Rede von
Hansgeorg
Hauser
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
- ich möchte meinen Text weiterführen -,
aber wir wissen alle, daß dieser Vorschlag rund 40 Milliarden DM netto kostet. Wie soll das finanziert werden? Auf Pump mit Sicherheit nicht. Sicher hat die Bareis-Kommission Vorschläge für die Gegenfinanzierung gemacht; aber ich halte es für illusorisch, in der kurzen uns verbleibenden Zeit einen politischen Konsens für derartig tiefe Einschnitte in das bestehende Steuerrecht zu erreichen. Die erregten Reaktionen auf erste Presseveröffentlichungen des Gutachtens sprechen da eine deutliche Sprache. Herr Poß, ich darf Sie daran erinnern: Auch die SPD hat sich sehr kritisch und negativ dazu geäußert.
Die Bareis-Kommission hat wohl selbst nicht ganz an die politische Umsetzbarkeit ihres Hauptvorschlages geglaubt. Deswegen hat sie auch einen etwas billigeren Tarif vorgestellt; aber auch der kostet 8 Milliarden DM mehr. Sicher lohnt es sich, Herr Poß, darüber zu diskutieren, und ich fordere Sie auf, einmal gemeinsam diese Gegenfinanzierungsvorschläge durchzugehen. Ich habe sie mir extra noch einmal angesehen: Die Abfindungen sollen besteuert werden, die Übungsleiterpauschalen sollen entfallen, die Arbeitgeberzuschüsse - ich nenne hier beispielsweise das Job-Ticket - sollen wieder wegfallen, die Sonntagsarbeitszuschläge sollen besteuert werden, der Arbeitnehmerpauschbetrag soll halbiert werden usw. Das alles sind Vorschläge, wie die 8 Milliarden DM finanziert werden sollen.
Meine Damen und Herren von der SPD und von den GRÜNEN, wenn wir im Finanzausschuß zu einem Konsens über gemeinsame Vorschläge kämen, dann ließe sich da etwas machen.
Aber was machen Sie denn? Sie picken sich überall nur die Rosinen heraus, und die unpopulären Maßnahmen wollen Sie uns überlassen.
Wenn schon, dann müßte natürlich jeder seine Kröte
schlucken. Aber Kröten schlucken ist halt etwas
Hansgeorg Hauser
ekelhafter als Rosinen picken und sich überall lieb Kind machen.
Eines steht fest: Der vorgelegte Tarif stellt 1,5 Millionen Arbeitnehmer von der Steuer frei und bringt für alle Steuerzahler eine Entlastung. 15 Milliarden DM an Entlastung für die Bürger - das kann sich wohl sehen lassen.
Zur Unternehmensteuerreform. Auch hier kann ich nur wieder feststellen: Die SPD führt hier schon seit einiger Zeit einen Eiertanz auf. Zuerst haben sie sich für die Notwendigkeit der Unternehmensteuerreform ausgesprochen, dann kam eine Phase, in der viel von Wenn und Aber die Rede war, und jetzt beschränkt sich die Antwort auf die dringlichen Probleme zur Sicherung des Standorts Deutschland auf ein bloßes Blockieren: Die SPD werde im Bundesrat die Unternehmensteuerreform ablehnen - und damit basta!
Meine Damen und Herren, die Gewerbekapitalsteuer muß weg. Sie ist wettbewerbsverzerrend und arbeitsplatzgefährdend. Sie bestraft den, der Schulden macht, um Investitionen zu tätigen. Es ist eine groteske Situation, daß Steuern aus der Substanz bezahlt werden sollen, wenn Unternehmen Verluste machen. Deshalb müssen wir diese Steuer abschaffen.
Wir werden von Ihnen eine Entscheidung darüber verlangen, ob Sie diese dringend notwendigen Maßnahmen zur Sicherung des Standorts Deutschland und zum Erhalt von Arbeitsplätzen mittragen oder nicht.
Diese Antwort müssen Sie uns geben. Das wird Ihre Reaktion sein müssen, wenn wir die Grundgesetzänderung vorlegen. Sie werden die Antwort darauf geben müssen, ob Sie die Finanzkraft der Kommunen stärken oder das verhindern wollen.
Ein Wort zur Familienförderung. Auch hier werden Sie sich bewegen müssen.
Sie ziehen nun seit Jahren mit dem Vorschlag durch die Gegend, daß Sie ein einheitliches Kindergeld von 250 DM haben wollen. Das Modell ist nicht bezahlbar. Ihre Finanzierungsvorschläge sind Ihnen zerpflückt worden. Andere haben Sie nicht gemacht.
Meine Damen und Herren, unser Vorschlag ist finanziell machbar. Er ist auch ein guter Weg zur Förderung der Familien. Nur müssen natürlich auch die Länder bei dieser Finanzamtslösung mitmachen. Sie
wissen, daß Ihr Finanzminister Schleußer schon 1991 gesagt hat, die damals von Frau Matthäus-Maier vorgeschlagenen 230 DM seien nicht finanzierbar. Die Finanzlage der Länder hat sich aber seit 1991 mit Sicherheit nicht entscheidend verbessert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wohin es führt, wenn man Politik ohne Rücksicht auf finanzielle Zwänge macht, das sieht man jetzt in Niedersachsen und Hessen. Da hat die SPD vor den Wahlen in populistischer Manier alles und jedes versprochen. Kurz danach wurden die versprochenen Wahlgeschenke und noch vieles mehr wieder eingesammelt. Die Folge ist, daß in dem einen Land die Minister weglaufen und in dem anderen an einer Ministerin auf Biegen oder Brechen festgehalten wird, weil sonst die Mehrheit im Landtag in Gefahr ist.
Und angesichts der vor den Kopf gestoßenen Bürger hat man verständlicherweise Angst vor Neuwahlen.
Meine Damen und Herren, wir haben im Jahressteuergesetz viele wichtige, aber auch schwierige Entscheidungen zu treffen. Große Vorteile sind Entlastungen von 15 Milliarden DM zur Sicherung des Existenzminimums, von 6 Milliarden DM im Bereich der Familien, von weiteren 6 bis 7 Milliarden DM durch den Kohlepfennig - das ist aber ein anderes Thema. Wir erreichen Steuervereinfachungen, eine Strukturverbesserung für die Wirtschaft und eine Verbesserung der Finanzkraft der Gemeinden.
Wir sind bereit, innerhalb der erwähnten zeitlichen und finanziellen Rahmenbedingungen auch mit der Opposition in einen konstruktiven Dialog zu treten. Wenn es uns gelingt, eine sachgerechte Lösung zu finden - hier appelliere ich wirklich an Sie -, dann kann dieses Gesetz zu einer Stunde des Parlaments werden. Wir hätten dann nach draußen dokumentiert, daß der Bundestag in der Lage ist, auch in finanziell schwierigen Zeiten wichtige steuerpolitische Weichenstellungen vorzunehmen.
Wir würden damit den vielen politikverdrossenen Bürgern beweisen, daß das Parlament nicht nur debattieren, sondern auch Probleme, die die Bürger in vielfacher Hinsicht bewegen, lösen kann. Das wäre ein Ergebnis, das weit über die eigentlichen steuerlichen Regelungen hinaus Signale setzen würde.