Rede von
Joachim
Günther
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Altschuldenhilfe-Gesetz wurde ja bereits in der vergangenen Legislaturperiode vom Bauausschuß umfangreich diskutiert und durch Besuche in den neuen Bundesländern analysiert. Durch die finanziellen Rahmenbedingungen - ich erinnere noch einmal an die Übernahme der 32 Milliarden DM durch den Bund - konnten die Genossenschaften, die Wohnungsunternehmen, aber auch private Vermieter im
Joachim Günther
Endeffekt die Kappungsgrenze von 150 DM pro Quadratmeter Wohnfläche im Altschuldenbereich erreichen. Das ist eine Größenordnung - das muß man auch einmal realistisch sagen -, von der viele Unternehmen in den alten Bundesländern nur träumen.
Nicht zu vergessen sind auch die großzügigen Regelungen, die bei der Übernahme von Grund und Boden vor allem für die Genossenschaften erreicht wurden. Ich betone diese bekannten Größen extra noch einmal am Anfang, weil Sie, Herr Großmann, vorrangig die negativen Punkte aufgeführt haben. Das Altschuldenhilfe-Gesetz insgesamt bezieht sich aber auf viel mehr. Es betrifft eben nicht nur die Privatisierung und die Abführung an den Erblastentilgungsfonds, der Inhalt des Altschuldenhilfe-Gesetzes ist umfangreicher. Die Altschuldenlösung entspricht auch - dies mit voller Absicht; deswegen möchte ich noch einmal darauf verweisen - Art. 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages, nach dem die Privatisierung der Wohnungen in den neuen Bundesländern zu beschleunigen und vorrangig den Mietern zum Verkauf anzubieten ist. Es gab in diesem Zusammenhang viele Diskussionen über den Umfang der Privatisierungen. Wir wissen jetzt, 15 % des kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbestandes stehen im Altschuldenhilfe-Gesetz zur Diskussion. Aber 15 % von 60 % Bestand, die eben die Kommunen und im Endeffekt die Genossenschaften und Unternehmen in den neuen Bundesländern haben, sind eine ganz andere Zahl, als sie in manchen Kampagnen und Pressemeldungen herauskommt, mit denen auch Sie von der PDS vor allem im Wahlkampf Propaganda unter dem Motto gemacht haben, „der ganze Osten wird auf einmal verkauft". Das ist einfach nicht richtig, und das muß man auch einmal klarstellen können.
Meine Damen und Herren, in diesem hochsensiblen Bereich vor allem ist es erforderlich, daß wir eine gute Informationspolitik betreiben, eine Informationspolitik, die an den Mieter herankommt, eine Informationspolitik, die im Endeffekt dazu beiträgt, daß sachlich über dieses Thema diskutiert wird.
Keiner von uns hat - auch nicht in der vergangenen Legislaturperiode - je gesagt, daß die Mieterprivatisierung eine einfache Angelegenheit ist. Es gibt bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, wenn das Ganze zum Erfolg kommen soll, und wir kennen die rechtlichen Schwierigkeiten; wir haben sie auch miteinander diskutiert. Ich nenne nur noch einmal die Vermögenszuordnung, die Grundbucheintragungen oder in der Anfangsphase auch die Eigentumsfrage in den Gesellschaften selbst. Aber der entscheidende Punkt bei der Privatisierung, und davon lasse ich mich einfach nicht abbringen, ist der politische Wille der vor Ort Verantwortlichen, damit diese Privatisierung überhaupt durchgeführt wird.
- Herr Großmann, wir haben es doch gemeinsam in der Praxis erlebt; wir waren doch oft genug in den neuen Bundesländern unterwegs, und wir haben von Politikern und von Geschäftsführern von Wohnungsgesellschaften immer gehört, warum die Privatisierung nicht geht, warum noch Jahre dazu gebraucht werden. Aber man muß in solchen Fällen auch einmal fragen: Wollen nicht manche dieser kommunalen Politiker das Monopol ihrer kommunalen Gesellschaften auf dem Wohnungsmarkt aufrechterhalten?
Genau das ist der Punkt, der im Endeffekt geändert werden muß.
Ich finde es schon erstaunlich, meine Damen und Herren, wenn gerade Herr Minister Meyer aus Brandenburg - Sie haben sicher aus dem gleichen Brief zitiert - wieder ein Schreiben an unsere Fraktion schickt, in dem er mitteilt, was das entscheidende Hindernis für die Privatisierung sei. Ich weiß nicht, ob es das analoge Schreiben ist; ich zitiere es deshalb einmal, wie ich es erhalten habe; daß
die extreme Progression bei der Erlösabführung das entscheidende Hindernis
ist, und gleichzeitig weist er darauf hin, daß die Gesellschaften kaum eine andere Wahl als die Zwischenerwerbermodelle haben. Herr Meyer schreibt dann weiter:
Die echte Mieterprivatisierung, der Verkauf von Eigentumswohnungen und die Ausgründung von Bewohnergenossenschaften erfordern einen erheblichen zeitlichen Vorlauf.
Das ist richtig, darüber gibt es überhaupt keine Diskussion, aber, meine Damen und Herren, wir sind nicht mehr im Jahre eins des Altschuldenhilfe-Gesetzes. Was hat denn Herr Meyer in den vergangenen Jahren auf dieser Strecke getan, um überhaupt voranzukommen?
- Gestatten Sie mir, diesen Satz noch zu Ende zu führen.
Gerade in diesem Zusammenhang hat der damalige Besuch des Ausschusses in Brandenburg gezeigt, daß die Zwischenerwerbermodelle gefordert werden, und jetzt, da sie auf den Tisch kommen, gibt es im Endeffekt wieder Zweifel an diesen Zwischenerwerbermodellen.