Rede von
Friedhelm
Ost
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von der Opposition wird heute wieder viel Lärm um nichts gemacht. Herr Kollege Schwanhold hat das - ein bißchen im Blick auf die Landtagswahl vor allem in Nordrhein-Westfalen - inszeniert.
Lieber Kollege Schwanhold, wenn man Sie gehört hat, hat man das Gefühl, Sie wollen die Erbfolge von Monsieur Poujade antreten und sozusagen neuer Präsident der Poujadisten werden. Dieses Thema eignet sich dafür nicht.
Frau Kollegin Wolf, auch Sie haben maßlos übertrieben. Wohl deswegen sind Sie gegangen. Auch werfen Sie alles durcheinander, nämlich IHKs, Wirtschaftsverbände, TÜV, Vereine und was es da alles gibt.
Ich denke, dieses Thema eignet sich nicht - darüber sollten wir uns einig sein - für eine Neiddiskussion, für die Mobilisierung der sogenannten Kleinen und Mittleren gegen die Großen. Wir müssen sehen, daß die Sache im Prinzip überhaupt nicht spruchreif ist.
Nach der Neuregelung der Beitragsordnung, die der Deutsche Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode - Gott sei Dank mit einigen Stimmen der SPD - beschlossen hat, haben 1994 erst 44 der 83 Kammern die Neuregelung eingeführt. In diesem Jahr sind sechs hinzugekommen. Die letzten stellen im nächsten Jahr um. Wir sollten erst einmal abwarten. In den neuen Bundesländern kann die Regelung frühestens 1998 umgesetzt werden. Wer das Gesetz, das wir verabschiedet haben, genau liest, sieht, daß im Gesetz schöne Übergangsfristen festgelegt sind.
Friedhelm Ost
Deshalb sollten wir abwarten. Es ist darauf hingewiesen worden, daß es natürlich hier und da typische Anfangsprobleme gibt, die aber dort, wo es umgesetzt wird, recht schnell beseitigt worden sind.
Lieber Herr Kollege Schwanhold - -
- Panik hat in dieser Sache doch keinen Zweck. Deswegen ist es ja auch gut, daß Sie das ganz ruhig dargelegt haben. Wissen Sie, Ihre Vorschläge bedeuteten, übertragen auf den berühmten Fußballverein der Stadt, aus der Sie kommen, den VfL Osnabrück, daß Sie demnächst Eintritt erst nach dem Spiel bezahlen, bemessen nach geschossenen Toren, gekappt um Gegentreffer und mit Freibeträgen für Abseitspositionen.
Ich denke, wir sollten das nicht so kompliziert machen.
- Bei Borussia Dortmund lohnt es sich, schon vorher den Eintritt ohne Kappung und ohne Begrenzung zu bezahlen.
- Nein, nein.
Sie müssen doch jetzt erklären, warum ein mittelständischer Industriebetrieb mit einem Gewerbeertrag von 150 000 DM im Jahr bisher schon einen Beitrag in Höhe von 1 800 DM an seine IHK bezahlt, während z. B. - ich nenne einmal diese Berufsgruppe, weil ich sie gerne mag - ein Versicherungsagent mit demselben Gewerbeertrag vielleicht 80 oder 100 DM bezahlt. Sie sind doch sonst immer für Gleichheit. Sind Sie dann nicht auch dafür, daß die Ungleichheit hier beseitigt wird?
Zu Recht ist das doch gesagt worden.
- Nun kommen Sie einmal von Ihrem alten Vorurteil herunter; das interessiert doch auch immer Ihre Kollegin so sehr. Daß die Gewerbekapitalsteuer auch weiterhin in die Bemessung einbezogen werden soll, dafür sind Sie von der SPD doch.
- Nein, das ist eben nicht sinnvoll, weil die Gewerbekapitalsteuer so unsinnig ist; Sie haben das heute morgen noch nicht begriffen.
Die Bemessungsgrundlage „Gewerbekapitalsteuer" bezieht doch Schulden mit ein. Sie wollen also auch bei den Industrie- und Handelskammern Abgaben auf Schulden bezahlen lassen, und das demnächst auch in den neuen Bundesländern. An der Stelle schreien Sie dazwischen: Was soll in den neuen Bundesländern sein? Da müssen Sie doch dafür sein, daß die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft wird. Sie können sich das ja noch nach der Landtagswahl überlegen.
Nun hat der Kollege Jens, dem wir gute Genesungswünsche auch von hier aus übermitteln,
natürlich das ganze Thema mit Blick auf die Industrie- und Handelskammer Duisburg hochgebracht. Der Kollege Friedhoff ist Mitglied dieser Kammer, und er hat ja das Nötige dazu gesagt: daß nämlich die beschlossene Neuregelung inzwischen von allen Firmen akzeptiert worden sei, nachdem Aufklärung und Beratung stattgefunden haben.
Ich sage Ihnen auch einmal eines: Manche Schwierigkeiten sind schon auf dem Verwaltungswege gelöst worden. Es gab z. B. Schlangen vor Gewerbeämtern, weil viele Besitzer von Einkaufsausweisen für Großhandelsbetriebe ihren Ausweis zurückgegeben haben, da sie eigentlich kein richtiges Gewerbe betreiben und nun nicht auch noch einen Beitrag zur Industrie- und Handelskammer bezahlen wollten.
Solche Mißbräuche abzustellen, hilft doch dem mittelständischen und vor allem dem kleinen Einzelhandel mehr
als die Tiraden der SPD über horrende Beitragserhöhungen oder Belastungen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, lieber Herr Kollege Schwanhold, gehen Sie wirklich einmal Einzelfällen nach! Dann sehen Sie, daß Sie viele Trittbrettfahrer aufspüren können,
die alle Leistungen beanspruchen, dafür aber keine Beiträge bezahlen wollen. Auch ich habe natürlich Briefe bekommen, nicht massenweise und nicht Hunderte, aber einige wenige. Wir können sie gemeinsam analysieren; dann werden Sie auch sehen, daß viele als Trittbrettfahrer geschrieben haben. Einer hat nicht einmal das Porto daraufgeklebt.
Sie haben aber schon einen Rückzieher oder einen halben Rückzieher selbst gemacht. Erst wollten Sie auch die Pflichtmitgliedschaft abschaffen. Das ist Ihnen aber zu heiß geworden, weil Sie dann ja eben
Friedhelm Ost
nicht bei den Industrie- und Handelskammern stehenbleiben könnten
- doch, das war aus der SPD zu hören -, sondern auch Handwerkskammern und andere Kammern hätten einbeziehen müssen. Es ist gut, daß Sie sie nicht mehr verprellen wollen und davon abgerückt sind.
Gerade die Industrie- und Handelskammern - das muß doch gesagt werden - leisten für unser Gemeinwesen enorm viel. Im Rahmen der Selbstverwaltung sollten wir ihnen in der Tat noch mehr Aufgaben übertragen, lieber Herr Kollege Ernst Hinsken.
Wir sparen doch beim Staat Geld und können dann die Steuern und Abgaben staatlicherseits senken. Es ist also nicht nur die Wirtschaft, die diese Kammern braucht, sondern auch der Staat braucht diese Kammern, damit sie uns entlasten. Außerdem wird die Eigenverantwortung der Unternehmen in den Industrie- und Handelskammern gestärkt.
Von Ihrer Seite, lieber Herr Kollege Schwanhold, war von „Monopolrente„ die Rede. Sie müssen doch sehen, wie Industrie- und Handelskammern organisiert sind. Sie kennen das doch aus eigenem Erleben. Die Mitglieder wählen ihr Parlament - das ist ganz demokratisch -, und dieses Parlament der Kammer entscheidet auch über die Höhe der Beiträge. Unser Gesetz gibt doch nur einen Rahmen vor, so daß man in der Tat fragen muß, wo eigentlich das Monopol ist, das immer beschworen wird.
Schließlich möchte ich sagen, daß diese Neuregelung nicht nur von den Kammern und von der Regierungskoalition gewünscht worden ist, sondern daß auch das Bundesverwaltungsgericht - darauf ist hier bereits hingewiesen worden - die frühere Regelung für unbillig und nicht leistungsgerecht erklärt hat.
Deshalb muß ich sagen: Wenn die Wünsche der SPD realisiert würden, würden 80 % der Kammermitglieder von Beiträgen freigestellt. Das würde nicht dem Spruch des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen. Das wäre weder rechtlich noch mittelstandspolitisch haltbar.
Deshalb lassen Sie mich zum Schluß sagen: Mein Vorschlag: Lassen Sie uns diese Neuregelung erst ein paar Jahre praktizieren! Dann sammeln wir Erfahrung. Eine Überprüfung der Beitragssätze wird in den Kammern selber erforderlich sein. Ich denke, auch eine Überprüfung der Leistungen, eine Verbesserung der Leistungen der Industrie- und Handelskammern sollten wir anmahnen, wo sie anzumahnen ist.
Dann werden wir sicherlich auch darüber sprechen müssen, ob eine Adjustierung der Beiträge notwendig und erforderlich ist. Jetzt besteht kein Handlungsbedarf.
Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.