Rede von
Volker
Rühe
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Gansel, ich muß feststellen, daß Länder wie Australien, Japan, Neuseeland, Österreich, Schweden, Schweiz seit langem auch schon von SPD-geführten Regierungen als der NATO gleichberechtigt behandelt wurden. Wir haben volles Vertrauen zu diesen Ländern, zu diesen Demokratien.
Aber was nicht angeht: daß Sie hier im einzelnen den Verlust von Arbeitsplätzen beklagen, auch die Firmen und die Betriebsräte besuchen und im übrigen auf Grund eines sehr fragwürdigen Gutachtens von SIPRI sagen, Deutschland sei Weltmeister oder an dritter Stelle im Rüstungsexport. Ich biete Ihnen an, daß sich die Fachleute der Fraktionen einmal zusammensetzen, daß wir uns gemeinsam an die Fakten machen, was dieses Institut angeht, so daß es endlich aufhört, daß wir uns hier im Hause in einer Weise verdächtigen, die angesichts der Tatsachen völlig unangemessen ist.
Bundesminister Volker Rühe
Ich möchte jetzt fortfahren: Unser Handeln ist nicht mehr nur national. Wenn wir eine integrierte Verteidigung wollen, brauchen wir innerhalb der europäischen Verteidigung abgestimmte Systeme. Wir können nicht mehr autark handeln und brauchen deswegen letztlich eine innerhalb der Europäischen Union abgestimmte Rüstungsexportpolitik.
Sonst können wir die Aufgaben der Zukunft nicht lösen.
Ich bin der festen Überzeugung, daß die Waffensysteme der Zukunft nicht mehr national, sondern nur noch gemeinsam in Europa beschafft werden können. Wer multinationale Streitkräftestrukturen in Europa haben will - das wollen wir, wir wollen keine Renationalisierung der Politik -, muß dieser Ansicht sein. Im übrigen: Wir sind stolz darauf, daß wir jetzt im Sommer ein deutsch-niederländisches Korps gründen, mit deutschen Soldaten, die in den Niederlanden stationiert sind, und niederländischen Soldaten, die in Deutschland stationiert sind. Alle niederländischen Einheiten dieses Korps werden von Deutschland aus geführt. Wir sind stolz auf das Eurokorps, wir sind stolz auf die enge Zusammenarbeit mit den Polen als neuen Freunden, wir sind stolz auf die bewährte Zusammenarbeit mit den anderen Partnern, etwa den Dänen.
Wer nicht mehr in alten Rüstungskategorien und Rüstungskapazitäten denkt, der muß einen gemeinsamen europäischen Weg suchen.
Das gilt für die Herstellung der Rüstung - sie ist national nicht mehr möglich -, aber auch für die gemeinsamen Rüstungsexportrichtlinien.
Meine Damen und Herren, als letztes darf ich noch kurz sagen: Die Bundeswehr unterstützt mit einer Fülle von praktischen Hilfen - das ist heute im Laufe des Tages gewürdigt worden - die Armeen unserer östlichen Nachbarn auf ihrem Weg in die westlichen Bündnisstrukturen. Ich finde es großartig, daß heute eine polnische Division in Stettin eine enge Patenschaft mit einer deutschen Division in Neubrandenburg hat,
daß auf beiden Seiten der Grenze Vertrauen aufgebaut worden ist. Hier stehen Soldaten - das muß man Ihnen, Frau Beer, einmal in aller Deutlichkeit sagen - an vorderster Front in einer Sache, bei der es nicht um Interventionen geht, sondern darum, den Frieden für die Zukunft zu sichern.
50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist dies von einer besonderen Symbolkraft und Tragweite. Die Zusammenarbeit der Soldaten ist längst zu einem Brückenpfeiler der Verständigung zwischen den Völkern in West- und Osteuropa geworden. Das ist die realistische Beschreibung dessen, was die
Bundeswehr heute leistet. In einem völlig neuen Europa sind die Streitkräfte, sind die Soldaten diejenigen, die die neuen Chancen am intensivsten nutzen.
Vielen Dank.