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    Plenarprotokoll 13/45 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 45. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. Juni 1995 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 3649 A Erweiterung der Tagesordnung 3667 A Tagesordnungspunkt 14: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksache 13/1524) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung erhöhter Ozonkonzentrationen (Drucksachen 13/808, 13/1754) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Eckpunkte zur Bekämpfung umwelt- und gesundheitsgefährdender bodennaher Ozonkonzentration zu dem Antrag der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verschärfung der Maßnahmen gegen die fortbestehende Gefährdung der menschlichen Gesundheit und der Umwelt durch bodennahes Ozon zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann und der Gruppe der PDS: Maßnahmen zur Bekämpfung erhöhter Konzentrationen an bodennahem Ozon (Sommersmog) (Drucksachen 13/1307, 13/1203, 13/1295, 13/1754) c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 88/77/EWG vom 3. Dezember 1987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Emission gasförmiger Schadstoffe und luftverunreinigender Partikel aus Dieselmotoren zum Antrieb von Fahrzeugen (Drucksachen 13/765 Nr. 1.17, 13/1623) d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen (Drucksachen 13/765 Nr. 1.24, 13/1624) Dr. Peter Paziorek CDU/CSU 3650 B Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD . . . 3652 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3654 B Birgit Homburger F D P. 3656 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS 3658 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 3659 B Elke Ferner SPD 3662 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 3664 B Dr. Winfried Wolf PDS 3665 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 3665 B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 3665 C Namentliche Abstimmung 3666 A Ergebnis 3668 B Zusatztagesordnungspunkt: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 1996 (Drucksachen 13/901, 13/1558, 13/1600, 13/1779) 3667 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Aktuelle Stunde betr. Beendigung der Energiekonsensgespräche Rainer Haungs CDU/CSU 3667 C Anke Fuchs (Köln) SPD 3670 D Paul K. Friedhoff F.D.P 3671 D Rolf Köhne SPD 3672 D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 3673 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . 3675 D Ernst Hinsken CDU/CSU 3676 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 3677 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 3679 B Rudolf Scharping SPD 3681 A Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 3682 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . 3683 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU 3684 D Tagesordnungspunkt 15: Bericht des Petitionsausschusses Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1994 (Drucksache 13/1415) Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3685 D Wolfgang Dehnel CDU/CSU 3688 A Bernd Reuter SPD 3690 B Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 3693 B Eva Bulling-Schröter PDS 3696 B Max Straubinger CDU/CSU 3698 A Lisa Seuster SPD 3699 B Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3701 D Frederick Schulze CDU/CSU 3702 D Jutta Müller (Völklingen) SPD 3704 C Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen Rassismus und die Diskriminierung ausländischer Bürgerinnen und Bürger (Antirassismusgesetz) (Drucksache 13/1466) b) Antrag der Gruppe der PDS: Einrichtung einer Expertenkommission zur Überprüfung der Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften des Bundes auf Ausländerinnen und Ausländer diskriminierende und rassismusfördernde Bestimmungen (Drucksache 13/1405) Dr. Gregor Gysi PDS 3707 B Meinrad Belle CDU/CSU 3708 C Dr. Winfried Wolf PDS 3708 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 3709 C Dr. Gregor Gysi PDS 3710 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3711 C Dr. Burkhard Hirsch F D P. 3712 B Nächste Sitzung 3713 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3715* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 15 (Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag - Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1994) Eckart von Klaeden CDU/CSU 3715* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 3717* A 45. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. Juni 1995 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 23. 6. 95 * Behrendt, Wolfgang SPD 23. 6. 95 * Berger, Hans SPD 23. 6. 95 Blunck, Lilo SPD 23.6. 95 * Böttcher, Maritta PDS 23. 6. 95 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 23.6. 95 Burchardt, Ulla SPD 23. 6. 95 Fischer (Berlin), Andrea BÜNDNIS 23.6. 95 90/DIE GRÜNEN Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 23.6. 95 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 23.6. 95 Hornung, Siegfried CDU/CSU 23. 6. 95 * Jelpke, Ulla PDS 23. 6. 95 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 23. 6. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 23. 6. 95 Kossendey, Thomas CDU/CSU 23. 6. 95 Leidinger, Robert SPD 23. 6. 95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 23. 6. 95 90/DIE GRÜNEN Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 23. 6. 95 Pfannenstein, Georg SPD 23. 6. 95 Reschke, Otto SPD 23. 6. 95 Schönberger, Ursula BÜNDNIS 23. 6. 95 90/DIE GRÜNEN Schumann, Ilse SPD 23.6. 95 Vosen, Josef SPD 23. 6. 95 Wallow, Hans SPD 23.6. 95 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 23. 6. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 23. 6. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der West europäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 15 (Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag - Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1994) Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Politische und gesellschaftliche Entwicklungen - das hat der Verlauf der heutigen Debatte wieder gezeigt - spiegeln sich auch in Petitionen wider, die an den Deutschen Bundestag gerichtet werden. Das gilt auch für die Petitionen, die die Zuständigkeitsbereiche des Bundesinnenministeriums und des Bundesjustizministeriums betreffen. Einen Schwerpunkt bilden, wie bereits in den Jahren 1992/93, die Eingaben zum Ausländer-, insbesondere zum Asylrecht. Nach wie vor hoher Migrationsdruck und das neue Asylrecht führen dazu, daß häufig Bitten um Einzelfallprüfungen sowie vielfach Forderungen nach Abschiebestopps für Angehörige verschiedener Staaten, Völker oder Regionen an den Petitionsausschuß gerichtet wurden. Dabei fiel vor allem die große Zahl von Sammeleingaben auf, in denen entweder abgelehnte Asylbewerber in ihrer Forderung nach einem Bleiberecht durch Unterschriftenaktionen unterstützt oder allgemeine Anliegen, wie z. B. Forderungen nach Abschiebestopps, vorgetragen wurden. Wie bereits in den Vorjahren bildeten Petitionen von aus Polen, Rumänien oder aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion kommenden Bürgern, die als Aussiedler anerkannt werden wollten, einen weiteren Schwerpunkt der Eingaben zum Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums. Dabei ist positiv hervorzuheben, daß es durch die gute Zusammenarbeit mit dem zuständigen Referat im Bundesinnenministerium möglich war, einen nicht unerheblichen Teil von Petitionen bereits im Vorfeld einem positiven Ergebnis zuzuführen. Im Bereich des Asylrechts ist die Einflußmöglichkeit des Petitionsausschusses gering und daher für einen großen Teil der Petenten unbefriedigend. So verständlich dies im Einzelfall auch sein mag, es gilt jedoch, daß es auf Grund der Gewaltenteilung im demokratischen Rechtsstaat nicht sein kann, daß das Parlament die Rechtsprechung der Gerichte zu korrigieren versucht. Genauso wie die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung vor unserer Verfassung es den Gerichten gebieten, sich in der Rechtsprechung strikt an die Gesetze zu halten, ist es unsere Aufgabe, Einfluß auf die Rechtsprechung nicht durch nachträgliche Korrekturversuche, sondern durch die Gesetzgebung zu nehmen. Wer bestimmte gesetzliche Regelungen ändern will, muß dafür in Wahlen die nötige Mehrheit erringen. Aufgabe des Petitionsausschusses ist es in diesem Zusammenhang, Hinweisen auf nicht rechtmäßige oder sachgerechte Verfahren vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nachzugehen. Doch ist es in Einzelfällen auch vorgekommen, daß darüber hinaus sachgerechte und vor allem den betroffenen Menschen nützende Entscheidungen erwirkt werden konnten. Ich denke in diesem Zusammenhang an den Fall einer türkischen Familie mit kurdischer Volks- und yezidischer Glaubenszugehörigkeit, die in der Bundesrepublik Deutschland um die Gewährung von Asyl bat. In der überwiegenden Rechtsprechung ist mittlerweile anerkannt, daß Yeziden in ihrer Heimat durch die moslemische Bevölkerungsmehrheit einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind und in der Bundesrepublik Deutschland als Asylberechtigte anzuerkennen sind. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hatte den Asylantrag zu einem Zeitpunkt abgelehnt, als die Rechtsprechung zu dieser Frage noch uneinheitlich war. In dem anschließenden Gerichtsverfahren führten Übersetzungsfehler zu Mißverständnissen und schließlich zu einer ablehnenden Entscheidung. Auch ein beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gestellter Asylfolgeantrag blieb ohne Erfolg. Die Familie war daher von Abschiebung bedroht. Der Ausschuß konnte schließlich erreichen, daß der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten angewiesen wurde, sich in das noch laufende Verwaltungsgerichtsverfahren, in dem die Petenten gegen die Ablehnung des Asylfolgeantrags und auf Gewährung von Asyl klagten, einzuschalten. Die Bundesregierung versprach, der Bundesbeauftragte werde das Gerichtsverfahren beobachten und nach ergangener Entscheidung prüfen, ob zugunsten der Petenten Rechtsmittel eingelegt werden müßten, weil die ergangene Entscheidung von anderen Entscheidungen in gleichgelagerten Fällen abweiche. Ein Schlaglicht auf die sicherlich beschämendsten Vorfälle in jüngster Zeit werfen eine Vielzahl von Eingaben, darunter eine Sammelpetition mit ca. 2 000 Unterschriften, in denen aus Anlaß von rechtsextremistischen Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten gegen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland ein energisches Einschreiten gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit gefordert wird. Das um Stellungnahme gebetene Bundesinnenministerium wies dabei auf die Ausländerpolitik der Bundesregierung hin, die dafür sorgen wolle, Ausländerfreundlichkeit zu erhalten und das Verständnis für Ausländerinnen und Ausländer zu fördern, damit das gute Zusammenleben von Deutschen und Ausländern selbstverständliches und alltägliches Verhalten bleibe. Zur Bekämpfung des Rechtsextremismus habe die Bundesregierung bereits ein Verbot gegen drei rechtsextremistische Vereinigungen ausgesprochen, weitere Verbotsmaßnahmen würden geprüft. Weiterhin wurde auf den von den Innen- und Justizministern des Bundes und der Länder verabschiedeten Maßnahmenkatalog hingewiesen, der einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen ausländerfeindliche Straftaten darstelle. Dabei begrüßte der Ausschuß die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen und brachte zum Ausdruck, daß er nachdrücklich alle Möglichkeiten unterstütze, dem Ausländerhaß zu begegnen, gleichgültig in welcher Gestalt oder hinter welcher Maske er erscheine. Es ist darauf hingewiesen worden, daß den Anstrengungen zur Bekämpfung von Radikalismus und Gewalt weitere Maßnahmen hinzugefügt werden müßten, da ein Anlaß zur Entwarnung noch lange nicht gegeben sei. Der Ausschuß empfahl deshalb, die Petitionen den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, da sie als Anregung für weitere parlamentarische Initiativen geeignet erschienen. Ich will im zweiten Teil noch auf einige Petitionen eingehen, die in den Zuständigkeitsbereich des Bundesjustizministeriums fielen. Ich möchte dabei zunächst die Petitionen erwähnen, in denen es um die unterhaltsrechtliche Gleichstellung von für ehelich erklärten Kindern mit ehelichen Kindern ging. Im Gegensatz zu ehelichen und nichtehelichen Kindern, bei denen die Eltern grundsätzlich beide gleichrangig zur Unterhaltssicherung verpflichtet sind, ist bei ehelich erklärten Kindern vor der Mutter und den übrigen mütterlichen Verwandten zunächst der Vater unterhaltspflichtig. Danach werden nach Ansicht des Ausschusses sowohl der Vater als auch das Kind benachteiligt, weil der Vater neben der Betreuung auch den Barunterhalt leisten muß und das Kind den Anspruch auf Regelunterhalt gegen die Mutter verliert. Der zunächst ablehnenden Stellungnahme des Bundesjustizministeriums wollte der Ausschuß nicht folgen und überwies die Petition der Bundesregierung bzw. dem Bundesjustizministerium zur Erwägung mit dem Ersuchen, nach Möglichkeiten zu Abhilfe zu suchen. Das BMJ teilte daraufhin dem Ausschuß mit, daß auch das Rechtsinstitut der Ehelicherklärung im Kontext der Reform des Kindschaftsrechts auf dem Prüfstand stehe. Derzeit würden die Voraussetzungen auf einen gänzlichen Verzicht dieses Rechtsinstituts untersucht, womit nach Auffassung des Petitionsausschusses eine Lösung des Problems in Sicht ist. Auch Fragen des Strafrechts stehen immer wieder auf der Tagesordnung unserer Arbeit. In zwei wesentlichen Bereichen konnten auch durch die Arbeit des Petitionsausschusses wichtige Initiativen in Gang gesetzt werden. Dazu gehört zunächst der verbesserte strafrechtliche Schutz vor Kindesentziehung. Er geht auf eine Initiative einer Mutter eines damals zweieinhalbjährigen Mädchens zurück, das nur knapp einer Entführung entgangen war. Da die Tat noch im Versuchsstadium verhindert werden konnte, der Versuch der Kindesentziehung nach § 235 StGB jedoch nicht strafbar ist, konnte die Staatsanwaltschaft gegen die damalige Täterin keine Anklage erheben. Hätte die Täterin jedoch versucht, das Kind z. B. im Kinderwagen liegend mitzunehmen, hätte sie sich wegen versuchten Diebstahls des Kinderwagens verantworten müssen. Der Petitionsausschuß war der Auffassung, daß diese groteske Rechtslage so schnell wie möglich verändert werden müsse. Es liegt nunmehr ein entsprechender Referentenentwurf des BMJ vor, der diese Strafbarkeitslücke schließen wird. Dem Anlegen der Petenten wird daher voraussichtlich in vollem Umfang entsprochen werden. Eine andere strafrechtliche Lücke ergibt sich aus der kommerziellen „Verwertung" ungeborener Kinder in Teilen der kosmetischen und pharmazeutischen Industrie. Viele Bürgerinnen und Bürger sahen darin zu Recht eine neue Stufe menschenverachtenden Gewinnstrebens und der Verletzung der Menschenwürde, die ein Verbot der „Vermarktung" abgetriebener oder nicht lebensfähiger Embryonen erfordere. Auch in diesem Fall hat sich der Ausschuß dem Begehren der Petenten angeschlossen und diese Petitionen der Bundesregierung bzw. dem Bundesjustizministerium als Material überwiesen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis gegeben. Ich habe zu Anfang meiner Rede darauf hingewiesen, daß es auf Grund der Gewaltenteilung nicht unsere Aufgabe als Parlamentsausschuß sein kann, im nachhinein den Versuch zu unternehmen, die Rechtsprechung zu korrigieren, wohl aber es unsere Aufgabe ist, Fehlentwicklungen durch Änderungen der entsprechenden Gesetze für die Zukunft auszuschließen. Dieser Aufgabe müssen wir dann aber auch nachkomen. Bereits im Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 1993 spielte eine Petition eine besondere Rolle, die in dieser Legislaturperiode erneut den Petitionsausschuß beschäftigte. Ich meine das sogenannte Flensburger Urteil, das zu Recht einen Sturm der Empörung auslöste. Das Amtsgericht Flensburg hatte nämlich entschieden, daß der Anblick einer Gruppe Schwer- und Schwerstbehinderter während der Mahlzeiten in einem Hotel die Urlaubsfreuden mindern könne und damit zur Kürzung des Reisepreises berechtige. Damals hatte der Petitionsausschuß sich für eine Änderung des Reisevertragsrechts eingesetzt, die in Zukunft derartige Urteile verhindern soll. In seiner Stellungnahme hatte das Bundesjustizministerium mit nachvollziehbaren juristischen Erwägungen eine solche Änderung abgelehnt. Ich halte jedoch nach wie vor verfahrensrechtliche Änderungen für notwendig, die die Korrektur derartiger Urteile durch die Justiz ermöglichen. Auch wenn wir uns zur Zeit vornehmlich mit der Entlastung der Justiz beschäftigen, muß es möglich sein, daß Urteile, die so eklatant und offensichtlich gegen die Werteordnung unserer Verfassung verstoßen und die Menschenwürde nicht am Prozeß beteiligter Dritter verletzen, aufgehoben werden können. Ich wünsche mir, daß wir noch in diesem Jahr in dieser Frage die nötige Hartnäckigkeit aufbringen und auch auf die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ausschüssen zählen können. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 685. Sitzung am 2. Juni 1995 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß § 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Gesetz zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen - Drittes Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes - Gesetz zu dem Protokoll vom 26. April 1994 zu den Konsequenzen des Inkrafttretens des Dubliner Übereinkommensfür einige Bestimmungen des Durchführungsübereinkommens zum Schengener Übereinkommen (Bonner Protokoll) - Gesetz zur Überleitung preisgebundenen Wohnraums im Beitrittsgebiet in das allgemeine Miethöherecht (Mietenüberleitungsgesetz) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Das Wohngeldgesetz ist zuletzt 1990 novelliert worden. Eine erneute Anpassung an die Einkommens- und Mietenentwicklung ist seit langem überfällig. Darauf hat der Bundesrat wiederholt, zuletzt mit Entschließung vom 4. November 1994 - BR-Drucksache 960/94 (Beschluß) - hingewiesen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung nochmals eindringlich auf, den Entwurf einer 10. Wohngeldnovelle mit leistungsverbessernden Maßnahmen und Vorschlägen zur Verwaltungsvereinfachung unverzüglich vorzulegen, damit das Änderungsgesetz bereits 1996 wirkt. Der Bundesrat erwartet, daß dabei die Verbesserung des Wohngeldes West für Härtefälle schon zur zweiten Hälfte des Jahres 1996 wirksam wird. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 6. Juni 1995 ihren Entwurf eines Gesetzes über die Einführung von Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverboten bei erhöhter Ozonkonzentration - Drucksache 13/1597 - zurückgezogen. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 20. Juni 1995 ihren Antrag „Wiedereinbeziehung des ostdeutschen mittelständischen Handels in die Investitionszulagenregelung" - Drucksache 13/1541-zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/725 Nr. 144 Drucksache 13/48 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/1096 Nr. 2.5 Drucksache 13/1096 Nr. 2.7 Drucksache 13/1096 Nr. 2.8 Drucksache 13/1096 Nr. 2.10 Drucksache 13/1096 Nr. 2.12 Drucksache 13/765 Nr. 1.2 Drucksache 13/765 Nr. 1.3 Drucksache 13/765 Nr. 1.4 Drucksache 13/765 Nr. 1.5 Drucksache 13/765 Nr. 1.6 Drucksache 13/765 Nr. 1.7 Drucksache 13/765 Nr. 1.9 Drucksache 13/1234 Nr. 1.6 Drucksache 13/1234 Nr. 1.7 Drucksache 13/1234 Nr. 1.11 Drucksache 13/1234 Nr. 1.15 Drucksache 13/1234 Nr. 1.17 Drucksache 13/1234 Nr. 1.18 Drucksache 13/1234 Nr. 1.20 Drucksache 13/1234 Nr. 1.21 Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/7354 Drucksache 12/7469 Drucksache 12/7513 Drucksache 12/7516 Drucksache 12/7359 Drucksache 12/7737 Drucksache 12/8560 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/765 Nr. 1.16 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/343 Nr. 2.22 Drucksache 13/343 Nr. 2.23 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/725 Nr. 167 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/614 Nr. 2.16 Drucksache 13/614 Nr. 2.7 Drucksache 12/725 Nr. 173 Innenausschuß Drucksache 13/725 Nr. 11 Drucksache 13/725 Nr. 19 Drucksache 13/725 Nr. 20 Drucksache 13/725 Nr. 21 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/1096 Nr. 2.15 Drucksache 13/725 Nr. 166 Drucksache 13/218 Nr. 97
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    Rede von Wolfgang Dehnel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe nun schon fünf Plenardebatten zum Jahresbericht des Petitionsausschusses miterlebt, aber mit soviel Polemik hat es noch nie angefangen. Das stimmt mich im Hinblick auf die zukünftige Arbeit etwas bedenklich, Frau Vorsitzende.

    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie doch keinen Schmarrn! Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn das Polemik war!)

    Der Bericht über die Tätigkeit des Petitionsausschusses im Jahre 1994 zeigt ein weiteres Mal, wie vielschichtig die Sorgen und Nöte vieler Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sind, die sich - von Jahr zu Jahr mit anderen Schwerpunkten - mit Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag wenden. Zugleich vermittelt der Bericht auch ein Bild von der umfangreichen Arbeit, die die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuß zusätzlich zu ihren sonstigen Funktionen übernommen haben. Auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschußdienstes möchte ich an dieser Stelle ganz besonders danken. In diesen Dank schließe ich natürlich auch die Minister und Staatssekretäre ein

    (Bernd Reuter [SPD]: Nicht alle!)

    sowie deren Mitarbeiter, die oft in erheblichem Maße dazu beigetragen haben, lin Einzelfall konkret zu helfen.
    Wohl in keinem anderen Gremium dieses Hohen Hauses wie in diesem Ausschuß spiegeln sich die aktuellen Probleme der jeweiligen politischen und sozialen Wirklichkeit in Deutschland so deutlich wider. Dabei kann der Tätigkeitsbericht des Ausschusses angesichts der Vielzahl der an ihn herangetragenen Einzelfälle, Sammeleingaben und Massenpetitionen immer nur exemplarische Fälle aufzeigen. Diese stehen freilich für eine größere Zahl vergleichbarer Sachverhalte. Deshalb will ich hier auch nur einige Schwerpunkte beleuchten, die mir als Mitglied des Petitionsausschusses - zumal als einem aus einem der neuen Bundesländer - besonders wichtig sind.
    Vielfach geht es um persönliche Probleme, die für den einzelnen Petenten häufig von existentieller Bedeutung sind, etwa im Bereich der Altersversorgung, der Krankenversicherung und des Familienlastenausgleichs. Andererseits wurden in vielen Eingaben aber auch Sorgen und Probleme von allgemeinem politischen Interesse angesprochen, z. B. die Forderung nach einem energischen Einschreiten gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit sowie nach schärferen gesetzlichen Vorschriften gegen Kindesentführung und -mißhandlung, Gewalt- und Wirtschaftsverbrechen.
    Meine Damen und Herren, was den vorliegenden Bericht für das Jahr 1994 in besonderer Weise kennzeichnet, ist der deutliche Rückgang der Zahl der Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern aus den
    neuen Bundesländern. Diese Entwicklung kann zweifellos als ein Indiz dafür gelten, daß die zwischenzeitliche Verabschiedung zahlreicher gesetzlicher Regelungen zur Bereinigung „einigungsbedingter" Probleme zu einem weiteren Abbau der Kritik am Verlauf des sozialen Einigungsprozesses und damit zur weiteren Normalisierung der Verhältnisse in Deutschland beigetragen hat.

    (Jörg Tauss [SPD]: Oder Resignation am Kanzler! Gegenruf des Abg. Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Ach, hör doch auf!)

    Das bedeutet jedoch nicht, daß es eine besondere Betroffenheit der in den neuen Ländern lebenden Menschen durch die im Zusammenhang mit der deutschen Einheit stehenden Veränderungen und die sich daraus ergebenden sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Probleme nicht mehr gäbe. Noch stehen wir mitten im Prozeß des Ausgleichs zwischen den alten und den neuen Bundesländern, und es bedarf immer noch weiterer Ausgleichsmaßnahmen.
    So wurden auch im Jahre 1994 dem Ausschuß zahlreiche Bitten vorgelegt, mit denen Probleme im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung vorgebracht wurden. Diese hatten sich im Zuge der grundlegenden Umgestaltung des Sozialsystems in den neuen Ländern ergeben. Einen deutlichen Schwerpunkt bildeten dabei die zahlreichen Eingaben zur Rentenumbewertung bzw. zur Neuberechnung der Bestandsrenten in den neuen Ländern nach dem Renten-Überleitungsgesetz sowie Beschwerden über die lange Bearbeitungsdauer von Rentenanträgen. Hierzu mußte der Ausschuß nach Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens wegen der Beschwerden vieler Petenten Stellung nehmen. Auf Grund der großen Zahl von Bestandsrenten war eine kurzfristige Erledigung im Rahmen der bestehenden Verwaltungskapazitäten jedoch nicht möglich.
    Viele Eingaben bezogen sich auch auf die Neuberechnung von Renten mit Leistungen aus Zusatz-
    und Sonderversorgungssystemen der ehemaligen DDR. Der in zahlreichen Zuschriften vorgebrachten Kritik hinsichtlich der Kappung der der Rentenberechnung zugrunde gelegten Entgelte wegen „staatsnaher" Tätigkeit konnte inzwischen durch Aufhebung des sogenannten Kappungsfaktors von 1,4 Rechnung getragen werden. Dabei war es jedoch nicht möglich, die alsbaldige Neuberechnung der zunächst nur pauschal ermittelten Rentenbeträge angesichts des hierfür vorgesehenen aufwendigen Verwaltungsverfahrens generell in Aussicht zu stellen. Allerdings konnte der Ausschuß erreichen, daß für Petenten in einer besonderen Notlage eine vorrangige Neuberechnung vorgenommen wurde; beispielsweise im Fall eines 1917 geborenen Petenten mit einer Schwerbehinderung von 100 %, der als Härtefall unverzüglich in das Neufeststellungsverfahren einbezogen wurde.
    Meine Damen und Herren, in zahlreichen Eingaben aus den neuen Bundesländern wandten sich die Petenten gegen die Nichtberücksichtigung von Ausbildungsabschnitten und Dienstzeiten wegen Erfüllung der Wehrpflicht bei den Grenztruppen der frü-

    Wolfgang Dehnel
    heren DDR. So sind beispielsweise einem Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn sieben Dienstjahre, die er vor Einberufung zum Wehrdienst bei der Deutschen Reichsbahn zurückgelegt hatte, im Rahmen der Dienstzeitberechnung nicht angerechnet worden. Daraus ergab sich für den Petenten nach der Wiederaufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Deutschen Reichsbahn eine nicht unerhebliche Lohnminderung. Erst nach Einschaltung des Petitionsausschusses kam es zu einer nochmaligen Überprüfung des Verfahrens mit dem Ergebnis, daß dem Anliegen des Petenten in vollem Umfang entsprochen werden konnte.
    Diese Entscheidung hat über den angesprochenen Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung erlangt. Der Bundesminister des Innern hat auf Grund dieses Vorgangs eine Anordnung erlassen. Bei allen Bundesbehörden ist die zunächst erfolgte Nichtberücksichtigung rückgängig zu machen. Eine gleiche Regelung gilt inzwischen auch für die Bereiche der Unternehmen der ehemaligen Deutschen Bundespost.
    Meine Damen und Herren, wie hilfreich die Anrufung des Petitionsausschusses auch in einem zunächst „aussichtslosen" Fall sein kann, zeigt das Beispiel eines bei der BfA Versicherten. Mehrjährige Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden nicht anerkannt, weil die entsprechenden Versicherungsbelege abhanden gekommen bzw. vernichtet worden sind. Hier ist es durch das engagierte Zusammenwirken von Versicherungsträger, Beschäftigungsstelle und Petitionsausschuß schließlich gelungen, im Wege der Glaubhaftmachung einen lückenlosen Versicherungsverlauf zu rekonstruieren. So konnte auch hier dem Anliegen des Petenten in vollem Umfang Rechnung getragen werden.
    Meine Damen und Herren, auch im Berichtsjahr 1994 sind dem Petitionsausschuß wieder zahlreiche im Zusammenhang mit der Thematik ,,Vergangenheitsbewältigung" stehende Eingaben vorgelegt worden. Insbesondere Fragen zur Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern des SED-Regimes wurden vorgetragen. Außerdem wurde die Arbeitsweise des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR beanstandet. Insbesondere beanstandet wurden die langen Bearbeitungszeiten von Anträgen an diese Behörde. Der Petitionsausschuß hält deshalb eine Beschleunigung der Bearbeitung dieser Anträge und auch entsprechende zusätzliche ABM-Stellen für angebracht.
    Von besonderer Bedeutung war dabei für die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern das Zweite Gesetz zur Bereinigung von SEDUnrecht. Es ist im Juni 1994 mit dem Schwerpunkt der verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierung der Opfer des SED-Regimes in Kraft getreten. Hierzu gingen verhältnismäßig wenige Eingaben beim Bundestag ein, denn die Ausführung dieses Gesetzes erfolgt im wesentlichen durch die Rehabilitierungsbehörden der Länder. Also sind die Petitionsausschüsse der jeweiligen Landtage zuständig.
    Immerhin dürfen aber in diesem Zusammenhang die intensiven Bemühungen auch des Petitionsausschusses des Bundestages in Erinnerung gerufen werden. Er hat sich in entsprechenden Ersuchen an die Bundesregierung schon sehr frühzeitig für eine beschleunigte Regelung zur Rehabilitierung derjenigen ehemaligen DDR-Bürger eingesetzt, die auf Grund ihrer kritischen Haltung gegenüber dem SEDRegime berufliche Nachteile erleiden mußten.
    Als exemplarisch kann hier der Fall eines Bürgers aus dem sächsischen Klingenthal gelten. Ein Lehrer war 1955 fristlos aus dem Schuldienst entlassen worden, weil er auf einer Lehrerkonferenz bei der Verabschiedung von Freiwilligen für die kasernierte Volkspolizei nicht applaudiert hatte. Der Betroffene hatte bis zu seiner Rente nur noch eine Anstellung als Hilfsarbeiter mit den entsprechenden Konsequenzen für die Höhe seiner Rente gefunden. Ihm konnte nach Verabschiedung des Zweiten Unrechtsbereinigungsgesetzes der Bescheid über seine berufliche Rehabilitation ausgehändigt werden. Auf dieser Grundlage wurde eine Neuberechnung seiner Altersversorgung vorgenommen. Ausgangspunkt für diesen Erfolg war das Vorsprechen dieses Bürgers in meiner Bürgersprechstunde. Um so größer war unsere gemeinsame Freude.
    Meine Damen und Herren, Unverständnis und Arger haben auch im Jahre 1994 wiederum die überhöhten Fernmelderechnungen der Deutschen Bundespost Telekom bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ausgelöst. Hierzu gingen im Berichtszeitraum über 600 Zuschriften - damit etwa doppelt soviel wie 1993 - beim Petitionsausschuß des Bundestages ein. Dabei handelte es sich überwiegend um Rechnungen von 500 bis zu 5 000 DM, in einzelnen Fällen bis zu 20 000 DM. Die beiden folgenden Fälle mögen hierfür ein Beispiel geben.
    Einem Ehepaar, das ein Einfamilienhaus bewohnt und dessen monatliche Telefongebühren seit 30 Jahren nachweislich zwischen 50 und 130 DM betrugen, war eine Telefonrechnung für einen Monat in Höhe von 1 369,04 DM zugegangen. Die fristlose Kündigung des Anschlusses im Falle der Nichtzahlung der Rechnung war durch die Telekom angedroht worden.
    In einem anderen Fall hatte ein Ehepaar eine Telefonrechnung über 1 517,30 DM für einen Monat erhalten, obwohl die durchschnittlichen monatlichen Telefongebühren seit vielen Jahren nur zwischen 40 und 50 DM gelegen hatten. In beiden Fällen hat sich die Telekom nach Einschaltung des Petitionsausschusses zu einer Kulanzregelung bereit erklärt und auf die zwangsweise Einziehung der strittigen Beträge verzichtet.
    Jedoch nicht in allen einschlägigen Petitionsfällen konnte der Ausschuß ein entsprechend positives Ergebnis erreichen. Mit Befriedigung haben wir aber im Ausschuß feststellen können, daß den Beschwerden wegen überhöhter Telefonrechnungen inzwischen zunehmend häufiger abgeholfen wird. Ich sehe das als Folge des einmütigen Beschlusses des Bundestages, die entsprechenden Eingaben der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

    Wolfgang Dehnel
    Dazu hat Herr Bundesminister Bötsch wesentlich mit beigetragen. Durch seine „Selbsteinladung" ist er in unseren Ausschuß gekommen und hat uns dort seine Unterstützung zugesagt. Das ist ein Novum in meiner fünfjährigen Ausschußarbeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)

    Für die weiteren Beratungen des Ausschusses über diese Problematik wird es im Zusammenhang mit der am 1. Januar 1995 erfolgten Privatisierung der Unternehmen der Deutschen Bundespost wichtig sein, welche Möglichkeiten der Einflußnahme und der Kontrolle des Parlamentes hinsichtlich der Privatisierung dieser Unternehmen künftig bestehen. Dabei gehe ich davon aus, daß der Ausschuß seine Prifungskompetenz bezüglich der Stellung des Bundes als Anteilseigner und Alleinaktionär sowie des Monopolcharakters der Aktiengesellschaften erhält.
    Meine Damen und Herren, diese wenigen exemplarischen Fälle zeigen einerseits, daß es bei der Arbeit im Petitionsausschuß - in der Regel quer durch die Fraktionen - auf die praktische Arbeit und die sachgerechte Lösung der Einzelfälle und Fallgruppen ankommt. Sie zeigen andererseits aber auch, daß der Petitionsausschuß mit seiner Arbeit nicht nur wichtige Aufgaben der Verwaltungs- und der Gesetzeskontrolle erfüllt, sondern daß er vor allem auch ein wichtiges Bindeglied zwischen Staat und Bürger ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dabei darf ich im übrigen mit einiger Genugtuung feststellen, daß im Petitionsausschuß allenthalben ein bestimmtes Rollenverständnis besteht. Im allgemeinen ist dieses nicht von der politische Parlamentsdebatten beherrschenden Kontroverse zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien geprägt, sondern wird weitgehend von einer sehr sachlichen und sehr kooperativen Arbeit der Ausschußmitglieder getragen. Wir sehen uns in erster Linie als Anwalt der Bürger und sind darum bemüht, berechtigte Interessen, die in Bitten und Beschwerden an das Parlament herangetragen werden, engagiert zu vertreten. Für mich und die CDU/CSU-Fraktion gilt bei der Entscheidungsfindung der Grundsatz, den Wählerauftrag sowie gesellschaftliches und Einzelinteresse abzuwägen und zu wahren.
    Meine Damen und Herren, abschließend lassen Sie mich die Worte des berühmten Sohnes dieser Stadt Bonn, Ludwig van Beethoven, zitieren, die so gut auf unsere Arbeit im Petitionsausschuß zutreffen:
    Wohltun, wo man kann, Freiheit über alles lieben, Wahrheit auch vor dem Throne nicht verleugnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P. und der SPD)



Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es spricht jetzt der Kollege Bernd Reuter.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Bernd Reuter


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst will ich etwas geradestellen, was der Kollege Dehnel ausgeführt hat. Ich hatte nicht den Eindruck, daß unsere Vorsitzende, als sie hier sprach, besondere Polemik in die Debatte brachte.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich will auch noch zu der Anmerkung, daß wir jetzt weniger Petitionen aus den neuen Bundesländern haben, ergänzen, daß das wohl auch damit zusammenhängt, daß dort jetzt die staatliche Verwaltung funktioniert und daß viele Menschen ihre Petitionen, die in die Länderzuständigkeiten fallen, dort abliefern. Daß uns jetzt weniger Petitionen aus den neuen Ländern erreichen, ist mit Sicherheit nicht darauf zurückzuführen, daß die Menschen in den neuen Bundesländern jetzt sehr viel zufriedener wären.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Meine Damen und Herren, in Art. 17 des Grundgesetzes heißt es:
    Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.
    Unser Grundgesetz kennt leider keine anderen plebiszitären Elemente. Die Bürgerinnen und Bürger können einmal in vier Jahren ihre Stimme abgeben. Darüber hinaus haben sie dann lediglich noch die Möglichkeit, sich unmittelbar an den Deutschen Bundestag zu wenden.
    Rund 20 000mal wurde dieses Recht 1994 in Anspruch genommen. - Ich will eine Vergleichszahl nennen: 1980 geschah das rund 10 000mal. - An den 20 000 Eingaben hängen aber viel mehr Menschen mit ihrer Hoffnung, mit ihren Wünschen; denn wir hatten darunter im letzten Jahr eine Massenpetition, die allein von einer Million Menschen unterschrieben war. Das zeigt aus meiner Sicht die wirkliche Situation: Es kann nicht immer nur davon geredet werden, daß Politikverdrossenheit herrsche; denn wenn diese Menschen politikverdrossen wären, hätten sie nicht den Mut, sich hinzusetzen und einen Brief an den Deutschen Bundestag zu schreiben.

    (Beifall im ganzen Hause)

    Meine Damen und Herren, an dieser Stelle will ich einmal unseren Parlamentarischen Geschäftsführern für ihren weisen Ratschluß danken. Sie haben es in der Tat fertiggebracht, uns noch in diesem Jahr die Debatte über diesen Jahresbericht zu ermöglichen. Ich hatte schon die größten Befürchtungen, daß wir das erst im nächsten Jahr tun könnten. Ich sage hierzu aber auch ganz ernsthaft: Die Art und Weise, wie die Terminierung dieser Debatte in dieser Woche erfolgt ist, muß ein einmaliger Vorgang bleiben. Das wird sich der Ausschuß zukünftig nicht mehr gefallen lassen.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS Ulrich Irmer [F.D.P.]: Die Tribüne und auch die Regierungsbank sind doch wunderbar besetzt!)


    Bernd Reuter
    - Vor allen Dingen sind Sie da, Herr Irmer. Das freut I mich besonders; das ist für uns Mitglieder des Petitionsausschusses schon ein Erlebnis.
    Ich möchte jedoch auch anmerken, daß die Arbeit im Ausschuß nicht ganz einfach und leicht ist; Frau Nickels hat darauf hingewiesen. In keinem anderen Ausschuß wird der Charakter des Bundestages als Volksvertretung deutlicher als im Petitionsausschuß. Darum ist es besonders hier notwendig, die Anliegen der Menschen ernst zu nehmen, auch wenn sie uns auf den ersten Blick nicht einleuchten mögen. Ich füge sehr deutlich hinzu, daß dies auch die Regierung und die Bundesbehörden tun müssen.
    Ich will hier ausdrücklich dem Innenministerium ein Lob aussprechen, das in diesem Jahresbericht seinen Niederschlag gefunden hat. Da ging es um Petitionen aus dem Bereich der Aussiedler; man sieht ja auch, welcher Staatssekretär aus dem Innenministerium hier anwesend ist. Es geschah öfter, als manche glauben, daß Petitionen schon im Vorfeld erledigt werden konnten, weil im Innenministerium die Bereitschaft bestand, kooperativ mitzuwirken, die Probleme einer Lösung zuzuführen. Aber das gleiche Engagement des Innenministeriums hätte ich mir eigentlich auch bei so mancher Petition aus dem Asylbereich gewünscht,

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    wo ich nicht feststellen konnte, daß man die Problemlage sehr ernst genommen hat.
    Ich will hinzufügen, daß gerade die Asylproblematik sehr schwierig ist. Ich habe auf Grund der vielen Petitionen, die uns vorliegen, aber auch den Eindruck, daß hier die Rechtslage unbefriedigend ist. Was fehlt, sind aus meiner Sicht Härtefallregelungen im Ausländerrecht, weil wir vielfach nicht helfen können und vielfach einfach unmenschlich entschieden werden muß. Das kann meiner Ansicht nach nicht so bleiben. Ich appelliere an die Kreativität derjenigen, die sich um den Asylkompromiß so große Verdienste erworben haben, auch darüber einmal nachzudenken.

    (Beifall bei der SPD Wolfgang Dehnel [CDU/CSU]: Wollen Sie eine Aufweichung des Asylgesetzes?)

    - Ich bin, wie Sie mich kennen, nicht für Aufweichungen, sondern ich bin für vernünftige humane Regelungen. Herr Kollege Dehnel, daß ein Einzelrichter nicht weisungsgebunden ist - es wird immer nur darauf hingewiesen, daß man daran nichts ändern könne - und daß vielfach nur ein Gericht entscheidet und keine Revision zugelassen wird, ist mir für die Regelung eines menschlichen Schicksals rechtsstaatlich eigentlich zu wenig.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie das als Aufweichung verstehen - nun gut.
    Herr Dehnel, Sie haben zu Recht den Kollegen Bötsch gelobt. Es ist wirklich ein einmaliger Fall - nicht nur in Ihrer fünfjährigen Praxis, sondern überhaupt -, daß ein Minister zu früher Stunde bereit war, in den Petitionsausschuß zu kommen, um dort darzulegen, wie er die Probleme der Telekom mit uns regeln will. Das liest sich gut und hört sich auch heute alles gut an, daß das so geklappt hat. Aber man muß einmal die Familie sehen, die von der Telekom so behandelt wurde, wie es der Kollege Dehnel geschildert hat. Dieser Familie hat man das Telefon abgeschaltet, und die Menschen hatten keine Chance, sich gegen einen so großen Konzern wie die Telekom zur Wehr zu setzen. Deshalb war es notwendig, daß der Ausschuß hier geholfen hat.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Aber es bringt ja nichts, wenn wir bei der Diskussion über den Jahresbericht nur Lob austeilen. Wir müssen auch einmal Kritik anbringen, z. B. Kritik an den Ministerien, die nicht so willig und bereit sind, uns bei der Lösung dieser Probleme zu helfen. Dazu gehört z. B. auch das Bundesministerium der Verteidigung. Ich habe den Eindruck, daß wir manche Probleme besser lösen könnten, wenn dort die Bereitschaft bestünde, die Petitionen ernster zu nehmen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Ich will nur einmal an den Doppelstaater erinnern, der dafür optiert hat, in den Niederlanden seinen Wehrdienst zu leisten. Da wacht jetzt die Bundeswehr immer noch darüber, ob er das tatsächlich dort macht. Möglicherweise wird dann auch noch von uns weiterverfolgt, ob dieser Mensch oder Doppelstaater der auf Grund seines Studiums vom Wehrdienst zurückgestellt ist, seinen Wehrdienst überhaupt leistet. Ich meine, da müssen wir wirklich einmal an die Bundesregierung bzw. an die Bundesministerien appellieren, sich anders zu verhalten.
    Ich erinnere auch an die Petition mit der Asbestose. Es besteht einfach keine Bereitschaft, zu helfen, wenn sich ein Marinesoldat an uns wendet und uns erklärt, daß er jetzt eine Risikoprämie bei seiner Krankenkasse zahlen muß, weil er jahrelang auf Schiffen gefahren ist, die asbestverseucht waren. Da die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist, kommt § 81 des Soldatengesetzes nicht zum Tragen. Das ist ein Skandal. Da muß doch ein Aufschrei der Entrüstung durch diesen Bundestag gehen. Wir müssen willens und bereit sein, das zu ändern. Wir dürfen dann nicht akzeptieren, daß § 81 so bleibt.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich will auch dem Bundesinnenminister ganz ernsthaft noch etwas mit auf den Weg geben. Ich habe einmal einige Unterlagen mitgebracht. Uns liegt seit über einem Jahr eine Petition von Menschen vor, die eine andere Haltung der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Kurdenpolitik erreichen wollen. Da kann man zum Inhalt stehen, wie man will. Daß sich aber der Bundesinnenminister anmaßt, zu sagen, das sei gar keine Petition, sondern

    Bernd Reuter
    die Meinung eines einzelnen, das kann nicht angehen. Es kann nicht angehen, daß das Verfassungsorgan Bundesregierung dem Verfassungsorgan Bundestag vorschreibt, was eine Petition ist.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Ich werde gemeinsam mit meinem Kollegen und Freund Günther Nolting von der F.D.P., der jetzt plötzlich aufgeschreckt ist - -

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Ich höre immer zu! Ich wollte jetzt auch einmal den Blickkontakt aufnehmen!)

    - Entschuldigung!

    (Ulrich Irmer [F.D.P.]: Er hat sehr versunken zugehört! Heiterkeit)

    Herr Kollege Nolting, wir beide werden, soweit ich die Aktenlage kenne, beantragen, daß der Herr Minister Kanther einmal frühmorgens um 7.30 Uhr in unseren Ausschuß kommt.

    (Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Das haben wir beide beschlossen; das ist richtig!)

    - Genauso machen wir das. Sie sehen, meine Damen und Herren, wir haben in diesem Ausschuß einen breiten Konsens. Das ist sehr wichtig und auch sehr erfolgreich.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS Ulrich Irmer [F.D.P.]: Herr Reuter, um 7.30 Uhr früh!)

    - Ja, früh. Bei uns in Hessen heißt es sonst 19.30 Uhr, Herr Kollege Irmer.

    (Ulrich Irmer [F.D.P.]: Sagen Sie lieber 7.30 Uhr in der Frühe! Das ist viel wirkungsvoller!)

    - Das haben wir ja vor. Wenn es abends stattfände, hätte ich 19.30 Uhr gesagt.

    (Heiterkeit)