Rede von
Michael
Glos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Ministerpräsident des Saarlandes kann auf praktische Beispiele der Steuervereinfachung und des Entgegenkommens in Sachen Steuern verweisen. Nicht umsonst hat Zwick junior die Johannisbad AG ins Saarland verlegt und dann prompt die Steuern, die er in Bayern bezahlt hat, zurückbekommen. Wenn das die Steuergerechtigkeit für die kleinen Leute ist, die Sie einfordern, Herr Ministerpräsident, dann gute Nacht!
Sie haben aber sehr bewußt heute nicht mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik begonnen, für die Sie in der Troika zuständig sind, sondern mit allerlei Ablenkungsmanövern versucht, über Ihre Fehlprognosen hinwegzutäuschen: Sie müssen uns nicht mehr mahnen, die polnische Westgrenze anzuerkennen; das ist längst geschehen. Wir brauchen auch nicht Ihre Ratschläge, wie wir mit dem 8. Mai umzugehen haben. Das wird sicher mit großer Würde erfolgen. Wir werden der Tatsache gedenken, daß an diesem Tag ein Teil unseres Vaterlandes befreit worden ist, ein anderer Teil leider unter Diktatur verblieben ist. Wir werden der Opfer gedenken, die dieser Weltkrieg im In- und im Ausland gefordert hat. Und wir werden mit den Millionen Menschen fühlen, die als Folge des Zweiten Weltkrieges aus ihrer angestammten Heimat verjagt worden sind.
Wir dürfen uns nicht nur am 8. Mai dieses Tages erinnern, sondern müssen vor allen Dingen aus unserer Geschichte die Lehren für die Zukunft ziehen. Dazu gehört vor allen Dingen, daß wir in der Welt die Verantwortung übernehmen, die uns Deutschen zusteht und der wir nicht ausweichen dürfen, nämlich Frieden zu stiften. Dazu gehört - das erwartet man von uns Deutschen -, daß wir unsere ökonomischen Fundamente in Ordnung halten und mit unserer wirtschaftlichen Stärke dazu beitragen, diese Welt besser zu machen.
Damit bin ich bei dem möglichen Super-GAU, der hätte passieren können: Es wäre ein Super-GAU gewesen, wenn Herr Lafontaine Wirtschafts- und Finanzminister in diesem Land geworden wäre.
Er ist ein Mann der Fehlprognosen; seine Vorhersagen stimmen nicht. Noch kurz vor der Bundestagswahl haben Sie im Scheinwerferlicht der Bundespressekonferenz ein gesamtstaatliches Finanzierungsdefizit in der Größenordnung von weit über 100 Milliarden DM beschworen. Sie haben Sondersitzungen verlangt und den Bundesfinanzminister aufgefordert, neue Finanzpläne auszuarbeiten. Heute sind diese Defizite gottlob niedriger, als wir alle es erwartet haben. Das ist eine gewaltige Leistung.
Im September 1994 haben Sie den Bundeskanzler der „Steuerlüge" bezichtigt. Ich darf zitieren, was Sie am 5. September 1994 in ntv gesagt haben - Herr Lafontaine, Sie haben dann anschließend Gelegenheit, sich zu entschuldigen; deswegen sollten Sie sich sehr bewußt ins Gedächtnis rufen, was Sie vor der deutschen Öffentlichkeit gesagt haben -:
Kohl lügt jetzt wieder. Er wird nach der Wahl, wenn er im Amt bleibt, die Mehrwertsteuer erhöhen.
Michael Glos
Gott sei Dank ist Helmut Kohl im Amt geblieben. Die Mehrwertsteuer wird nicht erhöht, und sogar die Finanzierung der Kohle - auch der teuren Kohle, die in Ihrem Land gefördert wird - wird auf den Bundeshaushalt übertragen, ohne daß dieser Bundeshaushalt aus den Fugen gerät.
In der Debatte am 29. Juni 1994 haben Sie uns für den Februar dieses Jahres 4 Millionen Arbeitslose prognostiziert. Dies ist nicht eingetreten. Gleichzeitig haben Sie der Bundesregierung vorgehalten, es genüge nicht, mit Blick auf den Wahltermin erste Konjunkturschwalben zu feiern. Wir wissen, daß wir inzwischen einen Wirtschaftsaufschwung erreicht haben, der sich selber trägt. Wir brauchen ihn ganz dringend, nicht zuletzt um die Schulden des Saarlandes mitfinanzieren zu können.
Sie sind ein Herr der Irrtümer, sozusagen der Irrtum-Oskar, eine Art Daniel Düsentrieb der Wirtschaftsprognose. Alles, was Sie bisher prognostiziert haben, war falsch.
- Frau Matthäus-Maier, von Herrn Lafontaine und Ihnen finanzpolitische Ratschläge anzunehmen ist so töricht,
wie wenn man Frau Griefahn nach dem Sinn des Familienzusammenhaltes fragt. Nur, Frau Griefahn ist in Fragen des Familienzusammenhalts immer noch sehr viel kompetenter als Sie in Finanzprognosen.
- Herr Fischer, Sie nutzen jede Gelegenheit, um auf sich aufmerksam zu machen.
Ich habe gehört, Sie hätten jetzt sogar Ihre Büste im Haus der Geschichte aufstellen lassen. Deswegen sind Sie aber noch lange keine geschichtliche Figur geworden.
Das Saarland hat die höchste Pro-Kopf-Verschuldung aller Flächenstaaten; darüber sollten wir einmal reden. Sie haben Ihren letzten Haushalt gerade noch einmal - am Rande der Verfassung - hinbekommen. Ohne Bundeszuschüsse in Höhe von 2 Millliarden DM jährlich könnten Sie Ihren Haushalt überhaupt nicht aufstellen. Außerdem: Ich habe mir sagen lassen - dazu sollten Sie entweder selbst etwas sagen oder sagen lassen -, Sie würden hier herkommen und über den Bundeshaushalt 1995 reden, ohne in Ihrem Land bisher den Haushalt für dieses Jahr aufgestellt zu haben.
Gehen Sie doch erst einmal nach Hause und machen Sie Ihre Hausaufgaben!
Die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Koalition hat die entscheidenden Grundlagen für die wirtschaftliche Belebung geleistet. Deutschland und die D-Mark sind Horte der Stabilität. Der Dollarkurs steht zur Zeit bei 1,378 DM. Ich weiß nicht, ob das ein Grund ist, stolz zu sein.
Jedenfalls entwickeln sich die Märkte nach den Finanzströmen, und die Finanzströme richten sich nach dem Vertrauen. Das Vertrauen in die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik Deutschland ist sehr hoch.
Ich befürchte, daß uns dieser niedrige Dollarkurs in vielen exportorientierten Bereichen Sorge machen wird. Das wird uns immer wieder veranlassen, uns nach der Decke zu strecken und uns daran zu erinnern, daß wir auf den internationalen Märkten konkurrieren müssen und daß uns wegen „Made in Germany" allein niemand etwas abkauft, weil inzwischen auch andere Länder in der Lage sind, qualitativ hochwertige Produkte zu fertigen.
Immer mehr deutsche Markenprodukte werden in anderen Ländern gefertigt. Wir erleben eine Globalisierung der Wirtschaft, wie wir sie noch nie hatten. Wir können das nicht aufhalten.
Ich war während der Zeit des deutschen Metallarbeiterstreiks zufällig bei BMW in Pretoria. In diesen Streik und in den damit verbundenen Kostenschub hat man dort große Hoffnungen gesetzt. Man hat gesagt: Qualitativ sind wir nun gleichwertig mit den deutschen Werken. - Das ist auch vom internen Qualitätssicherungssystem, das in allen großen Konzernen vorhanden ist, anerkannt. Die Chance, daß jetzt die Märkte der südlichen Halbkugel mit dem 3er-
BMW von Pretoria und nicht mehr von Deggendorf aus beliefert werden, steigt mit jedem Kostenschub, den wir bei uns produzieren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist die Wahrheit.
Sie sollten die Arbeitnehmer auch darüber aufklären: Durch Solidarität mit Streikenden und dem Erscheinen an den Toren der Fabriken - die SPD-Abgeordneten haben sich dazugestellt und den Streikenden gut zugeredet, weiterzustreiken -, in denen will-
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kürlich gestreikt wird - Bayern war als Streikregion ja willkürlich gewählt -, wird man der Verantwortung für die Arbeitnehmer bei uns im Land schon lange nicht mehr gerecht.
Wir wären jetzt die Sorgen - und das sind die geringeren -, die eine starke Mark mit sich bringt, ein ganzes Stück los, wenn Sie die letzte Bundestagswahl gewonnen hätten. Das ist ganz sicher. Dann wären wir in die zweite Liga abgestiegen,
dann würde sich die Stabilität der Mark der italienischen Lira immer stärker annähern. Das würde zwar manche Probleme lösen, aber andere und viel größere Probleme schaffen. Vor allen Dingen: Wenn wir Ihren haushalts- und steuerpolitischen Vorschlägen folgten, bekämen wir ein Defizit von weit über 100 Milliarden DM. Dann würde genau der umgekehrte Schub auf den Finanzmärkten einsetzen. Das, was wir vermeiden wollen, würde dann eintreten.
Ich möchte jetzt gern ein paar Äußerungen aus Ihrer Rede aufgreifen, Herr Ministerpräsident. Sie haben von Steuervereinfachung gesprochen. Ich kann nur sagen: Die meisten Komplizierungen werden in die Steuergesetze durch die faulen Kompromisse hineingetragen, zu denen der Bundesrat mit seinen Einsprüchen zwingt.
- Das ist nicht unehrlich, Frau Matthäus-Maier.
Ich habe Gelegenheit gehabt, mit Ihnen zusammen viele Steuergesetze zu machen. Wir hatten zu der Zeit allerdings eine klare Mehrheit im Bundesrat, zwischen 1986 und 1990, und dadurch war sehr vieles leichter als heute. Sie können jetzt mithelfen, den im Bundesrat Handelnden gute Ratschläge zu geben, damit die Verkomplizierung nicht weiter Platz greift.
Ich weiß natürlich, daß die größte Vereinfachung dann besteht, wenn man überhaupt keine Steuern mehr zahlen muß. Aber dennoch: Auch die Maßnahmen, die der Bundesfinanzminister jetzt auf den Weg gebracht hat, nämlich die Entlastung der Bürger um 30 Milliarden DM durch die Steuerfreistellung des Existenzminimums und durch eine wesentliche Verbesserung beim Familienlastenausgleich, führen dazu, daß eineinhalb Millionen Menschen, die bisher Einkommensteuererklärungen abgeben mußten, in Zukunft keine mehr abgeben müssen und damit auch keine Steuern mehr zahlen müssen. Das ist für mich die großartigste Steuervereinfachung.
Auch die heute stark kritisierte geplante Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer halte ich für äußerst notwendig für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Wer hier glaubt, er könne sich bei den Kommunen ganz billig einschmeicheln, indem er mit falschen Zahlen und falschen Prognosen versucht, dies zu verhindern, der ist auf dem Holzweg. Die kommunalen Spitzenverbände werden erkennen, daß die Beteiligung an der Umsatzsteuer auf die Dauer sehr viel mehr Sicherheit
in der Steuerkalkulation und in der Einnahmevorausschätzung für die Kommunen bringt. Sie werden Sie dazu zwingen, unserem Vorschlag zuzustimmen; er ist eine einmalige Chance für die Kommunalfinanzen.
Ich bin überzeugt, daß der Rat Ihrer Oberbürgermeister, Ihrer Oberkreisdirektoren, Ihrer Landschaftsverbandsvorsitzenden usw. - was weiß ich, was es alles gibt; in sozialdemokratisch regierten Ländern gibt es mehr Bürokratie als in Bayern, wo ich mich mit den Strukturen besser auskenne - Sie dazu bringen wird, hier der Vernunft gemäß zu handeln.
Es ist ja nicht so, daß für die Industrieunternehmen, die wir bei uns im Land halten wollen oder die wir von außerhalb gewinnen wollen, nur die Kosten zählen, die sie für die Arbeit, für die Infrastruktur aufzubringen haben. Ein ganz entscheidender Kalkulationsfaktor, wenn es um den Standort geht, sind auch die Kapitalkosten. Die Gewerbesteuer ist überholt; zumindest die Gewerbekapitalsteuer muß schnell abgeschafft werden.
Mit einer tariflichen Jahresarbeitszeit von 1 620 Stunden liegt Deutschland weit hinter allen Industrieländern. In den Vereinigten Staaten sind es 1 850 und in Japan fast 1 900 Stunden. Es wäre einmal interessant gewesen, wenn Herr Lafontaine etwas dazu gesagt hätte, warum z. B. das Swatch-Auto nicht im Saarland gefertigt wird, sondern nebenan im Elsaß. Das hat u. a. nicht nur mit den Lohnkosten, sondern auch mit den Energiekosten bei uns im Land zu tun.
Nun möchte ich noch einmal auf die Kernenergie zu sprechen kommen. Ich bin beileibe kein Kernenergiefetischist. In meinem Wahlkreis, in Grafenrheinfeld, steht ein Kernkraftwerk. Es steht sehr nahe bei der Stadt Schweinfurt, und es ist für einen Abgeordneten, der dort direkt gewählt worden ist, nicht unproblematisch, den Bürgerinnen und Bürgern seine Notwendigkeit zu erklären.
Ich habe - wie die allermeisten - großes Vertrauen in die Zuverlässigkeit der deutschen Technik, auch unserer Bedienungsmannschaften und all derer, die Großes leisten, um uns mit preiswerter Energie zu versorgen. Niemand forscht auch mehr in den Bereichen nachwachsender und regenerativer Energie unter den deutschen Bundesländern, als es Bayern tut. Je mehr Spielräume wir durch günstige Strompreise haben, desto mehr können wir für die Forschung aufwenden, um in Zukunft vielleicht etwas Vernünftiges zu finden, was die Kernenergie ersetzt.
Michael Glos
Ich weiß jedenfalls: Gegenwärtig ist die Kernenergie in Deutschland nicht zu ersetzen,
wenn wir nicht gleichzeitig die energieintensive Industrie aus dem Land vertreiben wollen und damit unsere Arbeitsmarktprobleme zusätzlich verschärfen wollen.
Deutschland hat mit 34 % den größten Anteil der Kernenergie an der öffentlichen Stromversorgung. Wir haben gleichzeitig auch die sichersten Kernkraftwerke. Wir haben 21 Kernkraftwerke in Betrieb. Wenn wir sie ersetzen wollten, müßten sehr, sehr viele neue Kohlekraftwerke gebaut werden, mit den entsprechenden Folgen für den CO2-Ausstoß.
Dieses Thema wird ja derzeit sehr intensiv diskutiert. Ich habe der Diskussion nichts hinzuzufügen. Ich möchte nur sagen: In der Welt sind - wenn ich die richtigen Zahlen habe - ca. 440 Kernenergieanlagen in Betrieb, und fast 50 weitere Reaktoren sind im Bau. Rund 17 % des Weltstrombedarfs werden derzeit durch die Kernenergie gedeckt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir Deutschen, die diese Energie mit am besten beherrschen, aussteigen, machen wir die Welt noch lange nicht sicherer.
Im Gegenteil, wenn wir uns ausblenden, verlieren wir auch das Know-how, die Fähigkeit und die Möglichkeit, noch sicherere Kernkraftwerke zu entwikkeln als die derzeitigen. Wir können vor allen Dingen nicht mithelfen, die unsicheren Kernkraftwerke um uns herum zu verbessern. Und das ist unsere Aufgabe.
Das wird zwangsläufig mit deutschem Kapital, mit deutschem Geld geschehen müssen. Wer sonst soll das in den ost- und südosteuropäischen Nachbarländern mitfinanzieren? Auch wenn es aus EG-Mitteln oder von gemeinsamen europäischen Banken finanziert wird, wird es letztendlich mit deutschem Geld mitfinanziert. Dann möchten wir aber auch, daß in Deutschland dadurch Arbeit entsteht und wichtiges Know-how gehalten wird.
Ich weiß, daß ein zweites Tschernobyl verheerende Wirkungen hätte, nicht nur auf die unmittelbare Umgebung, sondern auch auf das Vertrauen der Menschen in die Beherrschbarkeit dieser Technologie. Deswegen sollten wir uns, statt uns in Deutschland unsinnige Ausstiegsdiskussionen zu leisten, aufmachen und die um uns herum befindlichen unsicheren Kernkraftwerke mit deutscher Technik sicherer machen. Darüber zumindest sollten wir uns einig sein.
Wo sind die Rezepte der SPD geblieben, um die Lage unseres Landes zu verbessern? Ich habe sie heute vermißt.
Ich habe heute Herrn Scharping erlebt - ich habe sehr intensiv zugehört, Herr Schmidt -, der lediglich versucht hat, vor seiner eigenen Riege eine Art Schaulaufen zu veranstalten. Es ist ja bekannt, was sich z. B. am vergangenen Montag in der SPD-Fraktion abgespielt hat.
Der Herr Bundeskanzler und auch Kollege Solms haben heute schon einmal eine der Stellvertreterinnen von Herrn Lafontaine, nein, von Herrn Scharping - bei Ihnen wechseln ja die Vorsitzenden so schnell, daß man immer zu tun hat, nachzukommen - zitiert. Ich möchte zitieren, was über eine andere Stellvertreterin von Herrn Scharping im „Handelsblatt" geschrieben worden ist. Das ist, wenn ich es richtig sehe, so etwas wie die Leib- und Magenzeitung der Frau Matthäus-Maier. Ich kenne keine andere Zeitung, in der sie so oft mit Bild erscheint. Da steht u. a. zu lesen, daß sie das „Vorgehen der eigenen Haushälter und Verteidiger" verdammt hat, daß es Herrn Lafontaine ungeheuer schwergefallen ist, Ruhe in die Fraktionssitzung zu bringen.
Es heißt dort wörtlich:
Angesichts einer absehbaren Mehrheit für diese populistische Position in der inzwischen eher nach links neigenden Fraktion sah sich Scharping offenbar gezwungen, gegen die eigenen Haushälter und „ Verteidiger" zu stimmen.
Es gibt eine ganze Reihe von Zeitungen - ich könnte die „Süddeutsche Zeitung" zitieren -, die sich inzwischen mit der furchtbaren Situation in der SPD-Fraktion beschäftigen.
Nun könnten wir darüber kurzfristig Schadenfreude zeigen. Wenn man sich jedoch überlegt, daß die Opposition von heute einmal die Regierung von morgen sein kann, so wird es einem angst und bange um das, was in unserem Land dann offensichtlich möglich wäre.
Ich habe die Rede von Herrn Scharping heute morgen so verstanden, daß er gehandelt hat - das ist ihm ja auch gelungen - wie in der Geschichte vom Capitano. Sie kennen die Geschichte vielleicht; ich darf sie ganz kurz erzählen: Der Capitano befiehlt den Angriff im Morgengrauen, springt aus dem Schützengraben und ruft: „Vorwärts, Kameraden!" Die Re-
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aktion: Beifall in den Schützengräben hinter ihm, vereinzelte Rufe „Bravissimo, Capitano!"
Ähnlich ist der Zustand in Ihrer Partei und Fraktion: ein gespaltener und zerrissener Haufen, der nicht nur zur Regierung, sondern auch schon zur Opposition unfähig ist. Auch in dieser Rolle läuft Ihnen, ob Sie wollen oder nicht, Herr Fischer ein ganzes Stück den Rang ab. Und was ist in Hessen passiert? Da ist ein grüner Fuchs in einen roten Hühnerstall eingefallen.
Die erschreckte Reaktion zeigt dies alles überdeutlich.
Ich will der Frau Wieczorek-Zeul nicht so viel Ehre antun und noch einmal alles vorlesen, was sie in dem wirklich nachlesenswerten Interview im Bonner „General-Anzeiger" von heute alles gesagt hat.
In Bayern ist der Zustand der SPD fast noch schlimmer. Es findet ein kabarettreifes „Schmidteinander" statt. Renate Schmidt sagt über Bonn zur Ablenkung: „Da läuft einiges schief, was wir korrigieren müssen. " Deswegen will sie wieder nach Bonn, angeblich zur Rettung der SPD. In Bayern wird sie nicht gebraucht.
- Zum Haushalt? Ja, darüber rede ich doch die ganze Zeit.
Sie hätten zuhören müssen. Dem Haushalt liegt immer eine bestimmte Politik zugrunde. Wir reden hier über die Politik und nicht über Erbsenzählereien. Das habe ich früher lange genug im Haushaltsausschuß getan.
Was die SPD in Bayern mit ihrer Vorsitzenden gemacht hat, das ist schon eine große Gemeinheit. Da bezeichnet der SPD-Landtagsabgeordnete Schösser Edmund Stoiber als eine „Lichtgestalt" - so weit geht sonst nur die CSU-Landesgruppe.
Was ich vor allen Dingen beklagen will, ist, was man mit Frau Schmidt dort gemacht hat. Ich möchte das einmal in Ihre Vorstellungswelt übertragen: Das ist, als wenn man den Herrn Struck zugleich zum stellvertretenden Parteivorsitzenden, zum geschäftsführenden Fraktionsvorsitzenden und zum Generalsekretär machen würde und dann immer noch versichert, das alles sei nicht gegen den Herrn Scharping gerichtet.
Zu Recht schreibt Herr Deubmann in der „Süddeutschen Zeitung":
Nun ist bald Ostern, und geändert hat sich nichts. Die 252 Bonner SPD-Abgeordneten bieten wie seit Jahren das jämmerliche Bild einer nörgelnden, undisziplinierten und am liebsten mit sich selbst beschäftigten Ansammlung von Politikern, die zufällig zur selben Partei gehören.
Ich habe dem sehr wenig hinzuzufügen.
Ich kann nur sagen: Wir tragen diese Koalition mit. Herr Bundeskanzler, ich habe mit sehr großer Freude gehört, daß Sie noch mindestens bis zum Jahr 2001 zur Verfügung stehen.
Deswegen kann ich für die CSU-Landesgruppe versichern, daß sie dann unter meinem Vorsitz immer noch sehr gerne mit Ihnen zusammenarbeiten wird.
Es ist selbstverständlich, daß wir dem Einzelplan 04, um den es heute geht, zustimmen.
Danke schön.