Wenn Sie den Spitzensteuersatz von 53 % akzeptieren, sind sie nach meiner Kenntnis der Rechnungen, die es gibt, ungefähr bei 272 DM, also nicht ganz bei 300 DM. Das ist richtig. Insofern würden wir mit unseren 250 DM bei
einem Spitzensteuersatz von ungefähr 48 % oder 49 % gelandet sein. Das ist in der Tat richtig.
- Das Verfassungsgericht hat in der Tat, worauf Frau Matthäus-Maier zu Recht hinweist, von 40 % gesprochen.
Im übrigen, Herr Kollege Faltlhauser: Nachdem Sie schon Parlamentarischer Staatssekretär geworden sind, nehmen Sie doch bitte Rücksicht darauf, daß ich hier heute meine erste Rede halte.
Ich würde jetzt gerne zu meinem Thema kommen. Ich möchte mich überwiegend mit dem Thema Gewerbesteuer innerhalb des Entwurfes, der von den Koalitionsfraktionen zum Jahressteuergesetz 1996 vorgelegt worden ist, befassen.
Gehen wir doch einmal von der Koalitionsvereinbarung der CDU/CSU und F.D.P. vom vergangenen November aus. Dort heißt es:
Es werden eine grundlegende Reform der Unternehmensbesteuerung und eine Gemeindefinanzreform angestrebt, in der die Gewerbesteuer Schritt für Schritt mit dem Ziel der Abschaffung gesenkt werden soll.
Jetzt erleben wir also den Versuch des ersten Schrittes, der nach dem Willen der Koalitionsfraktionen dazu führen soll, die Gewerbekapitalsteuer zum Januar 1996 vollständig abzuschaffen und die Steuermeßzahl bei der Gewerbeertragsteuer um 10 % zu senken.
Bitte, meine Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, Sie können diesen Versuch durchaus unternehmen. Zu Zeiten seriöser Finanzpolitik war es allerdings nicht üblich, das Prinzip von Versuch und Irrtum auf das Steuerrecht anzuwenden.
Wir sollten auch in Zukunft dieses Prinzip dem Feld des naturwissenschaftlichen Experiments überlassen.
In Ihrer Koalitionsvereinbarung war auch vom Ziel des Einvernehmens mit Ländern und Gemeinden sowie der Wirtschaft die Rede. Davon sind Sie allerdings Lichtjahre entfernt. In der Tat, Sie tun so, als lebten Sie auf einem anderen Stern. Völlig unbeeindruckt von der nahezu einhelligen Ablehnung legen Sie zugleich den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vor. Natürlich, um Ihre Ziele zu erreichen, brauchen Sie die Änderung des Art. 106 des Grundgesetzes.
Dr. Barbara Hendricks
Sie sollten allerdings die Kräfteverhältnisse in diesem Hause und im Bundesrat zur Kenntnis nehmen.
Sie müßten doch wissen, daß wir Sozialdemokraten nicht daran mitwirken werden, den Kommunen ihre verläßlichen Finanzgrundlagen zu entziehen.
- Sie haben vorhin doch genügend Möglichkeiten gehabt, Ihre Ausführungen zu machen. Ich stelle jetzt meine Gegenposition dar.
Daß der F.D.P. die verläßlichen Finanzgrundlagen unserer Kommunen nicht so wichtig sind, ist einsehbar. Wenn z. B. nach dem Ergebnis der nordrheinwestfälischen Kommunalwahl in 396 Städten und Gemeinden sowie 31 Kreisen insgesamt weniger als 300 F.D.P.-Mandatsträger gewählt worden sind, dann ist das persönliche Engagement natürlich gering.
Da hat dann die Verantwortung für das Gemeinwesen Kommune schon einmal hinter der üblichen Klientelpolitik zurückzustehen.
Aber daß Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von der Union, dem bedenkenlos die Hand reichen, das verwundert mich noch immer.
Es kann Ihnen doch nicht gleichgültig sein, daß der Hauptausschuß des Deutschen Städtetages - natürlich unter Beteiligung Ihrer kommunalen Vertreter - beschließt:
Eine weitere Demontage der Gewerbesteuer statt einer grundlegenden Reform des Gemeindesteuersystems lehnt der Deutsche Städtetag strikt ab.
Es kann Ihnen, meine Damen und Herren von der Union, doch nicht gleichgültig sein, wenn der Deutsche Städte- und Gemeindebund geradezu apodiktisch fordert: Ohne eine grundlegende Gemeindefinanzreform keine weiteren Eingriffe in die Gewerbesteuer!
Natürlich sind die Verbände gesprächsbereit, aber nur unter der Bedingung, daß - ich zitiere erneut -„die verbleibende Gewerbesteuer mit Hebesatzrecht garantiert" wird - das wollen Sie gerade nicht, ich verweise auf Ihre Koalitionsvereinbarung - und unter der weiteren Bedingung, daß Sie gemeindescharfe Modellrechnungen der Auswirkungen Ihrer Vorschläge vorlegen. Das wollen Sie nicht nur nicht, das können Sie auch gar nicht.
Ein Blick in die Erläuterungen des vorliegenden Gesetzentwurfs verdeutlicht das Durcheinander. Dort heißt es:
Der Übergangsschlüssel wird einmalig ermittelt und behält bis zur Umstellung auf einen fortschreibungsfähigen Schlüssel Gültigkeit. Für den Fall, daß die zur Ermittlung des Übergangsschlüssels notwendigen Daten nicht von allen Ländern bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes vollständig vorgelegt werden können, können die Gemeinden zunächst Abschlagszahlungen erhalten.
Ja, so kann es doch wohl nicht gehen.
Und wie soll nun dieser fortschreibungsfähige Schlüssel ermittelt werden? Dazu soll der Übergangsschlüssel - ich zitiere erneut -
nach Vorliegen der notwendigen Daten zum 01. Januar 2000 auf einen fortschreibungsfähigen Schlüssel mit einem Merkmal oder einer Kombination einzelner oder aller Merkmale - Lohnsumme, abnutzbares Anlagevermögen, Vorratsvermögen und Finanzanlagevermögen - umgestellt
werden. Wie sagt man dazu im Rheinland: Mer weiset nich!