Rede von
Hans-Joachim
Hacker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte sich der Bundestag mit Anträgen der SPD-Fraktion zur Herstellung der Rechtseinheit bei grundeigenen Bodenschätzen befaßt. Diese Anträge wurden in den Ausschüssen und im Plenum abgelehnt. Das ist ein außerordentlicher Vorgang, wenn wir uns vor Augen halten, daß seit 1990 ein Rechtsanpassungsprozeß gestaltet wurde und wird und dabei insbesondere die Eigentumsschutzgarantien einen Schwerpunkt darstellen.
Über die Grundfrag en der Eigentumsregelungen in den neuen Ländern an dieser Stelle zu reden würde die Zeit überschreiten. Ich will nur feststellen: Der bislang bestehende Zustand der Rechtsspaltung bei mineralischen Bodenschätzen benachteiligt die ostdeutschen Bodeneigentümer und räumt den Kommunen nicht den gebotenen Mitwirkungsrahmen bei der Erschließung von Lagerstätten ein.
Zur Bewertung der rechtlichen Problematik rufe ich in Erinnerung, daß während der DDR-Zeit feste Teile der Erdkruste, die u. a. als Baustoffe Verwendung fanden, wie gewöhnliche Kiese, Tone und Sande, keine volkseigenen Bodenschätze waren. Das heißt: Es bestand Privateigentum - nach der damaligen DDR-Terminologie: persönliches Eigentum - an diesen Bodenbestandteilen.
Hans-Joachim Hacker
Diese Rechtssituation, meine Damen und Herren, wurde durch das Verfassungsgrundsätzegesetz der Volkskammer vom Juni 1990 noch aufgewertet, da mit diesem Gesetz der Eigentumsschutz in der DDR der Werteordnung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland angepaßt wurde.
Es bleibt eine Spekulation, an der ich mich hier nicht beteiligen möchte, wie es zu der Verordnung des DDR-Ministerrats am 15. August 1990 kam,
wonach Bergwerkseigentum an die Treuhandanstalt übertragen werden konnte,
die wiederum ein Veräußerungsrecht erhielt. Ein eigenartiger Vorgang.
Damit wurde meines Erachtens unter Bruch der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie in das Vermögen der Grundeigentümer der DDR eingegriffen.
Meine Damen und Herren, das als Begründung für diesen Eingriff beigezogene Argument, die Wirtschaftskraft der Treuhandanstalt zu stärken, ist sowohl rechtlich mehr als fragwürdig als auch praktisch weitestgehend gegenstandslos, da die tatsächlichen Gewinne aus diesen Verkäufen den privaten Kiesbauunternehmen zufließen.
Es ist auch mehr als fragwürdig, daß sich die Koalition bislang der Herstellung der Rechtseinheit bei den mineralischen Bodenschätzen mit dem Hinweis auf die Störung des wirtschaftlichen Aufschwungs in den neuen Ländern verweigert hat. Meine Damen und Herren, ich glaube im Gegenteil, daß die Entscheidungen der Koalition in den letzten Jahren in Verbindung mit der Ausarbeitung des Einigungsvertrages entscheidende Hemmnisse für den Wirtschaftsaufschwung gesetzt haben.
Diese Entscheidungen haben dann auch zu einer enormen Investitionsblockade geführt. Ich verweise insbesondere auf drei Bereiche, und zwar erstens auf den Bereich der Vermögensfragen, über den wir zu dem vorherigen Tagesordnungspunkt diskutiert haben, und hierbei insbesondere auf das fehlerhafte Prinzip Rückgabe vor Entschädigung.
Ich verweise zum zweiten auf das Fehlen - das haben wir auch lang und breit in diesem Haus diskutiert - einer Wirtschaftsstrukturpolitik in den neuen Ländern und den Wirkungen aus der Treuhandpolitik. Hierbei bin ich mir mit unserem Kollegen Kolbe aus Sachsen völlig einig, der feststellt: Die kommende Generation wird schwer an den Folgen der Treuhandpolitik zu tragen haben. Birgit Breuel hinterläßt das größte Fiasko der bundesdeutschen Politik seit 1949.
Hier wurden nicht nur Fehler gemacht, sondern eine grundfalsche Politik betrieben. Es ist eine reine Filialwirtschaft in den neuen Ländern entstanden, und die Industrieforschung kränkelt herum. Wer denkt, daß Herr Kolbe Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion ist, der irrt. Zur Erklärung: Herr Kolbe ist Mitglied der CDU/CSU-Fraktion.
- Das meine ich auch. Er hat trotzdem recht!
Wenn in der Koalition jetzt endlich eingesehen wird - und ich komme noch zu einem dritten Punkt und will die Verschleppung der Regelung der Altschuldenprobleme ansprechen, die ja bis zum heutigen Tage teilweise ungelöst sind; ich meine jetzt insbesondere den Bereich der sogenannten Gesellschaftsbauten -, daß im Einigungsprozeß Fehler gemacht wurden, begrüße ich diese Erkenntnis. Uns liegen ja auch Signale vor, daß man vielleicht jetzt doch Interesse hätte, unseren Antrag intensiver zu prüfen. Das möchte ich ausdrücklich begrüßen.
Nach Pressemitteilungen will Herr Kollege Schäuble
- Herr Kollege Schwanitz ist schon darauf eingegangen - sogar den Einigungsvertrag ändern und verweist auf rentenrechtliche Regelungen. Der sächsische Justizminister, Herr Heitmann, stimmt diesen Vorschlägen eigenartigerweise zu und bringt Vorschläge ein, Probleme hinsichtlich des Eigentums einer Nachbesserung zu unterwerfen.
Meine Damen und Herren, für mich und sicherlich auch für die betroffenen Bürger in den neuen Ländern stellt sich die Frage: Sind das wieder Ankündigungen zur Seelenberuhigung für die Gruppen in den neuen Ländern, deren Rechte im Einigungsprozeß nicht ausreichend berücksichtigt wurden, oder besteht eine ehrliche Handlungsabsicht der Bundesregierung? Die Koalition sollte bei diesen grundsätzlichen Fragen endlich konkret sagen, ob sie aus diesen nebulösen Andeutungen praktische Politik macht, und das Herumschwadronieren in diesen existentiellen Fragen aufgeben.
Einen Bereich der Ungleichheit, der scheinbar auch von Herrn Heitmann und Herrn Schäuble gesehen wird, könnten wir sicher schnell lösen, wenn Ihre verbalen Erklärungen ernstgemeint sind, nämlich die bisherige Rechtsspaltung im Bergrecht. Sie können nicht länger auf das Bundesverfassungsgericht schielen und hoffen, daß das Problem durch Richterspruch gelöst wird.
Hans-Joachim Hacker
Die Regierung de Maizière hat einen Fehler gemacht, der mit dem Einigungsvertrag leider nicht korrigiert wurde. Die Bundeswirtschaftsminister Möllemann und Rexrodt haben das Problem trotz entsprechender Hinweise nicht aufgegriffen, verstecken sich hinter dem Einigungsvertrag und tragen pseudowirtschaftliche Argumente vor. Wir, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, müssen jetzt handeln und die Mängel beseitigen.
Der SPD-Antrag zur Vereinheitlichung des Bergrechtes nach der deutschen Einheit zielt darauf ab, erstens, die in den neuen Ländern wohnenden Grundeigentümer gleichzustellen, zweitens, die dringend notwendige Beteiligung der Kommunen im Entscheidungsprozeß über den beabsichtigten Rohstoffabbau zu sichern und drittens, daß bei betriebsplanpflichtigen Vorhaben Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt werden.
Meine Damen und Herren, mit der Ablehnung der SPD-Anträge in der 12. Legislaturperiode haben Sie den Grundeigentümern und den Kommunen in den neuen Ländern einen schlechten Dienst erwiesen. Jetzt ist Gelegenheit zur Korrektur. Auch Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, haben selbstverständlich das Recht zum Irrtum, meines Erachtens jedoch jetzt auch die Pflicht zum Handeln bei besserer Einsicht. Ich bin zuversichtlich, daß uns die Korrektur der unglücklichen Regelung in der Verordnung des DDR-Ministerrates vom 15. August 1990 gelingen wird.
Was die künftige Zuordnung dieser mineralischen Rohstoffe betrifft, so betrachten wir Sozialdemokraten aufmerksam, was sich im Bundesrat tut. Der Freistaat Thüringen und das Land Brandenburg haben Anträge gestellt, die das Regelungsziel der parlamentarischen Initiative der SPD-Bundestagsfraktion unterstützen.