Rede:
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/25 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 25. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. März 1995 Inhalt: Tagesordnungspunkt 12: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Situation der Kinder und Jugendlichen und die Entwicklung der Jugendhilfe in den neuen Bundesländern - Neunter Jugendbericht - mit der Stellungnahme der Bundesregierung zum Neunten Jugendbericht (Drucksache 13/70) Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 1779 B Dr. Edith Niehuis SPD 1782 B Wolfgang Dehnel CDU/CSU 1784 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1786 B Dr. Edith Niehus SPD 1787 C Heinz Lanfermann F.D.P 1789 B Rosel Neuhäuser PDS 1790 C Klaus Riegert CDU/CSU 1792 B Thomas Krüger SPD 1793 D, 1799 B Klaus Riegert CDU/CSU 1794 A Jürgen Türk F.D.P 1796 A Monika Brudlewsky CDU/CSU 1797 C, 1799 C Ursula Mogg SPD 1799 D Kersten Wetzel CDU/CSU 1801 C Klaus Hagemann SPD 1802 D Helmut Jawurek CDU/CSU 1804 C Thomas Krüger SPD 1805 C Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. 1806 B Eckart von Klaeden CDU/CSU 1806 C Tagesordnungspunkt 14: Erste Beratung des von dem Abgeordneten Manfred Müller (Berlin) und der weiteren Abgeordneten der PDS eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (§ 116) (Drucksache 13/581) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Erste Beratung des von den Abgeordneten Annelie Buntenbach, Kerstin Müller (Köln), Elisabeth Altmann (Pommelsbrunn) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgeseizes (§ 116) (Drucksache 13/691) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederherstellung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen (Drucksache 13/715) Rudolf Dreßler SPD 1807 C Andreas Storm CDU/CSU 1809 B Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1810 D Uwe Lühr F.D.P 1811 D Manfred Müller (Berlin) PDS 1812 D Wolfgang Vogt (Düren) CDU/CSU 1813 D Adolf Ostertag SPD 1814 C Rudolf Kraus, Parl. Staatssekretär BMA . 1816 B Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes (Drucksache 13/204) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Rita Grießhaber und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Mehr Zeit und Geld für Kinder (Drucksache 13/711) Rita Grießhaber BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1817 C Walter Link (Diepholz) CDU/CSU 1818 B Hildegard Wester SPD 1819 D Heinz Lanfermann F.D.P. 1821 D Heidemarie Lüth PDS 1823 A Tagesordnungspunkt 15: Antrag der Abgeordneten Cern Özdemir, Christa Nickels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Beschränkung der Ab-schiebungshaft von Ausländerinnen und Ausländern (Drucksache 13/107) Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1824 A Eckart von Klaeden CDU/CSU 1825 C Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD 1826 D Dr. Max Stadler F.D.P. 1828 B Ulrich Irmer F.D.P 1828 D Ulla Jelpke PDS 1829 D Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 1830 B Dr. Winfried Wolf PDS 1831 A Dieter Wiefelspütz SPD 1831 B Nächste Sitzung 1831 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 1832* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 1832* C 25. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 10. 3. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Blunck, Lilo SPD 10. 3. 95** Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 10. 3. 95** Dr. Däubler-Gmelin, SPD 10. 3. 95 Herta Eichstädt-Bohlig, BÜNDNIS 10.3. 95 Franziska 90/DIE GRÜNEN Eymer, Anke CDU/CSU 10. 3. 95 Genscher, F.D.P. 10. 3. 95 Hans-Dietrich Dr. Glotz, Peter SPD 10. 3. 95 Hanewinckel, Christel SPD 10. 3. 95 Hauser CDU/CSU 10.3. 95 (Rednitzhembach) Hansgeorg Heistermann, Dieter SPD 10. 3. 95 Heym, Stefan PDS 10. 3. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 10. 3. 95 Dr. Jacob, Willibald PDS 10. 3. 95 Kanther, Manfred CDU/CSU 10. 3. 95 Knoche, Monika BÜNDNIS 10. 3. 95 90/DIE GRÜNEN Kunick, Konrad SPD 10. 3. 95 Labsch, Werner SPD 10. 3. 95 Leidinger, Robert SPD 10. 3. 95 Leutheusser- F.D.P. 10. 3. 95 Schnarrenberger, Sabine Limbach, Editha CDU/CSU 10. 3. 95 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 10. 3. 95 Schäfer (Mainz), Helmut F.D.P. 10. 3. 95 Dr. Scheer, I Iermann SPD 10. 3. 95* Schmidt (Aachen), SPD 10. 3. 95 Ursula Schumann, Ilse SPD 10. 3. 95 Schwanitz, Rolf SPD 10. 3. 95 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 10. 3. 95 Christan Dr. Skarpelis-Sperk, SPD 10. 3. 95 Sigrid Sorge, Wieland SPD 10. 3. 95 Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Steindor, Marina BÜNDNIS 10. 3. 95 90/DIE GRÜNEN Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 10. 3. 95 Vergin, Siegfried SPD 10. 3. 95 Vosen, Josef SPD 10. 3. 95 Welt, Jochen SPD 10. 3. 95 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 10. 3. 95 Wohlleben, Verena SPD 10. 3. 95 Zierer, Benno CDU/CSU 10. 3. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 13/28 Drucksache 13/112 Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, daß sie die Anträge „Solidarität mit Salman Rushdie und Appell gegen die Einschränkung von Meinungsfreiheiten", Drucksache 13/548, und „Beteiligung einer Delegation des Deutschen Bundestages an der VN-Konferenz in Berlin vom 23. März bis 7. April 1995", Drucksache 13/315, zurückzieht. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Innenausschuß Drucksache 13/218 Nr. 1 Drucksache 13/218 Nr. 3 Drucksache 13/218 Nr. 4 Drucksache 12/7654 Nr. 3.1 Finanzausschuß Drucksache 13/218 Nr. 13 Drucksache 13/218 Nr. 15 Drucksache 13/218 Nr. 18 Haushallsausschuß Drucksache 13/218 Nr. 21 Drucksache 13/343 Nr. 2.27 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/218 Nr. 22 bis Nr. 56 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/218 Nr. 99 Drucksache 13/218 Nr. 101 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 13/218 Nr. 107
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    Rede von Klaus Hagemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch ein junger Kollege!)

    - Danke schön, Herr Kollege, für die Unterstützung.
    Eigentlich müßten bei Ihnen, sehr geehrte Frau Ministerin Nolte, und bei uns allen die Alarmglocken läuten und die Alarmlampen aufleuchten, wenn wir sehen, daß an Wahlen immerhin nur noch 30 bis 40 % der jungen Menschen teilnehmen und daß ein allgemeines Desinteresse an der Politik besteht, das unter den jungen Menschen weit verbreitet ist. Daß dieser meist passive Protest eine Reaktion auf gesellschaftliche Entwicklungen und ungelöste Probleme ist, darin sind wir uns einig. Das zeigt sicherlich auch der Neunte Jugendbericht, den wir heute behandeln.
    Die Aussagen in ihm beziehen sich in erster Linie auf die neuen Länder. Aber es gibt viele Tendenzen, Linien und Entwicklungen, die auf die ganze Republik hindeuten und die wir hier betrachten sollten.

    (Beifall bei der SPD)


    Klaus Hagemann
    Wenn man bereit ist, mit jungen Menschen zu reden - das sollten wir als Politikerinnen und Politiker wesentlich öfter tun -, dann hört man Aussagen, die deutlich machen: An unseren Meinungen und Bedürfnissen besteht bei euch Politikern überhaupt kein Interesse, und um uns kümmert ihr euch erst, wenn wir mit Gewalt und Brutalität auftreten und zuschlagen. Erst dann wird plötzlich sehr viel Geld zur Verfügung gestellt, dann wird auch in Aktionismus gemacht und einiges mit heißer Nadel gestrickt.
    Diese Frustrationen und fehlende Anerkennung führen sicherlich oft zu Haß - gerade in den neuen Ländern können wir das beobachten, aber auch in den alten - und zu Gewalt. Wenn dann noch die einfachen Rezepte aus der rechtsextremen Ecke, die angeblich so einfachen Lösungen, hinzukommen, dann können wir das Entstehen extremistischer Gewalt erklären. Ich meine, wir sollten aufpassen, Gewaltakzeptanz nicht zu verharmlosen, wie wir es heute auch gehört haben.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Wir haben vor kurzem im Ausschuß über den Medienbericht der Bundesregierung geredet. Auch hier war immer wieder nur der Appell zu verzeichnen, Gewalt müsse zurückgeschraubt werden. Hier muß eben auch die Regierung insbesondere den privaten Fernsehsendern deutlich machen, daß andere Wege gegangen werden müssen.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der PDS)

    Meine Damen und Herren, die Alarmzeichen, von denen ich vorhin gesprochen habe, schreien sozusagen nach neuen Wegen und nach neuen politischen Ansätzen. Deshalb kann das von Ihnen politisch geäußerte „Weiter so", wie es auch einmal ein Wahlslogan von Ihnen deutlich gemacht hat, nicht länger gelten. Das große Lob, das sich die Regierung in ihrer Stellungnahme zum Jugendbericht selbst ausspricht, kann unsererseits nicht akzeptiert werden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Das wird natürlich auch in anderen Untersuchungen deutlich als nur im Neunten Jugendbericht. Ich möchte eine nicht gerade sozialdemokratisch orientierte Veröffentlichung zitieren, nämlich eine Broschüre der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft. Der Kollege Rupert Scholz ist dort im Aufsichtsrat. Die hat im Oktober 1994, also vor wenigen Monaten, folgendes geschrieben:
    Die Angst der Jugendlichen, daß die Zukunft in manchen lebensnotwendigen Bereichen gefährdet ist, die Einschätzung, daß die Politik, aber auch die Wirtschaft den Einzelnen zu wenig Gestaltungsmöglichkeiten bietet und falsche Lösungswege beschritten werden, relativieren die Rede von einer zufriedenen oder zufriedengestellten Generation.
    Recht hat die Alfred-Herrhausen-Gesellschaft.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Margareta Wolf-Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Gefordert sind langfristige, auf Prävention aufgebaute politische Ansätze, bei denen junge Menschen politisches Handeln selbst erfahren können, so wie es auch im Jugendbericht deutlich gemacht worden ist. Dies ist nur über aktive, ehrenamtlich aufgebaute Jugendverbände möglich, genauso aber auch bei freien Initiativen, über politische und gesellschaftliche Aktivitäten oder in einer demokratisch organisierten Schule sowie durch mehr Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Deshalb ist der Ansatz notwendig, das AFT-Programm weiterzuführen und nicht abzubauen.
    Meine Damen und Herren, vorhin hat ein Kollege der F.D.P. gesagt, der Ruf der Politikerinnen und Politiker sei „saumäßig". Sicherlich ist hier etwas dran. Wir aber sind - ich wiederhole mich - aufgefordert, wieder mehr mit Kindern zu reden, mit Jugendlichen zu reden, ihre Anliegen aufzunehmen und sie ernst zu nehmen. Wir dürfen nicht übereinander, über die Generationen, sondern wir müssen miteinander reden.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Gerhard Zwerenz [PDS])

    Darüber hinaus möchte ich noch die politische Bildung ansprechen, die einen höheren Stellenwert, insbesondere auch in den neuen Ländern, verdient. Hier ist besonders darauf zu achten, daß die Trägerstrukturen bei den Jugendbildungsstätten wegbrechen, weil, bedingt durch eine beschränkte Anzahl von ABM-Stellen und nur durch Projektförderung, die Kontinuität der Konzepte weggefallen ist und deshalb viele Einrichtungen zur Zeit schließen müssen. Ich hatte gerade gestern mit einer Vertreterin der Jugendbildungsstättenorganisation ein Gespräch, die darauf noch einmal deutlich hingewiesen hat.
    Insgesamt ist aus Finanzsicht zu fordern, daß Kinder- und Jugendpolitik nicht der haushaltspolitische Steinbruch sein darf.

    (Beifall bei der SPD und der PDS)

    Bei Haushaltsberatungen die wir zur Zeit für den Haushalt 1995 führen, hat man aber manchmal das Gefühl, daß es so ist. Im Haushalt gilt es zu sparen. Das ist richtig. Aber es gilt auch, wie vorhin gesagt wurde, daß wir die Mittel umschichten müssen zugunsten der Jugend und der Kinder. Die Förderrichtlinien müssen so konzentriert werden, daß sie nicht, wie vorhin von dem Kollegen Wetzel dargestellt, einen ganzen Leitz-Ordner ausmachen, sondern sie müssen so gestaltet werden, daß eine Konzentration der Mittel, beispielsweise im Bundesjugendplan, entsteht.
    Wenn Kommunen in Ost und West zur Zeit oft gezwungen sind, die Jugendförderung zu kürzen, Jugendeinrichtungen zu schließen, dann ist das natür-

    Klaus Hagemann
    lich falsch. Wir müssen aber auch deutlich sehen, daß es die Bundespolitik ist, die Gemeinden oft im Stich läßt, die die Gemeinden stark belastet. Es sind die ständig steigenden Soziallasten, die den Gemeinden jegliche finanzielle Luft zum Atmen und zum eigenständigen politischen Gestalten nehmen. Wenn ich an das Bundessozialhilfegesetz denke, dann müßte es eigentlich nicht BSHG, sondern KSHG heißen; denn es ist von der Finanzierung her ein kommunal finanziertes Programm. Es ist auch nicht vorgesehen, hier eine Änderung vorzunehmen.
    Lassen Sie mich noch kurz, meine Damen und Herren, die berufliche Bildung ansprechen. Auch hier haben die Jugendlichen in den neuen Ländern das Gefühl, nicht gebraucht zu werden oder, wie es heißt, Menschen zweiter Klasse zu sein. Obwohl wir die Lehrstellengarantie des Bundeskanzlers haben, finden nicht alle ausbildungswilligen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz im Rahmen des dualen Systems. 1993 standen 171 000 Bewerbern 87 500 betriebliche Ausbildungsstellen gegenüber. Das sind 83 500 Stellen, die gefehlt haben. Viele Jugendliche heben also keine Möglichkeit, über das duale System ausgebildet zu werden.
    Es ist zwar richtig, daß die Regierung im außerbetrieblichen Bereich ein Programm gestartet hat, aber in diesem Ausbildungssystem fehlt eben der betriebliche Teil. Hier richtet sich der Vorwurf an die Wirtschaft, vor allem an die Großunternehmen, daß nicht genügend Ausbildungsplätze in Betrieben zur Verfügung gestellt werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Betriebe haben sich aus der dualen Ausbildung verabschiedet bzw. ihre Kapazitäten deutlich eingeschränkt. Hier müssen immer wieder deutliche Forderungen des Bundeskanzlers und von Ihnen, Frau Ministerin, an die Wirtschaft gerichtet werden.
    Aber Appelle alleine reichen nicht; wir müssen neue Systeme finden, die vom Bundestag her gesteuert werden. Wenn wir das Konzept in der Bauwirtschaft sehen, dann wissen wir, daß es der richtige Weg ist, daß die Betriebe, die bereit sind, Ausbildung zu gestalten, Zuschüsse bekommen von anderen, die nicht ausbilden.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Hier müssen wir weiter arbeiten. Das gilt nicht nur für den Ostteil unseres Landes, sondern genauso für den Westen, die alten Bundesländer. Damit das duale System auch zukünftig wirklich dual bleiben kann - auch das gilt für Ost und West -, müssen die Arbeitgeber von der Bundesregierung und vom Bundestag stärker in die Pflicht genommen werden.
    Meine Damen und Herren, meine Redezeit ist abgelaufen. Deshalb darf ich schließen mit dem Hinweis: Wir haben in den nächsten Wochen Zeit, all die Vorschläge und Anregungen im Ausschuß zu beraten und neue Konzepte mit den Jugendlichen, mit
    Jugendverbänden und anderen Organisationen zu erarbeiten, die längerfristig angelegt sind, damit die Jugendpolitik nicht nur ein Reparaturbetrieb gesellschaftlicher Probleme bleibt.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege Hagemann, ebenso wie bei Frau Mogg war das Ihre erste Rede. Ich möchte Ihnen im Namen des Hauses dazu herzlich gratulieren.

(Beifall)

Ich erteile nun dem Abgeordneten Helmut Jawurek das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Jawurek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Befrachten wir die heutige Jugend, so finden wir ein wirklich bemerkenswertes Engagement Hunderttausender Jugendlicher in sozialen, karitativen, kirchlichen, sportlichen und politischen Vereinen und Organisationen und darüber hinaus. Diese jungen Menschen leisten einen wertvollen Beitrag für uns alle, für die Allgemeinheit. Hierfür soll Ihnen an dieser Stelle einmal ganz, ganz herzlich und ausdrücklich gedankt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie des Abg. Matthias Berninger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Was müssen sich diese jungen Menschen aber denken, wenn sie heute die Debatte verfolgen und hören, wie schlecht es angeblich um die Jugend in unserem Land bestellt ist.

    (Hanna Wolf [SPD]: Wie schlecht es um die Regierung bestellt ist!)

    Ein Blick in die Shell-Jugendstudie gibt Aufschluß über die Situation der jungen Generation zu Beginn der 80er Jahre. Die Situation damals war durch einen ausgeprägten Zukunftspessimismus geprägt. Apokalyptische Untergangsvisionen beherrschten die Szene: Kriegsangst - daraus resultierten die großen Friedensdemonstrationen -, atomare Bedrohung, Aufrüstung - Symbol war der NATO-Doppelbeschluß -, Umweltkatastrophen und vieles mehr. Übrigens: Was wären die GRÜNEN heute ohne das damalige düstere Bild?
    Zehn Jahre später, zu Beginn der 90er Jahre, bringt die neue Shell-Studie sehr interessante Ergebnisse. Die Regierung Kohl hat einen weitgehenden Stimmungsumschwung, eine Wende bewirkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD)

    - Sie brauchen nur die Zahlen nachzuschauen. Die
    Shell-Jugendstudie ist zwar etwas umfangreicher -
    es sind acht Bände - als der Jugendbericht, der mit

    Helmut Jawurek
    seinen 713 Seiten schon sehr umfangreich ist, aber ich empfehle Ihnen, dort nachzulesen.

    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Genau!)

    Die Jugend nimmt Abschied vom Pessimismus und wendet sich deutlich zum Optimismus hin.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    71 % der jungen Menschen in Deutschland beurteilen ihre persönliche Zukunft sehr gut oder gut.

    (Thomas Krüger [SPD]: Auch die in Ostdeutschland?)

    - Die Zahlen sind nicht gravierend unterschiedlich; der Anteil ist dort etwas niedriger, aber nicht gravierend.
    Leider ist dieser Optimismus häufig mit einem Rückgang von persönlichem Engagement verbunden, nach dem Motto: Soziales Engagement ja, aber bitte ohne mich.

    (Thomas Krüger [SPD]: Das ist nämlich der Punkt! Jeder stirbt für sich allein!)

    - Ich erwähne das, Herr Kollege, und ich bedaure dies auch.

    (Thomas Krüger [SPD]: Aber das hat nichts mit Optimismus zu tun!)

    Betroffen macht mich aber, daß die SPD in ihrem heutigen Entschließungsantrag Kinder und Jugendliche primär zu einem - ich zitiere - „kalkulierenden Kostenfaktor" und an anderer Stelle - ich zitiere wieder - gar zu einem „Armutsfaktor" abstempelt. Wer wie die SPD Kinder- und Jugendpolitik und wer Politik für Familien - wie das übrigens auch bei der gestrigen Debatte zum Familienleistungsausgleich geschehen ist - vorwiegend als Geld- und Bezuschussungsproblem hinstellt, der zeugt von einem schrägen Verständnis.

    (Beifall bei der CDU/CSU Widerspruch bei der SPD und der PDS)

    Bemerkenswert ist immerhin, daß sich die SPD in ihrem Antrag - zumindest an einer Stelle - zu subsidiären Strukturen bekennt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    Selbsthilfe geht vor Fremdhilfe. Vereine und Institutionen müssen Vorrang vor staatlichem Engagement haben.

    (Dr. Edith Niehuis [SPD]: Was heißt das denn? Wer sind Sie denn?)

    - Ich zitierte. - Zu diesen Prinzipien haben sich CDU und CSU schon immer bekannt.

    (Beifall bei der CDU/CSU - Dr. Edith Niehuis [SPD]: Was soll denn das?)

    Aber, verehrte Kollegin, wie ein roter Faden zieht sich durch den SPD-Antrag die Forderung nach mehr Staat.

    (Lachen der Abg. Dr. Edith Niehuis [SPD])

    Dabei ist nirgendwo staatlicher Dirigismus so fehl am Platz wie bei der Jugend- und Jugendverbandsarbeit. Jugendarbeit braucht Freiräume.