Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer den Gesetzentwurf der SPD
Friedhelm Ost
durchliest und auch das, was Kollege Bury heute morgen erläuternd hinzugefügt hat, gehört hat, der gewinnt den Eindruck, daß die Autoren
- hören Sie erst einmal zu; Sie kommentieren meine Rede, bevor ich etwas sage, lieber Herr Kollege - die Daten und Fakten einfach nicht zur Kenntnis genommen haben und uns durchweg falsche Rezepte empfehlen.
Lieber Herr Kollege Bury, es ist schon eigenartig, daß Sie selbst von dem Tonband des Herrn Schneider zitieren müssen, um Argumente gegen die Banken und zur Begründung Ihrer Position zu finden.
Studien von einzelnen Professoren - die Wissenschaft ist frei - sagen doch überhaupt nichts aus. Es gibt viele andere Studien, die das Gegenteil behaupten.
Ich will einmal sehr deutlich sagen: Richtig ist, daß wir für die Zukunftssicherung des Standortes Deutschland, für den Strukturwandel, für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen viel Kapital brauchen. Deswegen wollen wir auch die Gewerbekapitalsteuer abschaffen. Sie hätten sagen sollen: Zunächst einmal muß man das tun, bevor man andere Reformen in Angriff nimmt.
Richtig ist auch, daß wir dafür ein gut funktionierendes Bankensystem brauchen. Im internationalen Vergleich gesehen, bezogen auf die Vorkommnisse in den USA mit seinem Trennbankensystem, in Großbritannien und Frankreich, haben wir eines der besten Bankensysteme der Welt. Unser Universalbankensystem hat sich bewährt; das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Ich füge hinzu, daß zur Selbstzufriedenheit und Selbstgefälligkeit in der Tat weder Banken noch Bankiers in Deutschland einen Grund haben.
Sie sind herausgefordert, manches Mißtrauen durch eigene vertrauensbildende Maßnahmen abzubauen und auch durch ihre Wirkung nach außen Erklärungs- und Aufklärungsdefizite zu verringern.
Aber auch politisch bleibt zur Stärkung des Finanzplatzes Deutschland noch einiges zu tun, etwa mit Blick auf das Geschäft mit Derivaten, auf die Fortführung des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes, auf die Schaffung von mehr Wagniskapital usw.
Lieber Herr Kollege Bury, Sie haben über den Wettbewerb gesprochen. Dazu ist zu sagen: Es gibt in Deutschland 3 700 Kreditinstitute. Ich denke, Sie waren einmal in diesem Gewerbe tätig.
Vielleicht haben Sie da sanft schlafen können.
Der Bundeswirtschaftsminister weiß das auch. Aber manchen Schlagzeilen nach zu urteilen hat er den Wettbewerb nie gespürt. Wir haben im deutschen Kreditgewerbe einen scharfen Wettbewerb. Wenn Sie mit den Vertretern von Sparkassen, Volksbanken, Raiffeisenbanken, Genossenschaftsbanken - denen bin ich sehr zugetan - und privaten Banken sprechen, werden Sie hören, daß wir einen scharfen Wettbewerb haben. Ich denke, dieser Wettbewerb sollte weiter gut funktionieren. Man muß allerdings immer darauf achten, wo es noch Hemmnisse für diesen Wettbewerb gibt.
Natürlich ist es sehr populistisch - das weiß ich -, immer die drei größten Banken zu nennen, vor allem die Deutsche Bank, aber auch die Dresdner Bank und die Commerzbank. Die drei größten Banken haben insgesamt einen Anteil am Geschäftsvolumen von 10 %. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Die drei größten deutschen Banken liegen am schärfsten im Wettbewerb miteinander, vor allem im Wettbewerb um gute Geschäfte. Der Wettbewerb funktioniert. Es gibt eine harte Konkurrenz.
Sie haben verschwiegen, daß rund 40 % des Bankgeschäftsvolumens auf öffentlich-rechtliche Institute entfallen, auf Sparkassen und Landesbanken.
- Sie hätten einmal den Wettbewerb schildern sollen. Er ist nämlich ganz heftig. Herr Neuber in Düsseldorf spürt ihn; er beklagt sich manchmal sogar über den Wettbewerb.
Ich denke, der Bundeskanzler hat auf dem jüngsten Sparkassentag zu Recht darauf hingewiesen, daß die Sparkassen ein belebendes Wettbewerbselement innerhalb der Kreditwirtschaft sind. Ich glaube, wir sollten alles tun, diese Wettbewerbsstruktur zu verteidigen und zu verstärken.
Solange ich mich mit diesem Thema beschäftige, gibt es das Schlagwort von der Macht der Banken. Sie können Alfred Herrhausen und andere zitieren. Macht ist weder gut noch böse, es kommt darauf an, wie man sie einsetzt. Ich habe das Gefühl, daß die Banken bei einigen Dingen, auch bei Herrn Schneider, eher ohnmächtig und nicht mächtig genug waren oder zumindest nicht mächtig genug operiert haben. Das kann man ihnen sicherlich vorwerfen.
Ich wehre mich allerdings gegen eine populistische Kritik; so etwas kommt natürlich immer gut an. Den einen erscheinen die Sparzinsen immer zu nied-
Friedhelm Ost
rig und, wenn sie Kredite benötigen, die Kreditzinsen zu hoch. Die einen haben nicht genügend Sicherheiten und bekommen keinen Kredit, andere beschweren sich darüber - solche Briefe bekommen wir ebenfalls, auch aus den neuen Bundesländern -, daß die Banken ihnen vor Jahren einen Kredit aufgedrängt haben, der nun zurückzuzahlen ist. Das wird dann kritisiert. Manchen sind auch die Gebühren zu hoch, manche Bankdienstleistungen sind zu teuer. Das alles wird subsumiert unter dem Schlagwort von der Macht der Banken.
Ich halte wenig davon, daraus pauschal abzuleiten: Das ist die Macht der Banken, die müssen wir brechen.
Natürlich sind auch Fehler gemacht worden; das habe ich vorhin gesagt. Zur Selbstgefälligkeit besteht überhaupt kein Anlaß. Im Kreditgewerbe sind Fehler gemacht worden bei der Kreditvergabe, in den Aufsichtsräten, bei Devisen- und anderen Geschäften.
Ich meine: Man muß aus konkreten Beispielen lernen, die man aus dem Abstand heraus studieren kann. Studieren Sie einmal ganz genau, welche Fehler bei der Bank für Gemeinwirtschaft auf Grund mangelnder Transparenz und intensiver Verflechtung bei coop und Neuer Heimat gemacht worden sind - das können Sie jetzt aus der Distanz heraus studieren -, weil man im eigenen Saft schmorte und die Kontrollen nicht funktioniert haben!
Studieren Sie einmal mit Abstand das, was in den 70er und 80er Jahren bei den Landesbanken, von der Hessischen Landesbank über die Westdeutsche Landesbank bis zur Norddeutschen Landesbank, passiert ist, weil die Kontrolle der Macht nicht so funktionierte wie in privatrechtlichen und - ich sage sogar - in genossenschaftlichen Instituten!
Sie wissen doch ganz genau: Wir haben uns auch im Wirtschaftsausschuß intensiv mit dem Thema beschäftigt. Vor dem Hintergrund der Fälle Schneider, Balsam/Procedo und Metallgesellschaft haben wir uns einen ausführlichen Bericht von den Fachleuten aus dem Bundeswirtschaftsministerium, dem Bundesfinanzministerium und auch dem Justizministerium machen lassen. In der Analyse heißt es - ich zitiere -:
Auf der Basis der vorliegenden Informationen lassen die Unternehmenszusammenbrüche in den Fällen Schneider, Balsam/Procedo und der vorübergehend existenzbedrohenden Lage der Metallgesellschaft keine gemeinsamen Ursachen erkennen, die auf einen Systemfehler des geltenden Wirtschaftsrechts zurückgeführt werden könnten.
- Ich habe jetzt die Fachleute zitiert. Ich habe nicht einzelne Professoren - wen immer Sie da ausgraben, Wenger aus Würzburg oder wen auch immer - zitiert. Ich zitiere die Fachleute aus drei Ministerien, vor denen auch ich Respekt habe.