Rede von
Monika
Brudlewsky
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich möchte keine Frage zulassen; nein.
Anerkannt werden die sozialpolitischen Maßnahmen, die wegen der sinkenden Kinderzahl Anfang der 70er Jahre getroffen wurden und den Müttern durchaus die Entscheidung für ein Kind erleichterten, Die sozialpolitischen Maßnahmen der DDR wurden genau wie z. B. die Rentenerhöhungen ein Jahr vorher angekündigt und gefeiert. Es wurde aber verschwiegen, daß sich der SED-Staat damit völlig übernahm, so daß die DDR unmerklich in den Bankrott schlitterte. Auch wenn die Wende nicht gekommen wäre, wäre die DDR spätestens in drei Jahren bankrott gewesen.
Auch bei der Kindererziehung in der DDR lag die Last mehrheitlich bei den Frauen. Eine mögliche Freistellung der Männer zur Erziehung wurde entweder von den Männern nicht wahrgenommen, oder es wurden solche Anträge von den Betrieben abgelehnt.
Für Frauen war es darüber hinaus sehr schwierig, eine Halbtagsstelle zu bekommen. Gerne hätten viele Frauen in der DDR davon Gebrauch gemacht, um mehr Zeit für ihre Kinder oder für zu pflegende Eltern zu haben.
Es ist interessant, wie Autoren des Jugendberichts das Modell der typischen DDR-Familie skizzieren. Es trifft meiner Meinung nach aber nur für rund 70 %
der Haushalte zu. Sicherlich wäre noch manches zu ergänzen, z. B. daß der Urlaub im sozialistischen Ausland für eine normale Familie mit zwei Kindern in der Regel zu teuer war und daß der FDGB-Ferienplatz nur alle zehn Jahre zu bekommen war, es sei denn, man hatte eine höhere Funktion in Staat oder Partei.
- Das können Sie von der PDS natürlich nicht wissen.
Richtig erkannt ist, daß die Familie einen hohen Stellenwert hatte, weil man hier - und nicht im Staat DDR - Geborgenheit erfahren konnte und wenigstens die Familie eine kleine Nische darstellte, in der man meist frei heraus seine Meinung sagen konnte.
Wachsende Konsumwünsche in den letzten Jahren vor der Wende ließen die Unzufriedenheit deutlich ansteigen. Das Herumlaufen und Anstehen beim Einkaufen machte die Menschen, vor allem die betroffenen jungen Frauen, mürbe und raubte Zeit. Auch die Intershops, in denen nur Privilegierte mit Westgeld richtig einkaufen konnten, oder die Exquisit-Läden, die auch nur für Besserverdienende ein Angebot lieferten
und wo man erst recht anstehen und Beziehungen haben mußte, konnten diese Unzufriedenheit nicht mindern. Daher entstand nach der Wende eine extrem hohe Erwartungshaltung, auch bei jungen Menschen. Die Bedürfnisse der jungen Menschen und vor allem auch der jungen Frauen sind in dieser Zeit ungleich gestiegen. Hochwertige Kosmetika und modische Kleidung, die man zu DDR-Zeiten nicht bekommen konnte, sind teuer. Schnell haben sich junge Familien verschuldet.
Es war für mich erstaunlich zu sehen, wie hoch das Gewaltpotential auch bereits zu DDR-Zeiten war. Es lag daran, daß nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Es wurde nicht bekannt. Daher wurde der Mantel des Schweigens darüber gebreitet.
Auch die Magersucht war in der DDR vorhanden, wurde aber totgeschwiegen.
- Die Magersucht wurde vorhin in diesem Zusammenhang erwähnt.
Die Medienvertreter haben sich damals brav einen Maulkorb umhängen lassen und nur über das berichtet, was die SED erlaubte.
So ist zu DDR-Zeiten jede 20. Frau von ihrem Partner geschlagen worden, und jedes fünfte Mädchen hatte bereits einen Vergewaltigungsversuch erlebt
Monika Brudlewsky
bzw. war Opfer einer Vergewaltigung geworden. Beratung und Hilfe für diese Opfer waren in der DDR unbekannt, eben weil die Verbrechen offiziell gar nicht existierten.
So gab es keine Frauenhäuser, und die Opfer mußten zu Hause ausharren, bis z. B. eine Scheidung erfolgte.
Es gibt den Slogan: „Junge Frauen sind die Verlierer der deutschen Einheit". Es gab schon einmal einen ähnlichen Slogan, der besagte, daß die Rentner die „Verlierer der deutschen Einheit" seien. Man mußte ihn aber zurücknehmen, weil die Rentner selbst ihn mehrheitlich zurückwiesen. Sicher gibt es bei den Frauen sehr viele unzufriedene, so daß dieser Slogan aufrechterhalten und weiter verbreitet wird. Uns macht dieser Slogan sehr betroffen. Es gibt keine Verlierer. Wir alle haben die Freiheit gewonnen.
Gerade junge Menschen haben alle Chancen, sie zu nutzen. Das kostet nicht nur Geld, sondern auch eigenes Zutun. Sprechen wir den jungen Menschen diesen Optimismus nicht ab!
Ich danke Ihnen.