Rede von
Dr.
Wolfgang
Weng
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Metzger, das, was Sie über die Frage der Finanzverteilung unter den Gebietskörperschaften gesagt haben, ist in der Momentaufnahme natürlich richtig. Aber man muß sich auch den Weg dahin vor Augen führen. Da treffen die Vorwürfe mit Blick auf die Koalition wirklich die Falschen.
Der Bund hat frühzeitig insbesondere die Länder West angemahnt, hat auch die Kommunen angemahnt, die Entwicklung nach der deutschen Einheit
nicht zum Anlaß für Mehrausgaben zu nehmen, nicht als dauerhaft zu betrachten - damals der Wirtschaftsimpuls - und entsprechend Vorsorge zu treffen. Das Gegenteil ist gemacht worden.
Dann war das Zerren - Sie haben das selber an anderer Stelle mehrfach gesagt - derart, daß auf Grund der Rechts- und der Mehrheitslage der Bund die bittersten Opfer bringen mußte. Insofern trifft Ihr Vorwurf, den Sie hier erhoben haben, die Länder West am meisten, aber sicher nicht die Koalition in Bonn, die mit ihrer Mehrheit den richtigen Weg beschritten hat und daran in Teilen gehindert worden ist.
Dafür, daß die Haushaltsdebatte die Stunde der Opposition sein soll, hat man eigentlich bisher nicht viel von Konzepten gehört. Bei Herrn Metzger ist das ein bißchen besser gewesen als bei der SPD. Trotzdem muß ich sagen - da ich mit Herrn Metzger gemeinsam habe, daß ich der Debatte folge und aufmerksam zuhöre -: Die ruhige, sachliche Darstellung der Koalitionsseite, des Bundesministers und des Sprechers der Union,
hat sich von dem Lamentieren der Opposition angenehm abgehoben. Konzeptionell ist von Ihrer Seite, insbesondere von der SPD-Seite, absolut nichts gekommen.
Mit dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das Jahr 1996 macht die Koalition einen wichtigen Schritt nach vorne. Bundesminister Waigel ist seiner Verantwortung gerecht geworden, durch sparsame Ausgabenpolitik eine Senkung der Belastung der Bürger zu erreichen, während gleichzeitig die Nettoneuverschuldung des Bundes im Rahmen der Vorgaben der Finanzplanung geblieben ist.
Wer den Vielfrontenkampf eines Finanzministers kennt, der weiß, was er erreicht hat. Deswegen gibt es heute wirklich guten Grund, ihn zu loben. Ich freue mich, daß ich dieses Lob für meine Fraktion hier und heute aussprechen kann.
Ich lobe auch deshalb gerne, weil wir die künftige Finanzpolitik weiterhin in harter Konfrontation gegen die grün-rote Opposition einerseits und gegen manchen konservativen Verteilungspolitiker andererseits werden gestalten müssen.
Die Opposition wird ihrer Aufgabe konstruktiver Mitarbeit, in die sie eigentlich auf Grund der Bundesrats- und der Vermittlungsausschußmehrheit gestellt ist, seither nicht gerecht. Die Grünen sind völlig konzeptionslos. Wir werden Sie stellen, Herr Metzger. Das, was Sie hier gesagt haben, werden wir in der zweiten Lesung auf die Waage legen. Wir werden Sie nicht aus der Verantwortung Ihrer eigenen Worte entlassen.
Dr. Wolfgang Weng
Die SPD hat zunächst ihr bestes wirtschaftspolitisches Pferd geschlachtet, um jetzt eine alte Wadenbeißerin mit überholten Oppositionsrezepten wieder von der Kette zu lassen.
Dies ist keine Politik.
Neutrale und damit unbestechliche Beobachter sind immer die besten Zeugen, die man nennen kann. Deswegen hat uns das Lob der OECD im August natürlich besonders gefreut. Es hat uns auch besonders deutlich gemacht, daß die Koalition auf dem richtigen Wege ist. Vor allem der Hinweis, daß bei der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen beeindruckende Fortschritte erzielt worden seien, gibt unserer Arbeit recht. - Herr Kollege Fischer, Ihr Nikken spricht in diesem Fall für Sie.
Die F.D.P. hat einen wichtigen Anteil an diesen Fortschritten. Auch das sollten Sie durchaus bestätigen.
Die OECD sagt aber auch, wie es weitergehen muß. Das Hauptaugenmerk muß darauf gerichtet sein, die Steuer- und Abgabenlast der Bürger wieder zu verringern.
Die Freien Demokraten liegen also mit ihren steuerpolitischen Forderungen genau richtig. Denn in der Vorausschau der künftigen Wirtschafts- und damit auch der Haushaltsentwicklung wissen wir, daß es vor allem auf eins ankommt: auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und insbesondere auch auf die Schaffung von neuen und zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen in unserem Land.
Wir stehen in weltweitem Wettbewerb. In dritten Ländern fragt niemand danach, ob er mit dem Kauf deutscher Produkte einen Beitrag zur Verbesserung unserer Wirtschafts- und Haushaltssituation leistet. Hier zählen allein Preis und Qualität. Die Konkurrenten schlafen nicht.
Deshalb muß besonders besorgt machen, daß sich wichtige Produktionsbetriebe im vergangenen Jahr vom Standort Deutschland abgewandt haben. Natürlich ist internationale Arbeitsteilung erforderlich; aber Deutschland als Produktionsstandort muß seine Position bewahren und ausbauen, wenn der alte Platz an der Spitze der Industrienationen gehalten und in den Teilen, wo er verlorengegangen ist, wieder erreicht werden soll.
Dieses Ziel haben wir, dieses Ziel hat die F.D.P.-Fraktion vor Augen. Wir verstehen unter Wirtschaft nicht - entgegen dem, was man uns immer anzuhängen versucht - ein paar Bosse mit dickem Bauch und dicker Zigarre, sondern selbstverständlich die Gesamtheit von Produktion und Dienstleistungen unter
dem Stichwort: Arbeitsplätze stehen vor allem anderen.
Der Begriff Mittelstand z. B. umfaßt natürlich nicht nur den mittelständischen Unternehmer mit seiner Familie, die häufig mit tätig ist, sondern selbstverständlich auch die Mitarbeiter mittelständischer Unternehmen, die wir vor Augen haben, wenn wir hier politische Schwerpunkte setzen.
Viele Signale aus der Wirtschaft machen nachdenklich. Ich will hier ganz ausdrücklich die Tarifparteien an ihre Verantwortung erinnern. Das, was die IG Metall im Augenblick bei Volkswagen abzieht, kann einen nur entsetzen.
Ohne Rücksicht auf Marktlage und Entwicklung geht man dort heftig daran, den Ast abzusägen, auf dem man sitzt. Und wie immer bei sozialistischen Rezepten sieht man über den Tellerrand nicht hinaus.
Es ist bedenklich, wenn man wegen der schnellen Mark der Arbeitsplatzbesitzer die Zukunftschancen eines Unternehmens gefährdet und dabei leider diejenigen vergißt, die keine Arbeitsplätze haben und nur bei Besserung der Standortsituation Hoffnung haben dürfen.
Die Politik muß die Rahmenbedingungen verbessern. Die F.D.P. ist bereit, hieran in der Koalition mitzuwirken, aber auch die Tarifparteien müssen ihren Beitrag leisten.
Zukünftige Arbeitsplätze sind eine Frage von Bildung und Ausbildung. Auch hier muß ich die Tarifparteien ansprechen. Der Abbau von Ausbildungsplätzen, vor allem in mitbestimmten Großbetrieben, ist eine Schande.
Gerade hier sollten Arbeitnehmervertreter soziale und Zukunftsaspekte bedenken.
Ich will deswegen ausdrücklich den Mittelstand loben, der seine Ausbildungsleistung seit langen Jahren erbringt und verbessert,
Dr. Wolfgang Weng
oft noch durch Abwerbung aus der Großindustrie gefährdet.
Auch dies zeigt, daß die mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik der Koalition und der F.D.P. der richtige Ansatz ist.
Mit Mittelstand meinen wir ausdrücklich all diejenigen Bürger, die Eigeninitiative zeigen, bei denen Eigenverantwortung an erster Stelle steht, im beruflichen wie im persönlichen Handeln. Derjenige, der als allererstes nach dem Staat ruft, ohne überhaupt die Ärmel hochgekrempelt zu haben, gehört nicht zu den Leistungsbereiten, auf denen unsere Volkswirtschaft aufbauen muß und auf die wir, die F.D.P., setzen.
Daß die Bundesregierung zur Abwehr des Mangels an Ausbildungsplätzen noch ein massives staatliches Programm auf den Weg bringen mußte, ist leider notwendig und damit richtig, aber ordnungspolitisch an sich zu bedauern. Dies nicht nur wegen der Finanzierung, die schwierig werden wird und die noch nicht geklärt ist, sondern auch deshalb, weil der Staat natürlich nicht auf Dauer die gesamte Ausbildungsleistung übernehmen kann. Deswegen nochmals ausdrücklich der Appell an die Verantwortlichen der Wirtschaft, vor allem an die Großindustrie, die hier Nachholbedarf hat, an die Tarifparteien, dies zum Teil ihrer Tarifverhandlungen zu machen.
Bieten Sie unseren jungen Menschen die notwendige Zahl von Ausbildungsplätzen an! Berufslose junge Menschen sind etwas, was eine soziale Gesellschaft niemals hinnehmen darf.
Zusätzlich gefährdet die augenblickliche Situation das erfolgreiche und gute duale Ausbildungssystem, das wir beibehalten, das wir fortentwickeln wollen.
Was fällt den Sozialdemokraten zu diesem Thema ein?
Wie gewöhnlich die Forderung nach einer Abgabe. Gerade die überhöhte Abgabenlast in unserem Lande ist aber teilweise schuld daran, daß so viele Ausbildungsplätze wegrationalisiert worden sind.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer - er wurde schon angesprochen -: In unserem Bemühen, die Situation des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu verbessern, signalisiert eine zunehmende Zahl von Stimmen aus dem Lager der Sozialdemokratie neuerdings die Bereitschaft, wenigstens mit der Abschaffung der arbeitsplatzvernichtenden Gewerbekapitalsteuer einen kleinen Schritt in der richtigen Richtung mitzumachen.
Für die F.D.P. bleibt mittelfristig, auch mit Blick auf die europäische Situation, ebenfalls die Abschaffung der Gewerbeertragsteuer auf der Tagesordnung.
Die Steuerdiskussion ist in den letzten Tagen wieder deutlich entbrannt. Ich finde es gut und richtig, wenn hierbei alle politischen Parteien unseren Bürgern klarmachen, wo ihre Positionen in dieser Debatte sind. Weniger Staat, weniger Steuern, mehr Eigenverantwortung der Bürger, das ist und bleibt Grundposition der F.D.P.
Das vergangene Jahr hat ja gezeigt - ich sage das auch mit Blick auf den Zwischenruf, der hier gerade von der linken Seite kam -, daß man nicht kleinmütig und nicht nur buchhalterisch vorgehen darf, sondern daß auch politischer Druck zusätzliche Sparbemühungen auslöst.
Es waren verschiedene Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die uns zu Steuerveränderungen gezwungen haben, zu Steuerveränderungen, die wir ausdrücklich für richtig hielten und begrüßt haben: steuerfreies Existenzminimum und Verbesserungen für die Familie. Sie wissen, daß wir dies alles trotz schwierigster Haushaltslage auf den Weg gebracht haben.
Mit der Entscheidung, den Kohlepfennig nicht durch eine Ersatzsteuer auszugleichen, hat sich die Koalition zusätzlich selbst gebunden. Daß es der Regierung gelungen ist, den vorgesehenen Finanzrahmen auch bei der Nettoneuverschuldung trotz einer zusätzlichen Belastung von 7 bis 8 Milliarden DM einzuhalten, zeigt, daß das, was wir gemacht haben, richtig war. Das zeigt auch, daß ein Weg aus diese m totalen Steuerstaat hinaus möglich ist.
Deshalb ist es für uns auch unverständlich, daß das neueste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichbehandlung von Vermögenswerten sofort wieder Anlaß ist, über Steuererhöhungen oder zusätzliche Steuern nachzudenken. Wir glauben, daß gerade wegen der überproportionalen Belastung mittlerer Vermögen durch die derzeitige Vermögensteuer, die aus der Begründung hier herauszulesen ist, eine künftige Regelung des Gesamtsteuerkomplexes eher den Fortfall als eine Ausweitung dieser Steuer nach sich ziehen sollte. Aber mit Blick auf die Vermögensteuer sind dies Schlachten von übermorgen. Die wichtige Schlacht von morgen wird auf dem Feld des sogenannten Solidarzuschlags ausgetragen.
Politiker aus mehreren Parteien haben off offensichtlich schnell vergessen, daß dieser Solidarzuschlag ganz ausdrücklich eine Sonderbelastung auf Zeit
Dr. Wolfgang Weng
sein sollte und sein muß. Hieran wird die F.D.P. immer wieder erinnern - ich freue mich, daß der Fraktionssprecher der Union hier gleiches gesagt hat -, solange diese Sondersteuer nicht abgeschafft ist. Eine dauerhafte Erhöhung dieser direkten Besteuerung gerade der Leistungsträger in unserer Gesellschaft ist nicht hinnehmbar.
Es ist manchmal schon erschreckend - eine große Sonntagszeitung hat eine Reihe von Namen auch von Kollegen des Koalitionspartners genannt -, in welcher Weise statisch denkende Politiker und Interessenvertreter rein buchhalterische Rechnungen anstellen, anstatt aktiv gestaltend den notwendigen steuerpolitischen Weg zu gehen.
Der F.D.P. wäre am liebsten - das ist bekannt -, wenn der Solidarzuschlag in einem konkreten Zeitplan, der unseren Bürgern die Sicherheit dieser Entwicklung aufzeigt, abgeschafft werden könnte.
Das heißt aber ausdrücklich nicht - Herr Kollege Krüger, dabei blicke ich Sie an -, daß wir die notwendigen Transferleistungen für die neuen Bundesländer nicht weiter leisten wollen. Dies darf man in diesem Zusammenhang nicht in Bezug setzen.
Mit Blick auf die gemeinsame Erklärung der Hauskälter der Koalition sage ich allerdings ebenfalls, daß auch bei den Leistungen für die neuen Bundesländer künftig stärker differenziert werden muß, daß Dauersubventionen, daß Gießkannensubventionen auch in den neuen Bundesländern in Zukunft schädlich sind. Hier stehen wir an einem Neubeginn.
Da wir wissen, daß der Bundesfinanzminister und die große Zahl der Kollegen der Union unsere Auffassung teilen, daß der Solidaritätszuschlag schnellstmöglich entfallen muß, werden wir diese Kräfte in der Union besonders stark unterstützen, und wir hoffern, daß sie sich in ihren eigenen Reihen durchsetzen. Denn von der Opposition, von den Grünen und der SPD, ist natürlich wie immer bei Steuern hier nichts Positives zu erwarten.
Der Generalsekretär der F.D.P., Guido Westerwelle, hat in einem vielbeachteten Interview unsere Verantwortung für die heranwachsende Generation auch mit Blick auf die steigende Schuldenlast ausgedrückt und für die Freien Demokraten deutlich gemacht, daß es ein Traumziel wäre, eine Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte überhaupt zu untersagen.
Wir wissen, daß man in anderen Staaten, z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika, ebenfalls solche Überlegungen anstellt. Natürlich ist es bis zu diesem Punkt noch ein weiter Weg. Ich sage aber: Bei
unseren Konsolidierungsbemühungen bei allen Haushalten der letzten Jahre, nach dem Wechsel der Koalition, hatten wir ein solches Traumziel durchaus vor Augen. Nicht umsonst haben wir auf seiten der Koalition in der Vergangenheit z. B. beim Bundesbankgewinn und jetzt auch beim Erblastentilgungsfonds Elemente zur Tilgung von Staatsschulden eingebaut;
dies geschah übrigens meistens gegen den Widerstand der Opposition, damals noch im wesentlichen der SPD, bei der ja das Geldausgeben und die Höherbelastung der Bürger immer die erste Idee ist, wenn es um Steuerpolitik geht.
Die Handlungsfähigkeit wird in den künftigen Haushalten durch immer wachsende Zinslasten eingeschränkt; da hat Guido Westerwelle recht. Ich sage aber in aller Deutlichkeit: Wir hätten eine solche Verschuldung ohne die aus der deutschen Einheit resultierende Sondersituation niemals gehabt und auch niemals akzeptiert.
Hinzu kamen die Lasten, die insgesamt aus dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums für die Bundesrepublik Deutschland entstanden sind.
Es sind übrigens nicht nur die steigenden Zinslasten, die künftige Spielräume einschränken. Von vielen Fachleuten wird in letzter Zeit verstärkt darauf hingewiesen, daß auch die künftigen Versorgungslasten dazu führen. Wenn man eine Prognose der Entwicklung anhand von Grafiken sieht, kann man nur erschrecken und froh sein, daß wir uns im Rahmen einer Finanzplanung verhalten, bei der ein Abflachen wieder möglich wird. - Die Koalition ist deshalb auf dem richtigen Weg, da sie durch die Verringerung der Zahl öffentlich Bediensteter solche künftigen Belastungen wieder eingrenzt.
Auch die Ministerpräsidentin Simonis aus Schleswig-Holstein, der SPD zugehörig, hat dies erkannt und sich vom Saulus zum Paulus - da sie eine Frau ist, kann man vielleicht Paula sagen - gewandelt. Obwohl aber bei den Bundesländern die Belastung der Haushalte durch das Personal wesentlich größer ist als beim Bund, ist sie mit ihrer Stimme bisher noch fast alleine. Wir hingegen, die Koalition, haben schon im laufenden Jahr durch eine kegelgerechte Absenkung der Zahl der Bundesbediensteten eine gewisse Entspannung erreicht; dies führen wir fort.
Die F.D.P. will einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst. Gerade deshalb ist es unsere Überzeugung, daß die Zahl der öffentlich Bediensteten ein gewisses Maß nicht überschreiten darf. Da wir eine leistungsfördernde Kegelstruktur im öffentlichen Dienst wollen, muß die Zahl der öffentlich Bediensteten auf das notwendige Maß beschränkt sein.
Meine Damen und Herren, in diesem Bereich liegen große Herausforderungen vor uns, wenn es darum geht, den Umzug nach Berlin und im Zuge
Dr. Wolfgang Weng
der Entscheidungen der sogenannten Föderalismuskommission auch den Umzug einer großen Zahl von Bundesbehörden innerhalb der Bundesrepublik vor allem in Richtung Bonn zu bewältigen. Die mahnenden Stimmen, die uns mit Blick auf die Lasten der jungen Generation vor großzügigen Vorruhestandsregelungen warnen, sind berechtigt.
Gerade weil die F.D.P. vielleicht mehr als andere Parteien auf ein leistungsfähiges Berufsbeamtentum setzt, sind wir dem Koalitionspartner dafür verbunden, daß er die Bereitschaft für notwendige Reformen im Bereich des öffentlichen Dienstrechts zeigt und daß wir hier gemeinsam eine Reihe von notwendigen Maßnahmen in Angriff nehmen können. Bei der SPD ist hier wie immer, wenn es um Zukunftsfragen geht, Fehlanzeige.
Wir glauben, daß sowohl eine Erprobung auf Dienstposten vor der Beförderung als auch eine Probezeit in Führungspositionen eine noch bessere Verwaltung nach sich ziehen wird, und wir glauben, daß auf Grund der Erfahrungen auch im Zusammenhang mit der deutschen Einheit eine Verbesserung des Personaleinsatzes erreicht werden muß. Die Abordnung zu anderen Dienstherren ebenso wie die Versetzung in andere Laufbahnen sollten im Rahmen der Treuepflicht unserer Staatsbediensteten eigentlich fast selbstverständlich sein. Leider war die Erfahrung im Zuge der deutschen Einheit, auch in der Frage der Transparenz bei verschiedenen Gebietskörperschaften, so, daß wir nicht zufrieden sein konnten, daß wir hier, wie Sie wissen, in erheblichem Maße zusätzlich finanzieren mußten. Ich will mit dieser Kritik ausdrücklich nicht diejenigen, die sich hier unter eigenen Opfern bereit erklärt haben, am Aufbau der neuen Bundesländer mitzuwirken, kritisieren. Hier hat es viel lobenswertes persönliches Engagement gegeben.
Aber wir wissen auch und müssen das im Rückblick sagen, daß die Zahl derer, die zu solchem Engagement, solchen Opfern bereit waren, bei weitem nicht ausreichend gewesen ist.
Die F.D.P. wird auch bereit sein, im Rahmen der Haushaltsberatungen in der Frage beamteter Spitzenpositionen in den Bundesministerien Einschränkungen mitzutragen. Wer die Personalhaushalte der Bonner Bürokratie und der nachgeordneten Bürokratie vor und nach der Wiedervereinigung betrachtet, sieht, daß es zu überproportionaler Ausweitung von Stellen gekommen ist. Manches davon war in der aktuellen Situation begründet, aber jetzt muß wieder sorgfältig geprüft und gegebenenfalls reduziert werden. In jedem Fall ist in diesem Zusammenhang die Forderung von F.D.P. und Koalition richtig, daß vor jedem Umzug - nicht nur nach Berlin, auch vor jedem anderen Umzug - eine sorgfältige Organisationsprüfung stattfinden muß. Der Umzug von Behörden, meine Damen und Herren, bietet auch die Chance zu einer leistungsgerechten Neustrukturierung, und diese Chance werden wir nutzen.
Die F.D.P. setzt auf private Initiative. Deregulierung und Privatisierung sind die politischen Mittel der Wahl. Ich staune rückblickend immer wieder, mit welcher Geschwindigkeit die bayerische Landesregierung hier in der Vergangenheit vorgegangen ist, nachdem man dort lange Jahre ganz andere Konzepte verfolgt hatte. Die Bundesregierung hat z. B. im Zusammenhang mit der Bahnprivatisierung eine richtige und neue Strategie entwickelt, die jetzt auch bei der Finanzierung der Bahn ihren Niederschlag findet. Meine Damen und Herren, wenn schon auf Grund der Haushaltsenge nicht alle Investitionswünsche finanzierbar sind, so kann man doch durch Privatisierung zusätzliche Spielräume schaffen. Die privatisierte Bahn muß sich auch wie ein richtiger Privater verhalten.
Zähes Klammern an nicht benötigte Immobilien war in der Vergangenheit falsch. Hier ist uns mancher Ansatz, auch im kommunalen Bereich - da hört man immer wieder Klagen -, von der Bahn blockiert worden. Dies wird künftig noch falscher sein, weil es jetzt kurzfristig Entwicklungsmöglichkeiten der Bahn einschränkt, wenn man hier auf dem Standpunkt beharrt.
Ich bin dem Kollegen Thiele außerordentlich dankbar, daß er unter dem Stichwort „Wohnungen in Bahnbesitz" darauf aufmerksam gemacht hat, daß die Veräußerung einer großen Zahl von bundesbahneigenen Wohnungen an die Mieter erhebliche finanzielle Mittel freisetzen würde. Nicht nur dies, meine Damen und Herren: Der Wegfall einer teueren Verwaltungsbürokratie wäre eine angenehme Begleiterscheinung, vor allem aber die Schaffung von Eigentum bei vielen Menschen gerade mittlerer und niedriger Einkommensgruppen wäre ein außerordentlich positiver zusätzlicher Effekt einer solchen Privatisierungskampagne.
Sie werden die F.D.P. immer auf der Seite derjenigen finden, die breitgestreutes Eigentum für besser halten als sozialistische Verwaltungsmonopole. Deswegen fordern wir die Bahn ausdrücklich auf, diese Privatisierungen in Angriff zu nehmen.
Lassen Sie mich noch einen Satz zu dem auch hier in der Debatte angeklungenen Stichwort sachfremde Leistungen der Sozialversicherungen sagen. Gerade die durch die Wirtschaftskrise 1993 verursachten Zahlungen an die Bundesanstalt für Arbeit haben ja auch den Bundeshaushalt massiv belastet. Das hat Nachwirkungen bei der Finanzplanung. Ich widerspreche denjenigen nicht, die sagen, daß hier eine Reihe von Leistungen eigentlich logischerweise steu-
Dr. Wolfgang Weng
erfinanziert sein müßten. Eine große deutsche Tageszeitung hat ja vor einigen Tagen den Umfang solcher Zahlungen mit 112 Milliarden DM angegeben. Dies ist sicher überzeichnet. Es gibt jedenfalls eine Reihe solcher Leistungen, die steuerfinanziert sein müßten, und es handelt sich hier um erhebliche Dimensionen.
Ich sage noch einmal rückblickend, daß es in der damaligen Situation der deutschen Wiedervereinigung keine andere Wahl gab,
als die Dinge so zu machen, wie die Koalition sie gemacht hat.
Dabei bleibe ich; das habe ich hier mehrfach gesagt. Ich vertrete das weiterhin.
Das ganze - so sage ich es einmal - finanzpolitische Durcheinander dieser Übergangsphase wäre anders nicht zu regeln gewesen. Man konnte es nur so regeln, wie wir es getan haben.
Aber ich sage auch mit Blick auf diejenigen, die jetzt meinen, sie hätten eine neue Geldquelle aufgetan: Ein Umbau könnte hier zunächst einmal nur unter konzentrierter Überprüfung der Leistungen stattfinden. Das heißt, mancher liebgewordene Wildwuchs, der in den Selbstverwaltungen nicht in genügender Weise abgebaut worden ist, würde dann verändert werden. Wenn Sie daran denken, daß die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit so ausgelegt sind, daß der Bundesarbeitsminister einmal in einer Haushaltsdebatte sagen konnte, daß man, wenn man nur ein wenig nachschaue, ganz schnell anderthalb Milliarden Mark einsparen könne, dann zeigt das, daß in der Vergangenheit eine ganze Menge Überflüssiges finanziert wurde.
Zahlreiche ABM-Plätze sorgen, wie Sie wissen, auch dafür, daß keine neuen Arbeitsplätze entstehen können. Öffentliche Beschäftigung ist im Zweifel immer schlechter als die Vergabe von Aufträgen durch die öffentlichen Hände an die freie Wirtschaft.
Ich sage deswegen aber zu all solchen Überlegungen in bezug auf die Umsetzung solcher Leistungen: Hier ist keine neue Geldquelle in Sicht; vielmehr müßte eine solche Umsetzung natürlich durch Senkung der Beiträge voll ausgeglichen werden, da ja in der Konsequenz die steuerlichen Belastungen höher wären.
Allerdings wäre die Senkung von Lohnzusatzkosten eine wünschenswerte Verbesserung für den Wirtschaftsstandort Deutschland, die wir ebenfalls begrüßen.
Ihr Modell zusätzlicher Steuerbelastungen, das Sie immer und immer wieder aufbringen, werden wir nicht mittragen. Was heute von Ihnen zugesagt worden ist, werden wir erst einmal vorgelegt bekommen müssen, damit wir es in den tatsächlichen finanziellen Auswirkungen prüfen können. Bis jetzt haben Sie ja nichts Konkretes, sondern mehr Nebulöses gesagt. Die Erfahrung der Vergangenheit zeigt, daß Sozialdemokraten immer auf der Matte sind, um Mehrbelastungen der Bürger zu verursachen.
Meine Damen und Herren, ich habe dies deswegen so ausdrücklich gesagt, weil es viele, auch Kolleginnen und Kollegen, gibt, die bei dem Stichwort „Sachfremde Leistungen durch die Sozialversicherungen" beifällig nicken und meinen, daß dann neu Geld ausgegeben werden könne. Meine Bitte geht auch an die Bürger im Land: Fragen Sie immer jeden Verteilungspolitiker, der Ihnen solche Versprechungen macht, wer oder wodurch solche Dinge bezahlt werden sollen.
Die F.D.P.-Fraktion wird bei der jetzt anstehenden Detailberatung des Haushalts politische Schwerpunkte setzen; sie wird natürlich zusätzliche Sparvorschläge machen. Vor allem im Bereich der Subventionen dürfen Sie mit uns rechnen. Ich sage aber ebenfalls: Es wird Initiativen für die Steigerung gewisser Aufwendungen geben, im Bereich von Bildung und Kultur ebenso wie bei der Förderung des Mittelstandes.
Haushalt ist Bilanz und aktive Gestaltung. Der Entwurf 1996, die vorgelegte Bilanz der Bundesregierung, ist gut.
Natürlich kann das noch verbessert werden. In die jetzt folgende Gestaltung durch das Parlament wird unsere Fraktion bei gewohnt guter Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner die klare Verfolgung liberaler Ziele einbringen.
Vielen Dank.