Rede von
Margareta
Wolf-Mayer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ja, dazu bin ich bereit. Sie bekommen sie nächste Woche.
Ich habe sie zwar schon beantwortet, aber Sie können das noch einmal tun. Das ist eine gute Idee.
Wir sollten einmal überlegen, ob die Beitragsnovelle nicht vielleicht ein Investitionshemmnis darstellt. Wir wissen alle, daß Existenzgründungen in den seltensten Fällen von Beginn an ertragreiche Unternehmen hervorbringen. Daher neige ich dazu, zu glauben, daß diese Beitragsnovelle perspektivisch tatsächlich ein Investitionshemmnis sein kann.
Ich finde es erstaunlich, Herr Kolb, daß ausgerechnet unser Bundeswirtschaftsminister für eine so mittelstandsfeindliche IHK-Beitragsordnung verantwortlich zeichnet. Inzwischen ist es aber so, daß die Indizienhäufung seine Sonntagsreden als Luftblasen entlarvt.
Die Bundesregierung, die IHKs und ihre Dachorganisation, der DIHT, versuchen - darauf ist hingewiesen worden -, uns die Beitragsnovelle als einen Schritt zu mehr Beitragsgerechtigkeit zu verkaufen.
Sie verweisen darauf, daß das Beitragsaufkommen der IHKs jetzt auf eine größere Zahl von Unternehmen verteilt würde. Das wäre nach meinem Gerechtigkeitsbewußtsein jedoch nur dann gerecht, wenn die Unternehmen in dem Maße belastet würden, wie sie tatsächlich Leistungen der IHKs in Anspruch nehmen.
Klein- und Mittelbetriebe, die jetzt verstärkt zahlen müssen, greifen auf das Serviceangebot in der Regel gar nicht zurück, weil es vor allem auf die Bedürfnisse der großen und größeren Betriebe zugeschnitten ist.
Was die Vertretung der Interessen der KMU betrifft, so sind sie mit der IHK häufig sehr unzufrieden. Wie sonst wäre es zu erklären, daß 53 % der mittelständischen Unternehmen gerne aus der IHK austreten würden, wenn sie könnten, und daß sich gegen die Zwangsmitgliedschaft in der IHK sogar 73 % der Unternehmen ausgesprochen haben? Angesichts solcher Umfrageergebnisse sollten wir doch lieber darüber nachdenken, wie die Angebote der IHKs für ihre Mitglieder attraktiver gemacht werden können - dies gerade unter den Stichwörtern „ Verschlankung" und „Effektivierung".
Der heute zu beratende Gesetzentwurf der Fraktion der SPD will die Nachteile für die KMU durch die IHK-Beitragsnovelle rückgängig machen. Meine Fraktion unterstützt diesen Entwurf ausdrücklich.
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, sind wir der Meinung, daß es dringend erforderlich ist, eine grundsätzliche Debatte darüber zu führen, wie der Status der IHK in Zukunft aussehen sollte. Die IHKs müssen sich zu modernen Dienstleistungsunternehmen wandeln. Die Zwangsmitgliedschaft erscheint mir hier als ein Relikt aus grauer Vorzeit.
Es gibt sehr viele Beispiele dafür, daß Wirtschaftsverbände auch ohne Zwangsmitglied effektiv, vielleicht sogar effektiver, die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und dabei sogar noch hoheitliche Aufgaben erfüllen. Dabei denke ich beispielsweise an die Technischen Überwachungsvereine und die Außenhandelskammern. Nicht zuletzt sind die Gewerkschaften als Interessenvertretung der Arbeitnehmerschaft auch ohne Zwangsmitgliedschaft tarifvertragsfähig. Zudem sind sie auch noch Bildungsurlaubsträger. - Ich denke, darüber sollten wir nachdenken.
Die IHKs der Zukunft müssen unserer Meinung nach zu einer leistungsorientierten Beitragsordnung finden. Für projektgebundene Sonderleistungen werden KMU genauso wie die Großindustrie gerne bezahlen. Für die hoheitlichen Aufgaben lassen sich, wie schon die vorher erwähnten Beispiele zeigen, auch andere Finanzierungsmöglichkeiten finden.