Rede von
Antje
Hermenau
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegen Sparen und Konsolidieren habe ich nichts einzuwenden, wenn es an der richtigen Stelle geschieht. Das, glaube ich, war bei den Haushaltsberatungen zum Auswärtigen Amt nicht ganz der Fall.
Antje Hermenau
Dem Kapitel „Allgemeine Bewilligungen", welches die humanitäre Hilfe einschließt, wurde der Löwenanteil der Einsparungen aufgedrückt. Das wiegt um so schwerer, als von den 951 Millionen DM sowieso schon zwei Drittel als Pflichtbeiträge an internationale Organisationen festgelegt sind.
Angesichts weltweiter Bürgerkriege, ethnischer Konflikte und von Territorial- und Machtkämpfen aller Art halten wir es jedoch im Gegensatz zur Koalition für dringend geboten, genau bei diesen Ausgabengruppen im Etat des Auswärtigen Amtes keine Einsparungen vorzunehmen, sondern da zu erhöhen.
Ein entsprechender Änderungsantrag liegt dem Haus vor, nämlich die Manövriermasse für friedenschaffende humanitäre außenpolitische Aktivitäten zu erhöhen und bei solchen Posten wie der unsinnigen Finanzierungshilfe für Kriegsgerätschaften zugunsten des NATO-Mitglieds Türkei kompromißlos zu streichen.
Der Antrag zu den heute schon viel zitierten Meko-Fregatten wurde von uns bezüglich des unberechenbaren und zum Teil eben auch völkerrechtswidrigen Verhaltens der Türkei gegenüber der kurdischen Zivilbevölkerung heute noch einmal nachdrücklich gestellt. Kriegsschiffe wie diese Fregatten können zwar nicht direkt gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt werden, aber der Antrag stellt eines klar: Keine Lieferungen von Waffen an andere Länder, erst recht nicht, wenn sie sich völkerrechtlich nicht eindeutig verhalten.
Gestellt haben wir ihn aber auch im Blick auf die Gefahr, daß die Türkei den NATO-Partner Griechenland in der Ägäis bedrohen könnte. Ich bin gespannt, nachher zu hören, was die CDU/CSU-Fraktion zu dem Thema zu sagen hat. Wir würden mit dem Geld lieber friedenserhaltende Maßnahmen der UNO unterstützen. Mit jeweils 50 Millionen DM im Jahr für die nächsten drei Jahre stünden wir international hervorragend da.
Die Koalition ist uns bei unserem Antrag, der die völlige Streichung der zugesagten Finanzierungshilfen zum Bau von zwei Meko-Fregatten in Höhe von 150 Millionen DM für die nächsten drei Jahre beinhaltet, mittlerweile entgegengekommen und möchte qualifiziert sperren. Das heißt, daß der Haushaltsausschuß dann, wenn die Türkei keine Kurden mehr umbringt, diese Meko-Fregatten genehmigt. Oder wie verhält sich das?
Ich bin gespannt darauf, welche Formulierungen das Auswärtige Amt hinsichtlich der Bedingungen für die Aufhebung der Sperre finden wird. Vielleicht folgende: Nur wenn sich die Türkei nicht länger als zwei Jahre im Nord-Irak aufhält und nicht mehr als 20 kurdische Dörfer zerstört und in kein weiteres
Land einmarschiert, könnten wir vielleicht die Finanzierungshilfe gewährleisten!
Ich werde mir als Mitglied des Haushaltsausschusses sehr wohl anhören, was Sie vorzubringen haben, um diese qualifizierte Sperre aufzuheben.
Ich möchte eines sagen: Es geht nicht vordringlich darum - um auf Ihren Vorwurf des Zynismus einzugehen -, den Türken zu sagen, wie sie sich zu benehmen haben. Das wäre zu Recht, Herr Kinkel, Kulturimperialismus. Es geht aber sehr wohl darum, meine Damen und Herren, ob Europa in der Lage ist, sein Profil in dieser Begegnung der Kulturkreise zu schärfen, damit deutlich wird, was es bedeutet, dazuzugehören.
Wenn es die Europäer nicht schaffen, ihre eigenen christlich-abendländischen Kulturvorgaben einzuhalten, wie wollen Sie dann erreichen, daß die Zusammenarbeit in Europa so kultiviert wird, daß jeder die Regeln einhält? Sie, Herr Riedl von der CSU, sprechen öffentlich von „parlamentarischem Firlefanz". Es kann ja sein, daß Sie die Mühen demokratischen Verhaltens in der CSU leid geworden sind. Aber daß Sie die Würde des Parlaments verletzten, weil es eine solche Frage ernst nimmt, lasse ich Ihnen heute hier nicht durchgehen.
Wenn Ihre Koalition eine Werften-ABM haben will, dann soll sie es auch so nennen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.