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    Plenarprotokoll 13/36 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 36. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Mai 1995 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 2817 A Nachträgliche Ausschußüberweisungen 2817 B Zusatztagesordnungspunkt 9: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 106 GG) (Drucksachen 13/900, 13/1313) Dr. Theodor Waigel CDU/CSU 2817 D Rudolf Scharping SPD 2822 A Gert Willner CDU/CSU 2823 B Dr. Hermannn Otto Solms F.D.P. 2825 B Joachim Poß SPD 2827 D, 2837 A Detlev von Larcher SPD 2828 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2829 B Friedrich Merz CDU/CSU 2830 A Hans Michelbach CDU/CSU 2830 B Dr. Gregor Gysi PDS 2831 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 2834 A, 2840 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 2834 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. 2838 A Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 2840 C Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU 2841 C Dr. Günter Rexrodt, Bundesminister BMWi 2844 A Dietmar Thieser SPD 2845 B Jörg-Otto Spiller SPD 2845 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2846 D Dr. Kurt Faltlhauser CDU/CSU 2848 A Dr. Horst Waffenschmidt CDU/CSU 2848 C Volker Kröning SPD 2849 D Namentliche Abstimmung 2851 C/D Ergebnis 2852 A Tagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Uwe Jens, Hans Berger, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Drucksache 13/384) Ernst Schwanhold SPD 2854 D Ernst Hinsken CDU/CSU 2857 C Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2860 D Ernst Hinsken CDU/CSU 2861 A Paul K. Friedhoff F.D.P 2862 B Rolf Kutzmutz PDS 2863 C Friedhelm Ost CDU/CSU 2864 C Dr. Heinrich L. Kolb, Parl. Staatssekretär BMWi 2866 C Tagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Dr. Friedbert Pflüger, Hans-Dirk Bierling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Dr. Olaf Feldmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der F.D.P.: Weitgehende Einsatzbeschränkungen für Landminen (Drucksache 13/1299) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Steffen Tippach, Andrea Lederer, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Weltweite Ächtung der Landminen (Drucksache 13/02) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Antrag der Abgeordneten Angelika Beer und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Achtung von Landminen (Drucksache 13/1304) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Volker Kröning, Uta Zapf, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verbot von Landminen und Unterstützung der Länder der Dritten Welt bei der Lösung ihrer Probleme durch Minen und andere gefährliche Munition (Drucksache 13/1308) Dr. Friedbert Pflüger CDU/CSU 2868 C Volker Kröning SPD 2870 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2872 B Dr. Olaf Feldmann F.D.P 2873 B Steffen Tippach PDS 2874 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA 2875 B Nächste Sitzung 2876 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2877* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Joseph Fischer (Frankfurt), Kerstin Müller (Köln), Rita Grieshaber, Winfried Nachtwei, Oswald Metzger und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1995 auf Drucksache 13/889 in der 29. Sitzung am 28. März 1995 (Seiten 2124 A bis 2126 C) 2877* B Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Christian Lenzer (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushalts 1995 - Haushaltsgesetz 1995 -, hier Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes, Drucksachen 13/504 und 13/527 in der 31. Sitzung am 30. März 1995 (Seiten 2433 C bis 2435 D) 2877* C Anlage 4 Amtliche Mitteilung 2877* C 36. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Mai 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 12. 05.95 Hartmut Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 12.05.95 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 12. 05. 95 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 12. 05. 95 Dr. Hartenstein, Liesel SPD 12. 05. 95 Dr. Jens, Uwe SPD 12. 05. 95 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 12. 05. 95 Marx, Dorle SPD 12. 05. 95 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 12. 05. 95 90/DIE GRÜNEN Müller (Düsseldorf), SPD 12. 05. 95 Michael Dr. Scheer, Hermann SPD 12. 05. 95* Schönberger, Ursula BÜNDNIS 12.0 5. 95 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 12. 05. 95 Wolf, Hanna SPD 12. 05. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Joseph Fischer (Frankfurt), Kerstin Müller (Köln), Rita Grieshaber, Winfried Nachtwei, Oswald Metzger und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1995 auf Drucksache 13/889 in der 29. Sitzung am 28. März 1995 (Seiten 2124 A bis 2126 C) Ich erkläre, daß ich in der namentlichen Abstimmung mit Nein gestimmt habe. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 3 Erklärung des Abgeordneten Christian Lenzer (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushalts 1995 - Haushaltsgesetz 1995 -, hier Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes, Drucksachen 13/504 und 13/527 in der 31. Sitzung am 30. März 1995 (Seiten 2433 C bis 2435 D) Ich erkläre, daß ich in der namentlichen Abstimmung mit Ja gestimmt habe. Anlage 4 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen haben oder von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/478 Nr. 2.5 Drucksache 13/478 Nr. 2.7 Drucksache 13/218 Nr. 39 Drucksache 13/343 Nr. 2.21 Drucksache 13/614 Nr. 2.8 Drucksache 13/614 Nr. 2.15 Drucksache 13/343 Nr. 1.2 Drucksache 13/343 Nr. 1.3 Drucksache 13/343 Nr. 1.4 Drucksache 13/343 Nr. 1.5 Drucksache 13/343 Nr. 1.6 Drucksache 13/343 Nr. 2.2 Drucksache 13/343 Nr. 2.4 Drucksache 13/343 Nr. 2.6 Drucksache 13/343 Nr. 2.11 Drucksache 13/343 Nr. 2.14 Drucksache 13/343 Nr. 2.15 Drucksache 13/343 Nr. 2.16 Drucksache 13/343 Nr. 2.18 Drucksache 13/343 Nr. 2.25 Drucksache 13/343 Nr. 2.26 Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung Drucksache 13/725 Nr. 171 Drucksache 13/725 Nr. 172 Ausschuß für Post und Telekommunikation Drucksache 13/218 Nr. 102 Ausschuß für Verkehr Drucksache 13/614 Nr. 2.17 Innenausschuß Drucksache 13/45 Drucksache 13/269 Nr. 1.2 Drucksache 12/2582 Auswärtige Ausschuß Drucksache 13/343 Nr. 1.1
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Im Augenblick nicht, weil ich gern noch einen Moment bei den Gemeinden bleiben möchte.
    Es ist doch völlig absurd, wenn Sie hierherkommen und sagen „Wir wollen im Zweifel den Gemeinden zwei Milliarden DM mehr geben" und auf der anderen Seite ein Vorhaben verfolgen, von dem wir wissen, daß es die Gemeinden mehrere Milliarden kosten wird, ganz unabhängig von dem völlig verantwortungslosen Schaden, der bei den Menschen entsteht, die Sie zum Sozialamt schicken wollen, damit sie nach 30 oder 35 Jahren Erwerbstätigkeit zunächst die Prüfung über sich ergehen lassen, ob ihre Sparkonten aufgelöst werden können, ob ihre Kinder zum Unterhalt herangezogen werden können, ob die Rente oder Pension beziehenden Eltern zum Unterhalt herangezogen werden können. Es ist eine gemeindefeindliche und für die Menschen ganz und gar unvertretbare Politik, die Sie da verfolgen!

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Betrachtet man Ihr Vorhaben von der wirtschaftlichen Seite, hört man Sie von „historischer Chance" und „Signal" reden. Ja, wenn Sie einmal in der Lage wären, ein durchgreifendes Konzept zur Reform der Unternehmensbesteuerung auf den Tisch zu legen, dann könnten wir ja miteinander reden.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Tun Sie doch nicht!)

    Wir können ja jederzeit gerne darüber reden, ob dieser Dschungel an Einzelvorschriften unter dem Gesichtspunkt von Bürokratie, Verwaltungskosten, Durchschaubarkeit und Durchsetzbarkeit des Steuerrechts noch auf Dauer haltbar ist. Sie haben doch mit der Flut von Einzelregelungen, die Sie zu verantworten haben, erst die Einfallstore dafür geschaffen, daß die Steuergewerkschaft, die Sie hier sonsz heranziehen, Ihnen ausdrücklich bescheinigt, daß jedes Jahr runde 100 Milliarden DM durch Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug verlorengehen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Da, Herr Bundesfinanzminister, hätten Sie ein Feld, um etwas für die Steuergerechtigkeit in Deutschland und dafür, daß das Recht durchgesetzt wird, zu tun.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS Dieter Heistermann [SPD]: Da müßt ihr was tun!)


    Rudolf Scharping
    Dann, bei einem Lichten dieses Dschungels, könnten wir auch darüber reden, daß nominale Steuersätze gesenkt werden. Da werden Sie bei uns immer Gesprächsbereitschaft finden - nicht jedoch bei einem Vorhaben, das in einer Zeit fehlender Arbeitsplätze, in einer Zeit fehlender Ausbildungsplätze jetzt ausgerechnet den investierenden Mittelstand, ausgerechnet die investierende Wirtschaft einschließlich des Handwerkes dafür bezahlen lassen will, daß wenige große Unternehmen und alle Banken und Versicherungen von der Gewerbekapitalsteuer entlastet werden.

    (Beifall bei der SPD Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Was die wirtschaftliche Seite angeht, so kann doch nicht aus dem Blick geraten, daß mit Ihrer Finanzpolitik, mit Ihrem Marsch in die Verschuldung, mit diesem Dschungel in Ihrer Steuerpolitik nichts anderes bewirkt wird, als ein Signal an die Länder um uns herum zu geben. Ihren scheinbaren Stolz auf den hohen Außenwert der D-Mark werden wir uns Ende dieses Jahres noch einmal vor Augen führen,

    (Bundesminister Dr. Günter Rexrodt: Richtig!)

    mit Blick auf die Konjunkturerwartungen, die dann vorhanden sind. Ich sage Ihnen schon heute: Wenn Sie mit dieser Art von Finanzpolitik, die hohe Zinsen bei der Bundesbank und auf den Märkten erzwingt, so weitermachen, dann setzen Sie erneut ein Signal und bewirken, daß die Investitionstätigkeit in Deutschland behindert und zugleich die Exportwirtschaft in Deutschland geschädigt wird.

    (Hans Büttner [Ingolstadt] [SPD]: So ist es!)

    Ihre Finanzpolitik - nicht etwa die Gewerbekapitalsteuer - ist eine wesentliche Ursache

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Für die Stabilität der Mark!)

    dafür, daß die deutsche Exportwirtschaft in Schwierigkeiten kommt.

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Es ist nicht zu fassen!)

    Was Sie uns hier bieten, ist nichts anderes als „Management by Chaos".

    (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Der Bundeskanzler - in privaten Gesprächen drückt er sich ja etwas deutlicher aus - sagt von diesem Pult gönnerhaft: „Na, Oppositionsführer im Deutschen Bundestag zu sein, das ist ein ziemlich schlimmer Job."

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Hat der recht!)

    Ich will Ihnen einmal etwas sagen: Wenn man Finanzminister in dieser Koalition ist, muß man einen unbändigen Humor haben, um das noch aushalten zu können, einen unbändigen Humor!

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Helmut Lippelt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Rolf Kutzmutz [PDS] Bundesminister Dr. Theodor Waigel: Da haben Sie recht!)

    - Ich weiß, daß ich da recht habe - wie in allen anderen Punkten auch!

    (Beifall bei der SPD)

    Und soweit Sie sich Gedanken um die ostdeutschen Betriebe machen, möchte ich Ihnen sagen:

    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Sorgen!)

    Sie haben doch hier im Deutschen Bundestag gesagt, die Mehrwertsteuer müsse erhöht werden, weil die Europäische Union die Bandbreiten verändert hat. Vorher sind Sie allerdings in den Finanzministerrat gegangen und haben Ihren Kollegen erklärt: Verändert die Bandbreiten, damit ich ein Argument habe, das in Deutschland die Erhöhung der Mehrwertsteuer erzwingt.

    (Beifall bei der SPD)

    Jetzt versuchen Sie dasselbe wieder, indem Sie sagen: Sie wissen doch genau, daß die Europäische Union am Ende nicht dulden wird, daß wir die Gewerbekapitalsteuer im Osten Deutschlands noch eine gewisse Zeit aussetzen.
    Ja, verflixt noch mal, was wollen Sie eigentlich sein? Auf der einen Seite stellen Sie sich immer hin und sagen: Wir haben eine starke Position in der Europäischen Union. Auf der anderen Seite, wenn es Ihnen politisch in den Kram paßt, gerieren Sie sich als willenloser Knecht. Tun Sie doch nicht so, als hätten Sie keine Chance, auf die Europäische Union Einfluß zu nehmen, und hören Sie endlich auf, für Ihre Fehlentscheidungen die Europäische Union verantwortlich zu machen und auf der anderen Seite zu beklagen, daß die Leute mit Europa nichts am Hut hätten.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der PDS)

    Also sage ich Ihnen: Wenn Sie mit uns darüber im Rahmen eines durchgreifenden Unternehmensteuerkonzepts reden wollen und wenn zu diesem Konzept gehören sollte, daß Sie für eine gewisse Zeit, vielleicht ein oder zwei Jahre, die Gewerbekapitalsteuer im Osten Deutschlands noch aussetzen wollen, dann werden Sie uns gesprächsbereit finden. Das ist überhaupt nicht der Punkt. Aber was Sie hier machen, ist nichts anderes als der Versuch einer Demonstration, weil Sie bestimmten Wirtschaftsverbänden versprochen haben, Sie würden jetzt dieses „bedeutende Signal" setzen. Man kann sich angesichts der Tatsache, daß Sie bei den Unternehmen über die Ver-

    Rudolf Scharping
    schlechterung der Abschreibungsbedingungen mehr Geld abholen wollen, als Sie ihnen mit der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer geben wollen, nur an den Kopf greifen.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

    Das könnte man auch Unternehmen für Unternehmen durchrechnen.
    Warum beispielsweise soll ein großes Unternehmen wie Thyssen mit den verschlechterten Abschreibungsbedingungen und der abgeschafften Gewerbekapitalsteuer am Schluß möglicherweise 270 Millionen DM mehr Steuern zahlen, ein Unternehmen, das im internationalen Wettbewerb steht, ein Unternehmen, das Arbeitsplätze erhalten muß, ein Unternehmen, von dem wir erwarten, daß es Ausbildungsplätze erhalt? Es geht um Handwerk und Mittelstand, und es geht auch um die investierenden Großunternehmen in Deutschland.
    Wenn Sie allerdings der Meinung sind, daß der Wirtschaftsstandort Deutschland dadurch gestärkt wird, daß man seine Investitionen reduziert, daß man die Belastung auf Investitionen durch Steuern erhöht, dann sage ich Ihnen: Das ist in vielerlei Hinsicht ein ganz offenkundig mißratenes, wirtschaftspolitisch unsinniges Konzept. Sie werden uns dazu nie bereit finden. Das will ich Ihnen für alle Zukunft und nicht nur für den heutigen Tag sagen. Wir werden nichts mehr mitmachen, was die Investitionstätigkeit der Unternehmen belastet.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden nichts mehr mitmachen, was die Arbeitskosten hochtreibt. Wir werden nichts mehr mitmachen, was Sie an Politik nach dem Motto „Ein Häppchen hier, ein Häppchen da" verfolgen,

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Unverfrorenheit!)

    urn damit Ihre konzeptionelle und politische Unfähigkeit und die tiefe Zerstrittenheit innerhalb dieser Koalition zu bemänteln.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Wir sind nicht dazu da, Ihnen einen Blankoscheck auszustellen. Sie haben die Pflicht, ein Konzept vorzulegen. Das haben Sie bisher nicht getan. Solange Sie das nicht tun, werden Sie von uns niemals einen Blankoscheck bekommen.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD - Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der PDS - Zuruf von der CDU/CSU: Schwache Rede, starker Beifall!)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Vorsitzende der F.D.P.-Fraktion, Dr. Sohns.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Otto Solms


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Scharping, nach dieser Rede bin ich nun wirklich enttäuscht.

    (Lachen bei der SPD)

    Ich hatte erwartet, daß Sie als jahrelanger Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz, der ja auch für die Gemeindefinanzen verantwortlich war, eine gewisse Ahnung von den Gemeindefinanzen haben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das, was Sie hier geboten haben, zeigt, daß Sie die ganzen steuerlichen Wirkungen überhaupt nicht verstehen oder bewußt falsch darstellen. Das ist dann schon ein Skandal.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Zunächst einmal: Aus dem sinkenden Körperschaftsteueraufkommen auf eine zu niedrige Besteuerung der Gewerbebetriebe zu schließen ist ja wirklich eine Umdrehung der Tatsachen.

    (Rudolf Scharping [SPD]: Das habe ich nicht getan! Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ja, die F.D.P. und die Kommunalpolitik!)

    - Sie haben das sinkende Körperschaftsteueraufkommen dargelegt und gesagt, das müsse ja wohl in diesem Zusammenhang stehen.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Reden Sie die Wahrheit!)

    Sie wissen anscheinend gar nicht, wie hoch die Gewerbebetriebe in Deutschland, insbesondere die Betriebe des produzierenden Gewerbes, besteuert werden. Durch die Kumulierung von Körperschaftsteuer mit Gewerbeertragsteuer, Gewerbekapitalsteuer, Solidaritätszuschlag, betrieblicher Vermögensteuer und anderen Abgaben ergibt sich locker eine Besteuerungshöhe von 70 %. Wenn bei dieser hohen Besteuerung das Steueraufkommen sinkt, dann zeigt das zwingend, daß die Betriebe nicht mehr genug Gewinne erzielt haben. Wenn sie keine Gewinne erzielt haben, können sie nicht investieren, und wenn die Investitionen zu hoch besteuert werden, dann gehen Arbeitsplätze verloren. Das ist der Zusammenhang.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Die Schlußfolgerung müßte sein, daß Sie uns bei dem Bemühen unterstützen, die Besteuerung der Investitionen zu senken, denn nur so können Arbeitsplätze geschaffen werden, nur durch Investitionen, nicht durch staatliche Aktivitäten.

    (Joachim Poß [SPD]: Gucken Sie sich einmal das Beispiel BMW an!)

    Sie haben im „Handelsblatt" vom 10. Mai 1995 zur Gewerbesteuer ausgeführt - ich will das zitieren -:
    Technisch wäre die Einführung der Gewerbekapitalsteuer in den neuen Ländern möglich.

    (Joachim Poß [SPD]: Ja, ist sie auch!)

    Zudem zahlten Betriebe, denen es schlechtgehe, diese Steuer nicht.
    Dazu ist zweierlei zu sagen. Die Einführung der Gewerbekapitalsteuer in den neuen Bundesländern verlangt eine Einheitsbewertung, und zwar für jedes

    Dr. Hermann Otto Solms
    einzelne Grundstück. Kein Mensch in diesem Lande, auch keiner in der Finanzverwaltung, ist der Meinung, daß dies in einem halben Jahr oder in einem Jahr machbar wäre.

    (Joachim Poß [SPD]: Auch das ist so nicht richtig!)

    Der einzige, der das behauptet hat, ist Herr Schleußer. Er hat dies getan, um zu verhindern, daß es im Bundesrat eine Zustimmung für eine solche Gesetzesänderung gibt.
    Das zweite ist noch dreister, nämlich daß Betriebe, denen es schlechtgehe, keine Gewerbekapitalsteuer zahlen müßten.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Das ist nicht nur dreist, sondern auch doof!)

    Herr Scharping, entweder wissen Sie es nicht,

    (Zuruf von der F.D.P: Ja, er hat keine Ahnung!)

    oder Sie führen die Öffentlichkeit bewußt in die Irre.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das nennt man die Unwahrheit verbreiten.

    (Zuruf von der SPD: Das machen Sie dauernd!)

    Es ist ja gerade der Charakter der Gewerbekapitalsteuer, daß sie nicht an den Gewinnen, sondern am Kapital anknüpft.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Richtig! - Zuruf der Abg. Ingrid Matthäus-Maier [SPD])

    - Warum sagt er es dann nicht? Frau Matthäus, Sie wissen das; das weiß ich.
    Noch wichtiger ist folgendes - das sage ich den Kollegen aus den neuen Bundesländern, die sich mit der Gewerbekapitalsteuer vielleicht noch nicht befaßt haben -: Die Gewerbekapitalsteuer muß nicht nur auf das Eigenkapital, sondern auch auf das Fremdkapital gezahlt werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

    Gerade in den neuen Bundesländern sind viele Betriebe durch die Zurverfügungstellung auch von staatlich finanziertem Fremdkapital erhalten worden. Sie sind also extrem fremdkapitalisiert. Diese Betriebe würden durch die Gewerbekapitalsteuer natürlich überproportional betroffen. Sie würden durch die Einführung der Gewerbekapitalsteuer in ihrer Existenz gefährdet.

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Richtig!)

    Ich kann nur an die Kollegen aus den neuen Bundesländern, und zwar in allen Fraktionen, appellieren: Lassen Sie sich nicht von Herrn Scharping und anderen aus der SPD hinters Licht führen;

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Detlev von Larcher [SPD]: Unverschämt ist das!)

    die Einführung der Gewerbekapitalsteuer in den neuen Bundesländern würde die Einführung einer Gewerbevertreibungssteuer bedeuten. Genau das würde nämlich passieren.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Investoren, die gegenwärtig überlegen, in den neuen Bundesländern zu investieren, werden von diesem Vorhaben sehr schnell ablassen,

    (Zuruf von der SPD: Wir wollen sie doch weiter aussetzen, nicht einführen! Lassen Sie doch diese Argumentation!)

    wenn sie hören, daß die Begünstigungen, die ihnen noch befristet zur Verfügung stehen, reduziert werden und daß eine zusätzliche Steuer eingeführt wird, mit der sie natürlich nicht gerechnet hatten.

    (Zustimmung bei der F.D.P. Widerspruch bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, das sind die Fakten. Im übrigen hören wir seit Jahrzehnten die Forderungen aus den Kommunen nach einer Beteiligung an der Umsatzsteuer. Warum? - Weil die Umsatzsteuer eine stabile, eine gleichmäßig fließende, eine wachsende Steuer ist. Das Umsatzsteueraufkommen ist in den letzten zehn Jahren um 100 % gestiegen. Die Gewerbesteuer ist in den letzten Jahren im Aufkommen allerdings gesunken. Die Gewerbesteuer ist zyklisch; die Gemeindekämmerer können mit ihr nicht planen. In einem Jahr bekommen sie etwas, im nächsten Jahr nichts oder müssen sogar zurückzahlen.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Sehr richtig!)

    Deswegen wollen sie an der Umsatzsteuer beteiligt werden. Jetzt wollen wir ihnen dazu die Chance eröffnen. Viele von Ihren Stadtkämmerern haben das immer unterstützt. Weil es Ihnen aber ins parteitaktische Konzept nicht paßt, lehnen Sie das Ganze nun ab.

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Traurig, traurig!)

    Meine Damen und Herren, dahinter ist langfristig kein Sinn zu erkennen, höchstens der, daß die SPD über eine Blockadepolitik versucht, sich an die Macht zu schleichen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Üble Machart!)

    Aber so wird es nicht gehen. Das werden wir nicht zulassen. Die Verfassungsänderung zur Einführung der Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer ist ein Verfassungsgebot für die Gemeindefinanzen. Wer dies nicht mitmacht, der versündigt sich an den Gemeindefinanzen und an einer stabilen Gemeindefinanzierung in der Zukunft.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das sagt die F.D.P.!)

    Weil Sie sich etwas unsicher sind, ob Sie nicht vielleicht doch zustimmen sollten, kommen Sie mit Hilfsargumenten, die da beispielsweise heißen, dahinter müsse aber auch ein Konzept stehen, das beinhaltet,

    Dr. Hermann Otto Solms
    was konkret getan werden muß. Diese Ausrede gilt nicht. Die Verfassungsänderung ist allein eine Ermächtigung für den Gesetzgeber, eine Finanzverfassung im konkreten, im materiellen Recht zu regeln.

    (Detlev von Larcher [SPD]: Darm legen Sie das erst einmal vor! Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Ja, legen Sie das doch einmal vor!)

    - Frau Fuchs, bei allen einzelnen materiellrechtlichen Regelungen ist der Bundesrat zustimmungsberechtigt.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Aber wir nicht!) Das heißt, daß Sie sowieso daran beteiligt sind,


    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Nein, wir nicht!)

    - sicher, Ihre Fraktion nicht, aber die Bundesländer. Das würde Sie nicht daran hindern, jetzt dieser Ermächtigung zuzustimmen,

    (Carl-Ludwig Thiele [F.D.P.]: Sehr richtig!)

    weil Ihnen der Weg nicht genommen wäre, an der konkreten Gesetzgebung mitzuwirken.

    (Beifall bei der F.D.P. Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Sagen Sie erst einmal, was Sie wollen!)

    - Wir haben ja vorgeschlagen, was wir wollen.
    Wir wollen die Gewerbekapitalsteuer abschaffen. Wir wollen die Gewerbeertragsteuer mittelstandsfreundlich senken. Wir wollen dies für die Gemeinden vernünftig, sogar mit einem Mehraufkommen von 2 Milliarden DM, wie Herr Waigel dargestellt hat, gegenfinanzieren. Wir wollen auch insgesamt eine Gegenfinanzierung durch eine geringfügige Senkung der AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter haben. Auch das ist nicht mittelstandsfeindlich.
    Die Vertreter des Handwerks haben in der Anhörung des Finanzausschusses eindeutig erklärt, daß sie diese Linie unterstützen.

    (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Sehr richtig! Herr Scharping, zuhören! Das Handwerk unterstützt das! Das ist genau das Gegenteil dessen, was Sie vorhin gesagt haben!)

    Warum? Weil das Handwerk im Prinzip nicht kapitalintensiv ist und von der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer daher nicht so sehr betroffen ist, aber durch die Senkung der Gewerbeertragsteuer deutlich entlastet wird.
    Herr Scharping, Ihre Aussage hinsichtlich der 16% führt an der Wahrheit vorbei.

    (Rudolf Scharping [SPD]: Warum steht sie dann in der Begründung der Bundesregierung?)

    Allein in Westdeutschland zahlen 350 000 Betriebe Gewerbekapitalsteuer. Sie können mir doch nicht erzählen, daß wir in Westdeutschland 350 000 Großunternehmen haben. Nein, es sind viele Handwerksbetriebe, viele kleine und mittlere Unternehmen dabei, die unter dieser Steuer leiden und die gerne hätten, daß wir sie beseitigen. Denn nur so kann der Investitionsprozeß in Gang kommen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) Wenn Sie nach Nordrhein-Westfalen schauen,


    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das ist Ihre Sorge, ja, das glaube ich auch!)

    dann sehen Sie, daß in den letzten drei Jahren die Zahl der Arbeitsplätze netto um 233 000 gesunken ist,

    (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Hört! Hört! Detlev von Larcher [SPD]: Jetzt sagt er, warum er diese Debatte heute will!)

    das Handwerk und das Dienstleistungsgewerbe allerdings knapp 100 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen haben. Sie sehen daraus, daß neue Arbeitsplätze nur von kleinen und mittleren Betrieben, vom Handwerk und vom Dienstleistungsbereich geschaffen werden können, weil die Großindustrie weiter Arbeitsplätze abbaut. Sie müssen die Investitionsbedingungen für diese Betriebe also erleichtern, weil nur so neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)