Rede von
Dr.
Günter
Rexrodt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege, in dem Fall sind Sie nicht über das informiert, was Gegenstand der Prüfung der Europäischen Union ist. Die Europäische Union hat über Subventionen zu befinden. Sie ist der Auffassung - und muß darüber eine Prüfung anstellen -, daß durch die Aussetzung einer Steuer in einer bestimmten Region eine Subvention entsteht, die gegenüber konkurrierenden Unternehmen, hier gegenüber den Unternehmen im westdeutschen Raum, einen Vorteil bedeutet. Das wird sie feststellen.
Damit wird sie aus einer naturgegebenen Notwendigkeit des Entscheidungsprozesses - ohne daß ich das antizipieren will - diese Aussetzung für ein weiteres Mal aller Voraussicht nach unterbinden müssen, weil sonst ein nicht zu rechtfertigender Vorteil von ostdeutschen Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen, in dem Fall in Westdeutschland, entsteht. Das hat in diesem Fall überhaupt keine internationale Komponente. Ich mache mir diese Auffassung ja nicht zu eigen. Ich will Ihnen nur darstellen, wie der Entscheidungsprozeß in Brüssel erfolgen wird.
Wenn Sie gestatten, würde ich gern in der Bewertung der Gewerbesteuer fortfahren. Ich muß die Opposition in diesem Zusammenhang fragen, warum denn sämtliche Vertreter des Mittelstands in der
Bundesminister Dr. Günter Rexrodt Sachverständigenanhörung des Finanzausschusses die vorgesehene Unternehmensteuerreform auch unter Berücksichtigung der Gegenfinanzierung befürwortet haben. Ihre „Argumentation" fußt auf zwei Argumenten. Sie sagen zum einen, die Gegenfinanzierung ginge zu Lasten der kleinen Unternehmen. Das ist unwahr. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß 350 000 Unternehmen von der Gewerbekapitalsteuer entlastet würden.
Zum anderen habe ich den Eindruck, daß Sie das System der Veränderung der Abschreibungsbedingungen steuerpolitisch und steuertheoretisch gar nicht richtig verstanden haben.
Wenn wir die Abschreibungsbedingungen verschlechtern, dann bedeutet das, daß der Staat den Unternehmen weniger Möglichkeiten gibt, einen steuerfreien Kredit in Anspruch zu nehmen. Eine steuerliche Mehrbelastung erfolgt dadurch in keinem Fall. Lediglich der steuerfreie Kredit wird zeitlich anders strukturiert. Wenn wir aber an die Gewerbesteuerreform herangehen, d. h. die Gewerbekapitalsteuer abschaffen, die Gewerbeertragsteuer nachhaltig senken und am Ende möglicherweise ganz abschaffen, dann ist das ein Verzicht auf Dauer und damit eine Entlastung auf Dauer.
Das liegt in jedem Fall im Interesse der betroffenen Wirtschaft. Das ist auch der Grund dafür, daß sich die Wirtschaft ingesamt und vor allen Dingen auch die mittelständischen Unternehmen für dieses Modell ausgesprochen haben.
Ebenso vordergründig ist Ihre Sorge um die Finanzierung der Städte und Gemeinden. Die Städte und Gemeinden - das ist hier wiederholt gesagt worden - erhalten einen fairen Ausgleich. Warum sperren Sie sich dagegen, den Kommunen einen konjunkturunabhängigen Einnahmenzuwachs für ihre Investitionsentscheidungen zu geben? Rund zwei Drittel - das wissen auch Sie - der öffentlichen Investitionen werden in den Kommunen getätigt. Damit bietet die Beteiligung der Kommunen an der Umsatzsteuer die Chance, zu einer Verstetigung der öffentlichen Investitionen in diesem Bereich, damit auch zu einer Verstetigung der Wirtschaftsentwicklung und damit zu mehr Arbeitsplätzen zu kommen. Auch das verhindern Sie, indem Sie sich dieser Grundgesetzänderung verweigern.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, in diesem Zusammenhang die Gefechtslage nicht zu verschieben. Tagespolitisch bedingt sind Sie darauf aus zu verhindern, daß deutlich wird, daß die Koalition mit dieser Verfassungsänderung eine Regelung beabsichtigt, die darauf abzielt, Unternehmen, insbesondere den Mittelstand, langfristig von Belastungen zu befreien. Es handelt sich um eine Reform, die Voraussetzung dafür ist, daß wir den Standort Deutschland nicht nur durch Worte, sondern durch Taten verbessern. Diese Reform hat zum Ziel, in allen Bereichen Arbeitsplätze zu schaffen, die internationale Konkurrenzfähigkeit Deutschlands herzustellen und
nach innen und außen - das ist das Entscheidende - ein Signal zu geben, daß die Deutschen in der Lage sind, mit den Problemen, die ihr Standort mit sich bringt, fertig zu werden - nicht nur in Sonntagsreden, sondern durch parlamentarische Arbeit und faktische Umsetzung. Dies und nichts anderes wollen wir.
Wir bitten dabei um Ihre Zustimmung. Es wäre eine Zustimmung im Interesse der Menschen, der Arbeitsplätze und der deutschen Wirtschaft.
Schönen Dank.