Rede:
ID1304500400

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. jetzt: 1
    5. die: 1
    6. Kollegin: 1
    7. Gila: 1
    8. Altmann.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/45 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 45. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. Juni 1995 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 3649 A Erweiterung der Tagesordnung 3667 A Tagesordnungspunkt 14: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes (Drucksache 13/1524) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung erhöhter Ozonkonzentrationen (Drucksachen 13/808, 13/1754) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Eckpunkte zur Bekämpfung umwelt- und gesundheitsgefährdender bodennaher Ozonkonzentration zu dem Antrag der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Verschärfung der Maßnahmen gegen die fortbestehende Gefährdung der menschlichen Gesundheit und der Umwelt durch bodennahes Ozon zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann und der Gruppe der PDS: Maßnahmen zur Bekämpfung erhöhter Konzentrationen an bodennahem Ozon (Sommersmog) (Drucksachen 13/1307, 13/1203, 13/1295, 13/1754) c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 88/77/EWG vom 3. Dezember 1987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Emission gasförmiger Schadstoffe und luftverunreinigender Partikel aus Dieselmotoren zum Antrieb von Fahrzeugen (Drucksachen 13/765 Nr. 1.17, 13/1623) d) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen (Drucksachen 13/765 Nr. 1.24, 13/1624) Dr. Peter Paziorek CDU/CSU 3650 B Dietmar Schütz (Oldenburg) SPD . . . 3652 A Gila Altmann (Aurich) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3654 B Birgit Homburger F D P. 3656 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS 3658 A Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 3659 B Elke Ferner SPD 3662 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/ CSU 3664 B Dr. Winfried Wolf PDS 3665 B Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 3665 B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 3665 C Namentliche Abstimmung 3666 A Ergebnis 3668 B Zusatztagesordnungspunkt: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.: Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 1996 (Drucksachen 13/901, 13/1558, 13/1600, 13/1779) 3667 A Zusatztagesordnungspunkt 11: Aktuelle Stunde betr. Beendigung der Energiekonsensgespräche Rainer Haungs CDU/CSU 3667 C Anke Fuchs (Köln) SPD 3670 D Paul K. Friedhoff F.D.P 3671 D Rolf Köhne SPD 3672 D Dr. Angela Merkel, Bundesministerin BMU 3673 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . 3675 D Ernst Hinsken CDU/CSU 3676 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 3677 D Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 3679 B Rudolf Scharping SPD 3681 A Kurt-Dieter Grill CDU/CSU 3682 B Reinhard Schultz (Everswinkel) SPD . . 3683 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU 3684 D Tagesordnungspunkt 15: Bericht des Petitionsausschusses Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1994 (Drucksache 13/1415) Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3685 D Wolfgang Dehnel CDU/CSU 3688 A Bernd Reuter SPD 3690 B Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 3693 B Eva Bulling-Schröter PDS 3696 B Max Straubinger CDU/CSU 3698 A Lisa Seuster SPD 3699 B Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3701 D Frederick Schulze CDU/CSU 3702 D Jutta Müller (Völklingen) SPD 3704 C Tagesordnungspunkt 13: a) Erste Beratung des von der Gruppe der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes gegen Rassismus und die Diskriminierung ausländischer Bürgerinnen und Bürger (Antirassismusgesetz) (Drucksache 13/1466) b) Antrag der Gruppe der PDS: Einrichtung einer Expertenkommission zur Überprüfung der Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften des Bundes auf Ausländerinnen und Ausländer diskriminierende und rassismusfördernde Bestimmungen (Drucksache 13/1405) Dr. Gregor Gysi PDS 3707 B Meinrad Belle CDU/CSU 3708 C Dr. Winfried Wolf PDS 3708 D Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . 3709 C Dr. Gregor Gysi PDS 3710 B Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 3711 C Dr. Burkhard Hirsch F D P. 3712 B Nächste Sitzung 3713 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 3715* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 15 (Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag - Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1994) Eckart von Klaeden CDU/CSU 3715* B Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 3717* A 45. Sitzung Bonn, Freitag, den 23. Juni 1995 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 23. 6. 95 * Behrendt, Wolfgang SPD 23. 6. 95 * Berger, Hans SPD 23. 6. 95 Blunck, Lilo SPD 23.6. 95 * Böttcher, Maritta PDS 23. 6. 95 Büttner (Ingolstadt), Hans SPD 23.6. 95 Burchardt, Ulla SPD 23. 6. 95 Fischer (Berlin), Andrea BÜNDNIS 23.6. 95 90/DIE GRÜNEN Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 23.6. 95 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 23.6. 95 Hornung, Siegfried CDU/CSU 23. 6. 95 * Jelpke, Ulla PDS 23. 6. 95 Jung (Düsseldorf), Volker SPD 23. 6. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 23. 6. 95 Kossendey, Thomas CDU/CSU 23. 6. 95 Leidinger, Robert SPD 23. 6. 95 Lemke, Steffi BÜNDNIS 23. 6. 95 90/DIE GRÜNEN Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 23. 6. 95 Pfannenstein, Georg SPD 23. 6. 95 Reschke, Otto SPD 23. 6. 95 Schönberger, Ursula BÜNDNIS 23. 6. 95 90/DIE GRÜNEN Schumann, Ilse SPD 23.6. 95 Vosen, Josef SPD 23. 6. 95 Wallow, Hans SPD 23.6. 95 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 23. 6. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 23. 6. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Teilnahme an Sitzungen der West europäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Tagesordnungspunkt 15 (Bitten und Beschwerden an den Deutschen Bundestag - Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages im Jahr 1994) Eckart von Klaeden (CDU/CSU): Politische und gesellschaftliche Entwicklungen - das hat der Verlauf der heutigen Debatte wieder gezeigt - spiegeln sich auch in Petitionen wider, die an den Deutschen Bundestag gerichtet werden. Das gilt auch für die Petitionen, die die Zuständigkeitsbereiche des Bundesinnenministeriums und des Bundesjustizministeriums betreffen. Einen Schwerpunkt bilden, wie bereits in den Jahren 1992/93, die Eingaben zum Ausländer-, insbesondere zum Asylrecht. Nach wie vor hoher Migrationsdruck und das neue Asylrecht führen dazu, daß häufig Bitten um Einzelfallprüfungen sowie vielfach Forderungen nach Abschiebestopps für Angehörige verschiedener Staaten, Völker oder Regionen an den Petitionsausschuß gerichtet wurden. Dabei fiel vor allem die große Zahl von Sammeleingaben auf, in denen entweder abgelehnte Asylbewerber in ihrer Forderung nach einem Bleiberecht durch Unterschriftenaktionen unterstützt oder allgemeine Anliegen, wie z. B. Forderungen nach Abschiebestopps, vorgetragen wurden. Wie bereits in den Vorjahren bildeten Petitionen von aus Polen, Rumänien oder aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion kommenden Bürgern, die als Aussiedler anerkannt werden wollten, einen weiteren Schwerpunkt der Eingaben zum Geschäftsbereich des Bundesinnenministeriums. Dabei ist positiv hervorzuheben, daß es durch die gute Zusammenarbeit mit dem zuständigen Referat im Bundesinnenministerium möglich war, einen nicht unerheblichen Teil von Petitionen bereits im Vorfeld einem positiven Ergebnis zuzuführen. Im Bereich des Asylrechts ist die Einflußmöglichkeit des Petitionsausschusses gering und daher für einen großen Teil der Petenten unbefriedigend. So verständlich dies im Einzelfall auch sein mag, es gilt jedoch, daß es auf Grund der Gewaltenteilung im demokratischen Rechtsstaat nicht sein kann, daß das Parlament die Rechtsprechung der Gerichte zu korrigieren versucht. Genauso wie die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung vor unserer Verfassung es den Gerichten gebieten, sich in der Rechtsprechung strikt an die Gesetze zu halten, ist es unsere Aufgabe, Einfluß auf die Rechtsprechung nicht durch nachträgliche Korrekturversuche, sondern durch die Gesetzgebung zu nehmen. Wer bestimmte gesetzliche Regelungen ändern will, muß dafür in Wahlen die nötige Mehrheit erringen. Aufgabe des Petitionsausschusses ist es in diesem Zusammenhang, Hinweisen auf nicht rechtmäßige oder sachgerechte Verfahren vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nachzugehen. Doch ist es in Einzelfällen auch vorgekommen, daß darüber hinaus sachgerechte und vor allem den betroffenen Menschen nützende Entscheidungen erwirkt werden konnten. Ich denke in diesem Zusammenhang an den Fall einer türkischen Familie mit kurdischer Volks- und yezidischer Glaubenszugehörigkeit, die in der Bundesrepublik Deutschland um die Gewährung von Asyl bat. In der überwiegenden Rechtsprechung ist mittlerweile anerkannt, daß Yeziden in ihrer Heimat durch die moslemische Bevölkerungsmehrheit einer Gruppenverfolgung ausgesetzt sind und in der Bundesrepublik Deutschland als Asylberechtigte anzuerkennen sind. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hatte den Asylantrag zu einem Zeitpunkt abgelehnt, als die Rechtsprechung zu dieser Frage noch uneinheitlich war. In dem anschließenden Gerichtsverfahren führten Übersetzungsfehler zu Mißverständnissen und schließlich zu einer ablehnenden Entscheidung. Auch ein beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gestellter Asylfolgeantrag blieb ohne Erfolg. Die Familie war daher von Abschiebung bedroht. Der Ausschuß konnte schließlich erreichen, daß der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten angewiesen wurde, sich in das noch laufende Verwaltungsgerichtsverfahren, in dem die Petenten gegen die Ablehnung des Asylfolgeantrags und auf Gewährung von Asyl klagten, einzuschalten. Die Bundesregierung versprach, der Bundesbeauftragte werde das Gerichtsverfahren beobachten und nach ergangener Entscheidung prüfen, ob zugunsten der Petenten Rechtsmittel eingelegt werden müßten, weil die ergangene Entscheidung von anderen Entscheidungen in gleichgelagerten Fällen abweiche. Ein Schlaglicht auf die sicherlich beschämendsten Vorfälle in jüngster Zeit werfen eine Vielzahl von Eingaben, darunter eine Sammelpetition mit ca. 2 000 Unterschriften, in denen aus Anlaß von rechtsextremistischen Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten gegen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie Asylbewerber in der Bundesrepublik Deutschland ein energisches Einschreiten gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit gefordert wird. Das um Stellungnahme gebetene Bundesinnenministerium wies dabei auf die Ausländerpolitik der Bundesregierung hin, die dafür sorgen wolle, Ausländerfreundlichkeit zu erhalten und das Verständnis für Ausländerinnen und Ausländer zu fördern, damit das gute Zusammenleben von Deutschen und Ausländern selbstverständliches und alltägliches Verhalten bleibe. Zur Bekämpfung des Rechtsextremismus habe die Bundesregierung bereits ein Verbot gegen drei rechtsextremistische Vereinigungen ausgesprochen, weitere Verbotsmaßnahmen würden geprüft. Weiterhin wurde auf den von den Innen- und Justizministern des Bundes und der Länder verabschiedeten Maßnahmenkatalog hingewiesen, der einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen ausländerfeindliche Straftaten darstelle. Dabei begrüßte der Ausschuß die von der Bundesregierung getroffenen Maßnahmen und brachte zum Ausdruck, daß er nachdrücklich alle Möglichkeiten unterstütze, dem Ausländerhaß zu begegnen, gleichgültig in welcher Gestalt oder hinter welcher Maske er erscheine. Es ist darauf hingewiesen worden, daß den Anstrengungen zur Bekämpfung von Radikalismus und Gewalt weitere Maßnahmen hinzugefügt werden müßten, da ein Anlaß zur Entwarnung noch lange nicht gegeben sei. Der Ausschuß empfahl deshalb, die Petitionen den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, da sie als Anregung für weitere parlamentarische Initiativen geeignet erschienen. Ich will im zweiten Teil noch auf einige Petitionen eingehen, die in den Zuständigkeitsbereich des Bundesjustizministeriums fielen. Ich möchte dabei zunächst die Petitionen erwähnen, in denen es um die unterhaltsrechtliche Gleichstellung von für ehelich erklärten Kindern mit ehelichen Kindern ging. Im Gegensatz zu ehelichen und nichtehelichen Kindern, bei denen die Eltern grundsätzlich beide gleichrangig zur Unterhaltssicherung verpflichtet sind, ist bei ehelich erklärten Kindern vor der Mutter und den übrigen mütterlichen Verwandten zunächst der Vater unterhaltspflichtig. Danach werden nach Ansicht des Ausschusses sowohl der Vater als auch das Kind benachteiligt, weil der Vater neben der Betreuung auch den Barunterhalt leisten muß und das Kind den Anspruch auf Regelunterhalt gegen die Mutter verliert. Der zunächst ablehnenden Stellungnahme des Bundesjustizministeriums wollte der Ausschuß nicht folgen und überwies die Petition der Bundesregierung bzw. dem Bundesjustizministerium zur Erwägung mit dem Ersuchen, nach Möglichkeiten zu Abhilfe zu suchen. Das BMJ teilte daraufhin dem Ausschuß mit, daß auch das Rechtsinstitut der Ehelicherklärung im Kontext der Reform des Kindschaftsrechts auf dem Prüfstand stehe. Derzeit würden die Voraussetzungen auf einen gänzlichen Verzicht dieses Rechtsinstituts untersucht, womit nach Auffassung des Petitionsausschusses eine Lösung des Problems in Sicht ist. Auch Fragen des Strafrechts stehen immer wieder auf der Tagesordnung unserer Arbeit. In zwei wesentlichen Bereichen konnten auch durch die Arbeit des Petitionsausschusses wichtige Initiativen in Gang gesetzt werden. Dazu gehört zunächst der verbesserte strafrechtliche Schutz vor Kindesentziehung. Er geht auf eine Initiative einer Mutter eines damals zweieinhalbjährigen Mädchens zurück, das nur knapp einer Entführung entgangen war. Da die Tat noch im Versuchsstadium verhindert werden konnte, der Versuch der Kindesentziehung nach § 235 StGB jedoch nicht strafbar ist, konnte die Staatsanwaltschaft gegen die damalige Täterin keine Anklage erheben. Hätte die Täterin jedoch versucht, das Kind z. B. im Kinderwagen liegend mitzunehmen, hätte sie sich wegen versuchten Diebstahls des Kinderwagens verantworten müssen. Der Petitionsausschuß war der Auffassung, daß diese groteske Rechtslage so schnell wie möglich verändert werden müsse. Es liegt nunmehr ein entsprechender Referentenentwurf des BMJ vor, der diese Strafbarkeitslücke schließen wird. Dem Anlegen der Petenten wird daher voraussichtlich in vollem Umfang entsprochen werden. Eine andere strafrechtliche Lücke ergibt sich aus der kommerziellen „Verwertung" ungeborener Kinder in Teilen der kosmetischen und pharmazeutischen Industrie. Viele Bürgerinnen und Bürger sahen darin zu Recht eine neue Stufe menschenverachtenden Gewinnstrebens und der Verletzung der Menschenwürde, die ein Verbot der „Vermarktung" abgetriebener oder nicht lebensfähiger Embryonen erfordere. Auch in diesem Fall hat sich der Ausschuß dem Begehren der Petenten angeschlossen und diese Petitionen der Bundesregierung bzw. dem Bundesjustizministerium als Material überwiesen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis gegeben. Ich habe zu Anfang meiner Rede darauf hingewiesen, daß es auf Grund der Gewaltenteilung nicht unsere Aufgabe als Parlamentsausschuß sein kann, im nachhinein den Versuch zu unternehmen, die Rechtsprechung zu korrigieren, wohl aber es unsere Aufgabe ist, Fehlentwicklungen durch Änderungen der entsprechenden Gesetze für die Zukunft auszuschließen. Dieser Aufgabe müssen wir dann aber auch nachkomen. Bereits im Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 1993 spielte eine Petition eine besondere Rolle, die in dieser Legislaturperiode erneut den Petitionsausschuß beschäftigte. Ich meine das sogenannte Flensburger Urteil, das zu Recht einen Sturm der Empörung auslöste. Das Amtsgericht Flensburg hatte nämlich entschieden, daß der Anblick einer Gruppe Schwer- und Schwerstbehinderter während der Mahlzeiten in einem Hotel die Urlaubsfreuden mindern könne und damit zur Kürzung des Reisepreises berechtige. Damals hatte der Petitionsausschuß sich für eine Änderung des Reisevertragsrechts eingesetzt, die in Zukunft derartige Urteile verhindern soll. In seiner Stellungnahme hatte das Bundesjustizministerium mit nachvollziehbaren juristischen Erwägungen eine solche Änderung abgelehnt. Ich halte jedoch nach wie vor verfahrensrechtliche Änderungen für notwendig, die die Korrektur derartiger Urteile durch die Justiz ermöglichen. Auch wenn wir uns zur Zeit vornehmlich mit der Entlastung der Justiz beschäftigen, muß es möglich sein, daß Urteile, die so eklatant und offensichtlich gegen die Werteordnung unserer Verfassung verstoßen und die Menschenwürde nicht am Prozeß beteiligter Dritter verletzen, aufgehoben werden können. Ich wünsche mir, daß wir noch in diesem Jahr in dieser Frage die nötige Hartnäckigkeit aufbringen und auch auf die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ausschüssen zählen können. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 685. Sitzung am 2. Juni 1995 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß § 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Gesetz zur Gleichstellung stillgelegter und landwirtschaftlich genutzter Flächen - Drittes Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes - Gesetz zu dem Protokoll vom 26. April 1994 zu den Konsequenzen des Inkrafttretens des Dubliner Übereinkommensfür einige Bestimmungen des Durchführungsübereinkommens zum Schengener Übereinkommen (Bonner Protokoll) - Gesetz zur Überleitung preisgebundenen Wohnraums im Beitrittsgebiet in das allgemeine Miethöherecht (Mietenüberleitungsgesetz) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Das Wohngeldgesetz ist zuletzt 1990 novelliert worden. Eine erneute Anpassung an die Einkommens- und Mietenentwicklung ist seit langem überfällig. Darauf hat der Bundesrat wiederholt, zuletzt mit Entschließung vom 4. November 1994 - BR-Drucksache 960/94 (Beschluß) - hingewiesen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung nochmals eindringlich auf, den Entwurf einer 10. Wohngeldnovelle mit leistungsverbessernden Maßnahmen und Vorschlägen zur Verwaltungsvereinfachung unverzüglich vorzulegen, damit das Änderungsgesetz bereits 1996 wirkt. Der Bundesrat erwartet, daß dabei die Verbesserung des Wohngeldes West für Härtefälle schon zur zweiten Hälfte des Jahres 1996 wirksam wird. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 6. Juni 1995 ihren Entwurf eines Gesetzes über die Einführung von Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverboten bei erhöhter Ozonkonzentration - Drucksache 13/1597 - zurückgezogen. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 20. Juni 1995 ihren Antrag „Wiedereinbeziehung des ostdeutschen mittelständischen Handels in die Investitionszulagenregelung" - Drucksache 13/1541-zurückgezogen. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 13/725 Nr. 144 Drucksache 13/48 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/1096 Nr. 2.5 Drucksache 13/1096 Nr. 2.7 Drucksache 13/1096 Nr. 2.8 Drucksache 13/1096 Nr. 2.10 Drucksache 13/1096 Nr. 2.12 Drucksache 13/765 Nr. 1.2 Drucksache 13/765 Nr. 1.3 Drucksache 13/765 Nr. 1.4 Drucksache 13/765 Nr. 1.5 Drucksache 13/765 Nr. 1.6 Drucksache 13/765 Nr. 1.7 Drucksache 13/765 Nr. 1.9 Drucksache 13/1234 Nr. 1.6 Drucksache 13/1234 Nr. 1.7 Drucksache 13/1234 Nr. 1.11 Drucksache 13/1234 Nr. 1.15 Drucksache 13/1234 Nr. 1.17 Drucksache 13/1234 Nr. 1.18 Drucksache 13/1234 Nr. 1.20 Drucksache 13/1234 Nr. 1.21 Auswärtiger Ausschuß Drucksache 12/7354 Drucksache 12/7469 Drucksache 12/7513 Drucksache 12/7516 Drucksache 12/7359 Drucksache 12/7737 Drucksache 12/8560 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/765 Nr. 1.16 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/343 Nr. 2.22 Drucksache 13/343 Nr. 2.23 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/725 Nr. 167 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/614 Nr. 2.16 Drucksache 13/614 Nr. 2.7 Drucksache 12/725 Nr. 173 Innenausschuß Drucksache 13/725 Nr. 11 Drucksache 13/725 Nr. 19 Drucksache 13/725 Nr. 20 Drucksache 13/725 Nr. 21 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/1096 Nr. 2.15 Drucksache 13/725 Nr. 166 Drucksache 13/218 Nr. 97
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dietmar Schütz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das jährlich wiederkehrende Ritual der Sommersmogdiskussion sollte - da bin ich mit Ihnen einer Meinung - diesmal endgültig beendet werden. Ich befürchte jedoch, daß das nicht der Fall sein wird, weil sich die Koalitionsfraktionen nicht bewegen, weil sie nicht die Kraft haben, mit den Ländern einen Kompromiß zu schließen.
    Teile Ihrer Fraktionen - ich weiß nicht, ob man sie Betonteile nennen sollte - sind nicht bereit, sich in zwei Fragen zu bewegen. Sie sind erstens nicht bereit - Herr Paziorek hat es soeben gesagt -, sich für ein abgestuftes Verfahren einzusetzen, nämlich ein Tempolimit bei 180 Mikrogramm und ein Fahrverbot erst bei 240 Mikrogramm auszusprechen. Zweitens sind Ihre Ausnahmeregelungen so weit gefaßt, daß überhaupt nicht mehr erkennbar ist, wen man eigentlich noch vom Fahren ausschließen will.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, Ihr Haupteinwand gegen das Tempolimit war und ist - Herr Paziorek hat ihn gerade wiederholt -, daß hiermit kein nennenswerter Beitrag zur Ozonreduktion geleistet werde. Das ist durch die Anhörung eindeutig widerlegt.

    (Walter Hirche [F.D.P.]: Nein!)

    Der Vertreter des Umweltbundesamtes hat deutlich gemacht, daß die Auswertung aller Meßdaten der Bundesrepublik - nicht nur die Auswertung einzelner Versuche oder die Betrachtung einzelner Vorläufersubstanzen - zeigt, daß 17 % der Ozonspitzenwerte mit flächendeckenden Tempolimits gekappt werden können. Wer das Instrument Tempolimit bei dieser Sachlage nicht will, muß sich fragen lassen, ob nicht andere Gründe als das der Höhe der Ozonreduktion im Spiel sind.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Der Verdacht drängt sich auf, daß Sie die Diskussion zum Tempolimit wie der Teufel das Weihwasser scheuen, weil Sie damit einen Einstieg in die allgemeine Tempolimit-Diskussion befürchten.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Ich darf Ihnen versichern, daß wir an dieser Stelle zum Sommersmog nur eine eingeschränkte Tempolimit-Diskussion führen. Die Wände Ihrer ideologischen Wagenburg sind aber schon so hoch, daß Ihre Sicht an jeder Stelle behindert ist. Sie erkennen auch das nicht.
    Ein abgestuftes Verfahren ist auch deshalb notwendig, weil Sie auf Grund des Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtlich gezwungen sind, bei der Begrenzung von Rechten anderer zuerst das mildere, weniger einschneidende Mittel anzuwenden. Die sofortige Anwendung des einschneidenden Mittels des Fahrverbotes nach Erreichen der Eintrittsschwelle, ohne im Vorfeld versucht zu haben, das Anwachsen der Ozonmenge wirksam zu verhindern, wird zu großen Schwierigkeiten führen. Im Ergebnis liegt hier ein Einfallstor für eine erfolgversprechende Klage.
    Professor Basedow, der einzige Rechtswissenschaftler in unserer Anhörung, hat darauf hingewiesen, daß eine sofortige Anwendung des einschneidenden Instruments Fahrverbot vor allem vor dem Europäischen Gerichtshof das Gesetz scheitern lassen kann. Ich fordere Sie deshalb auf: Kommen Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, aus Ihrer Wagenburg heraus und finden Sie mit uns einen gemeinsamen tragfähigen Kompromiß in einem abgestuften Verfahren.

    (Beifall bei der SPD)

    Das sollte jetzt geschehen. Dem Bürger wäre nicht klarzumachen, wenn wir erst in der Sommerpause ein Vermittlungsverfahren für den Sommersmog durchführen. Ein Ergebnis würde erst dann vorliegen, wenn die sommerlichen Temperaturen zurückgegangen sind. Die politische Handlungsfähigkeit von uns allen würde ad absurdum geführt werden.
    Ich begrüße daher die Initiative des Bundesrates, in einem Schnellverfahren noch heute das Sommersmoggesetz zu behandeln, um rasch einen Kompromiß zu finden.
    Die Bundesregierung sollte zudem bedenken, daß die politische Handlungsfähigkeit auch dadurch gefährdet ist, daß Sie - das verwaltungsmäßig sehr schnell einzusetzende Instrument des Tempolimits wollen Sie ja nicht - für den seriösen Vollzug des Fahrverbots einen mehrmonatigen Verwaltungsvorlauf in Kauf nehmen. Jeder seriöse Praktiker sagt Ihnen, daß wir für die Ausgestaltung der Fahrverbote einen längeren Vorlauf brauchen.

    (Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ CSU]: Ich denke, ihr habt euch darauf eingestellt!)


    Dietmar Schatz (Oldenburg)

    Mit diesem Gesetzentwurf schreiben Sie schon heute fest, daß gesetzliche Instrumente gegen den Sommersmog 1995 nicht zur Verfügung gestellt werden.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/CSU]: Ihr habt gepennt!)

    Es ist noch völlig ungeklärt, wie Freistellungen im einzelnen erteilt werden sollen: ob es Plaketten gibt, wie diese aussehen, wie die Verwaltung die Handhabung der Ausnahmevorschriften vorbereiten soll. Was Sie vorgelegt haben, ist ein Verwaltungschaos.

    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das sind eure Landesminister, um die es geht!)

    Sie haben keine Instrumente in der Hand. Diese Farce werden wir nicht unterstützen.
    Unser Angebot, das wir im Vorfeld gemacht haben - eine Freizeichnungs- und Ermächtigungsklausel für die Länder, um dadurch handlungsfähig zu werden -, scheiterte bisher an Ihrer Hartleibigkeit. Wir hoffen, daß Sie Ihre Haltung noch ändern.

    (Klaus Lennartz [SPD]: Die ändert sich nie!) Sie haben schon ab heute die Chance, das zu tun.

    Mit Ihrer Position folgen Sie einer nicht nachvollziehbaren abstrusen Logik: Einerseits wollen Sie richtigerweise an das Umweltbewußtsein appellieren und emissionsintensive Kfz ab 240 Mikrogramm stilllegen; andererseits sollen aber diejenigen, die mit Katalysatorautos weiterfahren, ungehindert auf das Gaspedal drücken und bei hoher Geschwindigkeit natürlich auch höhere Emissionen ausstoßen dürfen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau umgekehrt!)

    Es ist einem Bürger draußen überhaupt nicht mehr klarzumachen, welche Strategie Sie da verfolgen.
    Das Maßnahmenpaket, das Sie durchsetzen wollen, wird in der Öffentlichkeit mit Kopfschütteln und Spott aufgenommen werden. Wir werden sehen, daß es vollkommen unwirksam ist.
    Sie wissen auch, daß es nachhaltige gesundheitliche Auswirkungen bei Smogsituationen gibt. Ich muß Ihnen das nicht noch darstellen. Sie kennen die toxische und gentoxische Wirkung des Ozons, insbesondere bei Kindern, bei älteren Menschen und bei Kranken. Es liegen derzeit zwar noch keine harten wissenschaftlichen Grenzwerte fest - in dieser Beziehung haben die Gutachter geschwankt -, aber amerikanische Studien zeigen, daß bereits meßbare gesundheitliche Auswirkungen bei Konzentrationen zwischen 160 und 240 Mikrogramm vorliegen. Sie wissen aus unserer Anhörung: Auch der von Ihnen benannte Gutachter hat darauf hingewiesen.
    Die Frage der Belastbarkeit des menschlichen Organismus durch Ozon ist noch nicht endgültig geklärt. Es ist aber unstrittig, daß wir nicht auf hundertprozentig sichere wissenschaftliche Ergebnisse warten dürfen, wenn es überhaupt jemals solche geben
    wird. Unsere Verantwortung als Politiker und auch als Gesetzgeber ist es, vorsichtig und vorausschauend zu handeln und nicht auf die letzte Wahrheit zu warten.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wir müssen deshalb bereits sehr frühzeitig einsetzen, um die Ozonkonzentration zu verringern und um zu verhindern, daß die Werte in den Bereich steigen, in dem mit großer Sicherheit relevante Bevölkerungsgruppen - dies sind immer die anfälligeren Menschen, die jüngeren und die älteren - gesundheitlichen Schaden nehmen. Dies gilt um so mehr, als beim Sommersmog Ozon in einem Schadstoffgemisch vorliegt, in dem das photochemisch hochaktive Ozon die Wirksamkeit anderer Schadstoffe auf die Lunge noch verstärkt.
    Lassen Sie mich auch noch etwas zu der zweiten Säule, die in dem Gesetz nicht richtig ausgestaltet ist, sagen. Angesichts der immer noch völlig überzogenen Ausnahmeregelungen muß ich feststellen: Wir machen uns zum Gespött der Fachwelt und stehen da wie eine Karikatur, wenn wir den überbordenden Ausnahmekatalog der Bundesregierung beibehalten.

    (Zuruf von der SPD: Wohl wahr!)

    Anzahl und Ausgestaltung der Ausnahmen verdienen das Prädikat „fragwürdig" und sind zum Teil geprägt von einer etwas merkwürdigen Güterabwägung zwischen der Gesundheit eines substantiellen Teils der Bevölkerung und dem Anspruch auf ungestörte Freizeitgestaltung und Wahl des Transportmittels. Wir halten es durchaus für zumutbar, daß mit weniger eng begrenzten Ausnahmen, z. B. für den ÖPNV, für Polizei, Not- und Rettungsdienste, der Betrieb von schadstoffintensiven Kfz - nur um die geht es hier - an wenigen Tagen im Jahr einmal ruhen kann, ohne daß wir gleich den Wirtschaftsstandort Bundesrepublik Deutschland ruinieren.
    Das ist von Teilen von Ihnen hier schon wieder vorgetragen worden. Wenn ein schadstoffintensives Auto stehenbleiben muß, ist damit nicht gleich der Wirtschaftsstandort ruiniert.
    Konkret stellt sich beispielsweise - um mit dem Gutachter Professor Basedow zu sprechen - bei den Pendlern die Frage, ob ein ungestörtes Arbeitsleben an jedem Tag für diejenigen Pendler, die immer noch einen Pkw ohne Katalysator fahren, wichtiger ist als die Gesundheit eines substantiellen Teils der Bevölkerung. Ist es denn nicht ebenso wie bei Stausituationen, bei Glatteis oder bei Schneeverwehungen zumutbar, auch beim Sommersmog Verzögerungen auf dem Weg zur Arbeit hinzunehmen, indem man andere, möglicherweise zeitaufwendigere Anfahrtsmöglichkeiten sucht?
    Sollten wir tatsächlich für Urlaubsfahrten unbedingt Ausnahmen vom Fahrverbot zulassen und damit in der Tat eine merkwürdige Güterabwägung zwischen Freizeitgestaltung und dem Anspruch auf unversehrte Gesundheit vornehmen? Und ich frage: Müssen die nichtdeutschen Truppenteile des Nordat-

    Dietmar Schütz (Oldenburg)

    lantikpaktes unbedingt bei Auslösung des Ozonalarms weiterfahren, oder können sie nicht Rücksicht nehmen, wenn wir den Alarm ausgelöst haben? Dies sind Fragen über Fragen, die Sie nicht beantworten.
    Beantwortet werden sollen diese dann von den Straßenverkehrsbehörden, die als letztes Glied in der Kette der Verwaltung alle Ungereimtheiten des Gesetzes ausbaden müssen. Das geht so überhaupt nicht.
    Meine Damen und Herren, Sie haben darüber hinaus wichtige Teile in dem Gesetz vergessen. Es ist unbestritten, daß neben dem hohen Anteil des Straßenverkehrs an der Ozonbildung fast genausoviel von der Industrie, dem Gewerbe und Handwerk ausgeht, sofern sie mit Lösungsmitteln arbeiten. In Nordrhein-Westfalen lag der Beitrag zur VOC-Emission des Verkehrs bei 300 000 t im Jahr 1990 und der Lösemittelverwendung bei 287 000 t. Konsequenterweise muß deshalb in einer Smogsituation natürlich auch die Verwendung von Lösemitteln reduziert oder ganz untersagt werden. Warum Sie das nicht tun, bleibt ein Rätsel.
    Lassen Sie mich noch zwei andere Beispiele dafür nennen, daß der Regierungsentwurf mit heißer Nadel und unter Verlust vieler wichtiger Maschen gestrickt wurde. Nach dem Gesetzentwurf dürfen Elektroautos und gasbetriebene Autos nicht fahren. Ihre Freigabe ist schlicht vergessen worden.
    Ferner soll Ozonalarm bei 240 Mikrogramm ausgelöst werden, wenn nach meteorologischen Erkenntnissen anzunehmen ist, daß dieselbe Konzentration am selben Meßpunkt auch am nächsten Tag vorliegt. Diese Feststellung verkennt die Tatsache, daß der Wind die Ozonvorläufersubstanzen wie eine Wolke weitertreibt, so daß uns alle Meteorologen gesagt haben: Das werdet ihr nie erreichen. Im Ergebnis also legen Sie ein Gesetz vor, nach dem ein Ozonalarm überhaupt nicht mehr möglich ist, weil Sie diese meteorologischen Grunddaten nicht berücksichtigt haben. Wir haben darauf hingewiesen; Sie haben das nicht berücksichtigt.

    (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Das Gesetz demaskiert sich selbst als ein völlig wirkungsloses Placebo. Einem solchen Placebo müssen wir unsere Zustimmung verweigern. Sie legen eine Mogelpackung vor, um dem Bürger vorzutäuschen, daß Sie etwas gegen den Sommersmog tun. In Wirklichkeit aber geschieht nichts. Der Bürger wird verhohnepipelt. Mit uns machen Sie das nicht, meine Damen und Herren. Wir lehnen das Gesetz ab.
    Danke sehr.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat jetzt die Kollegin Gila Altmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gisela Altmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
    Schade, daß es für so viel heiße Luft seitens des Kollegen von der CDU noch keine Grenzwerte gibt.

    (Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS Günther Friedrich Nolting [F.D.P.]: Außer Polemik wird hier überhaupt nichts vorgetragen!)

    Im Dezember vergangenen Jahres hat die Bundesumweltministerin eine schnelle gesetzliche Regelung zum Sommersmog angekündigt. Aber in der Tradition ihres Vorgängers Töpfer hat sich seit dieser Ankündigung praktisch nichts getan, und es ist erneut wertvolle Zeit verlorengegangen.
    Wenn man sich den Beratungsablauf im Parlament und in der Öffentlichkeit rückblickend genau ansieht, stellt man fest, daß dieser eher an eine makabre Posse erinnert denn an eine Beratung, die dem Problem, über das wir heute reden, im entferntesten gerecht würde. Anstatt sich auf die nachhaltige Vermeidung der Ursachen von Sommersmog zu konzentrieren, hat die Koalition eine sich selbst disqualifizierende Ersatzdiskussion vom Zaun gebrochen, die niemandem nützt, aber leider vielen schadet.
    Sie haben das Ozonproblem leichtfertig auf die Diskussion über Grenzwerte reduziert, ohne sich auch nur im geringsten um die Ursachen des Problems selbst zu kümmern. Das haben Sie getan, um sich um eine ernsthafte Diskussion über das, was wirklich notwendig wäre, herumzudrücken. Statt dessen sind hier nur Sprechblasen produziert worden. Denn auch Sie wissen, daß allein langfristig angelegte Maßnahmen das Ozon wirksam bekämpfen können.

    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das haben wir doch gesagt!)

    - Ja, in Sprechblasenform; ich habe es bestätigt.
    Das Ozon-Hearing des Umweltausschusses am letzten Montag hat eindeutig gezeigt, daß man mit einer Sommersmogverordnung nur die Spitzenwerte senken kann, wenn überhaupt.

    (Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Auch das haben wir gesagt!)

    Der Entwurf der Bundesregierung, Ihr Entwurf, leistet aber nicht einmal dies. Wenn man sich nämlich die Ausnahmeregelungen anguckt - der Kollege von der SPD hat es gesagt -, dann weiß man, daß es sich hier um eine Sommersmogverordnung handelt, die nie greifen würde. Auch die Experten des Ozon-Hearings haben gerade die Ausnahmeregelungen für Pendler und für Urlauber als groben Unfug enttarnt.
    Daß der insgesamt viel zu hohe Durchschnittswert seine Ursache in einer falschen Verkehrs- und Wirtschaftspolitik hat, die von Ihnen zu verantworten ist, ist Ihnen bisher noch nicht einmal in den Sinn gekommen. Da wollen Sie auch nicht ran. Außer Lippenbekenntnissen kommt da nichts.
    Aber auch Sie werden irgendwann begreifen müssen: Ozon ist nicht ab irgendeinem Grenzwert gefährlich, sondern es ist für Mensch, Tier und Pflanze an sich giftig. Es gibt keine unbedenklichen Schwel-

    Gila Altmann (Aurich)

    lenwerte. Untersuchungen aus den USA besagen das eindeutig. Das ist der eigentliche Skandal daran. Der Skandal ist nicht die Diskussion um Grenzwerte selbst, sondern die gewissenlose Verharmlosung der gravierenden Gesundheitsschädigungen durch dieses Reizgas und die Tatsache, daß besonders Kinder darunter leiden, die sich bei solchen Ozonepisoden dann auch noch im Freien bewegen und ein Vielfaches einatmen. Das ist gerade auch bei dem OzonHearing deutlich geworden.
    Der vorliegende Gesetzentwurf mit dem Grenzwert von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft mit den gesamten Ausnahmeregelungen erfüllt daher den Tatbestand der vorsätzlichen und fahrlässigen Körperverletzung. In diesem Zusammenhang lassen Sie mich sagen: Wir distanzieren uns von überhaupt nichts. Denn mit Ihrer Ozonverordnung, die Sie vorgelegt haben, tun Sie so, als täte man etwas. Aber man tut eben nichts.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der PDS)

    Wir brauchen Maßnahmen, die auf die langfristige und vorbeugende Vermeidung von Ursachen für das bodennahe Ozon ausgerichtet sind. Die Grenzwertdiskussion kann sich wirklich nur auf flankierende Maßnahmen richten, wenn denn der Fall eingetreten ist.
    Unser Antrag und zum Teil auch unsere Änderungsanträge richten sich genau danach. Neben Regelungsmaßnahmen wie Erhöhung der Mineralölsteuer, Entwicklung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs - schlechthin dem Beginn einer ökologischen Verkehrswende - setzen wir so auf einfache, aber wirksame Maßnahmen wie ein bundesweites generelles Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Bundesstraßen und 30 km/h in den Städten.
    Das mindert neben der Neubildung von Ozon auch weitere Umweltschäden. Keiner redet über Benzol, Dieselruß und CO2 und darüber, daß deren Werte auch gesenkt werden müssen. Außerdem führt ein Tempolimit zu weniger Staus und senkt die erschrekkend hohen Unfallzahlen.

    (Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ CSU]: Das ist völlig falsch! Keine Ahnung, aber viel reden!)

    Ihre Begründung, Tempolimits brächten nichts, ist nichts als eine Schutzbehauptung. Außerdem dürfen Sie die Tempolimits nicht isoliert sehen, sondern immer nur im Kontext mit anderen Maßnahmen. Aber das wollen Sie nicht kapieren, weil Sie Ihrer Autofahrerlobby nicht auf den Bleifuß treten wollen. Der Verkehr muß brummen. Sie wissen, daß selbst ein zeitlich begründetes Tempolimit, wie es von der SPD gefordert wird, genau der Einstieg in einen allgemeinen Ausstieg aus den Geschwindigkeitsräuschen ist.
    Sie reden davon, die Maßnahmen seien so schwierig einzuführen. Ich sage Ihnen: Ein generelles Tempolimit läßt sich sehr leicht einführen.
    Flankierend dazu brauchen wir aber niedrigere Grenzwerte. Auch das hat das Hearing ergeben. 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sind viel zu hoch. Spätestens ab 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft müssen deshalb aus unserer Sicht Fahrverbote ausgesprochen werden können, um damit die Neubildung von Ozon zu vermeiden. Die von uns für diesen Fall vorgeschlagenen Maßnahmen sind besonders für Kinder und sich im Freien bewegende und arbeitende Menschen notwendig.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie werden trotz Ihres heute vorgelegten Gesetzentwurfs das Problem der Ozonkonzentration nie loswerden, sondern auch in den nächsten Jahren immer wieder damit konfrontiert werden, immer wieder und wieder. Ich kann Ihnen nur sagen: Hören Sie endlich mit diesen Mogelpackungen auf, die Bevölkerung hat die Nase von diesem Sommersmogtheater

    (Birgit Homburger [F.D.P.]: Wer veranstaltet das denn? Wer veranstaltet das Sommersmogtheater? Beifall bei .Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    und der Grenzwertdiskussion voll.
    Die Konsequenz aus dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsparteien läßt sich in einem Satz zusammenfassen: Kinder, die Sonne kommt heraus, versteckt euch in den Garagen! Die Erwachsenen wollen draußen mit ihren Autos spielen.

    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der PDS)

    Gerade Sie, meine Damen und Herren von der F.D.P., haben dieses Theater angezettelt. Ihr Minister treibt den Grenzwert hoch, die Partei treibt ihn wieder herunter, und dann flechten Sie sich Ihre Lorbeerkränze in Ermangelung dessen, daß Sie bei Ihrem Koalitionspartner nichts durchsetzen können, selbst.

    (Birgit Homburger [F.D.P.]: Unendlicher Unsinn!)

    Das Ende dieser Posse ist leider immer noch nicht in Sicht. Ich kann Ihnen jedoch versichern: Wir werden Ihnen keine Ruhe lassen, bis Sie sich endlich bewegen und anfangen, das Notwendige zu tun. Wir hoffen, daß auch die SPD in ihren Forderungen konsequent bleibt.

    (Zurufe von der SPD: Na!)

    Wir garantieren Ihnen auf alle Fälle die nächsten heißen Sommer, und zwar unabhängig davon, wie sich die Temperaturen draußen entwickeln.
    Danke schön.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)