungspolitik (Drucksachen 12/7805, 13/725 Nr. 59, 13/1584) 4145D Nächste Sitzung 4213 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 4215* A Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Renate Rennebach (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entschließungsantrag auf Drucksache 13/1835 zum Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen auf Drucksachen 13/1802 und 13/1855 in der 48. Sitzung am 30. Juni 1995 . . . . 4215* D 50. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1995 Beginn: 11.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 5. 9. 95 Andres, Gerd SPD 5. 9. 95 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 5. 9. 95 Formanski, Norbert SPD 5. 9. 95 Frick, Gisela F.D.P. 5. 9. 95 Grießhaber, Rita BÜNDNIS 5. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 5. 9. 95 Hoffmann (Chemnitz), SPD 5. 9. 95 Jelena Dr. Hoyer, Werner F.D.P. 5. 9. 95 Dr. Jork, Rainer CDU/CSU 5. 9. 95 Dr. Knake-Werner, Heidi PDS 5. 9. 95 Dr. Köster-Loßack, BÜNDNIS 5. 9. 95 Angelika 90/DIE GRÜNEN Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 5. 9. 95 Karl-Hans Leidinger, Robert SPD 5. 9. 95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 5. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lengsfeld, Vera BÜNDNIS 5. 9. 95 90/DIE GRÜNEN Lotz, Erika SPD 5. 9. 95 Lüth, Heidemarie PDS 5. 9. 95 Neuhäuser, Rosel PDS 5. 9. 95 Dr. Protzner, Bernd R. CDU/CSU 5. 9. 95 Dr. Rappe (Hildesheim) SPD 5. 9. 95 Hermann Schätzle, Ortrun CDU/CSU 5. 9. 95 Dr. Scheer, Hermann SPD 5. 9. 95 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Schenk, Christa PDS 5. 9. 95 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 5.9.95 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schmidt (Aachen), SPD 5. 9. 95 Ursula Schmitt (Langenfeld), BÜNDNIS 5. 9. 95 Wolfgang 90/DIE GRÜNEN Schultz (Everswinkel), SPD 5. 9. 95 Reinhard Dr. Schwaetzer, Irmgard F.D.P. 5. 9. 95 Simm, Erika SPD 5. 9. 95 Thieser, Dietmar SPD 5. 9. 95 Tippach, Steffen PDS 5. 9. 95 Tröscher, Adelheid SPD 5. 9. 95 Vosen, Josef SPD 5. 9. 95 Wieczorek-Zeul, SPD 5.9.95 Heidemarie Anlage 2 Erklärung der Abgeordneten Renate Rennebach (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entschließungsantrag auf Drucksache 13/1835 zum Antrag der Bundesregierung: Deutsche Beteiligung an den Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung des schnellen Einsatzverbandes im früheren Jugoslawien einschließlich der Unterstützung eines eventuellen Abzugs der VN-Friedenstruppen auf Drucksachen 13/1802 und 13/1855 in der 48. Sitzung am 30. Juni 1995 (Seiten 4020 A bis 4022 C) In der Abstimmungsliste ist mein Name bei den Enthaltungen aufgeführt. Ich erkläre, daß ich nach meiner festen Überzeugung mit Ja gestimmt habe.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Christa Luft


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Vorlage dieses Haushaltsentwurfs für 1996 und der mittelfristigen Finanzplanung kann der Finanzminister - er telefoniert gerade - selbst mit einer Rede, von der er meint, sie habe ihm

    Dr. Christa Luft
    Vergnügen bereitet, eines, so finde ich, doch nicht mehr kaschieren: Diese seit eineinhalb Jahrzehnten amtierende Bundesregierung begnügt sich offenbar nicht mehr damit, scheibchenweise den Abbau des Sozialstaates weiterzubetreiben, sondern sie hat die Nachkriegssozialordnung aufgekündigt,

    (Beifall bei der PDS)

    und dies zu einem Zeitpunkt, da sie die Abstinenz aufgegeben hat, deutsche Truppen auf militärische Schauplätze des Auslands zu schicken.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das sagen gerade Sie !)

    Ich finde, das sind zwei sehr, sehr makabre Zäsuren fünf Jahre nach der deutschen Einheit.

    (Beifall bei der PDS)

    So wie man Frieden nicht erbomben lassen kann,

    (Roland Sauer [Stuttgart] [CDU/CSU]: Aber die Leute an der Mauer erschießen!)

    kann man den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht dadurch attraktiver gestalten - Herr Kollege Weng ist leider weg -,

    (Adolf Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Nee, er ist hier!)

    daß man ihn als Standort geistigen, kulturellen, sozialen Lebens für Millionen Menschen immer weniger erlebbar macht.
    Wenn dieses präsentierte Zahlenwerk in seinen Grundkonturen unverändert bleibt, dann wird das Gemeinwesen Bundesrepublik Deutschland am Ende dieses Jahrtausends eine andere Gestalt haben, die sich heute viele vermutlich noch nicht vorstellen können.
    Ich will überhaupt nicht bezweifeln, daß die Zahl der Vermögenden vermutlich nicht abnehmen wird. Ich will auch nicht bezweifeln, daß die Menschen, die Arbeit haben - erst recht, wenn es sogar zwei in einer Familie sind -, ein auskömmliches Leben führen werden. Sie werden allerdings wenig Muße haben bei dem zunehmenden Streß. Aber daneben gibt es doch noch etwas: Wir werden mit Massenarbeitslosigkeit als Dauerzustand zu rechnen haben. Die These von der Eigentumsbildung durch fleißige Arbeit werden immer mehr Arbeitswillige als Verhöhnung empfinden müssen. Die Schar der Sozialhilfeempfänger wird anschwellen, und sie wird immer jüngere Leute umfassen. Im Ostteil Berlins ist schon heute die Hälfte aller Sozialhilfeempfänger jünger als 25 Jahre. Im Westteil beträgt der Anteil dieser Altersgruppe 42 %. Ich finde, das ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland kein ermutigendes Zeichen.
    Ob Sie die Sozialhilfeempfänger, auch die Obdachlosen - beispielsweise an den Bahnhöfen Berlins - damit vergnügen können, Herr Bundesfinanzminister, daß Sie Ihnen vorlesen, was ausländische Institute oder Zeitungen Lobendes über die deutsche Finanzpolitik schreiben, scheint mir doch sehr fraglich. Sozialhilfeempfänger werden Sie auch kaum
    mit der steuerlichen Wohneigentumsförderung erfreuen können. Diese erwarten ganz einfach etwas anderes als diesen haushaltspolitischen Verschnitt. des sozialen Wohnungsbaus und des Wohngeldes.
    Es ist eine einzigartige Entwicklung in der deutschen Geschichte der letzten 200 Jahre, daß die Geburtenrate in Ostdeutschland um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist. Man wird Leute mit Kinderwagen zumindest in den neuen Ländern in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch viel seltener auf der Straße treffen. Das ist eindeutig eine Folge der Zukunftsunsicherheit, die die jungen Menschen empfinden.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Die Sie natürlich schon verbreiten!)

    - Das artikulieren sie in jeder Umfrage; das ist keine Erfindung von uns.
    Diese Bundesregierung setzt auf eine Dreifaltigkeitspolitik. Sie fußt auf Deregulierung, Flexibilisierung, Privatisierung. Die Zauberkraft haben diese Begriffe aber längst verloren. Ich sage ja gar nicht, daß man in jedem Fall gegen Privatisierung sein muß. Aber wohin Privatisierung tendiert, haben wir kürzlich wieder mit dem Vorstoß der Telekom erlebt, die Gebühren für Telefongespräche an frequentierten Plätzen dieses Landes ohne zusätzliche Leistung erhöhen zu wollen.
    Was Deregulierung bringt, zeigt die Ausbildungsplatzsituation. Sie haben nun eine Minute vor zwölf noch die Notbremse gezogen - ich bin über dieses Programm sehr froh; das sage ich ehrlich -, aber daß Sie mit den Nerven der jungen Leute und deren Eltern über viele Monate Schindluder getrieben haben, scheint Sie einfach kalt zu lassen.

    (Beifall bei der PDS)

    Außerdem greift das Hals über Kopf aufgelegte Ausbildungsprogramm immer noch zu kurz. In Berlin suchten kurz vor Beginn des neuen Lehrjahres 7 000 Schulabgänger einen Ausbildungsplatz. Berlin bekommt ganze 1 500 Stellen aus diesem Schnellprogramm ab. Aber für den Einsatz deutscher Soldaten im früheren Jugoslawien haben Sie ganz locker und ganz fix 350 Millionen DM springen lassen. Sie hätten für dieses Geld gut und gerne 6 000 bis 7 000 weitere Lehrstellen finanzieren können.

    (Beifall bei der PDS)

    Für eine aktive Arbeitsmarktpolitik ist in diesem Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung kein finanzieller Rahmen erkennbar. Auch der bis Ende des Jahrtausends zumindest in den neuen Bundesländern weiterhin prekären Situation auf dem Gebiet der Ausbildungsplätze wollen Sie offenbar nur mit weiteren Beschwichtigungen und Appellen begegnen; denn eine angemessene haushaltspolitische Vorsorge ist nicht getroffen worden.

    Dr. Christa Luft
    In den Haushaltsansätzen für Forschung und Bildung ist kein Horizont erkennbar, der für die Jugend ermutigend wäre. Dieser Haushalt dümpelt mit 15,5 Milliarden DM bis zum Ende des Jahrtausends dahin. Er bietet nicht einmal für den Inflationsausgleich der betroffenen personalintensiven Bereiche Raum.
    Unsere Hauptforderungen für das Haushaltsjahr 1996 und die Finanzplanung bis 1999 lauten:
    Erstens. Eine Änderung der Prioritäten bei den Ausgaben. Ich kann infolge der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung steht, nur Beispiele nennen. Es gibt offensichtlich einen Widerspruch zwischen dem Wort der Regierung und der haushaltspolitischen Tat. Wenn die Bundesrepublik - wie die Regierung ständig betont - seit dem Zerfall des Ostblocks nur noch von Freunden und Partnern umgeben ist und ein Angriff auf ihr Territorium auf absehbare Zeit nicht zu erwarten ist - glücklicherweise -, dann verzichten Sie doch auf die militärischen Beschaffungsprogramme und die Aufstockung des Rüstungsetats. Beides geht nicht zusammen, zu sagen, wir seien nur noch von Freunden und Partnern umgeben und niemand greife uns an, gleichzeitig aber den Rüstungsetat aufzustocken.

    (Beifall bei der PDS Zuruf von der F.D.P.: Das ist Quatsch!)

    Ich sage jetzt nichts zum Jagdflugzeug; dazu ist schon gesprochen worden. Aber wozu gibt es eine Beteiligung am WEU-Spionagesatellitenprojekt und am Aufbau neuer Raketenabwehrsysteme? Nehmen Sie doch die dafür veranschlagten Milliarden als Grundstock für einen Neuansatz in der aktiven Arbeitsmarktpolitik, z. B. für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, auch wenn er Herrn Weng nicht zusagt. Damit kämen gut ausgebildete Arbeitsuchende in Lohn und Brot, Kommunen würden von Sozialhilfekosten entlastet, es entstünden zusätzliche Kaufkraft und eine Quelle für neues Steueraufkommen. Ist das wirtschaftspolitisch nichts? Obendrein würden bisher brachliegende gesellschaftlich notwendige Aufgaben endlich in Angriff genommen und lokale Ressourcen stärker genutzt sowie regionale Wirtschaftskreisläufe in Gang gebracht.
    Wenn die Regierung Weichen für eine ökologische Marktwirtschaft stellen will: Wie verträgt sich z. B. die vorgesehene Kürzung der Ausgaben für die Bahn damit? Wir fordern eine Revision dieses Bundesverkehrswegeplanes mit drastischen Kürzungen bei Straßenbauprojekten zugunsten der Investitionen in die Schiene.
    Wenn die Bundesrepublik für die Zukunft fit gemacht werden soll - wie es immer heißt -, dann kann der Etat des sogenannten Zukunftsministeriums nicht über Jahre hinweg gedeckelt werden. In starkem Kontrast dazu steht der schwammige Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung, der von Jahr zu Jahr beträchtlich aufgestockt wird.
    Zweitens fordern wir, bisher nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten für ein höheres Steueraufkommen zu nutzen und den Umgang mit öffentlichen Geldern wirtschaftlich zu gestalten. Ringen Sie sich, Herr Bundesfinanzminister, endlich dazu durch, gemeinsam mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus den EU-Ländern die Erhebung einer Steuer auf Devisenumsätze vorzubereiten. Milliarden kämen zusätzlich in die Kasse.

    (Beifall bei der PDS)

    Kapitaltransfer ins Ausland wäre weniger lohnend. Der Lohnkostenvorteil einiger anderer Länder gegenüber der Bundesrepublik würde relativiert, vielleicht kompensiert.
    Wenn Sie Bundesvermögen weiter privatisieren, dann verwenden Sie die Erlöse doch für die Schuldentilgung statt für das Stopfen neuer Haushaltslöcher. Legen Sie die Zurückhaltung bei der Besteuerung von Spekulationsgewinnen sowie bei der Besteuerung der Einkommen jener Bevölkerungs- und Berufsgruppen ab, die öffentliche Leistungen in Anspruch nehmen, ohne einen adäquaten Beitrag an die öffentlichen Kassen zu leisten.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Verhindern Sie, daß zur Förderung vorgesehene Millionen von cleveren „Absahnern" in private Taschen gesteckt werden, statt sie dem Gemeinwesen Bundesrepublik Deutschland zugute kommen zu lassen! Bekämpfen Sie Korruption, Bestechung und Wirtschaftskriminalität! Im Sommer konnte man darüber täglich in jeder Zeitung lesen. Fordern Sie z. B. die an Treuhandmanager gezahlten üppigen Prämien für Privatisierungen zurück, die sich als Flop erwiesen haben!

    (Beifall bei der PDS)

    Sorgen Sie dafür, daß mit den Humanressourcen und dem Sachvermögen in Ostdeutschland endlich wirtschaftlich umgegangen wird und nicht mit politischem Vorurteil wie bisher! Lassen Sie uns dem vielstrapazierten Erblastentilgungsfonds endlich einen Erbzuwachsfonds gegenüberstellen, und setzen Sie sich für dessen bestmögliche Nutzung für das vereinigte Land und seine Menschen ein!
    Danke schön.

    (Beifall bei der PDS)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Kollege Adolf Roth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, der bisherige Verlauf dieser Haushaltsdebatte ist für die Beobachter sehr aufschlußreich. Die zentrale Botschaft, der Tenor der Einbringungsrede unseres Bundesfinanzministers Theo Waigel war klar und unüberhörbar: Die Finanzpolitik der Bundesrepublik steht unter dem Regime einer energischen Sparsamkeit, die aber nicht als Selbstzweck, sondern als Teil einer Strategie zukunftsorientierter Entwicklung und Standortverbesserung verstanden wird.
    Sparsamkeit habe ich bei der SPD bis dato nur beim Blick auf die eigenen Beiträge zu einer vernünftigen alternativen Entwicklung von Haushaltspolitik heraushören können. Das, was Sie, Frau Kollegin

    Adolf Roth (Gießen)

    Matthäus-Maier, vorgetragen haben, war uns wohlbekannt. Es hat jedoch nicht im geringsten dazu beigetragen, nun eine Innovation unserer Haushaltsund Finanzpolitik zu erreichen.

    (Karl Diller [SPD]: Dann müssen Sie sich aber in einem anderen Saal befunden haben! Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Wo waren Sie denn heute morgen? Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sie sagen ja auch nichts Neues!)

    Wenn Sparsamkeit das kategorische Gebot der deutschen Finanzpolitik ist, dann hat, glaube ich, Theo Waigel nicht nur bei diesem Haushalt, sondern auch in den letzten Jahren, die schwer genug waren, eine wirklich vernünftige Haushaltslinie entwickelt, die wir unterstützen. Gerade von uns, dem Parlament, dem Haushaltsgesetzgeber erwarten die Steuerzahler, daß wir in den nächsten Jahren das Dringlichste erreichen, nämlich die überhöhten Steuerlasten in der Bundesrepublik zu senken. Das geht natürlich nur, wenn wir alle Instrumente nutzen, nämlich die Reduzierung der öffentlichen Defizite und die Rückführung des Anteils am gesamten Wirtschaftsergebnis unseres Landes auf das Normalmaß, das wir hatten, bevor 1989/90 der Wiedervereinigungsprozeß begonnen hat.
    Wir haben damals eine siebenjährige, kraftvolle Finanzpolitik hinter uns gebracht, die uns optimale Eckwerte bescherte. Genau dorthin wollen wir zurück. SPD und Grüne haben uns leider auf diesem Weg keinen eigenen Beitrag geleistet, wie es eigentlich aus der Mehrheitssituation im Bundesrat ihre Pflicht wäre.

    (Karl Diller [SPD]: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit! Sie müssen ja rot werden!)

    Die ganze Widersprüchlichkeit dieser Politik ist heute in vielem deutlich geworden. Es wird wortreich angegriffen, notwendige Ausgabenbegrenzungen werden diffamiert, Mehranforderungen werden präsentiert. Das Elend der SPD-Finanzpolitik gerade in diesem Jahr ist doch jedem in seinen einzelnen Etappen deutlich geworden.
    Im Frühjahr gab es die völlig unsinnige und im Ergebnis Gott sei Dank folgenlose Blockadepolitik gegen den Bundeshaushalt 1995. Im Sommer war es die Politik einer Strategie, die eigenen Taschen aus der Ländersicht heraus zuzunähen und den Bundeshaushalt gleichzeitig durch Mehranforderungen im Rahmen der Steuergesetzgebung weiter zu belasten. Im Herbst soll noch draufgesattelt werden. Es soll sich keiner wundern, wenn im Winter Tränen der Verzweiflung vergossen werden.
    Diese Strategie der SPD kann nicht aufgehen, weil sie mit der aktuellen Entwicklung nichts zu tun hat. Wir haben die Finanzierungsdefizite gerade im laufenden Jahr 1995, und zwar gesamtstaatlich, um über 50 Milliarden DM senken können. Das hat den Beifall der OECD gefunden; das hat die Anerkennung der Bundesbank und der Institute gefunden.
    Herr Bundesfinanzminister, Sie sind mit diesem Etat auf dem richtigen Weg. Deshalb wird dieser Kurs auch unsere parlamentarische Unterstützung finden.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren von der Opposition, täuschen Sie sich nicht: Mit dieser Strategie werden Sie auch in der Öffentlichkeit keine politischen Punkte sammeln können. Natürlich ist es im einzelnen immer unpopulär und auch mit Opfern verbunden, wenn sich der Staat bestimmten Einschränkungen seiner Aktivitäten unterwirft. Sie reagieren darauf nur mit der abgegriffenen Münze oberflächlicher Sozialpolemik und beantworten die Frage nicht, wo denn die Spielräume für weitere expansive Verteilungsoperationen verfügbar wären. Ich glaube, hier müssen Sie Ihre Politik einer grundsätzlichen Revision unterziehen. Ich hoffe, daß die Haushaltsberatungen in den nächsten Wochen dazu Gelegenheit geben.
    Frau Kollegin Matthäus-Maier hat negative Merkmale dieses Bundeshaushalts zu formulieren versucht. Sie waren nicht neu. Ich sage: Dieser Haushalt ist durch mehrere sehr positive Merkmale geprägt:
    Erstens. Es ist ein Haushalt der Stabilität; er ist vertrauensbildend und damit zukunftsorientiert. Es geschieht doch zum erstenmal, daß die deutsche Öffentlichkeit nun auch in Zahlen den Beweis geliefert bekommt, daß Sparen nicht eine leere Programmformel ist. Die Ausgabenentwicklung bewegt sich im Minusbereich. Im nächsten Jahr senken wir die Ausgaben bereinigt um 1,3 % gleich 6 Milliarden DM auf 452 Milliarden DM.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Es gibt kein besseres Signal für die Finanzmärkte, für die Investoren, für die Verbraucher in Deutschland.
    Das zweite Merkmal, Frau Kollegin MatthäusMaier: Dieser Etat ist konsequent und beispielsetzend auch und gerade beim Blick auf unser strategisches Ziel 2000, das Sie in Ihr Repertoire niemals aufgenommen haben. Wir wollen die überhöhten Staats- und Abgabenquoten senken, wir wollen die Steuerbelastung nach unten führen. Dabei müssen dann allerdings auch die anderen Ebenen, die Bundesländer, die Kommunen und die Sozialversicherungsträger, ihren Beitrag leisten.
    Drittens. Der Etat ist bürgerfreundlich und konjunkturgerecht, weil er die Steuerzahler, die Verbraucher entlastet, weil er der Wirtschaft Impulse vermittelt. Mit einem Entlastungsvolumen von 27 Milliarden DM oder 0,8 % des Bruttoinlandsprodukts ist diese positive konjunkturelle Wirkung durchaus erwartbar.
    Meine Damen und Herren, CDU und CSU werden deshalb im Haushaltsverfahren keine Aufweichung dieses harten Sparkurses und dieses Kurses der Ausgabenbeschränkung zulassen. Es ist für uns schlichtweg eine Frage der ökonomischen Vernunft und Notwendigkeit, die Ausgaben, so wie es im Finanzplan

    Adolf Roth (Gießen)

    des Ministers aufgezeigt wurde, bis zum Jahr 1999 im Grunde überhaupt nicht mehr expandieren zu lassen. Mit einem durchschnittlichen Ausgabenanstieg, der knapp über 1 % liegen wird, ist dies real zunächst nur eine Absicherung des seitherigen Ausgabevolumens des Staates. Diese Handschrift des Regierungsentwurfs und der Finanzplanung ist aus unserer Sicht ordnungspolitisch völlig in Ordnung. Wir werden demgemäß keine andere Partitur schreiben. Wir wollen diese vertrauensbildende Politik unterstützen.
    Wo wir im Haushaltsverfahren als Parlamentarier Veränderungen vornehmen - das ist unser Recht und unsere Pflicht -, wo wir etwas bewegen, wo wir nachsteuern, da müssen wir strukturell verbessern. Der Haushaltsausschuß ist nicht dafür bekannt, daß er sich durch übertriebene Konzessionsbereitschaft auszeichnen würde, im Grunde auch bei der SPD, jedenfalls den Fachkollegen, nicht. Daraus leiten wir den Schluß ab, daß wir dort, wo wir Strukturen modernisieren können, wo wir etwas nach vorne bringen können, das auch erreichen wollen, aber bitte in den Grenzen der gesamtwirtschaftlichen Vernunft.